Kapitel 21 - Verschwunden
Shou
"Gut Maxime, lange genug ausgeruht. Wir müssen meinem Vater bericht erstatten" mit diesen Worten trat ich einfach in sein unabgeschlossenes Zimmer.
Etwas perplex starrte ich auf das leere Bett. War er schon wach und frühstückt gerade? Ich nahm einen tiefen Zug. Sein Geruch war alt. Mit einem Stirnrunzeln sah ich mich nach möglichen Hinweisen auf seinen Verbleib um.
Sein Helm war weg, und auch der Hacken für seinen Reitanzug war leer.
Wartet er vielleicht sogar schon auf mich?
Löblich, löblich..
Doch auch auf dem Trainingsplatz erwartete mich eine gähnende Leere. Was? Wo ist dieser Idiot jetzt schon wieder?!
Schnaufend machte ich kehrt und stiefelte Zielsicher auf die Mensa zu, wo bereits einige Schüler ihr Frühstück genossen. Von meiner Zielperson keine Spur, aber dafür von jemand der mehr über ihn wissen könnte. Ich steuerte auf den Braunhaarigen zu, dessen Blicke sich sofort auf mich richteten. Überraschung spiegelte sich in seinem Gesicht wieder als ich neben ihm zum stehen kam. "Wo ist Maxime?" fragte ich diese kleine Made streng. "Ich.. eh.. weiß es nicht" stammelte er leicht verängstigt. "Ich dachte du bist sein Freund" warf ich ihm schnaubend vor. "Aber er hat in letzter Zeit kaum mit mir geredet. Seit Weihnachten geht er mir aus dem Weg. Du bist der einzige mit dem er noch so unbeschwert handelt" erklärte er mir und das war die Wahrheit, jedenfalls wenn man nach seinem Körper richtet.
Ich seufze und wandte mich ohne weitere Worte ab. Ich bin also genau da wo ich vorher war. Aber egal, ich kann auch ohne ihn gehen. Verpasst er halt was.
Und das tat ich dann auch einfach, trotz Blondies Angebot mich zu begleiten. Die kann mir gestohlen bleiben. Sie würde mir nur noch am Arsch kleben, wenn sie wüsste dass mein Vater der mächtigste Drache war und mein anderer Vater der einzige Hybrid zwischen Drache und Mensch.
Mir reichen die Gerüchte der Schüler bereits.
Ich befand mich kurzer Zeit später im Himmel. Die kühle Morgenluft war erfrischender als jede Dusche und meine Gedanken klärten sich. Ich sollte mir weniger um meinen Reiter, als über diesen Blutdrachen sorgen machen.
Vom weiten sah ich bereits unser schlichtes Haus, nähe der Kreidefelsen. Weit abgelegen von dem Trubel und der Zivilisation. Es war der liebste Ort meiner Eltern und früher standen sie oft an der Klippe und sahen sich das Meer an. Ich habe es ebenso gemocht, besonders an stürmischen Tagen, wo die Wellen gegen die Steine donnerten. Aron war nie begeistert wenn ich in einem Sturm an den Klippen stand, aber nach meiner Meinung machte er sich einfach nur zu viele Sorgen.
Ich landete vor dem Haus und erregte damit wohl auch die nötige Aufmerksamkeit, da beide Elternteile sofort aus der Tür kamen. Als sie mich erreichten, befand ich mich bereits in meiner menschlichen Gestalt. Der blonde fiel mir um den Hals, worauf ich mich mit ein paar Schritten fangen musste um nicht um zufallen. "Oh Schätzchen, es tut mir so leid mit Linus" schluchzte er an meine Halsbeuge. Etwas perplex sah ich zu meinem anderen Vater, der mitfühlend lächelte.
"Warte.. was ist los?" fragte ich und schob Aron ein Stück von mir weg. "Ich habe es kommen sehen, schon vor zwei Tagen." erklärte er und wischte sich eine kleine Träne aus dem Auge. "Ich weiß wie schwer es ist einen Freund zu verlieren" sagte er wobei er versuchte die aufkommenden Tränen zu unterdrücken.
Der Tod von seinen eigenen besten Freund traf ihn heute immer noch schwer. Damals, als ich mit Zephyr gefangen gehalten wurde, war es sein Freund - der unter dem Einfluss von irgendeinem Fluch stand, der uns gefangen hielt. Erst als Aron ihn höchstpersönlich tötete, war der Fluch gebrochen. Eine ganze Zeit danach kämpfte er mit Schuldgefühlen und Selbsthass. Es war damals schwer für ihn, sich auf die Schule zu konzentrieren. Zephyr und ich gaben ihm jedoch anscheinend genügend Lebenswille um weiter zu machen.
"Schon okay... ich habe gestern schon getrauert" flüsterte ich sacht und zog den zierlichen Blonden nochmal an meine Brust. Wir verweilten so einige Sekunden stillschweigend und lösten uns dann um rein zu gehen. Zu aller erst zog ich mir was an, immerhin gehörte sich das so.
Als das erledigt war, setzte ich mich zu den Beiden ins Wohnzimmer. Ich hatte wirklich riesigen Gesprächsbedarf. "Also.. Dad.. " fing ich an und atmete tief durch. Auch wenn ich äußerlich so wirkte, viel es mir immer noch schwer einen klaren Gedanken über seinen Tod zu fassen. "Was hast du denn gesehen?" fragte ich ihn, denn je nachdem, brauchte ich ihnen nicht mehr von meiner Entdeckung zu berichten.
"Ich sah nicht viel... nur dass ihr wahrscheinlich auf einer Mission wart, dann gab es einen Wechsel und ich sah wie sein Körper leblos zu Boden stürzte." erzählte mir der Blonde und kuschelte sich etwas mehr an den Größeren. "Du weißt also nicht, welche Art von Drache es war" nahm ich dann an und bekam ein zustimmendes Nicken. "Ist das wichtig?" fragte Zephyr und runzelte leicht seine Stirn.
"Joa... in Zukunft bestimmt" nickte ich und sah ihn ernst an. "Es war ein Blutdrache, Zephyr" teilte ich ihnen mit und sah wie das Gesicht des mächtigsten Drachen an Fassung verlor. "Bist du dir sicher?" wollte er leise sichergehen. "Schwarzes Zahnfleisch, schwarze Zähne, schwarze Zunge... Ich bin mir ganz sicher" nickte ich ernst. "Und wahrscheinlich ein Albino dazu" setzte ich nach und lehnte mich hinter in den Sessel.
"Fuck..." murmelte Aron leise und Sekunden verstrichen in denen wir schweigsam vor uns hin starrten. "Alles klar. Ich kann das nicht ignorieren, aber mich jetzt blind in den Kampf zu werfen bringt auch nichts" kam mein Vater zu dem Entschluss und erhob sich. "Ich werde einige Späher schicken denen ich vertrauen kann. Aufgrund der hohen Macht die von dem Blutdrachen ausgeht, könnte er Drachen überzeugen nach seiner Nase zu tanzen. Es ist also wichtig, dass wir ihn von so vielen Drachen wie möglich fern halten" erklärte er mir. "Zähl mich zu den Spähern!" bat ich ihn ehrgeizig und stand auf. "Aber Shou.." wollte Aron einwenden und sah mich überrascht an. "Er ist eine Gefahr für alle Drachen, und es ist meine Mission ihn in seine Grenzen zu weisen. Außerdem, tue ich alles um Linus zu rächen" verteidigte ich mich dunkel und ballte meine Faust. "Na schön, ich verlass mich auf dich mein Sohn, aber lass Rache nicht dein Antrieb werden. Ich hingegen werde mit der Schule sprechen, dass sie dich und deinen Reiter beurlauben, damit ihr mit den anderen mitreisen könnt" versicherte mir Zephyr und seine eisblauen Augen wirkten auf einmal wieder so kalt.
"Wenn mein Reiter bis dahin wieder da ist" verdrehte ich die Augen und seufze leise. "Oh. Es hat mich schon gewundert, dass er nicht mitgekommen ist. Ist denn alles okay bei ihm?" wollte Aron wissen wobei ich die Neugierde und leichte Besorgnis raushörte. Wäre es nicht so ein unfassbar unpassender Zeitpunkt, hätte ich ihn auch gleich zur Rede gestellt wegen dem Candy String.
Ich zuckte nur die Schultern. "Er war heute morgen nicht auffindbar." erklärte ich ihm, worauf er den Mund verzog. "Vielleicht setzt ihm der Tod deines Kameraden auch zu und er braucht etwas Ruhe. Menschen sind bei solchen Sachen empfindlicher" nahm Zephyr an und ich nickte. Er wird schon wieder kommen.
Zephyr und ich sprachen noch eine ganze Weile über Strategien, wie wir diesen Drachen unschädlich machen könnten. Wir bezweifeln sehr stark, dass er friedlich ist und auch, dass man ihn zur Vernunft bewegen kann. Um Die Gefahr eines Krieges auszuweichen, müssen wir ihn sehr bald schon umlegen. Erstmal muss man jedoch herausfinden, welche Gaben er bereits besitzt. Das war meine Aufgabe, zusammen mit den anderen Spähern. Wir werden schon seinen Schwachpunkt herausfinden.
Mit diesen positiven Gedanken, und einen Brief an meinen Rektor, machte ich mich wieder auf den Weg zur Schule. Ich hoffe die kleine Mimose ist wieder zurück.
Auf dem Trainingsplatz landete ich und richtete meine Aufmerksamkeit auf die drei weiteren Drachen. Das Bergungsteam, wie es aussah. "Ehm Shou..." sprach mich ein Drache davon an und senkte leicht den Schädel. Misstrauisch wandte ich mich ihnen zu. "Was gibt es?" fragte ich dunkel. "Wir haben deinen Reiter verloren" beichteten er mir. Mein Kopf legte sich kurz leicht schief. Wie sie haben Maxime verloren?
"Wie meinst du das?" fragte ich nach. "Er kam heute früh zu uns, wollte mitfliegen, da wohl ein guter Freund zu den Opfern gehörte, und dann - kaum nachdem wir gelandet sind - ist er abgehauen." erzählte man mir und ich spannte mich an. "Abgehauen oder entführt?" wollte ich wissen. "Wir haben den Drachen nicht gesehen." sagte nun ein Weibchen und sah ebenso schuldig zu Boden. "Wir haben auch nach ihm gesucht, aber wir fanden keine Spur" setzte der erste Drache nach.
Meine Krallen bohrten sich in die weiche Erde unter mir. Da stinkt doch was zum Himmel! Warum sollte Maxime einfach abhauen? Darüber, dass er einen Reiter kannte, ließe sich streiten, aber einfach so abhauen?!
"Ich hole ihn schon wieder" murmelte ich mehr zu mir selber. Immer macht er Ärger...
~.~.~
Der Tag darauf begann auch schon am Vormittag der Auftrag. Um kein nötiges Aufsehen zu erregen, traf ich mich mit den anderen Spähern außerhalb der Schule. Wir waren zu dritt und gingen nochmal kurz unsere bisherigen Informationen durch.
- Blutdrache in einem unbekannten Radius um Gebirge.
- Maxime verschwunden.
Hoffentlich konnte ich mir diese Menge an Informationen merken.
Kraftvoll stieß ich mich vom Boden ab und folgte den beiden Winddrachen in die Lüfte. Die Luft war recht kühl und ich war froh um meinen dicken Pelz, der mich warm hielt.
Wieder einmal hieß es, den Idioten zu retten. Das hatte ich auch gewiss vor, denn kaum als wir ankamen, suchte ich nach Spuren meines Reiters. Die beiden anderen hielten die Umgebung im Auge und suchten ebenfalls nach Spure, jedoch vom Drachen.
Tatsächlich fand ich noch den vagen Geruch nach Kokos, der hauch dünn in der Luft lag. Er führte zwischen ein paar Felswänden entlang und endete auf einem schmalen Vorsprung. Ich vergewisserte mich sofort, ob seine Leiche am Fuße des Berges lag, und war erleichtert, als dem nicht so war.
Dann gäbe es ja nur noch eine Möglichkeit, wie er hier weg gekommen ist, wenn ihm nicht Flügel gewachsen sind.
"Shou! Wir haben was!" brüllte ein Drache mir zu und deutete mit seiner Nüstern auf den Boden. Ich holte mit ein paar Schlägen wieder zu den Beiden auf, besah mir die Blutflecken auf dem steinigen Boden und wir folgten der Blutspur auch sofort. Ein Glück sind Drachen exzellente Kletterer, anders wären wir nie über die Felswände gekommen ohne die Spur zu verlieren.
Und wenn wir diesen Wichser erstmal gefunden haben, finden wir auch Maxime.. da war ich mir schon so gut wie sicher.
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