3 | 04 | Zweifel
Here you go. Have fun.
John blies nachdenklich den Rauch aus und fuhr sich schwer seufzend durch die Haare. Noch immer zerbrach er sich den Kopf um Cassie und darüber, wie er ihr helfen konnte. Zu sehen, wie niedergeschlagen sie war, weil sie einfach nicht schwanger wurde, hatte ihn selbst ebenfalls runtergezogen. Sie hatte versucht zu verbergen, wie schlecht es ihr ging, doch er kannte sie viel zu gut, um nicht zu bemerken, dass sie etwas beschäftigte.
Er konnte verstehen, dass es sie wahnsinnig machte; schließlich fühlte er ähnlich. Auch an ihm ging es nicht spurlos vorbei, dass es einfach nicht klappen wollte und ihr Kinderwunsch unerfüllt blieb. Ihm war nicht bewusst gewesen, wie sehr er sie damit unter Druck setzte, es immer wieder zu versuchen. Er hatte geglaubt, dass es in Ordnung für sie war. Vor lauter Begeisterung von der Vorstellung, ein Baby zu bekommen, hatte er nicht wahrgenommen, dass er sie damit überforderte.
Der Gedanke, sie könnte den Sex mit ihm schon länger nicht mehr genießen, ärgerte ihn, denn dann war es tatsächlich seine Schuld. In der letzten Zeit hatte sich ihr Sexualleben verändert; zwar schliefen sie häufiger miteinander, doch es fühlte sich routinierter an; so, als würden sie beide nur einen Plan abarbeiten. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr musste er sich eingestehen, dass er die treibende Kraft gewesen war. Frustriert schüttelte er über sich selbst den Kopf. Er war so fokussiert auf die Erfüllung des Kinderwunsches, dass er nicht einmal hatte einsehen wollen, dass sich dadurch etwas zwischen ihnen veränderte. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte Cassie Recht; es ging ständig nur noch im Sex. Kein Wunder, dass sie die Zweisamkeit mit ihm nicht mehr genießen und sich nicht mehr fallenlassen konnte.
„Diggi, kommst du?"
Martens Stimme ließ ihn herumfahren. Er hatte bereits einen Schein auf den Tisch gelegt und war aufgestanden. John saß noch immer rauchend im Außenbereich des Imbisses und starrte Löcher in die Luft.
„Hmm", machte er und folgte seinem Cousin. Der schüttelte den Kopf.
„Streit mit Cas?", wollte er wissen und beobachtete ihn aufmerksam, während sie zum Auto zurückliefen.
„Nee", entgegnete John wortkarg. Es war nicht mal gelogen, immerhin hatten sie nicht gestritten. Die vergangene Nacht hatte ihn einfach nur nachdenklich gemacht. Marten ließ seinen Blick noch einen Moment auf ihm ruhen, ehe er sich abwandte und den Autoschlüssel hervorzog. John war klar, er würde nicht noch einmal nachhaken, denn sein Cousin wusste, dass er schon von selbst anfangen würde zu reden, wenn ihm danach war. Doch zunächst folgte er ihm schweigend zum am Straßenrand geparkten Wagen. Dabei verlor er sich erneut in seinen Gedanken rund um seine Beziehung. Wenn er nicht aufpasste, schlitterten sie geradewegs in eine richtige Krise hinein, und das war das Letzte, was er wollte.
„Es geht ihr nicht gut", sagte er auf einmal, als er zu Marten in den Wagen gestiegen war. Der drehte ihm kurz seinen Kopf zu. „Weil?", hakte er kurz angebunden nach, während er den Motor startete.
„Weil sie noch immer nicht schwanger geworden ist", antwortete John. „Und wenn ich ehrlich bin, zieht mich das auch runter."
„Okay", sagte Marten, schaute über die linke Schulter und ordnete sich in den fließenden Verkehr ein. John runzelte die Stirn.
„Ich erzähle dir, dass wir beide schlecht drauf sind, weil es mit dem Baby nicht klappt, und alles, was du dazu sagst, ist okay?", fragte er misstrauisch.
„Tut mir leid, dass es noch nicht geklappt hat", ergänzte Marten. „Kommt aber bestimmt noch. Ihr müsst einfach weitermachen."
„Hab ich auch gedacht, aber langsam mache ich mir wirklich Gedanken."
„Über?", hakte Marten knapp ein und setzte den Blinker, als er den Wagen an einer Ampel abbremste. Dabei warf er ihm einen flüchtigen Seitenblick zu.
„Ob es meine Schuld ist", räumte John seufzend ein und sah aus dem Beifahrerfenster. Sein Blick blieb an einer alten Frau hängen, die gerade mit einem kleinen Kind an der Hand die Straße überquerte.
„Wieso das denn?", fragte Marten verständnislos.
„Naja, du weißt schon, Diggi. Vielleicht sind meine Soldaten müde oder so", entgegnete John resigniert und wandte sich wieder seinem Fahrer zu.
„Wovon sollten die müde sein?", entgegnete Marten amüsiert. „Von eurem stundenlangen Rumgebumse?"
„Ernsthaft, Bro. Vielleicht liegt es an mir. Ich meine, ich saufe viel, ich kiffe jeden Tag... Es ist erwiesen, dass Gras die Testosteronproduktion hemmt und weniger Spermien produziert werden."
„Ich hab deutlich mehr geraucht als du und Nika ist trotzdem schwanger geworden", widerlegte Marten ernst seine Theorie. Kaum hatte er seinen Satz ausgesprochen, legte sich ein trauriger Schleier über seine Augen.
„Tut mir leid, man", erwiderte John mitfühlend. Marten sprach nicht oft über Nikas Fehlgeburt oder sein ungeborenes Baby, doch es war ihm noch immer anzusehen, dass dieser Verlust ihn schmerzlich berührte und er ihn nach wie vor nicht vollständig verarbeitet hatte.
„Kannst du ja nichts für", entgegnete Marten und sah kurz auf die noch immer rote Ampel.
„Denkst du eigentlich noch viel daran?", fragte John.
„An das Baby, meinst du?", fragte Marten und schaute wieder zu ihm.
„Ja."
„Manchmal. Ich hätte mich wirklich gefreut, Vater zu werden", gestand Marten.
„Warum probiert ihr es eigentlich nicht nochmal?", wollte John wissen.
„Wir lassen uns einfach noch etwas Zeit", antwortete Marten.
„Vielleicht wäre das für uns auch der bessere Weg gewesen", räumte John ein.
„Wie meinst du das?", fragte Marten.
„Möglicherweise stressen wir uns auch einfach nur zu sehr", spekulierte John. „Ich meine, Cassie hat schon Recht. Ich rede praktisch von nichts anderen mehr und ständig, wenn ich zuhause bin, will ich ihr an die Wäsche."
Marten warf ihm einen undefinierbaren Seitenblick zu.
„Was?", fragte John.
„Vielleicht hast du es wirklich übertrieben", räumte er ein. „Schaltet mal ein paar Gänge zurück."
„Also ist es jetzt echt verwerflich, Bock auf seine Freundin zu haben?", wollte John wissen.
„Quatsch", sagte Marten ernst. „Aber wenn ihr nur noch ein Thema habt, verstehe ich, dass sie das runterzieht. Kann doch sein, dass sie sich als Frau weder ernstgenommen noch wahrgenommen fühlt. Du weißt doch, was Weiber manchmal für einen Tick kriegen."
„Meinst du?", fragte John nachdenklich. Konnte das sein? Fühlte Cassie sich auf Sex reduziert und reagierte deshalb derart empfindlich? Ließ sie sich darum nicht mehr fallen? Oder gab sie vielleicht auch John die Schuld dafür, dass es nicht klappte?
„Was, wenn sie auch glaubt, dass es an mir liegt?", warf John in den Raum.
„Warum sollte sie?", fragte Marten.
„Du weißt genau, dass Drogen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben können. Vielleicht meint sie, dass ich beschissene Spermien habe und sie aus dem Grund noch nicht schwanger geworden ist."
Marten schüttelte den Kopf.
„Rede dir nicht so einen Scheiß ein. Deine Spermien sind sicher voll in Ordnung", kommentierte er und sah abermals ungeduldig zu der roten Ampel.
„Ob ich mal zu einem Arzt gehen soll?", fragte John mehr sich selbst als seinen Cousin.
„Wofür?", wollte Marten wissen. „Der wird dir sagen, dass es daran liegen könnte, aber nicht muss."
„Ich könnte einen Samentest machen", sinnierte John.
„Du meinst das echt ernst, oder?", hakte Marten nach, als ihm bewusstwurde, dass John wirklich mit dem Gedanken spielte.
„Würde es dich nicht nachdenklich machen, wenn Nika einfach nicht schwanger werden würde?", wollte John wissen.
„Doch, aber wenn wir es gerade erfolglos versuchen würden, würde ich offen mit ihr darüber sprechen", antwortete Marten schulterzuckend. „Wozu sind wir sonst zusammen?"
„Du hast Cas gestern nicht gesehen. Ich will sie nicht noch mehr damit belasten", entgegnete John.
„Sie sollte wissen, was dich beschäftigt", redete Marten ihm ins Gewissen.
„Falls sich bei dem Test herausstellen sollte, dass ich tatsächlich unfruchtbar bin, würde ich definitiv mit ihr darüber reden. Aber so lang möchte ich sie da raushalten", stellte John klar.
„Wie du meinst", kommentierte Marten. „Aber sag am Ende nicht, ich hätte versucht, dir deinen Alleingang auszureden."
Endlich wurde die Ampel grün. Marten gab Gas.
„Was sollte sie schon tun, wenn sie davon wüsste? Mir für die Spermaprobe in der Praxis einen runterholen?"
Marten lachte.
„Also ich hätte kein Problem damit, wenn meine Freundin mir in der Öffentlichkeit einen runterholt."
Jetzt musste auch John lachen. Es tat gut, mit seinem Cousin über seine Gedanken zu sprechen. Mit keinem Menschen konnte er sie so offen teilen wie mit ihm.
„Du kannst ja mitkommen", schlug er vor.
„Nee, lass mal. Keinen Bock, dir einen runterzuholen", erwiderte Marten trocken. John lachte.
„Sollen wir noch zu dir, ne Runde zocken?", fragte er Marten. Der wandte seinen Blick wieder von ihm ab und schaute starr auf die Straße.
„Sonst gerne, aber ich muss gleich noch was erledigen."
Hach. Er ist schon süß, oder? Wie er sich Gedanken darum macht, warum es einfach nicht klappen will... vielleicht hat er ja sogar Recht 🙈 Oder was sagt ihr?
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