17 | Adrenalin
Ich hoffe, das Kapitel gefällt euch :p Also ich finde ja, ich habe etwas übertrieben, aber entscheidet selbst.
2011.
John musterte Cassie aus zusammengekniffenen Augen, während das Adrenalin durch seinen Körper pumpte; gemeinsam mit dem siedend heißen Blut, das in seinen Ohren rauschte.
„Was hast du vor?"
„Nichts. Gib mir einfach deinen Schlüssel", sagte er bemüht ruhig, dabei tobte in ihm bereits ein wilder Sturm.
„John, ich-"
„Gib. Mir. Deinen. Schlüssel", wiederholte er mit einer Schärfe in der Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Cassie schaute unsicher in seine Augen und zog ihre Unterlippe zwischen die Zähne. Als sie langsam den Schlüsselbund hervorzog, riss er ihr diesen unsanft aus den Fingern. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich von ihr ab und stieß die Tür zum Studio so energisch auf, dass sie gegen die Wand knallte.
„Schatz, bitte mach das nicht", flehte Cassie und folgte ihm ins Innere.
„Was für mach das bitte nicht?" fragte er und fuhr aufgebracht zu ihr herum. „Willst du lieber weiterhin Angst vor dem haben?"
„Nein, aber ich will nicht, dass der dich anzeigt oder so", erklärte sie besorgt.
„Und wenn schon. Dann zeige ich den auch an – wegen sexueller Belästigung", stellte er klar. „Der Hurensohn hat sich das falsche Mädchen ausgesucht."
Als sie gemeinsam das Studio betraten, waren alle Augen auf sie gerichtet.
„Die Party ist vorbei", sagte John zu den beiden Mädchen, die noch immer auf der Couch saßen. „Verpisst euch."
Sie starrten ihn aus großen Augen fassungslos an.
„Spinnst du oder so?", fragte diejenige von ihnen, die sich zuvor ungeniert an ihn herangeworfen hatte.
„Hörst du schlecht, oder was? Abflug", mischte sich jetzt Marten ein, der am anderen Ende des Raumes saß und die Szene beobachtete.
„Was seid ihr denn für gestörte Typen?", platzte es empört aus der anderen heraus, bevor sie sich ihre Tasche schnappte und ihre Freundin von der Couch zog.
„Ruf mich nie wieder an", sagte sie an Marten gewandt, der ihr einen kühlen Blick zuwarf. „Hatte ich nicht vor."
„Arschloch!", zischte sie, bevor die beiden Mädchen verschwanden.
„Was ist denn mit dir los, Digga?", fragte Maxwell irritiert, doch John beachtete ihn überhaupt nicht. Stattdessen wandte er sich an Marten.
„Wir müssen kurz was erledigen", sagte John fordernd. Marten musterte ihn alarmiert.
„Was ist los?"
John warf Cassie einen flüchtigen Blick zu.
„Kannst du mich fahren?"
Marten stand ohne zu zögern auf.
„Oh mein Gott", murmelte Cassie, als sie den wahren Ernst der Lage zu erkennen schien. Wenn John mit Marten gemeinsame Sache machte, konnte die Sache nur übel ausgehen.
„Du bleibst hier", sagte John zu ihr, als sie Anstalten machte, die beiden zu begleiten.
„Aber Alessa wartet draußen auf mich und-"
„Du. Bleibst. Hier", wiederholte er ernst.
„Wir sagen ihr, dass sie so lang zu dir reinkommen soll", versicherte Marten, bevor er John nach draußen folgte.
„Ich bringe diesen Bastard um", knurrte John, als er ins Freie trat.
"Wen?", wollte Marten wissen.
"Ihren Nachbarn."
„Was hat er denn gemacht?", fragte Marten, während sie schnellen Schrittes auf seinen Wagen zuliefen.
„Der beobachtet und belästigt sie seit Wochen", antwortete John, als sie die Straße erreichten. Als er Alessas Wagen sah, hielt er zielstrebig darauf zu. Die junge Brasilianerin fuhr erschrocken zu ihm herum, als er etwas fester als beabsichtigt gegen das Fenster klopfte.
„Scheiße, John!", platzte es aus ihr heraus, bevor sie die Fahrertür öffnete.
„Hey, alles klar?", fragte er angespannt.
„Könnte besser sein", antwortete Alessa, dann warf sie Marten ein bedrücktes Lächeln zu. „Hi, Marten."
„Hi", nickte der kurz angebunden zurück.
„Hör zu. Ich habe Cas gesagt, sie soll hierbleiben, bis ich zurück bin. Sie wartet im Studio auf dich", fuhr John fort. Alessa seufzte schwer, zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und stieg aus dem Wagen.
„Ich bleibe bei ihr, bis ihr zurück seid", sagte sie gedehnt, warf die Tür hinter sich zu und lief zum Hauseingang. John und Marten stiegen unterdessen in Martens Auto.
„Die Kleine hat einen geilen Arsch", kommentierte Marten, als er den Wagen startete. Dabei beobachtete er Alessa im Rückspiegel.
„Dein Ernst, Bro?", fragte John fassungslos.
Marten betrachtete noch eine Sekunde Alessas Rückansicht, bevor er das Auto aus der Parklücke fuhr.
„Also ob du ihr noch nie auf den Arsch geguckt hast", sagte er trocken, bevor er auf das eigentlich wichtige Thema zurückkam. „Was hat ihr Nachbar gemacht?"
„Am Anfang dachte ich, er wäre einfach nur ein spießiger Spinner, der anderen keinen Spaß gönnt, und aus reiner Neugier seine Nachbarn beobachtet, weil er keine Freunde hat. Aber der Typ ist echt unheimlich; er beobachtet sie, belauscht sie, macht ihr Angst. Vielleicht war er auch in ihrer Wohnung", erzählte John wütend.
„Wie kommst du darauf?", fragte Marten.
„Ich habe es Cassie nicht gesagt, weil ich ihr nicht noch mehr Angst machen wollte, aber sie hat festgestellt, dass Unterwäsche von ihr fehlt. Um sie zu beruhigen, habe ich gelogen und ihr gesagt, dass ich sicher bin, dass ich sie habe, aber das stimmt nicht. Ich habe keine Ahnung, wo die Scheiß Dessous rumfliegen sollen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er etwas damit zu tun hat."
„Klingt, als sollten wir uns mal mit ihm unterhalten", erwiderte Marten, während er den dunklen Wagen durch die Straßen lenkte.
„Ich werde ihm direkt die Nase brechen", sagte John fest entschlossen.
„Was auch immer du willst, Johnny. Ich bin hinter dir."
Es war ein gutes Gefühl, sich immer auf seinen Cousin verlassen zu können. John schaute aus dem Fenster, wippte nervös mit dem Fuß und versuchte, all die Wut und den ganzen Hass auf den Nachbarn seiner Freundin zu kontrollieren. Seine Finger verkrampften sich um das Feuerzeug, das er in seiner geballten Faust hielt. Seit er gesehen hatte, wie ihr Nachbar sie ansah, hatte er sich Cassie zuliebe zusammengerissen, doch jetzt war er eindeutig zu weit gegangen. Er würde ihm unmissverständlich klarmachen, dass er ihr nicht mehr nachstellen oder sie beobachten durfte. Er hätte das schon viel früher tun müssen. Marten setzte den Blinker und bog in eine der vielen, dicht bebauten Seitenstraßen ab. Den Rest der Fahrt sprachen sie nicht mehr miteinander. Er wusste, dass er sich auf Marten verlassen konnte.
Wieder schlich sich dieses besorgte Schimmern in Cassies Augen in seinen Kopf zurück. Doch er bereute es nicht, dass er sie nicht mitgenommen hatte. Sie sollte nicht sehen, was er tun würde; sie hielt es schon kaum aus, wenn er aus Eifersucht einen dieser Typen aus dem Club durch die Gegend schubste, wenn er zu viel getrunken hatte. Was auch immer gleich passieren würde – sie musste das nicht mit ansehen.
Als Marten den Wagen vor dem Haus parkte, warf John einen Blick an der Häuserfassade hinauf. Mittlerweile hatte sich die Wut aus seinem tiefsten Inneren in seinem gesamten Körper ausgebreitet. Er stieg aus dem Wagen und warf die Tür hinter sich zu. Als er zielstrebig auf den Hauseingang zuging, merkte er, dass er durch die ganzen Drinks im Studio schon ein wenig angetrunken war. Doch das würde ihn sicherlich nicht davon abhalten, ein Zeichen zu setzen. Er zog den Schlüssel aus der Tasche und schloss die Haustür auf, dann bahnte er sich fest entschlossen seinen Weg durchs Treppenhaus. Marten war dicht hinter ihm.
Als John den oberen Treppenabsatz erreichte, rauschte sein Blut bereits unerträglich laut in seinen Ohren. Auch, wenn die Hitze, die durch seinen Körper strömte, inzwischen kaum auszuhalten war, waren seine Finger eiskalt. Ohne zu zögern trat er aus dem Lauf begleitet von einem lauten, dumpfen Knall mit voller Kraft schwungvoll gegen die Wohnungstür des Nachbarn. Als sie nicht direkt vollständig aufflog, warf er sich mit Schwung dagegen. Als die Tür oben aus den Angeln fiel, stieß er sie auf und bahnte sich gemeinsam mit Marten seinen Weg in die Wohnung. Seine Hände hatte er bereits zu Fäusten geballt, während er angespannt die dunkel daliegende Wohnung durchkämmte.
Aus dem Wohnzimmer fiel mattes Licht in den Flur, also stieß er die Tür ohne zu zögern auf. Er stutzte kurz, denn der Raum war leer. Sofort warf Marten einen Blick in die angrenzenden Zimmer. „Der Bastard ist ausgeflogen", stellte er fest.
Erst jetzt fiel Johns Blick auf die Lichtquelle hinter der Tür; einen Computerbildschirm, der auf einem kleinen Schreibtisch in der Ecke stand. Sofort hielt er in seiner Bewegung inne, als er den Monitor genauer betrachtete. Er zeigte zwei Bilder. Ein heißkalter Schauer lief über seinen Rücken, als er erkannte, dass sie Cassies Wohn- und Schlafzimmer zeigten. Als er realisierte, dass ihr Nachbar tatsächlich Kameras in der Wohnung seiner Freundin installiert und sie womöglich bereits über Monate beobachtet hatte, hatte er das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Dieses kranke Schwein war viel weiter in ihre Privatsphäre eingedrungen als er bisher angenommen hatte. Ein bisher noch nie verspürtes Brennen erfasste seinen gesamten Körper, während er sich verkrampfte und er einen weiteren Schritt auf den Schreibtisch zumachte. Marten stand hinter ihm und schaute sprachlos über seine Schulter.
„Dieser Hurensohn", knurrte John leise, doch gerade, als sein Blick auf eine externe Festplatte fiel, huschte ein Schatten über eines der Kamerabilder. „Er ist in ihrer Wohnung!"
Es war Marten, der zuerst verstand, und jetzt sah auch John den dunklen Schatten, der durch Cassies Wohnzimmer huschte. Sein Cousin war mittlerweile in den Flur zurückgestürzt, John hastete hinterher. Der dunkle Schatten stürmte inzwischen die Treppe hinunter. Sie folgten ihm bis nach draußen. Die Gestalt war überraschend flink, doch John und Marten blieben ihm dicht auf den Fersen. Es war Marten, der ihn zuerst erreichte, am Kragen seines Pullovers nach hinten riss und ihn gegen die Häuserfassade schleuderte.
Das pure Adrenalin, das durch Johns Körper pumpte, ließ ihn alle möglichen Konsequenzen vergessen. Sein logischer Menschenverstand schaltete sich aus. Alles, was ihn jetzt leitete, war sein unsagbarer Hass auf Cassies Nachbarn. Im Bruchteil einer Sekunde spielten sich alle möglichen Bilder vor seinem inneren Auge ab, die er möglicherweise gesehen haben konnte; Cassie beim Schlafen, beim Essen – oder beim Sex mit ihm. Die Vorstellung, dass er sich an seiner Freundin mental vergriffen hatte, und er sie nicht davor schützen konnte, ließ ihn den Verstand verlieren. Sein Körper wurde von einer selten gefühlten Hitzewelle erfasst. Ohne darüber nachzudenken, stieß er Marten zur Seite und verpasste dem hageren Typen einen Schwinger, der ihn direkt zu Boden brachte. John wartete nicht, sondern schlug direkt ein weiteres Mal zu.
„Steh auf!", schrie John ihn an und zog ihn wieder nach oben, nur, um ihm direkt sein Knie in den Magen zu rammen, ihn erneut gegen die Wand zu schleudern und nochmal zuzuschlagen. Sein Gegner sank wehr- und kraftlos gegen die Wand. Aus seiner Nase lief Blut, als er stöhnend zu Boden ging. John war derart außer sich vor Wut, dass er noch einmal ausholte, um nach ihm zu treten. „Digga, es reicht. Er hat genug!"
Marten zog ihn nach hinten. Es war, als würde John aus einer Art Trance erwachen. Sein Blick streifte den kranken Typen, der wimmernd am Boden kauerte und sich das Blut vom Mund wischte. Als Marten John wegziehen wollte, wehrte er sich, packte den Typen am Kragen und schleifte ihn mit sich.
„Du zeigst mir jetzt, wo diese Kameras sind, sonst bringe ich dich um."
Ich weiß. Ich hab es übertrieben, oder? Oder was sagt ihr? Wie hat euch das Kapitel gefallen? Und was hättet ihr an Johns Stelle getan? Wie geht es wohl weiter? Fragen über Fragen. Freue mich über eure Kommentare.
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