3 | 28 | Gewitterwolken
Ich wünsche euch viel Spaß beim nächsten Kapitel. Es wird emotional. Haha.
„Der hat dich regelrecht ausgefragt, und jetzt willst du ihn auch noch zu uns nach Hause einladen?" John schüttelte entschieden den Kopf. „Ich bin auf jeden Fall dagegen."
Cassie stieß einen verächtlichen Laut aus, stellte das Glas auf der dunklen Küchenplatte aus Granit ab und fuhr enttäuscht zu ihrem Freund herum, der mit verschränkten Armen hinter ihr stand und sie durchdringend musterte. Seine Gesichtszüge waren kühl.
„Ich möchte ihn eben besser kennenlernen", konterte sie und spiegelte seine abwehrende Körperhaltung.
„Aber nicht bei uns zuhause, Cas", stellte er klar.
„Ich verstehe dich wirklich nicht", platzte es enttäuscht aus ihr heraus. „Als wir uns mit ihm getroffen haben, hast du dich gleich von Anfang an wie ein Arsch benommen und das tust du noch immer."
Er hob gereizt eine Augenbraue.
„Weil ich ihm gesagt habe, dass er zu neugierig ist?", hakte er nach. Er war nach wie vor der Meinung, dass Cassies Vater zu viele Fragen gestellt hatte. Schließlich kannten sie sich im Grunde überhaupt nicht und sie hatte keinerlei Bezug mehr zu ihm. Bei allem Verständnis für ihre Sehnsucht nach einem Vater musste sie ihm nicht derart redselig gegenübertreten.
„Das war wirklich überzogen", entgegnete sie anklagend. „Er hat lediglich versucht, uns kennenzulernen."
„Er hat uns mit Fragen regelrecht gelöchert", korrigierte John sie beißend.
„Besser, er interessiert sich für uns, als dass ich ihm weiterhin egal bin", kommentierte sie kühl und reckte ihm trotzig ihr Kinn entgegen.
„Er interessiert sich ein bisschen zu viel für Dinge, die ihn nichts angehen", konterte er.
„Du übertreibst, John", entgegnete sie. Dass sie ihn nicht zu verstehen schien, war ihm unbegreiflich. Es machte ihn wütend, dass sie seine Bedenken einfach so abtat, so, als wären sie nicht berechtigt. Es gelang ihm nicht länger, seine Emotionen ihr zuliebe zu kontrollieren.
„Ich übertreibe?", platzte es ungehalten aus ihm heraus. „Er hat dich richtig ausgefragt – und das macht dich gar nicht stutzig? Du bist doch sonst auch nicht auf den Kopf gefallen."
Sie stieß einen verächtlichen Laut und fuhr wutentbrannt zu ihm herum.
„Er ist mein Vater, John, und er sucht nach all den Jahren Kontakt zu mir. Natürlich will er wissen, wie es mir geht und was ich jetzt so mache. Warum bist du jetzt so ätzend?", verteidigte sie Malcolm.
„Eben. Er ist dein Vater, aber du warst ihm jahrelang scheißegal", sagte er gereizt. Sie schüttelte enttäuscht dem Kopf.
„Du bist manchmal so gemein", gab sie getroffen zurück.
„Ist doch so, Digga! All die Jahre hat er sich nicht für dich interessiert. Warum also ausgerechnet jetzt? Weshalb dieser Sinneswandel?", stellte er die Motive ihres Vaters in Frage.
„Du hast gehört, was er gesagt hat. Ein Freund von ihm ist gestorben und jetzt möchte er Buße tun", sagte sie frustriert. Er verdrehte genervt die Augen.
„Buße tun", wiederholte er kopfschüttelnd.
„Er hat begriffen, dass er einen Fehler gemacht hat und möchte ihn korrigieren. Was ist falsch daran? Ich finde es wirklich schade, dass du ihn die ganze Zeit schlechtredest", sagte sie enttäuscht.
„Mache ich doch gar nicht", protestierte er.
„Seit wir vorgestern Abend nach dem Treffen ins Auto gestiegen sind, regst du dich über ihn auf", erwiderte sie. Es stimmte. Zwar war Malcolm zurückgerudert, nachdem John ihn offen auf seinen Platz verwiesen und damit konfrontiert hatte, zu neugierig zu sein, doch eine entspannte Atmosphäre war im Anschluss nicht mehr aufgekommen. Cassies Vater hatte sich mit persönlichen Fragen zurückgehalten, weshalb es bei einem Gespräch über Oberflächlichkeiten geblieben war.
John war das nur Recht, schließlich war Malcolm für ihn ein Fremder. Doch er wusste, dass Cassie darunter gelitten hatte und sich gern intensiver mit ihrem Vater ausgetauscht hätte. Dass sie ihn und ihren Bruder jedoch jetzt einfach so zu sich nach Hause eingeladen hatte, ohne vorher mit ihm darüber zu sprechen, fand er nicht in Ordnung. Es machte ihn wütend, wenn sie Entscheidungen über seinen Kopf hinweg traf; erst recht, wenn er persönlich davon betroffen war.
Ganz egal, ob ihr Vater ihm sympathisch war oder nicht – er wollte ihn in seinem Haus nicht haben. Natürlich war ihm bewusst, dass er Cassie dieses Recht nicht einfach so vorenthalten konnte, aber er brauchte einfach noch etwas mehr Zeit, ihre Familie besser kennenzulernen, um Malcolm und Andre besser einschätzen zu können. Dass Cassie die beiden einfach so in ihr Leben lassen wollte, machte ihn rasend, denn noch war für ihn nicht absehbar, ob möglicherweise eine Gefahr von ihnen ausging. Hatte sie denn gar nichts aus der Geschichte mit Rome gelernt? Allein die Erinnerung daran, dass er sich von ihm blenden lassen und ihn mit offenen Armen empfangen hatte, reichte aus, damit er explodierte.
„Einer von uns muss schließlich seinen Verstand benutzen", gab er also zurück. Sie schnappte nach Luft.
„Du tust, als wäre ich eine Idiotin. Ich kann nicht glauben, dass ausgerechnet du mir das antust. Jahrelang habe ich mir einen Vater gewünscht und jetzt, wo er endlich einen Schritt auf mich zumacht, versuchst ausgerechnet du, daran etwas Negatives zu finden. Warum machst du das?", platzte es aufgebracht aus ihr heraus.
„Weil ich auf uns aufpassen will", gab er lautstark zurück. Sie schüttelte energisch den Kopf.
„Du siehst Gespenster, John!"
„Er stellt einfach zu viele Fragen – und du erzählst ihm auch noch alles", erwiderte er vorwurfsvoll.
„Weil er mein Vater ist und wir versuchen, uns einander anzunähern. Worüber soll ich mit ihm reden, um diese Distanz zwischen uns zu überwinden?! Über das Wetter?! So lerne ich ihn bestimmt besser kennen!", gab sie zurück.
„Es geht ihn einen Scheißdreck an, wie wir uns kennengelernt haben, dass wir zwischendurch mal auseinander waren oder wo wir wohnen", stellte er entschieden klar.
„Wenn ich mich dazu entscheide, ihm das zu offenbaren, ist das meine Sache", widersprach sie kühl.
„Nicht, solang es dabei auch um mich geht. Und ich will nicht, dass irgendein Fremder zu viel über uns und unsere Verhältnisse weiß", konterte er wütend.
„Du bist so ein beschissener Egoist!", fuhr sie ihn an. „Immer geht es nur um dich und das, was du willst; dein Album, deinen Videodreh oder deine Urlaubsvorstellungen."
„Jaaa, klar", seufzte er gedehnt. „Jetzt bin ich wieder das Arschloch. Wie immer."
„Du tust, als hätte ich ihm unsere tiefsten Geheimnisse anvertraut", entgegnete sie kopfschüttelnd.
„Willst du das nicht verstehen, Shorty? Ich will einfach vermeiden, dass du ihn so nah an dich heranlässt, dass er dich wieder enttäuschen kann. Du sollst das nicht nochmal durchmachen müssen", sagte er genervt.
„Du hast keine Ahnung, was ich durchmache!" Er sah sie aus großen Augen an, als sich ihre mit Tränen füllten. „Im Gegensatz zu dir hatte ich nie einen Vater. Glaubst du, ich habe vergessen, wie schlecht ich mich mein Leben lang gefühlt habe? Wie schmerzhaft es war, ohne eine Vaterfigur aufzuwachsen, die mir Grenzen aufgezeigt oder mich unterstützt hat? Gerade du, dessen Dad viel zu früh gestorben ist, solltest doch verstehen, dass ich jetzt versuche, ihm zu verzeihen, und für mich etwas Gutes aus der Sache zu machen; bevor es auch dafür zu spät ist."
John schluckte und machte einen Schritt an sie heran, als sie in Tränen ausbrach. Das Letzte, was er gewollt hatte, war, sie zum Weinen zu bringen. Aber es machte ihn wütend, dass sie so viele Details aus ihrem Beziehungsleben ausplauderte.
„Er muss einfach nicht so viel über uns wissen, Babe", sagte er leise. „Noch nicht jedenfalls."
Sie schaute in seine Augen.
„Nach allem, was war, vertraust du ihm einfach viel zu schnell. Mehr sage ich doch gar nicht", fuhr er sanft fort. Sie schüttelte den Kopf.
„Du sagst, dass ich den Verstand verloren habe", schluchzte sie und brach damit beinah sein Herz.
„Komm mal her", forderte er weich und zog sie in seine Arme. Sie ließ es geschehen. „Es tut mir leid", sagte er. „Ich will doch nur verhindern, dass er dich verletzen kann."
Sie sagte nichts, drückte sich einfach nur an ihn.
„Wir haben schon bei Rome nicht gut genug aufgepasst, verstehst du?", nuschelte er in ihre Locken, während sie ihre Fingernägel in seine Schultern bohrte. Ihren bebenden Körper im Arm zu halten, versetzte seinem Herzen einen Stich. „Hör bitte auf zu weinen. Ich hab es nicht so gemeint."
Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, löste sie sich von ihm. Er schaute in ihre Augen und wischte ihr die restlichen Tränen von den Wangen.
„Warum willst du sie ausgerechnet zu uns nach Hause einladen?", fragte er gequält.
„Weil ich nicht in der Öffentlichkeit private Gespräche führen möchte. Ich dachte, das wäre auch in deinem Sinn", antwortete sie.
„Ist es auch. Aber das hier ist unser Zuhause und im Gegensatz zu deiner Mum oder Willow gehört er für mich nicht zur Familie. Wir wissen nicht, ob wir ihm vertrauen können."
Sie seufzte traurig.
„Wenn du ihm keine Chance gibst, wirst du es auch nicht herausfinden", konterte sie.
„Er hatte seine Chance und hat uns ausgehorcht. Ich habe keine Lust, dass er das nochmal versucht", sagte er eindringlich.
„Okay, weißt du was? Auch, wenn ich meinen Vater gern kennenlernen will, verstehe ich dich und will nicht, dass es dir damit schlecht geht. Also vielleicht können wir ja einen Kompromiss finden", sagte sie leise. Er runzelte die Stirn.
„Was für einen?", fragte er interessiert.
„Ich lade die beiden zum Essen ein, aber wir sprechen vorher ab, welche Dinge wir preisgeben und was wir für uns behalten", schlug sie hoffnungsvoll vor. Er atmete tief durch, während er über ihren Vorschlag nachdachte. Es schien ihr wahnsinnig viel zu bedeuten, ihren Vater und ihren Bruder hierher einzuladen.
„Okay", sagte er schließlich. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen.
„Danke."
„Unter einer Bedingung", schob er hinterher. Sie runzelte die Stirn.
„Welche?"
„Marten kommt auch dazu."
„Damit ihr die beiden ins Kreuzverhör nehmen könnt?", fragte Cassie und hob abwehrend die Hände. „Auf gar keinen Fall."
„Wir nehmen niemanden ins Verhör", stellte er klar. „Er ist mein Cousin und offensichtlich wird das Ganze ja so was wie ein Familienessen. Er könnte Nika mitbringen. Wenn du willst, kannst du auch Willow und Carlos einladen, aber ich bezweifele, dass sie kommt."
„Das glaube ich allerdings auch", erwiderte sie frustriert.
„Also, steht der Deal?"
Ob das eine so gute Idee ist, weiß ich ja nicht. Was meint ihr? Und könnt ihr John verstehen oder findet ihr, dass er übertreibt? Also ich kann sie beide verstehen, ehrlich gesagt. Aber ich hoffe natürlich, dass ihr Vater jetzt auch die Chance nutzt, die sie ihm gibt...
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