Meine Lieben, ich bin noch immer ganz aus dem Häuschen, weil "Let me go" die 200K geknackt hat. Und "Started from the bottom" ist auch kurz davor. Unglaublich, ehrlich. Ich bin gespannt, wie euch das nächste Kapitel gefällt. Ich hatte sehr viel Spaß beim Schreiben, nicht zuletzt wegen der tollen Inspiration durch ein reell existierendes Buch. Ihr werdet es sehen, es ist sicher ein Bestseller. Viel Spaß :)
„Wenn du es dir anders überlegst, komm einfach vorbei."
Sie schenkte John ein Lächeln, als sie sich im Flur verabschiedeten. Er würde die nächste Woche in Berlin verbringen, doch sie würde ihn nicht begleiten, denn sie hatte andere Pläne gemacht.
„Okay", erwiderte Cassie und reckte sich ihm für einen kurzen Abschiedskuss entgegen. Anschließend nahm er seine Tasche und zog die Haustür auf.
„Falls du nochmal mit deiner Ärztin sprichst, rufst du mich an, ja?", vergewisserte er sich und sah ein letztes Mal prüfend in ihre Augen.
„Ja. Klar", versprach sie und gab ihm einen letzten Kuss, bevor sie sich Marten zuwandte, der ihn abholte und zum Flughafen brachte. Er verabschiedete sich ebenfalls von ihr und ihrer Schwester, bevor er seinem Cousin nach draußen folgte.
Einerseits hätte sie ihn wirklich gern nach Berlin begleitet, andererseits fühlte sie sich tatsächlich nicht bereit dazu. Paolas Beerdigung lag gerade mal ein paar Tage zurück und sie spürte tief in ihrem Inneren, dass sie etwas Zeit brauchte, um wieder zu sich selbst zu finden.
Sie hatte nicht geglaubt, dass die Beerdigung trotz ihres vorherigen Abstands zu Paola derart emotional für sie werden würde. Doch ihre Eltern hatten eine wirklich schöne Andacht für sie organisiert. Im Hintergrund waren verschiedene Abschnitte ihres Lebens künstlerisch aufbereitet worden; all das, was Paola ausgemacht hatte. Ihre Liebe zum Tanzen hatte dabei im Mittelpunkt gestanden, und auch, wenn sie sich so weit voneinander entfernt hatten, hatte Cassie sich ihr in dem Moment wieder nah gefühlt, denn das hatte sie immer miteinander verbunden.
Es hatte sich herausgestellt, dass es sich bei Paolas blondem Begleiter aus dem Club um ihren Bruder Ramon gehandelt hatte. In tausend Jahren hätte Cassie den einst zu unscheinbaren Typen nicht wiedererkannt, der eine bewegende Trauerrede gehalten hatte. Währenddessen hatte sie sich beim Betrachten ihres Fotos in Erinnerungen verloren und sich selbst die Chance gegeben, Abschied zu nehmen. John hatte dabei schweigend ihre Hand gehalten und ihr Kraft gegeben.
Je länger sie jedoch darüber nachdachte, wie ihre Freundschaft mit Paola auseinandergegangen war, desto mehr war sie jedoch auch bereit, Johns Ansicht anzunehmen. Bei aller Liebe, die sie für ihre ehemalige Freundin nach wie vor in ihrem Herzen trug, war es ihr gutes Recht, nicht zu vergessen, dass sie sich hinter ihrem Rücken mit ihrem Verlobten getroffen, ihre Hochzeit ruiniert und ihre Proben für die Show sabotiert hatte. Auch, wenn es schmerzte, musste sie sich eingestehen, dass ihre Freundschaft nur noch in ihrer Fantasie existiert hatte und sie sich seit Paolas Tod lediglich an die schönen Erinnerungen einer vergangenen Zeit klammerte.
„Alles okay?"
Willows Stimme ließ sie herumfahren.
„Alles in Ordnung", versicherte sie lächelnd. „Ich freue mich auf unsere nächsten Tage."
„Ich mich auch", sagte Willow. „Endlich mal rauskommen und nicht an die Uni denken."
„Oder an schlechte Dinge", ergänzte Cassie.
„Wir haben ewig nichts mehr miteinander unternommen", gab Willow vorfreudig zurück und folgte Cassie in die Küche, um ihr schnell dabei zu helfen, die Spuren von Johns hastigem Aufbruch zu beseitigen. Vor lauter Hektik hatte er überall Dinge herumliegen lassen. Willow kannte Cassie gut genug, um zu wissen, dass sie zumindest einmal grob Ordnung schaffen würde, bevor sie selbst das Haus verließ.
Als sie schließlich in Cassies SUV saßen, schob sie sich trotz der kühlen Außentemperaturen zufrieden eine Sonnenbrille auf die Nase. Die Autofahrt dauerte lediglich eine Stunde, dann erreichten sie gut gelaunt den kleinen Wellness-Tempel direkt an der Ostsee. Im teils denkmalgeschützten Kurhotel gab es nicht nur Wellness auf einigen tausend Quadratmetern mit Themensaunen, Dampfbädern, Eisgrotten, Pools, Massagen oder Beauty-Behandlungen, sondern auch drei Restaurants mit köstlichem Essen und passenden Weinen. Sie würden sich Massagen und entspannte Wohlfühlmomente in der Sauna gönnen und Energie tanken.
Nachdem sie eingecheckt hatten, bezogen sie zunächst ihr niedliches Doppelzimmer, zogen sich um und verschafften sich einen Überblick über die gebuchten Behandlungen. Kurz darauf fanden sie sich bereits bei ihrer ersten Anwendung wieder.
Während der Ganzkörpermassage gelang es Cassie tatsächlich, einfach mal an gar nichts zu denken. Sie hatte das Gefühl, dass die geübten Handgriffe sie von Verspannungen und ihren Alltagssorgen befreiten. Die Berührungen der Masseurin waren derart intensiv, dass sie meinte, von Endorphinen geflutet zu werden. Bereits nach der ersten Anwendung sank sie tiefenentspannt in gemütliche Liege an einem der vielen Pools und schlug herzhaft seufzend ihr Buch auf, das sie sich gerade kurzerhand im hausinternen Souvenirladen gekauft hatte.
Eigentlich war es vielmehr ein Groschenroman als ein richtiges Buch und der Klappentext versprach eher Cringe statt ernsthaftes Lesevergnügen, doch es würde ausreichen, um sie von ihrem Alltag abzulenken. Willow, die in der Literatur weitaus bewanderter war als sie selbst, schmunzelte amüsiert, als sie einen Blick auf die Beschreibung warf, die unter einem kitschigen Foto auf der Rückseite aufgedruckt war.
„Ein Wikinger, den es durch einen magischen Wal in die Neuzeit verschlägt. Du hast echt überhaupt keinen Anspruch an dich selbst", grinste sie und ließ sich auf die freie Liege neben ihrer Schwester fallen.
„Du hast einfach nur keine Ahnung. Da geht's voll ab. Hab es durchgeblättert. Er flankt die Alte so richtig weg", offenbarte Cassie ihr großspurig. Willow lachte.
„Lass mich raten - das war dein Beweggrund, dieses Buch überhaupt zu kaufen", kommentierte Willow trocken und zückte ein eigenes Taschenbuch.
„Richtig. Ich will weg von diesen Frauenpornos", erwiderte sie triefend sarkastisch, warf einen Blick auf Willows Buch und verdrehte die Augen.
„Schuld und Sühne", sagte sie gedehnt. „Klingt schon richtig anstrengend zu lesen."
„Wenn man so wenig Gehirnzellen hat wie du, kann sowas durchaus zu anspruchsvoll sein", konterte Willow und schlug ihr Buch an der Stelle auf, an die sie zuvor ein Lesezeichen gesteckt hatte.
„Wie hält Carlos das nur aus?", fragte Cassie mehr sich selbst als ihre kleine Schwester, ehe sie sich ihrem Buch widmete. Willow grinste zufrieden.
„Der hat sich mittlerweile daran gewöhnt und ob du es glaubst oder nicht: ich habe ihn neulich dabei erwischt, wie er in Dr. Jekyll und Mr. Hyde reingelesen hat", erzählte sie.
„Nie-mals!", lachte Cassie überzeugt.
„Wenn ich es dir sage", beteuerte Willow. „Ihr habt einfach alle ein falsches Bild von ihm, nämlich jenes, an das er euch glauben lässt."
„Und, hat es ihm gefallen?", schmunzelte Cassie.
„Weiß nicht. Er hat nur ein paar Seiten durchgehalten und es dann wieder in die Ecke geworfen", sagte Willow frustriert.
„Kann ich verstehen", gab Cassie zurück. „Ich stehe auch mehr auf zeitgenössische Literatur."
Willow warf einen abschätzigen Blick auf das Buch in ihren Händen.
„Sehe ich."
„Nicht jeder kann so ein Bücherwurm wie du sein, Schwesterlein", lächelte Cassie. Willow rollte mit den Augen.
„Okay, wenn du mich weiter so nervst, lege ich mich auf die andere Seite vom Pool."
„Zu den alten Knackern da hinten, meinst du?", grinste Cassie amüsiert. Als Willow nicht antwortete, gab sie ihre Sticheleien auf und vertiefte sich in die ersten Seiten ihres Buches. Eine ganze Weile versuchte sie, mit der Materie warmzuwerden, doch sie konnte mit dem heroischen Wikinger, der auf einmal die Neuzeit entdecken musste, tatsächlich nichts anfangen, und auch die Protagonistin, eine prüde Psychiaterin, fand sie sterbenslangweilig. Irgendwann blätterte sie genervt ein paar Seiten nach vorn und scannte einzelne Textpassagen, in der Hoffnung, dass es bald spannender wurde. Sie schmunzelte amüsiert, als die Protagonisten endlich übereinander herfielen.
„Das Dreieck dunkler, gekräuselter Haare an ihrem Unterleib schimmerte bereits feucht", las sie laut vor und achtete darauf, es möglichst theatralisch zu betonen. „Okay, von Intimrasur hält sie wohl nicht viel", kommentierte sie anschließend sachlich, während Willow sie fassungslos anstarrte.
„Dein Ernst, Cassie?"
„Was kann ich dafür, wenn das hier so steht?", platzte es lachend aus ihr heraus. Willow wollte etwas sagen, verkniff es sich jedoch und wandte ihre Augen wieder ihrem eigenen Buch zu.
„Als sie ihre Beine um seine Hüften schlang, schien sie ihn zu überrumpeln, denn seine Beine gaben nach und er landete mit den Knien auf der ersten Treppenstufe", las Cassie vor. „Was ein Amateur."
Willow ignorierte den Kommentar. Cassie schob beleidigt die Unterlippe vor und schmökerte weiter in ihrem Groschenroman. Erst, als sie amüsiert auflachte, schien Willow nicht mehr an sich halten zu können.
„Okay, was?", blaffte sie Cassie genervt an.
„Beide Arme seitlich von ihr auf das Sofa gestemmt, drang er in ihre heißen Tiefen ein. ,Du dehnst mich', stellte sie verwundert fest. ,Ja, allerdings', antwortete er stolz", zitierte Cassie einen weiteren Abschnitt und hielt ein weiteres Lachen zurück. „Jetzt geht's ab."
„Gott, wie alt bist du? Zwölf?", fragte Willow kopfschüttelnd. „Die Leute gucken schon."
„Er warf den Kopf in den Nacken, stieß einen rauen Siegesschrei aus und fand eine überwältigende Befriedigung. Dann brach er auf ihr zusammen", las Cassie unbeirrt weiter. „Also so guten Sex wie die in diesem Buch hattest du jedenfalls noch nie."
„Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn Carlos nach dem Orgasmus auf mir zusammenbrechen würde", konterte Willow trocken. „Lässt du mich jetzt zumindest das Kapitel zuende lesen? Danach spiele ich auch mit dir. Versprochen."
Cassie lächelte, ehe sie demonstrativ konzentriert die aktuelle Seite des Buches einknickte und es zur Seite legte. Anschließend öffnete sie ihren Bademantel. Als sie sich den Stoff über die Schultern streifte und ihre Rundungen im knappen, bunten Bikini präsentierte, schauten ein paar der älteren Herren von der anderen Seite des Pools zu ihr herüber. Cassie ignorierte die neugierigen Blicke, ließ den Bademantel auf die Liege fallen und setzte sich auf den Beckenrand, um sich langsam ins angenehm warme Wasser gleiten zu lassen. Willow vertiefte sich unterdessen wieder in ihr Buch, vermutlich erleichtert darüber, dass Cassie sich endlich mit sich selbst beschäftigte.
„Du kannst froh sein, dass John nicht hier ist", schmunzelte Willow, als sie nach der anschließenden Gesichtsbehandlung auf ihr Zimmer zurückgingen.
„Ich habe überhaupt nichts gemacht", betonte Cassie. „Außerdem hat der Typ eher dich angeflirtet als mich. Vermutlich bin ich dem zu klein."
„Oder zu üppig", grinste Willow frech, als sie nach Cassie das Zimmer betrat.
„Kann auch sein. Mir egal. Ich habe mein Herz sowieso schon vergeben. Aber das nächste Mal müssen wir unbedingt Malia mitnehmen. Ich habe ja nicht gewusst, wie viele hübsche Männer in so einer Wellness-Oase unterwegs sind."
„Das stimmt allerdings", gab Willow zu, als sie auf das weiche Bett fiel. Cassie schnappte sich unterdessen ihr Smartphone, das sie auf dem Nachttisch liegengelassen hatte. Sie hatte sich fest vorgenommen, in den paar Tagen, die sie mit Willow hier verbrachte, wirklich zur Ruhe zu kommen. Das schloss auch eine eingeschränkte Erreichbarkeit ein. Sie hatte lediglich ihrer Mutter und John geschrieben, dass sie gut angekommen waren. Auch Willow tippte bereits auf ihrem Handy herum.
„Was ist?", fragte Cassie, als sie ihr Lächeln bemerkte. Ihre Schwester drehte ihr den Bildschirm zu und deutete auf ein Foto, das Carlos ihr zugeschickt hatte. Es zeigte ihn, wie er mit seinem Hund auf der Couch lag.
„Ihr seid schon ekelhaft süß", kommentierte Cassie grinsend das Liebesglück der beiden.
„Immer wieder schön zu sehen, wie sehr du dich für uns freust", konterte Willow und streckte ihr die Zunge raus.
„Ich freu mich auch", beteuerte Cassie ernst. „Ich meine, er hat dir den Schlüssel zu seiner Wohnung gegeben. Das ist echt ein großer Schritt; vor allem für dich."
„Wie meinst du das?", hakte Willow nach und strich ihre Locken nach hinten.
„Naja, du bist halt generell etwas langsamer in allem; was nicht schlecht ist. Für dich ist so ein Schlüsseltausch schon eine große Sache", erklärte Cassie behutsam, darauf bedacht, ihre Schwester nicht zu verletzten. Willow lächelte selig.
„Ist es auch", gab sie zu. „Und es fühlt sich gut an."
„Das ist die Hauptsache", sagte Cassie.
„Wenn ich zurück bin, wollen wir auch ein paar Tage wegfahren", offenbarte Willow ihr.
Cassie runzelte die Stirn.
„Du fährst freiwillig mit jemandem weg?", hakte sie interessiert nach und ließ das Handy sinken, auf dem sie gerade noch eine Nachricht an John getippt hatte.
„Ich weiß. Verrückt, oder?", lächelte Willow.
„Ja, total", grinste Cassie. Was für andere Pärchen selbstverständlich war, war für Willow tatsächlich eine Ausnahme.
„Fährst du noch zu John nach Berlin, wenn wir wiederkommen?", fragte Willow. Cassie zuckte mit den Schultern.
„Weiß ich noch nicht. Ich denke, das lasse ich alles auf mich zukommen. Erstmal entspanne ich mich jetzt ein paar Tage mit dir und dann sehe ich weiter."
„Klingt nach einem guten Plan", sagte Willow lächelnd.
„Weißt du, was auch gut klingt?", wollte Cassie wissen.
„Nee, was?"
„Dass wir uns jetzt frischmachen und danach was essen gehen. Ich habe nämlich langsam wirklich Hunger", erwiderte Cassie. Willow grinste.
„Manche Dinge ändern sich halt nie", schmunzelte sie, ehe ihr Gesichtsausdruck plötzlich dunkel wurde. „Was zur Hölle?"
Cassie runzelte irritiert die Stirn.
„Was ist?", fragte sie besorgt, als Willow kopfschüttelnd auf das Display ihres Handys schaute.
Ich weiß, der Cut ist wieder echt ätzend an der Stelle, aber wie hat euch das Kapitel denn sonst gefallen? Würdet ihr das Buch auch gerne mal lesen? Also ich fand es auf jeden Fall super. Danke auch an Saelamju, ohne die dieses Lesevergnügen gar nicht möglich gewesen wäre.
Okay, okay, ich gebe zu, der Cut an der Stelle ist trotzdem wieder unnötig, aber es soll ja nicht langweilig werden. Und ich verspreche euch, diesmal spanne ich euch auch nicht so lang auf die Folter. :)
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