2 | 57 | Liebe
Ich drücke ein Tränchen weg; das letzte Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch. Mehr habe ich ausnahmsweise nicht zu sagen - außer, dass es noch ein Bonuskapitel geben wird.
„Baby, ich kann das echt allein", sagte John entschieden, doch sie schüttelte unbeeindruckt den Kopf.
„Hast du zugelassen, dass ich mich überanstrenge, als ich mich kaum bewegen konnte?", konterte sie hartnäckig, bevor sie die schwere Kiste voller Klamotten durch den Lagerraum schob. Da sie zuhause keinen Platz mehr hatten, ließ John sie mittlerweile ins 187ink liefern, doch bisher hatte niemand sich darum gekümmert, die Klamotten in die Regale zu legen. Also hatte sie ihm angeboten, sich heute auch noch darum zu kümmern, dabei hatte sie eigentlich mit den Silvestervorbereitungen bereits genug zu tun. Sie waren zuhause bei Romina und Joe eingeladen, doch ein paar Stunden Zeit hatten sie noch.
Ihr dabei zuzusehen, wie sie den einen oder anderen Karton aus dem Weg schob, machte ihn unruhig.
„Aber mir geht's wieder gut, Shorty", versicherte er lächelnd, bevor er an ihr vorbeitrat, um die frische Merchandise-Lieferung aus dem Karton in die Regale des Hinterzimmers in seinem Tattoo-Studio zu räumen. „Außerdem sind das nur ein paar Pullis."
Sie seufzte schwer, bevor sie aufgab.
„Aber kein Karton-Geschleppe mehr, okay? Am Ende reißt die Narbe wieder auf und-"
„Okay, okay, entspann dich", sagte er besänftigend und warf die Pullover achtlos ins Regal. „Bevor du komplett am Rad drehst, höre ich auf damit."
Sie schlug ihm empört gegen die Schulter.
„Du bist gerade mal ein paar Wochen aus dem Krankenhaus raus", erinnerte sie ihn. „Und ich dreh überhaupt nicht am Rad."
Er grinste frech.
„Voll. Ich finde es ja auch süß, dass du dir Sorgen um mich machst, aber..." Er machte einen Schritt an sie heran, schlang einen Arm um ihre Taille und zog sie sanft zu sich heran. „...im Bett machst du das auch nicht."
Sie erschauderte unter seinem tiefen Blick, der von amüsiert zu eindringlich gewechselt war. Bei der Erinnerung an die vergangene Nacht wurde ihr gleichzeitig heiß und kalt und sie biss sich automatisch in die Unterlippe. Es stimmte; nach anfänglicher Vorsicht war der Sex zwischen ihnen längst wieder so leidenschaftlich und wild wie sonst. Bevor sie schwach werden konnte, verdrängte sie die erregenden Bilder aus ihrem Kopf.
„Wir müssen uns beeilen, sonst kommen wir zu spät", sagte sie, statt sich auf einen kleinen Flirt mit ihm einzulassen.
„Ist doch egal", grinste er frech, bevor er sich zu ihr hinunterbeugte. Für einen Moment ließ sie sich auf den Kuss ein, doch als er fordernder wurde, löste sie sich schweren Herzens von ihm.
„Wir sollten deine Mum echt nicht warten lassen", sagte sie und drehte sich aus seiner Umarmung.
„Sie weiß, dass ich viel beschäftigt bin und manchmal die Zeit nicht so im Blick hab", betonte er und folgte ihr in den Flur.
„Sie weiß auch, dass ich die Pünktliche von uns beiden bin", sagte sie grinsend, als sie die Tür erreichten.
„Ja, und sie weiß, dass ich dich im Griff habe und nicht umgekehrt", erwiderte er frech und zückte seinen Schlüsselbund. Sie lachte auf. „In deinem Traum. Komm jetzt, wir müssen eben zu deiner Mum, bevor Malia bei uns aufschlägt", sagte sie, zog die Tür auf und trat ins Freie. Sofort hüllte sie die kalte Luft ein und sie begann zu frösteln. Zum Glück stand sein Wagen, den sie seit geraumer Zeit fuhr, unmittelbar vor dem Eingang. Darauf bedacht, nicht auf dem Gehweg auszurutschen, lief sie durch die wild tanzenden Schneeflocken zu seinem Wagen. John schloss in der Zwischenzeit die Tür ab und entriegelte den Wagen mit der Fernbedienung, bevor er ihr den Schlüsselbund reichte.
„Hat sie mittlerweile mal auf Rafs Nachrichten reagiert?", hakte John nach, als sie auf der Fahrerseite einstieg.
„Ich denke nicht; und ich kann es ihr nicht verübeln", entgegnete Cassie, als John auf den Beifahrersitz fiel. Die Party, die Cassie anlässlich seines Geburtstags organisiert hatte, war bereits eine Woche her. Der Abend war wider Erwarten komplett aus dem Ruder gelaufen, als herausgekommen war, dass Malias geheimnisvoller Unbekannter, den sie seit Wochen traf, niemand geringeres war, als Raphael. Ausgerechnet Marten, der eigentlich gerade seine Haftstrafe absaß und seine Freundin Nika hatte überraschen wollen, hatte die Bombe platzen lassen, nichts ahnend, welch ein Desaster er damit auslösen würde.
Nachdem Malia die Flucht angetreten hatte und Raphael ihr gefolgt war, war die Stimmung so gedrückt gewesen, dass nach und nach auch die anderen Gäste gefahren waren, bis Cassie mit John allein zurückgeblieben war. Sie hatten die Gelegenheit genutzt und die Zweisamkeit genossen, doch der Abend hatte bei allen einen faden Nachgeschmack hinterlassen.
Die Jungs konnten nicht verstehen, weshalb Raphael nicht erzählt hatte, dass er sich in seiner Beziehung mit Edita so unwohl fühlte, dass er sie betrogen hatte, und die Mädchen waren wütend auf Malia, die zwar nicht einmal von der nach wie vor bestehenden Beziehung zwischen Raphael und Edita gewusst, aber auch nicht erzählt hatte, mit wem sie sich in der letzten Zeit häufiger heimlich traf.
Seit Raphaels Seitensprung aufgeflogen war, sprachen er und Malia kein Wort mehr miteinander. Er hatte inzwischen seine Beziehung zu Edita mit einem großen Drama beendet, doch Malia wollte nach wie vor nichts von ihm wissen.
„Findest du nicht, dass sie ein bisschen übertreibt?", fragte John ernst und zog das Smartphone aus der Tasche. Cassie warf ihm einen ernsten Blick zu.
„Nein. Finde ich nicht. Er hat einiges wiedergutzumachen, ganz egal, wie gern ich ihn habe."
John schüttelte den Kopf.
„Er meldet sich jeden Tag bei ihr und lässt sich ignorieren; wie peinlich soll er sich vor ihr noch machen?"
„Wenn du mich verarscht hättest, würde ich mit dir auch nicht reden wollen", entgegnete sie, als sie den Motor startete. Er tippte bereits wieder auf seinem Smartphone herum.
„Und ich würde dich so lang nerven, bis du nicht mehr anders könntest", konterte er grinsend, ohne vom Display aufzusehen.
„Klar. Mit dem Handy in der Hand", stichelte sie amüsiert.
„Keine Sorge, Shorty. Sobald wir mit allen zusammensitzen, mache ich es aus. Versprochen."
Sie lächelte. Es gefiel ihr, dass er probierte, weniger Zeit am Handy und mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen; gerade an Tagen wie diesem.
„Findest du nicht wirklich, dass das viel entspannter ist? Du hast an Weihnachten nicht ein einziges Mal draufgeguckt", erinnerte sie ihn grinsend.
„Weil ich damit beschäftigt war, dir auf die Brüste zu gucken, weil du wieder so nen scharfen Fummel anhattest."
Sie verdrehte schmunzelnd die Augen.
„Ich meine es ernst, Babe. Lass uns im nächsten Jahr häufiger mal das Handy ausmachen. Mir hat das auch gutgetan; vor allem die paar Tage, die wir im Wellness-Hotel verbracht haben", entgegnete sie.
„Siehst du - eigentlich solltest du Raf dankbar sein. Hätte er bei Malia nicht verkackt, hätte ich dir nicht angeboten, mit dir wegzufahren, und wir hätten diese paar Tage gar nicht gehabt", gab er großspurig zurück.
„Du findest echt für alles ne dumme Ausrede", kommentierte sie. Er lachte.
„Und? Trotzdem liebst du mich und reißt mir heute Nacht die Klamotten vom Leib, wenn wir von der Party nach Hause kommen", sagte er selbstsicher.
„Erstens wirst du dich mit den Jungs so abschießen, dass ich mir darüber keine Gedanken machen muss, und zweitens habe ich meine Tage, John", ließ sie ihn trocken wissen.
„Geil! Blowjob-Woche!"
Sie verdrehte grinsend die Augen.
„Du bist scheiße."
„Und du bläst gut. Was soll ich machen?", fragte er unschuldig.
„Einfach mal den Mund halten", grinste sie.
„Aber es gefällt dir doch", stichelte er weiter.
Sie schlug ihm gegen den Oberarm. Er lachte. Er liebte es, sie zu reizen.
„Blowjob-Woche kannst du vergessen", stellte sie grinsend klar und deutete mit einem Kopfnicken auf seine noch nicht ganz verheilte Hand. „Versuch mal, dir damit einen runterzuholen."
***
Einige Stunden später standen sie gemeinsam vor dem Haus, indem Romina und Joe wohnten. John und Cassie standen etwas abseits, so, wie sie es jedes Jahr taten, wenn sie nicht allein feierten. Es war einer dieser kurzen Augenblicke, die nur ihnen allein gehören sollten; ganz egal, wie viele Leute um sie herum waren. Sie hatte ihre Arme um seinen Hals geschlungen und schaute zu ihm auf, während er seine Hände unter ihren offenen Mantel geschoben und an ihre Taille gelegt hatte.
„Hast du Vorsätze für das nächste Jahr?", fragte er. Er selbst hielt nicht viel davon, Vorsätze an einen bestimmten Zeitpunkt zu binden, doch auch er hatte sich unabhängig vom Jahreswechsel viel vorgenommen.
„Es mit dir zu verbringen", lächelte sie.
„Gute Antwort", erwiderte er. „Was noch?"
„Sonst nichts - ich lasse alles auf mich zukommen. Aber das Battle würde ich wirklich gern machen."
Er lächelte.
„Mein Angebot steht. Wenn du wirklich nicht willst, dass ich da Geld reinstecke, suche ich dir gute Sponsoren, damit du dein eigenes Baby an den Start bringen kannst."
Sie strahlte.
„Mein eigenes Dancebattle - kannst du dir das vorstellen? Das wäre der Wahnsinn", sagte sie.
„Das wird der Wahnsinn - erst ein eigenes Battle und im nächsten Jahr deine eigene Show. Du wirst alles auseinandernehmen und ich werde bei immer dabei sein, wenn du willst", beteuerte er.
„Du solltest dich endlich um dein Album kümmern", sagte sie.
„Mache ich doch. Aber es gibt eine Sache, die mir noch viel wichtiger ist", betonte er.
„Und was?", hakte sie neugierig nach.
„Ich will mir mehr Zeit für uns nehmen", offenbarte er ihr. Sie lächelte.
„Du tust wirklich schon genug", versicherte sie ihm.
„Ich weiß, dass ich manchmal den Fokus zu sehr auf die Musik setze. Das ist mir durch die ganze Sache mit Rome klargeworden. Es könnte jeden Tag vorbei sein. Ich will nicht eines Tages aufwachen und sagen, dass ich zwar einer der erfolgreichsten Musiker des Landes bin, aber dafür meine Beziehung auf der Strecke geblieben ist."
Sie schüttelte lächelnd den Kopf.
„Mir reicht die Gewissheit, dass du da bist, wenn es hart auf hart kommt. Ich kann mich immer auf dich verlassen. Das weiß ich."
„Ich hätte nicht gedacht, dass es möglich ist, aber diese ganze Scheiße mit Rome hat uns noch enger zusammengeschweißt", sagte er und strich durch ihre Locken.
„Trotzdem hätte ich darauf verzichten können", murmelte sie gedankenverloren. Er wollte gerade etwas sagen, als ihre Freunde um sie herum begannen, die Sekunden herunterzuzählen. Doch sie beachteten ihre Umgebung nicht, blendeten sie aus und sahen einander tief in die Augen. Sie verloren sich so sehr, dass sie glaubten, auf die Seele des jeweils anderen schauen zu können. Als das Feuerwerk plötzlich losging, lächelten sie miteinander um die Wette.
„Ich liebe dich", sagte sie.
„Ich dich auch", versicherte er, ehe er ihre Lippen mit einem sanften Kuss verschloss und sie dicht bei sich hielt.
„Du bist die Liebe meines Lebens, Cas."
Es war das erste Mal, dass er es so offen aussprach. Sie war derart überwältigt von seiner Äußerung, dass sie unsicher ihren Blick zu Boden senkte. Sie wusste nicht, wieso sie auf einmal so emotional wurde, doch ihre Finger begannen zu zittern und ihre Augen füllten sich mit Freudentränen.
„Du machst es immer noch", lächelte er.
„Was?", fragte sie leise.
„Wegschauen, wenn du unsicher bist. So wie damals, als ich dich das erste Mal geküsst habe."
Sie grinste.
„Das weißt du noch?", fragte sie und sah wieder in sein Gesicht.
„Glaubst du, ich würde unseren allerersten Kuss vergessen?", lächelte er. „Ich sehe es noch genau vor mir, wie du dir auf die Lippe gebissen hast. Ich habe mich gefragt, wie ein Mädchen wie du gleichzeitig so heiß und so schüchtern sein kann."
„Du warst mein erster richtiger Schwarm. Ich war einfach aufgeregt", erinnerte sie sich lächelnd.
„Und bist du jetzt immer noch aufgeregt?", wollte er wissen.
„Ein bisschen", offenbarte sie ihm. Er schmunzelte.
„Ehrlich?"
„Manchmal."
„Komm her", grinste er zufrieden und legte seine Hände an ihr Gesicht. Ihre Wangen glühten wie Feuer. Er versank einen Moment in ihren Augen, ehe er sich quälend langsam zu ihr herunterbeugte und seine Lippen sanft auf ihre presste. Sie waren butterweich und schmeckten nach Orangensaft. Er löste sich von ihr, fuhr mit seinen Händen durch ihre Haare und küsste sie wieder und wieder. Nach wie vor liebte er es, sich mit ihr in einer wilden Knutscherei zu verlieren; ganz egal, wo sie waren. Seine Lippen begannen lieblich zu brennen, als sie ihre Arme um seinen Hals schlag und den Kuss erwiderte; zuerst zögernd und zaghaft, doch dann vergaßen sie die Welt um sich herum.
Mein Herz tut weh; es ist vorbei. Ich kann es kaum glauben, dass der zweite Teil von Cassie & John ein Ende gefunden hat. Um euch den Abschied leichter zu machen - es wird wie gesagt noch ein Bonuskapitel geben, als kleines Dankeschön, weil ihr den beiden so lang die Treue gehalten habt... Über 100 Kapitel - vielen Dank!
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