3 | 02 | Fragen

Meine Lieben, heute gibt's endlich das neue Kapitel. Ich wünsche euch viel Spaß, auch allen, die gerade sauer auf Cassie und/oder mich sind

„Bist du endlich fertig?"

John warf einen ungeduldigen Blick ins Badezimmer. Cassie stand vor dem großen Spiegel und drehte sich mit skeptischem Gesichtsausdruck hin und her. Noch immer hatte er keine große Lust, sie zu begleiten, doch er hatte es ihr versprochen und wollte weitere Diskussionen vermeiden. Schließlich verloren sie sich in der letzten Zeit immer häufiger darin. Alles, was er wollte, war Harmonie.

Er war so selten zuhause, dass er der Meinung war, sie sollten die wenigen Stunden zu zweit genießen, statt sich wegen Nichtigkeiten die Köpfe einzuschlagen. Leider konnte er oftmals nicht aus seiner Haut, sodass er selbst nicht unschuldig an ihren Auseinandersetzungen war. Aber hin und wieder machte es ihn wahnsinnig, dass sie ihren Fokus so stark auf ihre Karriere legte, auch, wenn er ähnliche Prioritäten setzte. Es frustrierte ihn, dass sie sich zwar dafür entschieden hatten, ein Baby zu bekommen, in den vergangenen Monaten in der Hinsicht jedoch nichts passiert war.

Es war wie verhext; ganz egal, wie häufig sie miteinander schliefen – Cassie wurde einfach nicht schwanger. Neulich hatte er sich sogar bei der Frage erwischt, ob sie auch wirklich die Pille abgesetzt hatte. Er konnte einfach nicht verstehen, weshalb es nicht funktionieren wollte.

„Ist vielleicht der Stress", hatte Marten lapidar gesagt, als er seinem Cousin vor ein paar Wochen auf Tour sein Herz ausgeschüttet hatte. Es hatte sich gut angefühlt, mit einer unbeteiligten Person offen über das zu reden, was er dachte und fühlte; er hatte den Eindruck, dass eine offene Unterhaltung mit Cassie nur zu Streitigkeiten führen würde. Wenn sie wirklich so sehr an dem Kinderwunsch festhielt wie er, bestand zusätzlich das Risiko, sie zutiefst zu verletzen, indem er sie darauf hinwies, dass sie nach wie vor nicht schwanger geworden war. Also hatte er sicherheitshalber davon abgesehen und sich Marten anvertraut.

„Hetz doch nicht so", riss Cassies leise Stimme ihn aus seinen Gedanken. Ihre Locken, die mittlerweile wieder bis zur Mitte ihres Rückens reichten, wippten, als sie zu ihm herumfuhr. Automatisch ließ er seinen Blick über ihren Körper gleiten, den sie in einem roséfarbenen, bauchfreien Top, einer engen Sweatpants in derselben Farbe und dazu passenden Sneakern gekonnt in Szene setzte. „Gut?", fragte sie und blieb erwartungsvoll vor ihm stehen. Er lächelte leicht, denn sie gefiel ihm wirklich gut. Der Duft ihres Parfums stieg in seine Nase und er bemühte sich, keinen erneuten Versuch zu unternehmen, sie von ihrem Vorhaben abzubringen, die Jubiläumsfeier zu besuchen.

„Ja", bestätigte er und legte seine Hände an ihre Hüften, doch statt sich ihm entgegen zu recken, um ihn zu küssen, drückte sie sich an ihm vorbei. Er schaute ihr stirnrunzelnd nach, bevor er ihr ins Schlafzimmer folgte, wo sie eine weiße Trainingsjacke und einen bunten Windbreaker aus dem Schrank zog.

„Die oder die dazu?", fragte sie und hielt sich beide abwechselnd vor die Brust.

„Beide gut", antwortete er. Sie seufzte.

„Du bist keine Hilfe", kommentierte sie.

„Ich sage doch – beide gut. Was war daran jetzt falsch?", fragte er verständnislos.

„Schon okay", sagte sie, bevor sie die Trainingsjacke wieder zurückhängte. Ehe sie ihn erneut stehenlassen konnte, schlang er einen Arm um sie und sah prüfend in ihre Augen.

„Alles in Ordnung?"

„Was sollte nicht in Ordnung sein?", fragte sie. Er runzelte die Stirn.

„Weiß nicht. Du bist komisch momentan", stellte er fest, ohne seinen Blick abzuwenden.

Er glaubte, ein unsicheres Schimmern in ihren Augen zu sehen, doch mit dem nächsten Wimpernschlag war es verschwunden.

„Ich mache mir einfach Gedanken wegen der Show. Wir sind noch ganz am Anfang und es ist noch so unglaublich viel zu tun", antwortete sie.

„Wenn jemand das hinkriegt, dann du", sagte er überzeugt.

„Manchmal glaube ich, dass ich mich damit übernommen habe", entgegnete sie.

„Du brauchst einfach ein gutes Team", gab er zurück. „Aber von mir möchtest du dir ja nicht helfen lassen."

Sie verdrehte sie Augen.

„Bitte nicht jetzt", flehte sie. „Sonst kommen wir noch später."

John wollte so vieles sagen, doch er behielt seine Gedanken für sich. Zu groß war seine Sorge, sich in einer weiteren Diskussion mit ihr zu verlieren.

„Okay. Lass uns gehen", erwiderte er also und ließ von ihr ab.

„Wenn der dir nochmal so auffällig auf die Titten glotzt, boxe ich dem eine."

„John!"

Cassie verdrehte genervt die Augen.

„Nee. Ist echt so", kommentierte er und fixierte seinen neuen Feind in Hoodie, Jeans und Sneakers, der ein paar Meter von ihnen entfernt stand.

„Dir ist schon klar, dass er keine Konkurrenz für dich ist, oder?", fragte sie und zog ihn hinter sich her in Richtung Catering. „Komm, vielleicht bringt dich das Essen hier ja wieder runter."

„Wieso nicht? Ist seine Nase nicht hübsch genug?", wollte John bissig wissen. Noch immer hatte er nicht vergessen, dass dies eine der Eigenschaften war, die sie damals Rome zugerechnet hatte. Cassie schmunzelte.

„Nicht mehr jedenfalls, wenn sie mit deiner Faust Bekanntschaft gemacht hat", konterte sie. Er lachte unwillkürlich. Noch immer hatte sie ein Händchen dafür, ihn in brenzligen Situationen runterzubringen.

„Also magst du seine Nase", schlussfolgerte er dennoch düster.

„Ich habe ihn nicht einmal genauer angeschaut. Was weiß ich", offenbarte sie ihm. „Ich beachte schließlich nicht jeden Typ, der mich anglotzt."

Er lächelte zufrieden.

„Sagst du jetzt sowieso nur, damit ich aufhöre zu pöbeln", grinste er.

„Richtig", sagte sie, als sie das Buffet erreichten. John wusste schon, wieso er auf diese Veranstaltung so wenig Lust gehabt hatte. Doch jetzt, wo der offizielle Teil überstanden war, während sie inmitten der vielen Stuhlreihen gesessen, sich die Reden der Marketingchefs über den Erfolg der Marke in den vergangenen zwanzig Jahren angehört und sich drei Videos zur Selbstbeweihräucherung reingezogen hatten, gelang es ihm, sich zu entspannen. Denn nun begann der lockere Teil der Veranstaltung, der im zuvor gereichten Ablaufplan mit „Foods & Drinks" betitelt war.

„Eigentlich können wir uns doch jetzt auch verpissen", raunte er seiner Freundin zu, die gerade dabei war, das Fingerfood zu plündern.

„Hier. Ist was für dich", sagte sie trocken und drückte ihm einen Mini-Burger in die Hand. Er betrachtete ihn skeptisch, schob ihn dann jedoch kommentarlos in den Mund.

„Glaub bloß nicht, dass du mich auf diese Weise ruhigstellen kannst", erwiderte er kauend.

„Nur noch eine halbe Stunde, okay? Ich muss kurz noch mit Sven sprechen", gab sie zurück und probierte eines der Käsehäppchen.

„Sven", seufzte er und unterdrückte ein Augenrollen.

„Sei nett zu ihm. Nur dieses eine Mal", bat sie ihn, während sie sich suchend nach dem Marketingchef umschaute.

„Ich bin immer nett zu ihm", korrigierte er und nahm sich einen weiteren – der zugegeben recht leckeren – Miniburger.

„Das letzte Mal hast du ihn mit deinen Blicken beinah umgebracht", erinnerte sie ihn grinsend.

„Weil er dir zur Begrüßung um den Hals gefallen ist, als wärt ihr lang verlorene Freunde", erklärte er seine bösen Blicke während des letzten Zusammentreffens.

„Du weißt doch, wie das in dieser Branche ist", murmelte sie leise. „Ich find es ja selbst nervig, aber manche Dinge gehören einfach dazu."

„Heißt nicht, dass ich das cool finden muss", sagte er. „Ich hasse diese ekelhafte Scheinwelt und das weißt du ganz genau."

„Ich weiß", erwiderte sie besänftigend und nahm seine Hand. „Komm, da vorne ist er."

Er schnaubte genervt.

„Wie der allein schon grinst...", raunte er ihr ins Ohr. „Richtiger Lackaffe."

„Benimm dich", zischte sie ihm ins Ohr. „Ich will mich nur kurz sehen lassen, damit er auf dem Schirm hat, dass ich auch wirklich hier war. Danach können wir von mir aus sofort verschwinden."

Er lächelte und verschränkte seine Finger mit ihren.

„Klingt nach einem Plan."

„Danke, dass du mitgekommen bist", lächelte sie und schlang ihre Arme um seinen Hals, als er etwas später die Schlafzimmertür hinter ihnen geschlossen hatte.

„Du weißt, wie du dich bedanken kannst, ja?", grinste er und wartete darauf, dass sie sich ihm für einen Kuss entgegenreckte. Sie schenkte ihm ein Lächeln, küsste ihn und strich mit ihren Fingernägeln durch seinen Nacken. Er erwiderte den Kuss sofort, schließlich wartete er bereits seit der vergangenen Nacht darauf, ihr endlich wieder nahzukommen. Seine Zunge drang fordernd in ihren Mund, nahm sie vollkommen ein, während seine Hände auf Wanderschaft gingen. Als sie ihren Hintern erreichten, ihn packten und fest zusammendrückten, keuchte sie in den Kuss hinein. Er löste sich kurz von ihr, allerdings nur, um ihr den störenden Windbreaker über die Schultern zu streifen und ihr ungeduldig das Top über den Kopf zu ziehen. Als er den Stoff unachtsam zu Boden geworfen hatte, zog er sie wieder zu sich heran, drängte sie unruhig in Richtung Bett und schlang dabei einen Arm um sie, während er sich erneut mit ihr in einem innigen Kuss verlor. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, sodass er gemeinsam mit ihr aufs Bett sank. Erst jetzt nahm er sich die Zeit, sie einen kurzen Moment zu betrachten.

In der Dunkelheit funkelten ihre Augen verführerisch, doch er meinte, neben unbändiger Lust auch einen Funken Unsicherheit in ihnen zu sehen; nicht die Art Unsicherheit, die ihn hin und wieder anmachte und ihn dazu brachte, seine letzten Hemmungen über Bord zu werfen und sie ihrer Sinne zu berauben, sondern eine, die sehr viel tiefer ging. Cassie war nicht einfach nur unsicher, ihm sich jetzt hinzugeben; es steckte mehr dahinter.

Es war, als würde er geradewegs in ihre Seele blicken, als er sich nun über sie beugte. Ihre Zurückhaltung verwunderte ihn so sehr, dass er innehielt, einen Arm neben ihrem Kopf abstürzte und einfach nur auf sie herabschaute. Seine Finger fuhren über ihre Wange bis in ihr Haar.

„Alles okay?", fragte er leise und sah eindringlich in ihre Augen. Er achtete darauf, ob ihre Augen sie vielleicht verrieten, doch das taten sie nicht. Sie wich seinem durchbohrenden Blick nicht aus, ihre Pupillen begannen nicht, sich zu verändern und sie zuckten nicht. Er begehrte sie so sehr, dass es schmerzte. Er wollte sie berühren, erkunden, riechen, fühlen und schmecken. Er wollte es ihr so lang besorgen, bis sie den Verstand verlor. Aber irgendetwas in ihrem Blick berührte seine Seele und hemmte ihn. Er konnte jetzt nicht einfach über sie herfallen.

„Ja. Klar", nickte sie, doch als er sie erneut küsste und schließlich seine Lippen von ihrem Mundwinkel über ihr Kinn zu ihrem Hals wanderten, regte sie sich nicht. Sie griff nicht in sein Haar, wie sie es sonst hin und wieder tat, oder drehte ihren Kopf zur Seite, um ihm den Zugang zu erleichtern. Als sein Mund ihr Schlüsselbein erreichte, hatte sie nicht einmal die Augen geschlossen. Also ließ er von ihr ab. Er konnte nicht einfach ausblenden, dass sie etwas zu beschäftigen schien; ausgerechnet sie, die sich bei ihm sonst immer hatte fallenlassen können.

„Rede mit mir", forderte er und fixierte sie mit seinem Blick.

Sie seufzte schwer.

„Es geht gerade irgendwie nicht", antwortete sie frustriert und bestätigte damit seine Vermutung, dass etwas nicht stimmte. Erst jetzt bemerkte er, dass Tränen in ihren Augen schimmerten, doch sie hatte sich zu schnell aus dem Bett gestohlen, als dass er es genau hätte sagen können.

„Hey... Warte mal", forderte er, als sie ihn allein im Schlafzimmer zurückließ. Stirnrunzelnd schaute er ihr ratlos hinterher. Er hatte einmal mehr das Gefühl, dass er dabei war, den Bezug zu seiner Freundin zu verlieren. Genervt folgte er ihr zum Badezimmer. Sie hatte die Tür hinter sich zugeworfen, doch er ignorierte die stille Bitte um Privatsphäre und stieß sie gereizt auf. „Redest du jetzt vielleicht mit mir, oder was?"

Ich glaube, nicht nur er will wissen, was sie hat, oder? Und vielleicht sagt sie es ihm ja sogar. Ich glaube jedenfalls nicht, dass er so schnell locker lassen wird. Oder was meint ihr? Und findet ihr auch, dass er vielleicht etwas zu fixiert auf seinen Kinderwunsch ist?

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