3 | 16 | Überraschungen

Es ist super lang geworden, also habt viel Spaß dabei. Bin gespannt, was ihr sagt.

„Du denkst ja wohl nicht ernsthaft darüber nach, ihm zu antworten!", platzte es fassungslos aus Willow heraus, als sie Cassies unsicheren Blick sah.

„Ich weiß es nicht", räumte sie ehrlich ein.

„Bist du auf den Kopf gefallen oder so?", wollte Willow wissen. „Er hat sich nie für uns interessiert. Hast du vergessen, was das letzte Mal passiert ist, als er auf einmal den Wunsch verspürt hat, sich um seine verlorenen Töchter zu kümmern?"

„Wie sollte ich?", fragte Cassie enttäuscht. „Es war bis heute das schlimmste Weihnachtsfest für mich."

„Warum also spielst du jetzt überhaupt mit dem Gedanken, dich mit ihm zu treffen?", gab Willow kopfschüttelnd zurück, als Cassie den Blinker für die nächste Autobahnausfahrt setzte. Die wenigen stressfreien Tage hatten ihr tatsächlich geholfen, abzuschalten und sich zu entspannen. Lediglich ihre Diskussion über die plötzliche Nachricht ihres Vaters von vor einigen Tagen überschattete die harmonische Rückfahrt nach Hamburg. Sie atmete tief durch, ehe sie antwortete.

„Das Leben kann von heute auf morgen einfach so vorbei sein", erklärte Cassie ihren Standpunkt. „Ich habe mich schon mit Paola nicht ausgesprochen und es am Ende bereut. Ich möchte nicht, dass mir dasselbe bei unserem Vater passiert."

Willow verdrehte die Augen.

„Bei allem Verständnis für deine Beweggründe, aber der verdient es noch weniger als Paola, sich auszusprechen. Er hat uns verlassen, als wir kleine Mädchen gewesen sind, und sich seitdem nicht um uns gekümmert. Ich habe nicht mal irgendeine Art von Bindung zu ihm. Ich kenne ihn praktisch kaum", vertrat Willow energisch ihre Meinung.

„Ich erinnere mich noch sehr gut an ihn und bin der Meinung, dass er zumindest die Gelegenheit verdient, angehört zu werden", erwiderte Cassie entschieden.

„Dann kannst du das ja machen", sagte Willow kühl. „Aber erwarte nicht von mir, dass ich dich begleite."

„Komm schon, Willow. Lass uns wenigstens herausfinden, wieso er sich auf einmal nach all den Jahren wieder gemeldet hat. Vielleicht hat er sich weiterentwickelt und merkt, dass er einen riesigen Fehler gemacht hat", mutmaßte Cassie.

„Vielleicht sind wir ihm aber auch nach wie vor egal und er sagt das Treffen wieder eine Stunde vorher ab, weil ihm was dazwischengekommen ist", konterte Willow eisern.

Cassie schüttelte den Kopf.

„Und selbst, wenn es so kommt – dann haben wir es wenigstens probiert", sagte sie.

„Man kann sich natürlich auch immer wieder von derselben Person demütigen lassen", kommentierte Willow trocken.

„So würde ich das nicht nennen", erwiderte Cassie und bog von der lang gezogenen Ausfahrt auf eine viel befahrene Umgehungsstraße ab.

„Sondern?", fragte Willow mürrisch.

„Eine zweite Chance", räumte Cassie ein. „Jeder macht Fehler im Leben, und wir wünschen uns in dem Fall auch nichts sehnlicher, als dass uns verziehen wird."

„Warst du deshalb so konsequent darin, Paola zu ignorieren, als sie damals versucht hat, mit dir zu sprechen?", fragte Willow provokant. Cassie seufzte.

„Wieso wirst du jetzt so gemein, Will? Ich versuche nur, das Gute in der Sache zu sehen. Du bist immer so negativ – das macht mich wahnsinnig", sagte sie enttäuscht.

„Ich bin nicht negativ, sondern realistisch, und möchte uns beiden einfach nur eine weitere Enttäuschung auf der langen Liste ersparen, die wir nur seinetwegen überhaupt anlegen mussten", probierte Willow erneut, ihrer Schwester ihre Motive klarzumachen.

„Gib ihm nur diese eine Chance", bat Cassie sie ein letztes Mal. „Ich gebe ihm auch nur die eine."

„Und wenn es wieder nach hinten losgeht?", hakte Willow nach.

„Dann ist es die letzte Chance, die ich ihm gegeben habe", stellte Cassie entschieden klar und hielt ihr ihren kleinen Finger hin. „Also, bist du dabei?"

Willow verdrehte die Augen, verschränkte jedoch trotzdem ihren kleinen Finger mit ihrem.

„Wenn du mich dann endlich damit in Ruhe lässt – und erst, wenn ich von meinem Kurzurlaub mit Carlos wiederkomme."

„Steht dein Angebot noch?", fragte Cassie, als sie ein paar Stunden später mit John telefonierte. Der saß gemeinsam mit Raphael im Studio und arbeitete wie geplant an seinen Songs. Es tat gut, seine Stimme zu hören; gerade, weil sie in den vergangenen Tagen kaum miteinander geredet hatten. Doch jetzt, wo ihr Vater sich unerwartet wieder bei ihr gemeldet hatte und den Kontakt zu ihr suchte, fehlte er ihr sehr. Sie hatte das Gefühl, dass ihr, obwohl sie gerade erst von ihrem Wellness-Wochenende mit Willow zurückgekehrt war, die Decke auf den Kopf fiel.

„Vermisst du mich etwa?", riss Johns vor tiefer Zufriedenheit triefende Stimme sie aus ihren Gedanken.

„Schon ein bisschen", untertrieb sie lächelnd.

„Ein bisschen nur, ja?", hakte er nach, ehe sie ein Feuerzeug klicken hörte.

„Also, ist es okay, wenn ich vorbeikomme? Ich bleibe auch nur ein paar Tage", versicherte sie.

„Du kannst auch bleiben, bis wir hier fertig sind", schlug er vor und inhalierte, vermutlich rauchte er einen Joint. „Kannst dich mit Iara rumtreiben, bis ich wiederkomme."

Sie schmunzelte.

„Okay", sagte sie. „Dann komme ich morgen."

„Cool. Kannst du irgendwas Heißes drunter ziehen?", fragte er. „Dann würde ich mich noch mehr auf dich freuen."

„Ich kann auch gar nichts drunter ziehen", schlug sie vor.

„Wir verstehen uns. Ich ruf dich später nochmal an, wenn ich im Hotel bin", entgegnete er verheißungsvoll. Sie grinste.

„Vergiss es, John."

„Warum? Wir hatten ewig keinen Telefonsex mehr", protestierte er lachend. „Also, zier dich nicht so. Machst du ja auch sonst nicht."

Nach ihrem Telefonat mit John rief sie Malia an, machte sich etwas zu essen und kümmerte sich um die schmutzige Wäsche, bevor sie erneut ein paar Sachen für ihren nächsten Trip nach Berlin zusammenpackte. Ursprünglich hatte sie andere Pläne gehabt, doch die wenigen Tage mit ihrer Schwester hatten ihr gezeigt, was sie gerade wirklich brauchte, um zu sich selbst zurückzufinden.

Sie hatte entschieden, etwas Abstand zu ihrem Alltag zu gewinnen, um wieder zur Ruhe zu kommen, und das Spa-Wochenende schien ihr dafür der bestgeeignetste Anfang zu sein. Schließlich war sie trotz des kleinen Dämpfers zwischendurch, als ihr Vater sich bei ihr gemeldet hatte, tatsächlich entspannt und sie hatte das Gefühl, endlich mal wieder abgeschaltet und auf sich selbst geachtet zu haben; etwas, das sie sich sonst viel zu selten erlaubte.

Sie hatte es sich gerade mit einem heißen Tee und einem ausgeliehenen Buch, das eigentlich Willow gehörte, auf der Couch gemütlich gemacht, als das Handy auf dem Wohnzimmertisch aufleuchtete. Während der letzten Tage an der Ostsee hatte sie den lautlosen Modus für sich entdeckt und seitdem den Ton nicht wieder eingeschaltet. Vermutlich war John gerade ins Hotelzimmer zurückgekommen. Doch es war nicht John, sondern Nika.

„Hey...", begrüßte sie Martens Freundin.

„Hey...", wiederholte Nika ihre Begrüßung. Sie klang niedergeschlagen.

„Was ist los?", fragte Cassie sofort und legte das Buch zur Seite. Nika machte Probleme eher mit sich selbst aus, also bedeutete dieser Anruf möglicherweise, dass etwas passiert war.

„Ich habe mich mit Marten gestritten", offenbarte sie frustriert. Cassie seufzte lautlos.

„Was ist passiert?", fragte sie.

„Kann ich vielleicht zu dir kommen? Wenn ich länger sein Gesicht sehen muss, erwürge ich ihn."

Cassie schloss ihre Augen und verabschiedete sich gedanklich von ihrem entspannenden Leseabend, bevor sie ein Lächeln aufsetzte. „Klar, ich bin zuhause."

Eine Dreiviertelstunde später öffnete sie der hübschen Blondine die Haustür. Sie sah tatsächlich nicht gut aus, ihr Blick war traurig, das Gesicht versteinert.

„Hey... Komm rein", sagte sie und machte einen Schritt nach hinten, um Nika hereinzulassen. Nach einer kurzen Umarmung betrat Nika den Flur und streifte ihre Sneakers von den Füßen.

„Bist du nicht mit dem Auto?", fragte Cassie irritiert, als sie die Rücklichter des Taxis sah, das gerade in der Dunkelheit verschwand.

„Nee. Hatte Migräne, hab Tabletten genommen", erklärte Nika.

„Mies", sagte Cassie mitleidig.

„Ja, oder?", fragte Nika. „Als würde das nicht reichen, muss ich mich auch noch über so eine Scheiße aufregen!"

„Komm, wir setzen uns erstmal", sagte Cassie und Nika folgte ihr ins Wohnzimmer.

„Falls er dich anrufen sollte, sag ihm bitte nicht, dass ich hier bin."

Cassie schmunzelte.

„Hast du ihm nicht gesagt, wo du hingehst?"

„Er ist vor mir abgehauen", offenbarte Nika frustriert und ließ sich auf die Couch fallen.

„Tee oder Alkohol?", wollte Cassie wissen. Nika schnaubte.

„Eine Pumpgun würde mir eher weiterhelfen", erwiderte die düster.

„Ich kann dir eine Machete anbieten", sagte Cassie schulterzuckend. Nikas Augen weiteten sich entsetzt.

„Meinst du das ernst?"

„Ja, hat John irgendwann mal angeschleppt für einen Dreh. Seitdem liegt die in einer Holzkiste unter dem Bett; vermutlich, falls er wirklich mal die Kontrolle verliert, weil mich jemand zu lang angeschaut hat", kommentierte Cassie grinsend.

„Verlockend", murmelte Nika. „Aber Tee ist auch okay. Ich habe dem Alkohol wieder mal abgeschworen und außerdem kommt das denke ich nicht gut mit den Tabletten."

Cassie verschwand kurz in der Küche, um ihrer Freundin einen Tee zuzubereiten. Als sie zurückkehrte, saß Nika mit angezogenen Beinen auf der Couch und spielte nachdenklich mit den Ärmeln ihres Kapuzenpullovers. Cassie reichte ihr die dampfende Tasse und ließ sich neben sie fallen.

„Also, erzähl", sagte sie einfühlsam und nippte an ihrer eigenen Tasse Tee. Ihrer war schon etwas abgekühlt.

„Er ist einfach manchmal ein Arschloch", eröffnete Nika ihre Hasstirade.

„Was hat er gemacht?", hakte Cassie nach und vergrub ihre Finger in den Taschen des gemütlichen, babyblauen Jogginganzugs.

„Er ist letzte Nacht nicht nach Hause gekommen. Ich bin es ja gewohnt, dass er manchmal länger bleibt und erst im Morgengrauen nach Hause kommt, aber diesmal ist er gar nicht zurückgekommen. Er hat mir nicht mal eine Nachricht geschickt, damit ich mir keine Sorgen mache. Weißt du, wann er da war? Heute Mittag um eins. Und statt mir zu erklären, wo er die ganze Zeit gesteckt hat, hat er mich angebrüllt, dass ich ihm auf die Nerven gehe und mir ein Hobby suchen soll. Ist das zu glauben? Ich mache mir Sorgen und er behandelt mich wie eine Idiotin", erzählte Nika wütend.

„Also weißt du jetzt noch immer nicht, wo er gewesen ist?", wollte Cassie wissen.

„Doch. Er war mit einem der Mädchen beim Frauenarzt", fuhr Nika beißend fort. Cassie hob eine Augenbraue. Selbst sie fand das nervig.

„Beim Frauenarzt", wiederholte sie trocken.

„Genau. Weil sie schwanger ist."

Cassies Augen weiteten sich überrascht.

„Und was hat er damit zu tun?", fragte sie aufgebracht.

Das habe ich ihn auch gefragt", knurrte Nika gereizt. „Rate mal, was er geantwortet hat?"

„Dass es dich nichts angeht", vermutete Cassie und verdrehte die Augen.

„Dass er jetzt keine Zeit für so einen Kinderkram hat", korrigierte Nika sie. „Kannst du dir das vorstellen? Er begleitet irgendeine andere schwangere Frau zum Frauenarzt, aber wenn ich frage, weshalb er sich dazu berufen fühlt, gehe ich ihm auf die Nerven!"

„An deiner Stelle wäre ich auch ausgeflippt", räumte Cassie ein. Manchmal fragte sie sich, was in Martens Kopf vor sich ging. Schließlich liebte er Nika so sehr, dass er sie gefragt hatte, ob sie ihn heiraten wollte.

„Danke!", platzte es aus Nika heraus. „Ich habe schon gedacht, ich wäre vollkommen bekloppt, oder sowas."

„Nein, du bist völlig normal. Marten ist einfach manchmal nur beziehungsunfähig", kommentierte Cassie trocken. „Trotzdem glaube ich, dass es dafür eine nachvollziehbare Erklärung gibt."

„Ja, dass er sie geschwängert hat, wäre eine", stellte Nika eine böse Vermutung an.

„Quatsch", warf Cassie direkt ein. „Niemals."

„Was macht dich da so sicher? Vielleicht hat er sie in den letzten Wochen irgendwann mal flachgelegt. Er kommt schließlich momentan oft erst in den frühen Morgenstunden aus dem Laden."

Cassie schüttelte entschieden den Kopf.

„Du musst wirklich aufhören, dich in die Vorstellung hineinzusteigern, dass er dir fremdgehen könnte", sagte sie. „Das belastet nur unnötig eure Beziehung."

„Er war mit irgendeinem anderen Mädchen beim Frauenarzt", wiederholte Nika wütend. „Wie soll ich mich da nicht in die Vorstellung hineinsteigern, dass er sich da in irgendwas reingeritten hat?"

„Ich verstehe dich, aber er hat dir einen Antrag gemacht", erinnerte Cassie sie überzeugt.

„Das hat auch deinen Ex nicht daran gehindert, was mit deiner Freundin anzufangen", konterte Nika überlegen. Cassie seufzte schwer. „Tut mir leid. Das war scheiße. Ich bin einfach nur so sauer auf ihn", schob Nika schnell hinterher, als sie sich ihrer Worte bewusst wurde.

„Wäre mir nicht aufgefallen", murmelte Cassie und nippte erneut an ihrem Tee.

„Weißt du, Cassie... Ich glaube wirklich, dass er eine andere hat. Es sind nicht nur die langen Nächte; auch sonst ist er häufiger unterwegs als sonst und lässt mich um Unklaren darüber, was er in der Zeit tut. Früher hat er mir gesagt, wohin er geht, aber jetzt gibt er mir das Gefühl, dass es ihn nervt, wenn ich ihn frage und manchmal gibt er mir nicht einmal eine Antwort. Was, wenn er sich in der Zeit auch mit einer anderen Frau getroffen hat? Ich bin nicht blöd, weißt du? Zweimal habe ich schon Parfum an seinen Sachen gerochen, und es war kein Männerduft", erzählte Nika überzeugt. Cassie biss sich auf die Zunge, als sie erkannte, dass sie vermutlich einer der Gründe war, weshalb er verschwand. Sie verstand nur nicht, weshalb Marten nicht offen damit umging.

„Schlag mich jetzt nicht, aber vermutlich hat er sich mit mir getroffen", machte sie einen vorsichtigen Versuch, Nika die Wahrheit beizubringen. Nika musterte sie irritiert.

„Mit dir?", wiederholte sie.

„Wir haben uns in der letzten Zeit häufiger gesehen", erzählte Cassie.

„Und warum weiß ich das nicht?!", platzte es wütend aus Nika heraus, ehe sie Cassie enttäuscht anschaute. Die seufzte schwer.

„Keine Ahnung, warum er dir das nicht gesagt hat. Wir planen eine Überraschung für John", offenbarte sie Nika. „Er hat bald Geburtstag und weil er mich immer überrascht, möchte ich etwas Besonderes für ihn machen."

Nika schüttelte den Kopf.

„Wieso erzählt er mir das nicht, Cassie? Da ist doch nichts Schlimmes dabei", sagte Nika verständnislos.

„Das weiß ich nicht", entgegnete Cassie. „Das musst du ihn fragen. Aber wenn ich dir etwas sagen kann, dann, dass du dir wirklich keine Sorgen wegen einer anderen Frau machen musst. Du hast auf ihn gewartet, als er im Gefängnis gesessen hat, vor deiner Familie zu ihm gestanden und riskiert, dich mit deinen Eltern zu zerstreiten. Er weiß ganz genau, was er an dir hat. Er hat dir einen Antrag gemacht. Für ihn ist das eine sehr große Sache. Er würde das nicht leichtfertig für irgendein Mädchen wegwerfen und erst recht wird er kein Mädchen aus dem Laden schwängern. Die reizen ihn wirklich null."

„Ich werde ihn fragen, verlass dich drauf", versicherte Nika aufgebracht. Cassie wollte gerade etwas sagen, als Nikas Handy zu klingeln begann. Sie warf einen flüchtigen Blick auf das Display, ehe sie einen verächtlichen Laut ausstieß. „Sieh an. Vermutlich ist ihm aufgefallen, dass ich nicht zuhause bin."

„Willst du nicht rangehen?", hakte Cassie nach, als Nika das Handy achtlos zur Seite legte.

„Ich denke ja gar nicht dran", sagte sie trotzig. Das Klingeln hörte nicht auf. Cassie grinste.

„Er ist ganz schön hartnäckig", stellte sie fest.

„Mir doch egal", stieß Nika beleidigt aus.

„Geh schon ran", forderte Cassie sanft. „Sonst hat er dir den Ball zugespielt und wird warten, bis du dich meldest. Und wenn er erstmal wieder auf dem Kiez ist, wird er nicht rangehen, weil er eure Probleme nicht ausdiskutieren will, solang er dort ist. Willst du echt warten, bis er morgen früh völlig übermüdet und möglicherweise sogar schlecht gelaunt von der Nacht nach Hause kommt? Das erscheint mir nicht die beste Grundlage für ein klärendes Gespräch."

Nika schnaubte.

„Du hast Recht. Aber sein beschissenes Ego geht mir so sehr auf die Nerven", fluchte sie, ehe sie das Gespräch doch entgegennahm.

„Was ist?", begrüßte sie Marten kühl.

„Wo bist du?", hörte Cassie Marten ungeduldig fragen.

„Unterwegs", antwortete Nika wortkarg.

„Bei Janet?", wollte er wissen.

„Sage ich dir nicht", sagte Nika.

„Josh?"

„Ist doch egal", entgegnete Nika trotzig.

„Wo. Bist. Du?"

Martens Stimme glich einem bedrohlichen Knurren. Nika seufzte tief.

„Bei Cassie, okay? Und ich habe keine Lust, mich weiter von dir anpöbeln zu lassen."

„Alles klar. Bis gleich", hörte Cassie Marten sagen.

„Vergiss es. Ich schlafe heute hier", betonte Nika kühl.

„Nika...", mahnte er. „Reiz mich jetzt nicht."

„Dann leg doch einfach auf. Problem gelöst", konterte Nika unberührt, ehe sie selbst das Telefonat beendete.

„Wow", machte Cassie. „Du traust dich ja was."

„Er weiß genau, dass er mich mit seiner blöd-dominanten Art nicht einschüchtern kann. Die Zeiten sind endgültig vorbei", sagte Nika.

„Maximal eine halbe Stunde, bis er hier vor der Tür steht. Darauf verwette ich einen Hunni", grinste Cassie.

„Wir müssen nicht wetten. Ich weiß selbst, dass er mich jetzt holen kommt. Aber er soll nicht glauben, dass ich ihn mit offenen Armen erwarte."

„Ich finde das süß", lächelte Cassie. „Es ist seine ganz eigene, total seltsame Art, dir zu zeigen, dass er dich liebt."

„Bevor er in den nächsten Stunden wieder in den Laden verschwindet, ich allein zuhause sitze und mich im Bett unruhig hin- und herwälze, weil ich mich frage, ob er sich mit einer anderen vergnügt."

„Nika!", tadelte Cassie ihre Freundin. „Er springt über seinen eigenen Ego-Schatten, läuft dir nach und holt dich zu allem Überfluss noch bei mir ab, weil er es nicht ertragen kann. Er liebt dich."

„Kann er sich in seine gegelten Haare schmieren", zischte Nika trotzig und brachte Cassie zum Lachen, ehe sich auch auf ihren Lippen endlich ein Schmunzeln bildete.

Kurz darauf klingelte es tatsächlich. Cassie öffnete ihm und bedachte ihn mit einem tadelnden Blick. Er verdrehte seufzend die Augen, drückte sich an ihr vorbei und schaute sich suchend nach seiner Freundin um. Seine Muskulatur war angespannt, seine Gesichtszüge verhärtet. „Wo ist sie?"

Nika, die hinter Cassie auftauchte, runzelte provokant die Stirn, sagte jedoch nichts. Stattdessen wandte sie sich an ihre Freundin und zog sie zum Abschied in ihre Arme, bevor sie hocherhobenen Hauptes an Marten vorbeiging, ohne ihn anzuschauen. Der atmete tief durch, dann verabschiedete auch er sich von Cassie.

„Idiot", murmelte sie, ehe sie die Tür hinter den beiden ins Schloss drückte. Sie konnte es kaum erwarten, Hamburg erneut den Rücken zu kehren und John endlich wieder in die Arme zu schließen. 

Ich weiß, irgendwie ist viel passiert in dem Kapitel. Aber immerhin diesmal kein Cliffhanger. Ich bessere mich also.

Wie hat euch das Kapitel gefallen? Wie findet ihr es, dass sich auf einmal Cassies Vater meldet? Findet ihr, sie sollte ihm eine zweite Chance geben? Und könnt ihr verstehen, dass Willow so dagegen ist?

Und ist Marten auf den Kopf gefallen? Was für mit Schwangeren zum Arzt gehen? Könnt ihr verstehen, dass Nika sich aufgeregt hat?

Ich bin gespannt, was ihr sagt.

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