Kapitel 79

Bill und Olivia

Bill genoss es, wie seine kleine Wildkatze ihn empfing. Sie war schon ein ultraheißer Käfer! Immer wieder war er erstaunt – aber durchaus glücklich erstaunt - dass sie gerade ihn liebte, begehrte, glücklich machen wollte.

Sie fiel ihm juchzend um den Hals, setzte sich auf seine Hüften, küsste ihn leidenschaftlich. Ihre akrobatische Beweglichkeit forderte ihn oft ganz schön heraus, aber er war schon viel geschickter geworden.

Wenn sie sich so an ihn presste, die Beine um seine Taille geschlungen, war ein Fick auf dem Schuhschrank fällig! Das hatte er schon gelernt.
Beim ersten Mal hatte er sich noch ziemlich dämlich angestellt, er kannte Sex nur in der Horizontale.

Aber zum Glück war er gut genug ausgestattet, dass er auch diese Stellung zu ihrer Zufriedenheit durchziehen konnte.
Seine Süße war sehr experimentierfreudig, und er lernte ganz schnell, Gefallen daran zu finden!
Mittlerweile schaffte er es schon manchmal, das Kommando zu übernehmen, er hatte sich auch im Internet weitergebildet.

Kurz und gut – sie hatten eine Menge Spaß beim Sex! Mehr als sich ein höflicher, guterzogener, bis dahin etwas prüder Engländer je hätte vorstellen können!
Nach der dritten Runde – auch seine Leistungsfähigkeit als Mann überraschte ihn immer wieder -, holte er zwei Gläser Champagner und ein kleine Päckchen.
Natürlich hätte er warten sollen, hätte ein großes Event um seinen Antrag herum planen sollen, so wie Alex!

Aber er konnte nicht mehr warten!
Sein Herz war zu voll!
Er stieß mit ihr an, mit der Liebe seines Lebens, sah ihr tief in die Augen.
„Olivia? Würdest du gerne meine Frau werden?" O Gott! Was hatte er da gesagt? „Ich meine, würdest du mich zum glücklichsten Mann der Welt machen und meine Frau werden?"

Er war leicht rot geworden, das passierte ihm immer wieder, wenn er sehr nervös war.
Olivia kitzelte ein Lachen, doch sie schluckte es hinunter. Sie war zwar aufgedreht bis zum Anschlag, das Adrenalin tobte durch ihre Adern, aber lachen durfte sie auf keinen Fall, auch wenn er noch so süß und drollig war, ihr schüchterner Gentleman- Freund, der im Bett mittlerweile seine gute Erziehung auch manchmal vergessen konnte.

„Ja, Bill! Ich würde sogar sehr gerne deine Frau werden!" sagte sie leise, nahm bewusst seinen ersten Antrag an, den, den er für misslungen gehalten hatte. Aber er war so ehrlich, so ganz Bill, dass sie sich dafür entschieden hatte.

„Wow!" stieß er hervor. „Echt?" Auch diese Worte waren etwas daneben. Oder?
„Ja! Wow! Echt! Sogar ganz und gar echt!" antwortete sie, und der Schalk blitzte nur ein bisschen in ihren Augenwinkeln.

Zwei Wochen später gab es eine große Verlobungsparty. Alex hatte auf dem Grundstück, auf dem sein und Lenas Haus entstehen sollte, eine riesiges Zelt aufgebaut – sein Verlobungsgeschenk.

Die Gästeliste war ziemlich umfangreich und multikulturell. Da der Freundeskreis von Olivia und Bill ziemlich dem von Lena und Alex entsprach, war er kunterbunt. Aus England waren seine Eltern und seine Patentante mit Mann und drei Töchtern angereist, aus Kroatien Slavko und Annegret, Mirko und Danica. Den kleinen Alexej hatten sie bei ihrer Schwester gelassen.
Deniz und Fatima, die auch zu guten Freunden geworden waren, hatten die Einladung etwas überrascht, aber durchaus gerne angenommen.

Natürlich durften die Trucker nicht fehlen, so wenig wie Dr. Steffen Böllman und Kristin.
Sogar Daniel aus München kam mit seiner Freundin Nina, die Lena sehr ähnlich sah. Sie hatten sich immer wieder einmal mit dem Retter in der Not, als Alex im Krankenhaus in Serbien lag, getroffen.

Dazu kamen dann noch einige Kommilitonen von Olivia und Bill, mit denen sie sich gut verstanden.
Das Catering hatte Giovanni von ihrem gemeinsamen Lieblingsitaliener übernommen.

Es wurde ein rauschendes Fest, so wie Bill es sich für seine Livy erträumt hatte. Eine angesagte Band spielte, es wurde getanzt, gelacht, gegessen und der italienische Wein floss in Strömen.
Alex hatte ein Hotel in der Nähe fast komplett gebucht, der Fahrdienst seines Betriebes chauffierte die Gäste. In diesem Fünf-Sterne -Haus brachten sie immer Geschäftsfreunde und Kunden der Holbein-AG unter. Birgit hatte ihn begeistert bei den Planungen unterstützt, sie und Dirk sowie Max und seine Frau standen ebenfalls auf der Gästeliste.
Bill war seinem Schwager in spe und Freund mehr als dankbar, dass er ihn bei der Organisation so gut beraten hatte.

Astrid, Bills Mutter, hatte wieder einmal einen Anfall von Gluckentum. Sie hatte eine kleine Feier im Familienkreis erwartet, nicht ein solches Riesenfest!
„Das kostet eine ganz schöne Stange!" konnte sie sich Bill gegenüber nicht verbeißen. Hatte die zukünftige Schwiegertochter so ein Event verlangt? Beim letzten Besuch hatte die Kleine ja vor allem Marc ganz schön um den Finger gewickelt, sie selbst war auch relativ angetan von ihr gewesen. Aber wieder zu Hause waren die Bedenken zurückgekommen. Das Mädchen war zwar aufgeweckt und schlagfertig, aber sie schien mittellos zu sein.

So ganz konnte sie das Gefühl dann doch nicht loswerden, das Olivia sich einen Goldesel hatte schnappen wollen.
Bill sah seine Mutter nach ihrer spitzen Bemerkung verständnislos an. Wollte sie schon wieder andeuten, dass Olivia auf sein Geld aus war?

„Sicher! Ja! Das kostet alles eine Stange!" Er sah seine Mutter ernst an. „Und es ist ein sehr großzügiges Verlobungsgeschenk von Alex. Aber er hat jede Beteiligung von meiner Seite vehement abgelehnt. Verlobung und Hochzeit seien Sache des Brautvaters, hat er gesagt. Und er sei eben der Vertreter seines verstorbenen Dad's!"

Astrid lachte auf. Marc wusste nicht, was sie heute ritt! Sie musste sich doch erinnern, wie sehr sie unter den Angriffen seiner Eltern gelitten hatte!
„Verdient ein Maschinenbauer so viel Geld?" fragte sie schnippisch.
Marc drückte ihren Arm. „Stop, Baby!" hieß das.
Aber sie war voll in Fahrt! Vielleicht spielte auch der Alkohol ein wenig mit.

Bill lächelte sie etwas mitleidig an. Seine Mum! Sie hatte sich den englischen Snobismus ganz schön angeeignet! Dabei hatte sie selbst gar nichts zum Familienvermögen beigetragen. Alles war vererbt von der Seite seines Vaters - und von ihm sehr geschickt vermehrt worden.

Aber das konnte er ihr natürlich ebenso wenig erklären wie sein Vater.
Er reichte ihr die Hand. „Komm mal mit!" bat er.
Er führte sie vors Zelt. „Siehst du das Riesenwerk da drüben? Das ist die Holbein-AG. Sie beschäftigen zehntausende von Angestellten, übrigens auch in England, aber in keinem Niedriglohnland. Dr. Alexander Borchert ist leitender Direktor der Entwicklung, Inhaber unzähliger Patente, Leistungsträger des Unternehmen und zukünftiger CEO. Das Grundstück, auf dem das Zelt steht, hat der jetzige Besitzer ihm überschrieben. Hier werden Lena und er ein Haus bauen. Noch Fragen?"

Astrid senkte beschämt die Augen.
„Und weißt du was, Mama? Wenn er ein total armer Schlucker wäre, er wäre trotzdem ein unglaublich wertvoller Mensch und mein bester Freund! Okay?" musste Bill noch loswerden.

Ziemlich kleinlaut setzte sich Astrid wieder neben ihren Mann. Sie sah ihn vorsichtig an. „Ich mache mir doch nur Sorgen!" verteidigte sie sich gegen Marcs vorwurfsvollen Blicke. „Und ich schieße eben dabei manchmal über das Ziel hinaus!"

„Aber du solltest dich auch manchmal an unsere Anfangszeit erinnern, als meine Eltern dich so bekämpft haben!" erinnerte er sie.
„Ich weiß!" gestand sie kleinlaut.

Livy hatte ihren geliebten Verlobten gesucht, sah ihn in ein ernstes Gespräch mit seiner Mutter vertieft. Dann ging er mit ihr hinaus, schien ihr irgendetwas zu zeigen. Das Werk, in dem ihr verehrter Bruder arbeitete?

Es freute sie, dass die Schwiegermutter in spe sich für die Firma interessierte, in der schon ihr Vater gearbeitet hatte.
Sie kam strahlend an den Tisch, umarmte Bill stürmisch, lachte Astrid und Marc zu.
„Ist eine tolle Firma, die Holbein-AG, oder? Mein Dad hat sie praktisch mit Max, dem Besitzer aufgebaut. Und Alex wird sein Lebenswerk fortsetzen! Ich bin megastolz auf ihn! Er ist ein Voll-Crack! Wenn es euch interessiert, kann er euch sicher mal rumführen!" schlug sie vor.
Marc, der sich sehr für Technik interessierte, stimmte begeistert zu.


Olivia tanzte den letzten Tanz des Abends mit ihrem Bruder.
„War doch nicht schlecht, dass du damals mit zu der Uni-Fete gekommen bist, oder?" zog sie ihn etwas beschwipst auf.

Er wirbelte mit ihr im Kreis herum. „Nein! Schlecht war das nicht!" erklärte er grinsend. „Diese Fete war für uns beide nicht schlecht!"
„Meinst du, ihr hättet euch sonst irgendwo anders getroffen, du und Lena?" Olivia war in sehr sentimentaler Stimmung.

Alex sah sie offen an. „Diese Frage habe ich mir auch schon oft gestellt! Was wäre geschehen, wenn ich dich nicht begleitet hätte?"
Er hatte die Wahrheit gesagt. Immer wieder hatten diese Gedanken ihn gequält!
Wenn er seiner geliebten Schwester diesen Gefallen nicht getan hätte, würde er wohl heute mit Evi in einer lieblosen Beziehung stecken wegen des Kindes.

„Da hatte sicher Papa die Finger im Spiel!" war Olivia sicher.
„Ja! Muss wohl so sein!" stimmte Alex zu.
Sie sah ihn ernst an, trotz des schwungvollen Tanzes, den sie beide hinlegten. „Er wäre verdammt stolz auf dich!"

„Auf dich auch, Schwesterherz! Er wäre zufrieden mit seinen Kindern!" Die Tränen nahmen ihm wieder einmal beinahe die Stimme. Es war so verdammt ungerecht, dass sein großartiger Vater so jung hatte sterben müssen!

„Er ist immer bei uns!" flüsterte Livy. „Ich fühle es genau!"
„Ich auch!" antwortete er und brachte sie zu ihrem Verlobten zurück.
Dann fiel Olivia das Versprechen an ihre Schwiegereltern wieder ein.
Sie sah ihn mit dem gewissen Blick an, von dem sie wusste, dass er ihr nicht widerstehen konnte.
„Alex?"

„O je! Was kommt jetzt?" zog er sie auf. „Ich sage wohl gleich ja!"
„Meinst du, du könntest die Grahams mal in deiner Firma rumführen? Ich habe das Gefühl, Madame sieht etwas auf uns herab! Hält mich noch immer für eine Goldgräberin!"
Alex erschrak ein wenig. Auf ihn hatte Bills Mutter einen sehr liebenswürdigen Eindruck gemacht!

Aber das ging ja gar nicht!
Herabsehen auf seine geliebte Schwester? „Okay, Kleine! Dann werden wir in den nächsten Tagen mal eine Supershow abziehen, nicht wahr?"
Sie umarmte ihn stürmisch. „Du bist der beste Bruder aller Zeiten!" jubelte sie.
„Ist ja nicht schwer! Ich bin ja dein einziger!" entgegnete er trocken.

Er brachte sie zu Bills Eltern zurück, ein leicht arroganter Zug umspielte seine Lippen. „Livy meinte, sie würden sich für die Firma interessieren, in der ich arbeite?
Marc stimmte sofort zu.
„Dann kommen Sie doch übermorgen gegen zehn vorbei! Ich schicke Ihnen einen Wagen!" erklärte Alex sehr selbstbewusst.

Während die Band ihr Equipment abbaute, nutzte Bill, der Olivia im Arm hielt, die Chance, sich an die Gäste zu wenden.
„Liebe Freunde! Ich bitte kurz um eure Aufmerksamkeit. Wir, meine angebetete Verlobte und ich, haben euch gebeten, keine Geschenke zu kaufen, weil wir alles haben, was wir brauchen – nämlich uns!"

Lauter Applaus ertönte. Er hob die Hand, um um Ruhe zu bitten. „Wir haben aber auch in den Einladungsschreiben erklärt, dass wir anonymisierte Spenden für einen guten Zweck gerne annehmen. Deshalb auch das große Sparschwein da vorne, auf dem die süße Alessia unbedingt reiten wollte!" Lacher unterbrachen ihn wieder. Das Mädchen hatte heute seinen großen Auftritt gehabt!

Bill wartete geduldig, bis wieder Ruhe eingekehrt war. „Dieser gute Zweck ist nicht irgendeine Hilfsorganisation, es ist die Stiftung, die Olivias Bruder Dr. Alexander Borchert und seine Frau, die unvergleichliche Lena, gegründet haben." Wieder ertönte lautes zustimmendes Johlen. „Die Stiftung CC – das steht für Childs Care – unterstützt die offiziellen Stellen beim Kampf gegen die Monster, die Kinder missbrauchen, davon Bildmaterial erstellen und vertreiben."

Atemloses Schweigen breitete sich aus. „Wir beide wissen, dass das eigentlich kein Thema für eine Verlobungsparty ist, sind aber der Meinung, dass es immer und überall ein Thema sein sollte. Deshalb wären wir euch dankbar, wenn ihr die Arbeit von CC weiterhin unterstützen würdet, wenn ihr allen Menschen, die ihr trefft, davon erzählen würdet, wenn ihr uns vier ununterbrochen unterstützen würdet.
Denn so ununterbrochen, wie Kinder misshandelt werden, so ununterbrochen müssen wir dagegen vorgehen! Die Kämpfer dagegen müssen mehr werden als die Konsumenten dieses Drecks! Wir danken euch!"

Verhaltener Applaus kam auf, wurde stärker, brandete hoch.
Olivia hing die ganze Zeit an den Lippen Bills. Ihr süßer Verlobter, der etwas schüchterne English-Boy, war ja der Hammer!

Astrid wischte sich ein paar Tränen aus den Augen, Marc hatte bei der Rede seines Sohnes die Luft angehalten. Der Junge war erwachsen geworden - und er platzte beinahe vor Vaterstolz. Er sah seine Frau liebevoll an, die ihm diesen Sohn geschenkt hatte.

Mehr konnte ein Mann vom Leben nicht erwarten! Er zückte sein Scheckbuch und trug einen sechsstelligen Betrag ein. Wortlos hielt er das Formular Astrid hin, die es zu dem Sparschwein brachte.
 Astrid schämte sich wieder einmal wegen ihres Snobismus.
Ihr Augenstern hatte wohl nicht so ganz falsch gewählt.
Man würde sehen!


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