3 | 21 | Enthüllungen

200K auf diese Geschichte. Wahnsinn, ehrlich. Vielen, vielen Dank! Ich küsse eure Herzen.

Ich weiß, ihr habt es euch alle so sehr gewünscht... Viel Spaß mit dem neuen Kapitel. Ich hoffe, ihr mögt es :)

„Tut mir leid. Ich habe es nicht früher geschafft."

Cassie erstarrte, als die dunkle Stimme die Unterhaltung unterbrach. Ungläubig wandte sie ihren Blick nach rechts und schaute geradewegs in seine braunen Augen. Noch während sie sich fragte, wer der große, gutaussehende Schwarze im dunklen Anzug und elegantem, sündhaft teurem Mantel war, der gerade stilecht an den Tisch gebracht worden war, fing er ihren Blick mit seinem auf. Der Chef de Rang distanzierte sich diskret, während Cassie das Gesicht ihres Gegenübers betrachtete. Ihr wurde gleichzeitig heiß und kalt. Die gleiche runde Gesichtsform, dieselben dunklen Augen und dasselbe atemberaubende Lächeln – es war offensichtlich.

„Cassie, ich möchte dir jemanden vorstellen", brach ihr Vater das Schweigen. Noch während sie sich fragte, wie all das überhaupt möglich war, sprach er die Worte aus, die sie in diesem Moment fürchtete. „Das ist Andre. Dein Bruder."

Cassie verschluckte sich beinah, als der junge Mann ihr seine Hand hinhielt und sie eingehend musterte.

„Meine Freunde nennen mich Dre", ergänzte er.

Während sie überfordert seine Hand schüttelte, fragte sie sich, wie alt er wohl sein mochte. Sie schätzte ihn auf Anfang dreißig, was bedeuten würde, dass er vor ihr auf die Welt gekommen war. Möglicherweise irrte sie sich aber auch. Sie schaute anklagend zu ihrem Vater herüber, während ihr Bruder seinen teuren Mantel auszog.

„Wow, du tauchst also nach all den Jahren wieder in unserem Leben auf und bringst direkt bei der ersten Verabredung deinen Sohn mit, ohne, dass ich jemals etwas von ihm gehört habe? Das ist selbst für dich eine krasse Nummer", sagte sie kopfschüttelnd, lehnte sich zurück und verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust.

„Ich kann deine Wut verstehen", räumte ihr Vater ein.

„Ach ja? Kannst du das?", zischte sie bemüht gefasst, um nicht die Aufmerksamkeit der Gäste an den anderen Tischen zu erregen. „Ich denke nicht, dass du dir vorstellen kannst, wie es sich anfühlt, zu erfahren, sein Leben lang links liegen gelassen und darüber hinaus auch noch belogen worden zu sein."

„Ich weiß, dass ich es euch viel früher hätte sagen müssen, aber deshalb ist er heute hergekommen", probierte ihr Vater, sich zu erklären.

„Er wollte den Neuanfang nicht auf einer Lebenslüge aufbauen", warf Andre ein, der sich mittlerweile zu ihnen an den Tisch gesetzt hatte. Sie hatte Schwierigkeiten, sich nicht von dem Gefühlschaos überwältigen zu lassen, das gerade in ihr tobte.

„Habe ich noch andere Geschwister, von denen ich wissen sollte?", fragte sie an ihren Vater gewandt.

„Eine kleine Schwester. Riana. Sie ist elf", antwortete er ruhig. Sie stieß einen verächtlichen Laut aus.

„Unfassbar", entfuhr es ihr enttäuscht. „Und du hast nie darüber nachgedacht, uns einander vorzustellen?"

Ihr Vater antwortete nicht, schaute sie einfach nur an. Sein Schweigen brachte ihr Blut zum Kochen. Wütend schnipste sie mit den Fingern vor seinem Gesicht herum.

„Hallo? Malcolm? Ich habe dich was gefragt."

Sie spürte, dass sie sich nicht mehr lang kontrollieren konnte. All die Enttäuschung und die Wut drohten ich auf einen Schlag zu entladen. Die Erkenntnis, dass er sie nicht nur im Stich gelassen, sondern sich in der Zeit vermutlich um seine anderen Kinder gekümmert hatte, brach ihr beinah das Herz. Was hatten sie, was Willow und sie nicht hatten? Weshalb brachte er ihnen mehr Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Liebe entgegen?

„Als sie auf die Welt gekommen ist, wollte er es euch erzählen, aber dann ist ihre Mutter kurz nach der Geburt schwer krank geworden. Also hat er das Treffen damals abgesagt, um sich um die beiden zu kümmern", antwortete Andre für seinen Vater.

Das war der Grund, wieso du damals an Weihnachten einen Rückzieher gemacht hast?", schlussfolgerte sie überfordert. Sie war innerlich zerrissen in diesem Augenblick; einerseits konnte sie einen Funken Verständnis für das Verhalten ihres Vaters aufbringen, andererseits entsetzte es sie, dass er sich all die Jahre danach nicht mehr gemeldet hatte, um die ganze Geschichte aufzuklären. Stattdessen hatte er in Kauf genommen, dass sie nach einer weiteren bitteren Enttäuschung ohne ihren Vater weiterlebte.

„Es war eine schwere Zeit für ihn. Er hatte damals nicht die Kraft, wieder auf euch zuzugehen", setzte Andre hinzu.

„Bist du sowas wie sein Pressesprecher oder kann er vielleicht auch für sich selbst reden?", fauchte sie ihren Bruder an.

„Ich bin nicht stolz darauf, dass ich mich nie um euch gekümmert habe", sagte Malcolm ernst. „Aber deshalb bin ich heute hier; um es in Zukunft besser zu machen."

Sie stieß einen verächtlichen Laut aus.

„Besser spät als nie, oder?"

Sie schüttelte energisch den Kopf. Das war einfach alles zu viel. Zum Glück war Willow nicht mitgekommen, um sich diese Enttäuschung reinzuziehen. Auch sie hatte genug. Ihre Gedanken überschlugen sich, während sich eine unerträgliche Hitze in ihrem Körper ausbreitete.

„Okay, weißt du was? Das war's. Mich mit dir zu treffen, war ein Fehler."

Mit den Worten kramte sie ihr Portemonnaie aus der Handtasche, warf einen Zehn-Euro-Schein auf den Tisch und schnappte sich ihren roten Mantel, bevor sie aufstand.

„Ich finde selbst raus."

„Cassie..."

Sie ignorierte Andres beruhigende Stimme, als sie davonstürmte. Ihre Augen füllten sich mit heißen Tränen, doch es gelang ihr, sie zurückzuhalten. Sie wusste nicht einmal, ob es Tränen der Enttäuschung oder der Wut waren; vermutlich beides.

Wie hatte sie nur glauben können, dass ein Treffen mit ihrem Vater eine gute Idee war? Sie musste vollkommen verrückt geworden sein.

„Cassie..."

Andre tauchte hinter ihr auf, als sie die rettende Türschwelle erreichte.

„Lass mich bitte einfach gehen, okay?", bat sie ihren Bruder, ohne sich zu ihm umzudrehen. Er folgte ihr ins Freie. Sofort begann sie zu frösteln und warf sich ihren Mantel über.

„Gib ihm eine Chance, es besser zu machen", bat er sie. Sie schüttelte gehässig lächelnd den Kopf, ohne stehenzubleiben.

„Er ist unglaublich", sagte sie wütend. „Ihr beide."

Nun fuhr sie doch aufgebracht zu ihm herum. Erst, als er vor ihr stehenblieb, sah sie, wie groß er im Vergleich zu ihr eigentlich war. Sie reichte ihm gerade mal bis zur Schulter.

„Wie könnt ihr erwarten, dass ihr hier auftaucht und ich euch erleichtert in die Arme falle?", fragte sie. „Glaubt ihr wirklich, Willow oder ich würden euch brauchen? Wir sind praktisch unser gesamtes Leben ohne euch ausgekommen."

„Ich kann deine Wut verstehen", räumte er ein.

„Kannst du nicht", fuhr sie ihn an. „Für dich ist er ganz offensichtlich da gewesen!"

„Hör zu, Cassie, ich-"

„Nein, du hörst zu. Ich will weder ihn noch dich jemals wiedersehen!", stellte sie klar und trat einen Schritt zurück. Als er seine Hand um ihr Handgelenk schloss, machte sie sich los.

„Du hast sie gehört."

Perplex wandte sie der ihr bekannten Stimme ihren Kopf zu und sah geradewegs in seine vertrauten blauen Augen. Selten war sie so glücklich gewesen, Marten zu sehen. Sie hatte ihm zwar gesagt, wann und wo sie mit ihrem Vater verabredet war, doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass er überraschend hier auftauchen würde. Noch während sie sich fragte, wann sie ihn zuletzt ein dunkles Hemd hatte tragen sehen, wandte er seinen kühlen Blick Cassies Bruder zu und drängte sich zwischen die beiden.

„Verschwinde, das hier geht dich nichts an", zischte Andre und sie hatte den Eindruck, dass seine Stimme noch eine Oktave tiefer und bedrohlicher geworden war.

„Du belästigst meine Freundin. Das geht mich sehr wohl etwas an", konterte er und hielt Andres düsterem Blick Stand.

„Was machst du hier?", fragte Cassie leise.

„Ich wollte mal schauen, wie es läuft. Hatte ein ungutes Gefühl, dich das allein durchziehen zu lassen", antwortete er, ohne Andre aus den Augen zu lassen. „Ist der nicht ein Bisschen zu jung, um dein Dad zu sein?"

Sie seufzte frustriert.

„Das ist Andre. Mein Bruder. Aber seine Freunde nennen ihn Dre. Andre, das ist Marten", stellte sie die beiden schließlich widerwillig einander vor.

„Bruder, ja? Ich dachte, du triffst dich mit deinem Vater", wiederholte Marten skeptisch, bevor er seinem Gegenüber unterkühlt die Hand reichte.

„Das erkläre ich dir auf dem Weg nach Hause", sagte sie. Marten durchbohrte Andre mit einem kühlen Blick.

„Lass ihn nicht einfach so sitzen, Cassie", machte ihr Bruder einen letzten Versuch, sie zum Bleiben zu überreden. „Er weiß, dass er einen riesigen Fehler gemacht hat und bereut es wirklich."

„Du hast sie gehört. Also lass sie in Ruhe", forderte Marten finster und baute sich vor ihr auf. Cassie hingehen war inzwischen hin- und hergerissen. Was, wenn ihr Vater tatsächlich versuchte, Wiedergutmachung zu leisten? Wenn sie jetzt ging, würde sie vielleicht nie herausfinden, weshalb er sich nach all den Jahren doch um den Kontakt zu ihr bemühte. „Komm", riss Martens leise Stimme sie aus den Gedanken. „Wir hauen ab."

Sie schnaubte wütend. Als sie ihm nicht folgte, musterte er sie ungeduldig. „Was ist? Kommst du jetzt, oder was?"

Jaaaa, ich weiß, alles nicht so das, was ihr erwartet oder euch gewünscht habt. Ich weiß schon, ihr wolltet, dass John dort auftaucht und versucht, es wiedergutzumachen, und außerdem wolltet  ihr weder einen Bruder, noch Marten, aber vielleicht mochtet ihr das Kapitel ja trotzdem :) Was haltet ihr denn  davon, dass ihr Vater auf einmal damit um die  Ecke kommt, dass sie weitere Geschwister hat? Und was ist der erste Eindruck von Andre? Ist er euch sympathisch oder könnt ihr Cassies Abneigung verstehen? 

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