18 | Zusammenhalt
Ja. Das Kapitel verrät schon, es könnte rosarot werden. Genießt es, so lang ihr könnt, meine Lieben. Mehr verrate ich an dieser Stelle nicht; nur, dass wir uns dem ersten kleinen Finale nähern. :/
2012.
„Ich verspreche dir, der wird dir nie wieder zu nah kommen", sagte John und nahm ihre zitternden Hände in seine. Sie waren gerade von der Gerichtsverhandlung gekommen, doch wirklich beruhigen tat Cassie das Urteil nicht. Die Freiheitsstrafe von zwei Jahren reichte ihr nicht aus.
„Was, wenn er wieder rauskommt und versucht, wieder Kontakt aufzunehmen?", fragte sie und biss sich auf die Unterlippe.
John strich sanft eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.
„Ich glaube nicht, dass er herausfinden will, was dann mit ihm passiert", versicherte er und sah dabei fest in ihre Augen, die sich gerade mit Tränen füllten.
„Ich will nicht, dass du wegen mir in Schwierigkeiten kommst. Dieses Mal hast du wirklich verdammtes Glück gehabt", sagte sie und bemühte sich dabei, nicht in Tränen auszubrechen.
„Er ist wirklich blöd gestürzt, als er vor uns weggelaufen ist", beteuerte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Marten konnte das bezeugen."
Auch, wenn er sie damit zum Lächeln brachte, bahnten sich ein paar Tränen ihren Weg über ihre Wangen. Er wischte sie mit dem Daumen weg.
„Ich bin so froh, dass sie euch nichts nachweisen konnten", sagte sie leise, bevor ihre Stimme brach.
John sagte nichts, schlang stattdessen schweigend seine Arme um sie und hielt sie einfach nur fest. Cassie krallte ihre Fingernägel in den Stoff seines Hoodies und begann zu schluchzen.
„Bleibst du heute Nacht hier?"
John schaute zu Cassies Mutter herüber. Sie stand im Türrahmen des Wohnzimmers und beobachtete die beiden mit verletztem Gesichtsausdruck. Auch an ihr waren die vergangenen Wochen nicht spurlos vorbeigegangen. Die Erkenntnis, dass ein zwanzig Jahre älterer Mann ihrer Tochter nachstellte, hatte sie schockiert. Sie hatte ihr sofort angeboten, übergangsweise in ihr altes Zimmer zurückzuziehen und gemeinsam mit John, Marten und Alessa alle Habseligkeiten aus ihrer Wohnung geholt, damit Cassie ihre Wohnung nicht mehr betreten musste.
Als ihr Freund Cassie von den installierten Kameras erzählt hatte, war sie noch im Studio weinend in seinen Armen zusammengebrochen. Die Gewissheit, dass ihr Nachbar sie vermutlich in intimen Situationen beobachtet hatte, war nahezu unerträglich gewesen; für sie selbst, aber auch für John, der sie davor nicht hatte schützen können, und für ihre Mutter, die im Nachgang von all dem erfahren hatte. Während der weiteren Ermittlungen war Video- und Bildmaterial von ihr gefunden und ausgewertet worden. Er hatte sie über Monate heimlich gefilmt. Dass John oftmals ebenfalls auf den Aufnahmen zu sehen war, störte ihn nicht, doch Cassie hatte die Erkenntnis ziemlich mitgenommen. Sie fühlte sich seitdem hilflos und verletzt, auch, wenn ihr Nachbar sie nicht körperlich berührt hatte.
„Ja, ich bleibe hier", antwortete John leise und nickte leicht.
Cassies Mutter warf ihm ein mildes Lächeln zu. Sie hatte ihm in den vergangenen Wochen oft gesagt, wie dankbar sie ihm dafür war, dass er sich so aufopfernd um ihre Tochter kümmerte.
„Möchtet ihr noch was essen?"
Cassie löste sich von John und schüttelte den Kopf.
„Danke, aber ich habe keinen Hunger."
„Wir machen uns später was warm", fügte John lächelnd hinzu.
„Soll ich euch irgendwas vom Einkaufen mitbringen?"
Beide schüttelten den Kopf. Als ihre Mutter verschwunden war, strich Cassie schwer seufzend durch ihre Locken. Sie fühlte sich seltsam leer. John zog sie wieder zu sich und ließ sich mit ihr im Arm auf die Couch sinken, sodass sie auf ihm lag.
„Ich wollte nicht, dass sie das alles mit anhören muss", sagte sie.
„Hast du echt gedacht, sie kommt nicht zur Verhandlung?", fragte er kopfschüttelnd. „Sie ist deine Mum, Cas. Ist doch klar, dass sie dich unterstützt."
„Ihr habt mich alle unterstützt; meine Mum, Willow, Les, Marten und du. Ohne euch hätte ich das alles nicht überstanden", sagte sie dankbar.
„Du warst wirklich toll heute", sagte er und legte seine Hand an ihr Gesicht. „Du hast nicht einmal geweint vor Gericht, sondern dem Hurensohn die kalte Schulter gezeigt. Du bist einer der stärksten Menschen, die ich kenne."
Sie schluckte.
„Danke. Aber das war ich nur, weil du bei mir warst. Danke."
„Bedank dich nicht. Das ist selbstverständlich", lächelte er.
Sie sagte nichts, sondern verschloss seine Lippen mit einem sanften Kuss. Er vergrub dabei seine Hand in ihrem Haar.
„Ich habe eine Wohnung gefunden", sagte er auf einmal.
Sie musterte ihn überrascht.
„So schnell?"
„Ja. Und wenn du willst, können wir schon nächste Woche einziehen", antwortete er.
„Hast du sie schon gesehen?", fragte sie neugierig.
„Ja. Aber ich wollte sie mir nochmal mit dir zusammen anschauen, sobald du die Verhandlung überstanden hast", antwortete er.
„Erzähl mal", sagte sie und kuschelte sich an ihn. Es tat gut, auf andere Gedanken zu kommen. Nach vorne zu schauen und an einer Perspektive zu arbeiten, fühlte sich gut an.
„Ist ne Bruchbude, aber es wäre unsere erste gemeinsame Wohnung."
„Klingt super", schmunzelte sie.
„Wenn du willst, können wir sie uns die Tage anschauen", schlug er vor und strich mit seinen Fingern über ihre.
„Klar. Ich würde wirklich gern mit dir zusammenziehen", lächelte sie.
„Ich bin ja auch ein coolerer Mitbewohner als deine Mum und deine Schwester", warf er grinsend ein.
„Bestimmt, aber meine Mum kocht besser und räumt öfter auf als du", sagte sie trocken.
„Letztens hast du noch gesagt, dass meine Nudeln lecker geschmeckt haben", erinnerte er sie beleidigt.
„Ich will dir nicht zu nah treten, aber deine Nudeln waren aus der Packung. Das ist jetzt nicht besonders schwer und viel falsch machen kann man da auch nicht", erwiderte sie und streifte ihm die Snapback vom Kopf, damit sie mit ihren Fingern in seinen Haaren spielen konnte. Er ließ sie gewähren.
„Vielleicht kann ich echt nicht so gut kochen, aber weißt du, was ich besonders gut kann?", fragte er und runzelte erwartungsvoll die Stirn.
„Was denn?", wollte sie wissen.
„Ficken."
Sie verdrehte schmunzelnd die Augen.
„Lüge ich?", fragte er provokant und ließ seine Hand ihren Rücken hinab auf ihren Po gleiten. Dort ließ er sie liegen und schaute aufmerksam in ihre Augen.
„Nein. Ist ganz okay", grinste sie amüsiert.
„Ganz okay nur, ja?", hakte er nach und hob die rechte Augenbraue. Sie lächelte und drehte eine seiner Locken um ihren Zeigefinger.
„Weiß nicht. Hab keine Vergleichsmöglichkeiten", grinste sie frech.
Er schob seine Hand in die Gesäßtasche ihrer knackig-engen Jeans.
„Ich weiß grade nicht, ob das mein oder dein Glück ist", lachte er.
Sie lachte ebenfalls.
„Was ist?", fragte sie, als sein Blick sich veränderte und das Lächeln aus seinem Gesicht verschwand.
„Es ist schön, dich endlich wieder lachen zu sehen", sagte er und strich durch ihre Locken.
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Schließlich hatte sie es ihm zu verdanken, dass ihr überhaupt zum Lachen zumute war – trotz der beschissenen Situation.
„Ich liebe dich", sagte sie leise.
Er lächelte.
„Ich liebe dich auch."
Sie verschränkte ihre Finger mit seinen.
„Ich habe den besten Freund der Welt", sagte sie, bevor sie ihren Kopf auf seine Brust sinken ließ.
„Auch, wenn ich nicht kochen kann und meinen Scheiß überall liegenlasse?", hakte er nach.
Sie grinste.
„Das ist nicht so schlimm. Zum Glück kann ich ja richtig kochen", sagte sie schließlich.
„Dir ist schon klar, dass du damit gerade die Rollenverteilung festgelegt hast", stellte er amüsiert klar und strich mit seinen Fingerspitzen sanft über ihren Oberarm.
„Ich habe gar nichts festgelegt", protestierte sie lächelnd und schloss ihre Augen. Sie konnte nicht in Worte fassen, wie unbeschreiblich geborgen und sicher sie sich bei ihm fühlte.
„Doch. Hast du. Du kochst und räumst meine Klamotten weg."
„Und was machst du?", fragte sie und schaute ihm kurz prüfend in die Augen.
Er grinste dreckig.
„Da fällt mir so einiges ein", flüsterte er, bevor er ihre Lippen mit einem Kuss verschloss.
Hach, süß, oder? Haben euch die rosarote Harmonie und der Zusammenhalt zwischen den beiden auch so gut gefallen wie mir beim Schreiben? Ich hoffe, ihr habt es genossen und rate euch: lest das Kapitel nochmal. Es könnte sein, dass es bald vorbei ist mit rosaroten Wölkchen.
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