2 | 37 | Katerstimmung

Auch hier geht es endlich weiter. Ich hoffe, das Kapitel gefällt euch

Als John am nächsten Morgen seine Augen aufschlug, brauchte er einen Moment, um sich zu orientieren. Helle Sonnenstrahlen fielen durch das große Fenster in das große Wohnzimmer und tauchten es in ein für ihn viel zu grelles Licht. Seine Augen brannten augenblicklich und sein Kopf begann dumpf zu dröhnen. Er drehte sich müde von einer Seite auf die andere und versuchte, die vergangene Nacht zu rekonstruieren, doch er war noch zu müde dazu. Also seufzte er schwer, fuhr sich fahrig durchs Gesicht und tastete nach etwas zu trinken, um den trockenen Geschmack in seinem Mund loszuwerden.

Plötzlich kehrten dunkle Erinnerungen in seinen Kopf zurück; von der Nacht im Club, den bunten Lichtern, dem vielen Alkohol und der heißen Schlampe, die sich ihm an den Hals geworfen hatte. Er schluckte bei der Erinnerung an sie und ihren Wahnsinns-Körper, denn es war ihr tatsächlich gelungen, ihn in ihren Bann zu ziehen. Es wäre ein Leichtes gewesen, sie klarzumachen und-. Plötzlich wurde ihm gleichzeitig heiß und kalt und er schaute sich hektisch um. Zu seiner Erleichterung war er allein.

Er schloss seine Augen erneut und machte einen Versuch, noch etwas zu schlafen, doch es gelang ihm nicht. Stattdessen blieb er einfach noch etwas liegen und horchte in die Stille hinein.

Er glaubte, leise Geräusche aus der Küche zu hören, war sich jedoch nicht sicher. Er quälte sich verschlafen von der Couch, ignorierte seine Kopfschmerzen und schaute sich suchend nach seinen Klamotten um. Er musste sie quer auf dem Fußboden verteilt haben, als sie mitten in der Nacht nach Hause gekommen waren. Schwer seufzend sammelte er sie, verzichtete jedoch darauf, sich anzuziehen. Stattdessen wankte er schlaftrunken ins Bad und gönnte sich eine heißkalte Dusche.

Doch auch danach fühlte er sich noch wie gerädert. Er brauchte dringend eine Kopfschmerztablette. Er schlüpfte in ein paar frische Klamotten und machte sich auf den Weg in die Küche. Bereits im Flur hörte er das leise Lachen von Edita. Auch, wenn John selbst sich nicht wie das blühende Leben fühlte, klang es wie Musik in seinen Ohren. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen betrat er den Raum. Es roch nach Kaffee und frischen Brötchen.

„Morgen", lächelte Edita und strich sich eine rotbraune Haarsträhne hinters Ohr.

„Morgen", murmelte John verschlafen.

„Kaffee?"

Raphaels Stimme ließ ihn herumfahren. Er stand an der Küchenanrichte vor dem Espresso-Automaten und ließ gerade heißen Kaffee in eine Tasse laufen. John schüttelte den Kopf.

„Ausgeschlafen?", fragte Edita neugierig und legte mit funkelnden Augen den Kopf schief. Für Johns Geschmack klang ihre Stimme viel zu fröhlich. Nach der vergangenen Nacht musste er erst einmal wieder auf Touren kommen, um in Stimmung für eine ausgiebige Unterhaltung zu sein.

„Ja, alles cool", antwortete er knapp.

„Ich hoffe, wir haben dich nicht geweckt", fuhr Edita fort.

„Nein, habt ihr nicht", erwiderte er

„Setz dich doch", lächelte sie und deutete auf den freien Stuhl am reichlich gedeckten Frühstückstisch.

Er folgte ihrer Aufforderung und schnappte sich ein Brötchen. Raphael setzte sich zu ihnen und rührte verschlafen in seinem Espresso herum. Es war offensichtlich, dass er sich ebenso erledigt fühlte wie John. Edita schmunzelte.

„Was?", fragt Raphael mürrisch.

„Ihr werdet nicht jünger", kommentierte sie amüsiert.

„Wenn du frech wirst, kannst du heute Nacht allein schlafen", stellte Raphael klar.

„Wenn du wieder so schnarchen würdest wie letzte Nacht, hätte ich nichts dagegen", kommentierte Edita gelassen und nippte an ihrem Kaffee.

„Wow, du bist echt zickig morgens", warf John trocken ein, während er sein Brötchen schmierte.

„Er hat mich absichtlich wach gemacht, als ihr nach Hause gekommen seid, und mich dann vom Weiterschlafen abgehalten. Ich darf ihn jetzt etwas piesacken", entgegnete Edita.

„Ich sagte dir ja, dass sie anfängt zu nerven, wenn wir noch feiern gehen", grinste Raphael und trank einen Schluck von seinem Espresso. Edita warf ihm einen beleidigten Blick zu.

„Das war meine Schuld", gestand John. „Ich wollte unbedingt noch rausgehen."

„Die Zeit ohne Freundin genießen, ja?", feixte Edita.

„Nichts gegen euch, aber ein Mann braucht manchmal einfach eine Auszeit", sagte John und biss herzhaft in ein Brötchen.

„Lass das nicht deine Freundin hören", mahnte Edita.

„Wenn du sie nicht anrufst und petzt, wird sie das nicht erfahren", grinste John.

Eine Stunde später schloss John Raphaels Freundin zur Verabschiedung kurz in seine Arme, bevor er seine Tasche nahm und sich gemeinsam mit seinem Freund auf den Weg zum Flughafen machte. Auch, wenn er die Zeit ohne Cassie genossen hatte, konnte er es kaum erwarten, nach Hause zu kommen, denn trotz allem vermisste er sie wahnsinnig. Als er kurz darauf am Gate saß und aufs Boarding wartete, klickte er sich in seine letzte WhatsApp-Unterhaltung mit ihr.

Nach wie vor hatte sie sich nicht bei ihm gemeldet und er konnte es ihr nicht verübeln. Er hatte es die letzten Tage erfolgreich verdrängt, doch jetzt machte sich das schlechte Gewissen in ihm breit.

„Liebe dich, Shorty", tippte er und setzte ein Herz dahinter, ehe er die Nachricht absendete. Eine ganze Weile schaute er auf das Display und wartete darauf, dass sich die grauen Häkchen blau färbten, doch nichts passierte. Also checkte er ein paar E-Mails, beantwortete einige WhatsApp-Nachrichten und klickte sich anschließend durch Instagram, doch auch, als die Stewardessen eine gute Stunde später mit dem Boarding begannen, hatte Cassie seine Nachricht noch nicht gelesen. Ob sie sauer war, dass er sich in den letzten Tagen nicht bei ihr gemeldet hatte? War er vielleicht zu weit gegangen?

Den gesamten Flug kehrten seine Gedanken immer wieder zu ihr zurück. Er wusste nicht, was sie für den heutigen Tag geplant hatte, und hoffte, dass sie überhaupt zuhause war, wenn er ankam. Zunächst begrüßte ihn allerdings Alex am Ausgang der Ankunftshalle, als er etwas später wieder in Hamburg gelandet war. Die Sonne schien und tauchte den Tag in ein orangefarbenes Licht.

„Wie ist es gelaufen, Diggi?", wollte Alex wissen, als John ins Auto stieg und der dunkelhaarigen Cousine seines Freundes, die am Steuer des Wagens saß, ein Lächeln zur Begrüßung schenkte. Da Alex seinen Führerschein hatte abgeben müssen, fuhr sie ihn derzeit häufiger durch die Gegend. Er hatte auch Rome gefragt, ob er ihn abholen konnte, doch der hatte irgendetwas zu erledigen.

„Ganz gut. Haben ein paar Hammer-Songs aufgenommen", erzählte John und ließ das Fenster ein Stück herunter.

„Hast du was mitgebracht?", wollte Alex wissen.

John nickte.

„Ist aber noch nicht abgemischt", erklärte er, während er sein Smartphone mit der Anlage des Wagens koppelte, um seinem Freund die Songs zu zeigen.

„Lass hören", forderte Alex und lauschte aufmerksam, als die ersten Töne des Songs durch die Boxen drangen. In der Zwischenzeit schaute John erneut auf sein Smartphone. Cassie hatte seine Nachricht nach wie vor nicht gelesen. Er runzelte skeptisch die Stirn und spielte mit dem Gedanken, sie anzurufen, verwarf ihn jedoch zunächst wieder und verschob sein Vorhaben auf später. Vermutlich war sie sowieso zuhause und der Anruf erledigte sich von selbst.

„Killer, Bruder", sagte Alex, als seine Cousine das Auto vor Johns Haus parkte und der fünfte Song mittendrin stoppte. „Hört sich bestimmt hammer an, wenn der erstmal gemischt und gemastert ist."

„Auf jeden Fall. Mit dem Sound werden wir weitermachen für das Album", sagte John und suchte nach seinem Schlüsselbund, ehe er Alex' Cousine ein Lächeln schenkte. „Danke für's Abholen."

Mit einem mulmigen Bauchgefühl schloss er ein paar Minuten später die Haustür auf. Als er den Flur betreten hatte, horchte er in die Stille hinein. „Cas?"

Er runzelte misstrauisch die Stirn, als sie ihm nicht antwortete. Er ließ seine Tasche fallen, streifte sich die Sneakers von den Füßen und warf einen Blick in die Küche und ins Wohnzimmer, doch sie war nicht dort. Anschließend schaute er im ersten Obergeschoss nach. Sie blieb verschwunden. Genervt zog er das Handy wieder aus der Tasche seiner Jogginghose und klickte sich in den Kontakten bis zu ihrem Namen durch. Dann wählte er ihre Nummer, sank aufs Bett und hielt sich ungeduldig das iPhone ans Ohr. Es klingelte einige Male, bis sich ihre Mailbox meldete. Gereizt tippte er sich zurück in die letzte Unterhaltung mit ihr.

„Wo bist du?", schrieb er und sendete die Nachricht ab. Kurz dachte er darüber nach, Willow und ihre Freundinnen abzutelefonieren, entschied jedoch, sich diese Option für später aufzuheben. Vielleicht hatte sie auch einen Termin bei der Wassertherapie und er wusste nichts davon, weil sie die vergangenen Tage nicht miteinander gesprochen hatten.

Gerade, als er am Ende seiner Geduld angelangt war, hörte er den Motor eines Wagens. Sofort stand er auf und warf einen finsteren Blick aus dem Küchenfenster. Cassie stieg gerade aus Romes Wagen. Er hielt ihr die Autotür auf und bot ihr seine Hand an, doch sie lehnte ab. Einen Augenblick blieb sie stehen, doch da er mit dem Rücken zum Fenster stand und sie verdeckte, konnte sie nicht erkennen, was sie sagte. Einen kurzen Moment später überreichte er ihr eine kleine Sporttasche und sie verabschiedete sich von ihm, bevor sie auf die Haustür zuging. Rome stieg unterdessen wieder in seinen Wagen und fuhr davon. Es sah so aus, als hätte sie tatsächlich einen Termin zur Wassertherapie gehabt.

Während sie den Schlüssel in der Haustür herumdrehte, schaute er noch einmal auf sein Handy. Noch immer hatte sie seine Nachrichten nicht beantwortet. Er schüttelte seufzend den Kopf. Ob sie wirklich sauer auf ihn war? Er würde es jetzt herausfinden.

„Hey...", begrüßte er sie, verschränkte die Arme vor der Brust und trat zu ihr in den Flur. Sie streifte sich gerade die Sneakers von den Füßen.

„Hey...", erwiderte sie und schenkte ihm ein mattes Lächeln. Er beobachtete aufmerksam, wie sie die Sneakers zur Seite stellte und ein paar Schritte auf ihn zumachte.

„Alles okay?", fragte er aufmerksam und sah eindringlich in ihre Augen.

Sie runzelte die Stirn.

„Was sollte nicht okay sein?", wollte sie wissen und schlang ihre Arme um seinen Hals. Er drückte ihr zur Begrüßung einen sanften Kuss auf die Lippen. Sie ließ es geschehen, erwiderte ihn jedoch nicht.

„Weiß nicht. Du hast mir nicht auf meine Nachrichten geantwortet", stellte er fest, ohne seinen Blick von ihr abzuwenden.

„Du hast mir die letzten Tage gar nicht geschrieben", konterte sie.

„Ich brauchte einfach eine Auszeit", gestand er.

„Habe ich gesehen", konterte sie matt. Er seufzte lautlos. Sie hatte also sein Instagram verfolgt.

„Ich weiß, ich habe wieder etwas übertrieben", räumte er ein.

„Etwas", wiederholte sie trocken.

„Wir waren feiern. Du weißt genau, wie das manchmal eskaliert", versuchte er, sich zu rechtfertigen. „Du hast mir trotzdem gefehlt."

„Hast du deshalb Stories vondieser Schlampe in dem bunten Kleid gepostet?"

Eine durchaus berechtigte Frage, wie ich finde. Oder was denkt ihr? Könnt ihr sie verstehen?  Oder meint ihr, sie will nur von sich selbst ablenken?

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