Kapitel 18 - Verlorenes Kind

Maxime 

Kaum fing das Jahr an, erwartete uns eine Mission. Direkt am zweiten Tag. Eine Ernsthafte. Zwar waren wir nicht in der Lage die Probe Mission zu meistern, doch unser Lehrer schien dies egal zu sein. Er sagte, wir seien ein gutes Team, noch lange nicht perfekt, aber besser als Shou und Emilia. 

Zwar vertragen Shou und ich uns, aber ich würde noch lange nicht von guter Teamarbeit sprechen. Er benahm sich seit den Ferien etwas verhalten mir gegenüber. 

"Beeil dich etwas" drängte der gold schimmernder Drache vor mir und drehte ungeduldig seinen Schädel zu mir. Aus den Gedanken gerissen, nickte ich hastig und hielt mich an seinem Geschirr fest. Wieder mussten wir was finden, doch diesmal war es keine Fahne, sondern ein Lebewesen. Ein Drachenbaby um genauer zu sein. 

Bei der Jagd wurde es irgendwie von der Mutter getrennt und hat sich im Wald verlaufen. Armes Ding. Und gerade weil es ein Drache war, war Shou besessen darauf so schnell wie möglich los zu gehen. Gerade mal 30 Minuten sind nach der Bekanntgabe vergangen, da befanden wir uns bereits in der Luft. 

Es war immer noch recht Kühl draußen und der Wind eisig, doch irgendwie habe ich das alles auch ein wenig vermisst. Shou schien es auch vermisst zu haben, denn es fühlte sich so an, als würde auch er es genießen endlich wieder fliegen zu können. Ich hielt mich fester an dem Gurt fest und drückte meine Beine enger an seinen Körper. 

Der Drache nahm dies als Aufforderung schneller zu fliegen, und seine Flügelschläge wurden kraftvoller. Ich schmiegte mich enger an seinen Körper um dem Gegenwind etwas zu entgehen und behielt meine Augen auf die Umgebung gerichtet. Seit dem Vorfall vor ein paar Monaten bin ich vorsichtiger geworden. 

Shou verlagerte sein Gewicht und gleitete seitlich nach rechts ab. Anscheinend hat er etwas gefunden. Wir befanden uns im Osten des Waldes in der Nähe eines kleinen Baches. Der Schnee knirschte unter Shous Tatzen als dieser landete. Ich ließ den Rucksack von meinem Rücken gleiten, und mich selber von Shous Rücken. Etwas unsanft kam ich auf dem harten schneebedeckten Boden zum stehen und drehte mich weg. Zwar war es für ihn kein Problem nach seiner Verwandlung nackt vor mir zu stehen, doch für mich war es das. Seit dem er beschlossen hat, dass ich doch ein tolles Sexspielzeug sein könnte, nutzt er jede Gelegenheit mich in Verlegenheit zu bringen. Wenigstens ist das noch da. 

Auch dieses mal, als seine Hand unnötigerweise die meinige Streift, als er mir den Rucksack abnahm. Selbst so kleine Gesten verschwanden nicht ganz Spurlos aus meinem Gedächtnis, aber mir blieb die Hoffnung, dass es ihm irgendwann zu langweilig wird. 

Shou war recht fix beim anziehen und stapfte mit mir dann auch zügig durch den Schnee. "Ich hasse den Winter" seufze er genervt und seine scharfen Blicke fuhren aufmerksam durch unsere Umgebung. Er schien schon fast misstrauisch, aber das war ich auch. Wer weiß, ob wir diesen komischen Mann nochmal wieder sehen? 

"Ich auch. Wird zeit, dass es wieder wärmer wird" schloss ich mich ihm an und schob meine Hände tiefer in meine Jackentasche. Meinen Helm habe ich bei Shous Geschirr gelassen, da er mich nur stören würde. Wird schon keiner klauen. 

"Wie war eigentlich dein Weihnachten?" fragte ich ihn um keine peinliche Stille aufkommen zu lassen. Er sah mich an und runzelte leicht seine Stirn, als hätte ich ihn gefragt wie groß sein Penis sei. 

Was mich mal so nebenbei, nicht interessiert. 

"Wie sollte es gewesen sein? Wie jedes andere auch. Plätzchen, Tannenbaum, Lichterketten und Bescherung" zuckte er nur die Schultern und richtete seinen Blick wieder auf das vor uns. "Was habt ihr euch denn Geschenkt?" versuchte ich die Unterhaltung am Leben zu erhalten. "Nichts nennenswertes" gab er wieder nur sehr dürftig zurück. 

Houston, wir haben ein Problem! Ich glaube die Konversation ist gerade am sterben! Notfall! Holt den Defi! 

Etwas aufgekratzt sah ich mich krampfhaft nach einem Thema um, über das wir sprechen konnten. Aber außer Tannen und Schnee gab es nicht viel mehr hier draußen. "War Sylvester auch schön?" startete ich meinen nächsten überaus einfallsreichen Versuch das Gespräch doch nicht erfrieren zu lassen. Von ihm kam nur ein knappes Nicken. 

Zwecklos. Wir haben den Patienten verloren. Ruft den Bestatter an. 

Also schwiegen wir, bis Shou eine Spur fand. Dann joggten wir und schwiegen. 

Unangenehm, aber volle Möhre. 

"Dort!" der Drache deutete nur kurz in irgendeine Richtung und sprintete dann durch den Schnee, ich ihm hechelnd hinterher.  

Ich hatte zwar deutlich an Ausdauer hinzu gewonnen, doch die Luft war eisig und brannte in meinen Lungen. Keuchend kam ich dann neben ihm zum stehen und sah auf eine riesige unbepflanzte Fläche. Ein See wie sich zeigte als ich etwas näher ans Ufer heran trat. 

Ratet mal was ziemlich weit in der Mitte des zugefrorenen Sees saß... genau! Das gesuchte Drachenbaby, total verängstigt und verwirrt.  

Mein Partner war schon im Inbegriff los zu sprinten, doch seine Vernunft hielt ihn noch rechtzeitig auf. Wir wussten nicht wie dick die Schicht war. Ein Einsturz könnte den Tod bedeuten. "Kannst du ihn nicht mit deinen Pranken greifen?" fragte ich den Drachen neben mir. "Nein.. würde ich von oben kommen, wäre ich in seinen Augen ein Angreifer und er wäre nur noch verängstigter.. und so wie ich das Sehe ist es ein Feuerdrache. Würde er sich also verteidigen wollen, und Feuer spucken, würde das das Eis zum schmelzen bringen und er würde einbrechen. " erklärte er mir und ich hörte anhand seiner Stimme, dass leichte Verzweiflung in ihm wuchs. 

"Okay... ich mach das! Ich bin leichter als du!" beschloss ich und blieb am Ufer stehen. "Wehe ich muss dich aus dem Wasser fischen" drohte er mir ernst. "Nein danke, auf eine mögliche Mund-zu-Mund-Beatmung kann ich verzichten" schmunzelte ich und versuchte gelassen zu wirken, wobei ich jedoch alles andere als gelassen war.

Vorsichtig ließ ich mich auf meine Knie nieder um das Gewicht etwas besser verteilen zu können und robbte langsam los auf das Baby zu. Das Eis knackte verdächtig unter mir, und da mir das ganze noch zu unsicher war, robbte ich auf dem Bauch weiter. Langsam aber dafür sicher. Die Kälte kam mit der Bässe langsam aber schleichend immer dichter.

Das Junge beobachtete mein Tun und gab ein paar schreiende Laute von sich. Er versuchte sich in meine Richtung zu bewegen, doch das Eis war zu rutschig für seine unkonditionierten Bewegungen. Erinnert mich etwas an den Film Bambi... 

Ich schüttelte diese Erinnerung aus meinem Kopf um mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Noch nie habe ich mich angestrengt etwas zu hören, wie zum Beispiel das Knacken des Eises. Noch nie habe ich mein Herz so laut schlagen hören. Es pochte in meinen Ohren und erst als ich die Hand nach dem Jungen ausstreckte, und dieses sich mit seinen kleinen spitzen Zähnen an dieser festhielt, fiel eine Last von mir. Ich zog es vorsichtig zu mir. "Leg dich auf meinen Rücken und halt dich fest" machte ich dem schmalen roten Drachen klar und blieb so lange liegen, bis es eine gemütliche Position auf meinem Rücken gefunden hatte. 

Noch ist die Gefahr nicht vorbei... 

Ich muss ja immerhin noch zurück, aber wenn ich genauso vorsichtig bin, dann sollte es gelingen, und mir bleibt ein kaltes Bad und der eventuelle Tod erspart. 

Urgh.. denk gar nicht dran Maxime!

Zitternd zog ich mich stück für Stück wieder über das Eis zurück. Meine Beine drückten mich langsam und bedacht vorwärts. Eine plötzliche Erschütterung ließ mich erstarren. Ich hob meinen Blick zu Shou, der genauso erschrocken wirkte. Ein Erdbeben? 

Bis auf das leise Winseln des Babys kam jedoch nichts... obwohl.. doch.. 

Ich spitze meine Ohren und vernahm das immer lauter werdende Knacken. FUCK! "Steh auf!" schrie Shou hektisch und ich stemmte mich schnell auf meine Beine. Der Boden unter mir fing an sich leicht zu bewegen und der kleine Drache krallte sich in meinen Rücken. 

Wie Pudding fühlten sich meine Beine an, und Adrenalin durchströmte meinen Körper. Augenblicklich rannte ich was das Zeug hielt. Das rettende Ufer war immer noch ein ganzes Stück entfernt, und ich hatte schon die Befürchtung es nicht zu schaffen, doch dann erblickte ich Shou. 

Seine Augen waren weit aufgerissen und farblos. Er streckte mir seine Hand entgegen und seine Lippen bewegten sich, als würde er nach mir schreien, doch hören tat ich ihn nicht, zu laut war das Schlagen meines eigenen Herzens. 

Nur noch wenige Meter trennten uns als ich den schwindenden Boden unter meinen Füßen spürte. Augenblicklich stach das kalte Wasser wie Nadeln in meine Beine. Doch noch ehe ich in den tiefen versank, packte mich eine Hand und zog mich schwungvoll und ihm hohen Bogen aus meinem feuchten Grab. 

Schwer atmend kam ich zum liegen und starrte einige Sekunden in die Leere. Ich habe mein Leben schon fast an mir vorbeiziehen sehen. Ich brauchte mehrere Momente, und die Nasse Zunge des Babys in meinem Gesicht, um mich zu fangen. Shou kniete sich neben mir und seine sonst so gelben Augen waren durch sorgevolle graue ersetzt. Grau war eine Farbe dich ich noch nie bei ihm gesehen habe. Sie stand für Sorge und Kummer, und war die Vorstufe von Silber das Angst ausdrückte. 

"Ich hab doch gesagt... dass ich dich nicht aus dem Wasser fischen will" schnaufte er vorwurfsvoll und das Gelb kam langsam wieder zurück, gefolgt von einem rötlichen Schimmer.  Wir beide waren wohl gerade emotional am Abgrund, weswegen ich erstmal nichts dazu sagte. 

"Bringen wir das Kleine zurück" beschloss dann Shou und deutete auf den kleinen Fratz, der sich an meine Seite gekuschelt hat. Stumm nickend stimmte ich ihm zu. 

Tatsächlich hat sich niemand die Mühe gemacht um in einen abgelegenen Wald zu fahren um ein Helm und ein Geschirr zu klauen, denn beide Sachen lagen dort. 


Die Mutter bedankte sich mehrmals bei uns für die Rettung und auch von den Lehrern wurden wir gelobt. 

Eine erfolgreiche Mission! Nur meine Beine wurden etwas nass, aber nachdem ich meine Kleidung gewechselt habe, und mich mit einer warmen Decke in einen der Aufenthaltsräume gesetzt hatte, ging es auch schon.

Ein paar Minuten hatte ich meine Ruhe, ehe man mir eine heiße Tasse Kakao unter die Nase hielt. "Hier" kommentierte die Person, die überraschenderweise Shou war. Etwas perplex nahm ich ihm die Tasse ab und musterte die milchig braune Flüssigkeit. Hat er sie vergiftet? 

"Du hast mich damals auch gestriegelt als ich unterkühlt war... auch wenn ich kein Gaul bin" seine Stimme wurde zum Ende hin schärfer, aber ich verstand die gute Absicht. Langsam ließ er sich neben mich auf die Couch sinken und nippte an seiner eigenen Tasse. 

"Danke" lächelte ich sacht und wagte es zu ihm rüber zu sehen. "Hm.." machte er nur ohne seinen Blick von dem Poster an der Wand zu nehmen. "Ich habe da noch etwas für dich" gesteht er und tatsächlich sah ich eine leichte Röte auf seinen Wangen. Er drückte mir ein hübsch verpacktes Päckchen in die Hand. "Mein Vater wollte, dass ich dir etwas schenke.. wegen Weihnachten undso.., und ich denke dieses Geschenk ist genau passend aufgrund unserer Beziehung" erklärte er, während ich bereits das Papier zerriss. 

Als ich sah, was ich in den Händen hielt, stockte ich. Hitze schoss mir in die Wangen und ich glühte wahrscheinlich wie eine Christbaumkugel. 

Ein Tanga aus Süßigkeiten.. 

Sowas kann er mir doch nicht schenken! Und was labert er von 'passt aufgrund unserer Beziehung' ?! Zu sowas habe ich doch nicht zugestimmt. 

Da ich anscheinend nichts sagte, hörte Shou auf davon zu reden, wie viel mühe er sich gegeben hat bei der Auswahl, und dass ich es zu schätzen wissen soll.. bla..bla..bla.. 

Sein Blick fiel auf die schwarze Verpackung mit dem eindeutigen Bild des Inhalts. Ihm stieg genauso die Röte ins Gesicht und fassungslos, fast schon schockiert, starrte er auf sein Geschenk. "Dieser Mistkerl" murmelte er, sprang auf und stürmte wie eine Furie aus dem  Raum. 

Was will er mir damit sagen?! 

----
Versehen, oder pure Absicht? Was glaubt ihr :'D

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top