26 - Clara de Flocon

Random Update ahoi!

~☀️~

Die Regierung hat uns erlaubt, genveränderte Riesenblumen anzuzünden, damit wir durch einen See zu einem Mafiatreffen tauchen können. Glaubt mir, ich frage mich auch, wie das Formular für sowas aussieht.
Matt lässt mich mit einem Laserpointer, den er an seinem Schlüssel mit sich herumträgt, auf eine der Blüten schießen. Zuerst passiert gar nichts.

„Ich glaub, das Ding ist kaputt", sage ich gerade zu ihm, als eine der riesigen Blüten in einer stummen Stichflamme aufgeht. Ich mache den Mund wieder zu. Matt nimmt mir den höllischen Laserpointer ab und setzt eine weitere Luftpflanze in Brand, ohne richtig zu zielen. Zugegebenermaßen sind die weißen Blüten so riesig, dass man da nicht viel falsch machen kann.

„Das sollte reichen", sagt er, während um uns her die Menschen unruhig werden. Sie deuten in Richtung Decke und in Richtung der Feuerbälle, die nun dort hängen. Wir haben nicht viel Zeit. Auch die Wachen rund um den Teich, in den wir hinein müssen, starren in die Höhe. Eine der Blüten hängt direkt über ihnen. Als Feuer auf sie herabschwebt, ergreifen die schwer bewaffneten Männer die Flucht. Sie laufen ins Wasser und verschwinden, bevor ein riesiges brennendes Blütenblatt zischend dort auftrifft, einen Moment auf dem Wasser treibt und dann verschwindet.

Matt und ich rennen im Zickzack, um nicht von den sterbenden Riesenblumen begraben zu werden. Als wir den Spiegelpunkt erreichen, spüre ich Hitze im Nacken. Mein Ärmel fängt Feuer, doch ich schaffe es geistesgegenwärtig unter Wasser zu tauchen. Matt hat mich an der Schulter gepackt und nach links gedreht, um dem untypischen Geschoss zu entkommen. Die Welt dreht sich um die eigene Achse und länger als zuvor durch den Fluss taumeln wir erneut durch kaltes Wasser. Zusammen brechen wir durch die Oberfläche auf der anderen Seite, direkt unter dem wachsigen Blütenblatt. Ich japse nach Luft und Matt bedeutet mir, leise zu sein. Ich werfe ihm einen bösen Blick zu.

„Was war das denn?", fragt eine tiefe Männerstimme.

„G-3 an G-40, in der Westhalle ist ein Feuer ausgebrochen. Die fucking Pflanzen haben angefangen zu brennen."

„Ich hab schon immer gesagt, die sind nur hässlich und teuer."

„Dein Bein sieht beschissen aus."

„Tut auch beschissen weh."

„Sie sperren den Zugang, sagt der Boss."

„Umso besser."

Jemand leuchtet mit einer Taschenlampe auf das nasse Blütenblatt herunter, unter dem ich mein bestes tue, um nicht zu ertrinken und trotzdem leise zu sein. Matt hat mich in einen halbherzigen Rettungsschwimmergriff genommen, während meiner anfänglichen Desorientierung in der plötzlichen Dunkelheit, aber inzwischen wieder losgelassen. Ich bin zwar kein Sunhunter, aber schwimmen kann ich auch blind, vielen Dank.
Das Wasser ist beißend kalt, während wir darauf hoffen, dass nicht einer der Männer darauf kommt, das angekokelte Blütenblatt genauer anzusehen. Ich schlucke einen Mund voll Wasser vor Schreck, als Schüsse erklingen und Kugeln erst durch die Pflanzenmembran schlagen und dann das Wasser aufspritzen lassen. Nur circa einen Meter neben meiner Schulter. Mein Husten wird von Matts Handschuh erstickt. Ich bekomme kaum Luft.

„Sh sh", flüstert der Sunhunter, während ich das Wasser in meiner Lunge fühle und mich aufbäume, weil mein Körper den Hustreflex nicht unterdrücken kann. Zum Glück entfernen sich die Stimmen. Ich sehe Sternchen, als wir uns auf die Steinstufen hochziehen, die den Wasserspiegel umgeben. Ich reiße mir im Licht meiner Data Watch mein nasses Tuch vom Kopf und huste diverse Beschimpfungen, während mir Grabsy und der Sunhunter auf den Rücken klopfen.

„Da gewöhne ich mich nicht dran", ächze ich, „Bescheuertes Konzept."

„Erinner' mich daran, dass ich dir ein Tauchtraining verschreiben lasse", murmelt Matt, „Du hättest uns fast umgebracht."

„Ich habe nicht darum gebeten, mit dir Meerjungfrauen zu spielen", röchle ich.

Grabsy klebt immer noch an meinem Rücken und klopft engagiert mit seinen Tentakeln das Wasser aus meiner Lunge. Einen letzten Hustanfall später nehmen wir unsere Umgebung in Augenschein. Wir stehen in einer Grotte. Dankenswerterweise erneut gefühlt richtig herum. Runde, in den Boden eingelassene Lampen erhellen den Raum. Auch auf dieser Seite wachsen Kirschbäume. Über uns schweben einzelne Blätter in der Luft, während wir uns in die Schatten einer Steinmauer verdrücken. Zwei Männer mit Maschinengewehren joggen vorbei.

„Wir sind nah am Feldgenerator", stelle ich leise fest und deute in Richtung der um uns her in der Luft schwebenden Blüten.

„Ja?", fragt Matt und sortiert irgendetwas in seinem Rucksack. Die beiden Männer untersuchen das gigantische Blütenblatt im Gravitypool, unter dem wir bis eben noch versteckt waren. Grabsy fängt eines der kleineren Blütenblätter auf und sieht es verzückt an.

„Wenn sie mit lokalen Disturbern arbeiten, können sie das als Waffe verwenden."

„Du meinst so einen? Wir nennen die Flyers."

Ich drehe mich um. Matt hält eine Keksdose in die Luft. Darauf steht in geschwungener Schrift „Mathildas Ginger Biscuits". Ich habe noch nie einen so kleinen Feldgenerator gesehen und erst Recht keinen, der aussieht als könne er bei meiner Oma zwischen Zucker und Kaffee im Regal stehen.
Ich schüttle nur den Kopf, während wir uns vorsichtig in Bewegung setzen. Wahrscheinlich ist die Keksdose ein weiterer Insider, denke ich, während wir durch eine Art Park laufen.

Wir haben offensichtlich einen Seiteneingang zum Hauptquartier des Clans genommen. Wenn schon dieser so schwer bewacht war, will ich gar nicht wissen, wie der Haupteingang aussieht. Die Schwerkraftregulation ist ein wenig abenteuerlich hier. Wir folgen einem Pfad, der an Wänden hinaufführt, die für uns in dem Moment zum Boden werden, in dem wir einen Fuß auf die Wand setzen.

An einem Torbogen verlässt mich Matt. Ich stehe mit dem Rücken zu einer gemauerten Wand Schmiere und ducke mich hinter einen Busch mit leuchtend roten Blüten, als links von mir dröhnend ein weißes Intracraft auftaucht. Ungläubig sehe ich dem Schiff nach. Es hält auf einen Anleger auf der anderen Seite der Wiese zu. Um hier drin zu fliegen, muss man entweder ein exzeptionell guter Starpilot sein oder reich genug dafür, einen zu engagieren. Oder man ist wahnsinnig. Bei den verschiedenen Gravity Feldern wird einem da sicher kotzübel. Ich klettere ächzend eine der Gartenmauern hinauf und mache über die Kante linsend ein Foto von dem Schiff, woraufhin mein Rennwagen von Sunhunter Watch mir anbietet, die Signatur des Fahrzeugs mit allen polizeilichen Datenbanken des Cores abzugleichen. Man sollte mir wirklich nicht einfach Zugriff auf solche Systeme geben, denke ich, lasse mich zurück auf den Boden gleiten und stimme der Überprüfung zu. Kein Netz. Frustriert boxe ich die Mauer.

„Eine Yacht ist eingeflogen, während du weg warst", sage ich Matt, der mit rauchender Kleidung wieder neben mir aufgetaucht ist. Ich kommentiere nicht, dass sein Kopftuch schwelt und der Oktopus es auspustet. Matt hält mir eine Plasmawaffe hin und wischt damit unwillig einen der fliegenden Fische zur Seite. Wieder ein Koi, wie in der Markthalle.

„Wo?"

„Parkt an dem Dock um die Ecke."

Wir ducken uns hinter einen weiteren Busch, als über uns dröhnend die blau glühenden Triebwerke eines weiteres Mini Intracrafts vorbeiziehen.

„Seit wann fliegt man einfach durch solche Gravity Felder hindurch?", frage ich ungläubig, „Das ist geisteskrank."

„Komm, das machen wir auch."

„Bitte was?"

„Nur die Ehrengäste fliegen mit ihren eigenen Schiffen ein. Der Rest wird per Fahrdienst eingesammelt und gefilzt. Mehr Kontrolle für den Veranstalter."

„Wir klauen ein Fahrdienst Craft?"

„Exakt, dann filzen sie uns nicht."

Ich ziehe eine Grimasse, während ich neben dem Sunhunter her jogge. Dabei sehe ich, dass Grabsy einen dieser verdammten Cocktailschirme auf seinem Kopf balanciert, damit niemand unser Gespräch abhört.

Als wir eine Anhöhe erreichen, reiße ich die Augen auf vor Überraschung über das Panorama. Ich packe Matt am Arm, als wir mit Blick auf eine Reihe schwarzer Intracrafts zum Stehen kommen, die sich zwischen den waagrechten und senkrechten Wiesen, Springbrunnen und Hausgiebeln des riesigen Anwesens hindurchschlängeln. Es wirkt, als hätte ein kindischer Gott Lego mit der realen Welt gespielt. Ich lege den Kopf in den Nacken und starre immer noch hinauf in einen Garten mit Kirschbäumen und fliegenden Fischen.

„Ja", macht Matt und drückt mir einen Enterhaken in die Hand, „Da hat er sich was gegönnt, der Creha Capo."

Ich wende meine Aufmerksamkeit von der surrealen Umgebung ab, um den erstaunlich leichten Enterhaken von einer Hand in die andere zu nehmen.

„Standardausrüstung", sagt er nur.

„Klar, was sonst."

Die Enterhaken kommen aus einem schmalen Band um sein Handgelenk, sind erst winzig und entfalten sich dann zu ihrer vollen Größe.

„Wie cool ist das denn?", frage ich, gefolgt von, „Moment. Nein, auf gar keinen Fall."

Er will entlang der Felder bis zu den Crafts rennen und dann wahrscheinlich todesunauffällig von irgendeiner Kante eines der Dinger entern.

„Ich nehm dich nie mehr mit auf Missionen, wenn du mir andauernd widersprichst", droht der Sunhunter.

„Perfekt. Deal. Ich hasse all deine Pläne."

Wir springen von dem Marmorgeländer, auf dem wir stehen, kippen um und befinden uns im freien Fall in die Richtung, die zuvor rechts war. Matt landet mit der Grazie einer Katze, ich weiche knapp einer Statue aus und rolle mich zu spät ab, um schmerzfrei davon zu kommen.

„Da kannst du nicht einfach durchfliegen", stelle ich erneut fest, während wir weiter durch den höllischen Garten rennen, „Das ist ein Minenfeld."

„Immerhin ist überall Standardschwerkraft. Jupiterkaliber wäre unbequem."

Matt rennt direkt durch ein kompliziertes Wasserspiel. Ich entscheide mich für den Rand des Beckens.

„Mit etwas Glück sind die Dinger AI gelenkt. Sonst haben wir das hier", sagt er. Grabsy präsentiert die verdammte Keksdose. „Vorsicht, Schwerkraft."

Ich springe, werde wieder gepackt von Newtons Muse und mit vollem Karacho in einen Busch geworfen, weil der Fall dieses Mal nur circa einen Meter tief war. Matt zieht mich in die Höhe. Bis wir die Mauer erreichen, die er anpeilt, sind es noch zwei Ebenen und drei Wenden. Als wir ankommen, haben sich die Jets schon lange in Bewegung gesetzt.

„Mit Anlauf", schreit er.
Anlauf, klar. Ich sehe von hier aus die glänzende Reling des Intracrafts, das Matt anpeilt. Der Sunhunter springt von der Mauer ab und taucht mit einem Salto durch die Luft auf das Craft zu. Er hakt sich mit dem Enterhaken fest und der Zug des Seils erwischt ihn hart. Doch er schafft es auf das Ding hinauf, ohne sich alle Knochen zu brechen.

Ich habe nicht viel Zeit, um meine Entscheidung zu treffen. Das Intracraft bewegt sich bereits weg von mir. Ich sammle mich, mache noch einmal zwei Schritte zurück und renne los. Ich erwische die Reling mit der Hand, aber mein eigenes Gewicht zieht so sehr an meinen Muskeln, dass ich mich beinahe nicht festhalten kann. Ich ziehe mich nach oben und falle regelrecht über die Reling, während Matt herüber joggt, um uns zu sichern.

„Sauberer Sprung", lacht er, „Besser als meiner."

Ich starre in den Garten, der dort hängt, wo der Himmel sein sollte.

„Manchmal frage ich mich, wo im Leben ich falsch abgebogen bin."

Matt setzt sich neben mich und grinst.

„Ich hab gute Nachrichten für dich: das Ding fliegt wirklich mit AI. Es hat niemanden gejuckt, dass wir aufgesprungen sind. Kaugummi?"

Er bietet mir eine der Kaugummikugeln an, die er wohl noch von dem Automaten an der Skybahn hat. Wir sitzen also hinter der Reling der schwarzen Intracraft Yacht und kauen leuchtenden Kaugummi, während in allen Himmelsrichtungen die Gärten des Creha Clans vorbeiziehen. Es ist ein skurriles, aber wunderschönes Bild. Zu schön dafür, dass wir uns auf dem Weg mitten ins Wespennest des Schwarzmarkts befinden. Mir fährt eine Gänsehaut die Arme hinauf, als unser Craft Anflug auf eine Menschenmenge nimmt. Matt hat sich aufgerichtet und sieht ebenfalls düster zu der Gesellschaft hinauf, die für uns scheinbar an der Decke hängt.

„Jetzt wird's ernst", sagt er und zieht sich seinen Schal wieder über den Mund. Seine Augen blitzen. „Ich will wirklich nicht klischeehaft klingen, aber bleib dicht hinter mir, sieh niemandem in die Augen und halte dich an das Rückzugsprotokoll, wenn irgendwas schief geht. Und es wird wahrscheinlich etwas schief gehen."

„Für brennendes Pflaster sieht es doch ziemlich gesittet aus."

„Die Veranstaltung vielleicht. Ihre Gäste nicht." Der Sunhunter deutet auf einen Mann am Rande der Menge, die sich Sekt trinkend vor der Villa versammelt hat, auf die wir zusteuern. Das Intracraft macht eine hundertachtzig Grad Drehung, als es in das nächste Gravity Feld fliegt. Mein Magen hebt sich. Der Sunhunter ist unbewegt.

„Das da vorne, das ist Io. Er hat seine Bodyguards dabei und ist selbst eingeflogen. Ich habe gesehen, wie er mit bloßen Händen einen Polizisten umgebracht hat. Da war er siebzehn. Was auch immet du tust, dem Mann gehst du aus dem Weg."

Ich schlucke. Matts Gesicht neben mir ist ernst und konzentriert geworden, was nie ein gutes Zeichen ist. Ich zücke meinen Freund den Enterhaken und warte mit rasendem Herzen auf den Absprung. Matt beobachtet mich, während er die Sicherung, die er in die Reling eingehängt hat, löst. Jetzt trennt uns nichts mehr vom mehrere Stockwerke tiefen freien Fall.

„Du schlägst dich gut", sagt er, zwinkert und springt.

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