Kapitel 4
Lena
Lena stand lachend bei einer Gruppe von Freunden.
Sie erzählten sich vom vergangenen Semester, viele lustige Anekdoten konnte auch sie beisteuern.
Sie trank nur Wasser, musste ja mit dem Auto nach Hause fahren, später, viel später.
Die Augen eines hübschen jungen Mannes, der schon ein paar Jahre älter als sie zu sein schien, klebten an ihr.
Sie flirtete ihn offen an, ihre Blicke versanken in seinen, ihre Zungenspitze strich immer wieder über ihre Lippen.
„Ich geh ein wenig tanzen!" sagte sie schließlich leise und machte sich auf, hoffte, dass er ihr folgen würde.
Sie drehte sich vollkommen versunken, wusste, dass sie sich gut bewegen konnte. Sie hatte viele Jahre eine Ballettschule besucht, später dann Jazz-Dance gemacht. Da fühlte sie seine Hände auf ihren Schultern, er zog ihren Rücken an seine Brust, bewegte sich synchron im Rhythmus mir ihr.
Das fühlte sich gut an, heizte ihr ordentlich ein.
Er zog sie näher, küsste ihre Schultern, streifte einen Träger ihres Kleides ab, fand den Ausschnitt unter ihren Haaren, ließ seine Hände wandern.
Das ging zwar etwas sehr schnell, aber seine Berührungen taten gut. An solche Zärtlichkeiten war sie gar nicht mehr gewohnt!
Alex
Die Kleine, Mischa, sprach nicht viel.
Sie hing an seinen Lippen, antwortete nur leise und piepsend.
Sie himmelte ihn offensichtlich an.
O Gott, wie kam er jetzt da wieder raus?
Er beschloss, noch mal mit ihr zu tanzen.
Vielleicht konnte er sich dann da vom Acker machen.
Mit hochroten Ohren folgte sie ihm.
Es war eine schnelle Nummer, er versuchte, von ihr weg zu tanzen, doch sie folgte ihm eisern.
Dann sah er sie!
Die junge Frau, die ihm im Bus zugelächelt hatte, was seinen Freund sehr beeindruckt hatte.
Ein Kerl tanzte mehr als nah mit ihr, seine Hände waren ganz schön unterwegs auf ihrem Körper, sie hatte die Augen geschlossen, schien zu genießen, was er mit ihr anstellte.
Eifersucht schoss in ihm hoch, nahm ihm fast den Atem.
War das der Mann, wegen dem sie so gestrahlt hatte an der Bushaltestelle?
War sie da gerade aus seinem Bett gekommen?
Lena
Lena gefiel, was sie fühlte.
Erregung, Begehren, Macht, einen gutaussehenden Mann zur erregen.
Aus irgendeinem Grund öffnete sie die Augen – und sah genau in die knallgrünen eines Gesichtes, das sie zu kennen glaubte.
War das nicht der Typ aus dem Bus?
Warum sah der sie so böse an?
Missbilligte er, was sie und der Junge auf der Tanzfläche machten?
Dann sollte er doch auf eine Ü30-Party gehen!
Außerdem hatte er selbst ein Mädchen neben sich, das an ihm klebte!
Was wollte er denn mit Mischa?
Die brachte doch keinen Satz raus, ohne rot zu werden!
Wo hatte er denn die aufgegabelt?
Was machte er überhaupt hier?
Natürlich, er sah fantastisch aus!
Wo wohl sein Frauchen war?
Er sah schon heiß aus, bewegte sich gut!
Diese Augen! Sie lagen noch immer auf ihr!
Ob er Kinder hatte?
Sie merkte, wie wirr ihre Gedanken waren, dass sie wie Puzzleteile durch ihren Kopf tanzten.
Alex und Lena
Er bemerkte ihre Blicke, löste sich von der stummen Kleinen, schob sich durch die Menge zu der Schönheit, nahm sie aus den Armen des anderen, zog sie ein Stück weg, legte die Arme um ihre Taille.
„Hallo Fremder! Hat der Bus dich freigegeben?" fragte sie.
Aha! Sie sprach! Und sie erinnerte sich an ihn!
„Nicht wirklich! Ich fahre seit Dienstag immer wieder die Strecke, in der Hoffnung, dich wiederzusehen!" antwortete er lächelnd.
Aha! Schlagfertig! Das mochte sie!
„So ein Pech! Mein Auto war nur an dem Tag kaputt!" erklärte sie lachend.
„Meins auch!" Er konnte einen Lachanfall kaum unterdrücken.
„Das erfindest du jetzt!"
„Nein, ich kann dir die Rechnung zeigen!" versicherte er.
„Du hast die Rechnung dabei, falls du mir etwas beweisen musst?" wunderte sie sich.
„Klar! Man muss mit allen Eventualitäten rechnen!" Er spielte seine Rolle sehr überzeugend.
Er hielt sie fest in seinen Armen, als würde er sie nie wieder loslassen.
Immer wieder wollte man sie ihm wegnehmen, doch gegen alle Regeln ließ er es nicht zu.
Mischa stand etwas verloren herum, hatte feuchte Augen, doch es war ihm egal.
Er lieferte sich mit dem schönen Mädchen einen Schlagabtausch mit Worten, und beide genossen jede Minute.
„Verrätst du mir deinen Namen?" bat er lange Zeit später.
„Lena!" antwortete sie lächelnd.
„Alex!" stieß er hervor, und wie ferngesteuert bewegten sich seine Lippen zu ihren hinunter, streiften sanft über ihren Mund, und sie presste sich an ihn.
Lena! Er hatte einen wunderschönen Namen zu einem wunderschönen Mädchen.
Natürlich vibrierte in diesem Moment sein Handy.
Er löste sich unwillig von etwas, das beinahe ein Kuss gewesen war.
Eine Nachricht von Olivia. Sie bat ihn, in den Eingangsbereich zu kommen.
Er legte den Arm um Lenas Schultern. „Meine Schwester! Komm bitte schnell mit!"
Um nichts in der Welt hätte er sie jetzt losgelassen, allein gelassen!
Eher hätte er Livy versetzt oder sie zur Tanzfläche gebeten!
Olivia fielen beinahe die Augen aus dem Kopf!
Alex, ihr wunderbarer Bruder, hatte Lena im Arm!
Ihr Plan war aufgegangen, ohne dass sie etwas hatte unternehmen müssen!
War ja auch klar, dass ihm das schöne Mädchen aufgefallen war!
Sie hatte vor lauter Bill-Anbaggern gar nicht mehr an ihre Mission gedacht!
Aber auch dabei war sie erfolgreich gewesen.
„Hey!" Sie schlug sich mit der Kommilitonin ab.
Lena grinste sie an. „Das ist dein Bruder?" Sie musste lachen.
Was hatte sie für Vorstellungen von dem Typen gehabt!
Olivia bemerkte zufrieden die Blicke, die Lena Alex zuwarf, die er nicht minder interessiert erwiderte.
„Ich gehe mit Bill woanders hin! Du musst dir keine Sorgen machen!" erklärte Olivia ihrem Bruder.
„So, so! Woanders!" meinte der süffisant.
Dann sah er den jungen Mann an, der einen guten Eindruck auf ihn machte. „Benimm dich, Junge! Sonst krieg ich raus, wo du wohnst, wo deine Familie wohnt!" drohte er halbernst.
Bill küsste Olivia auf den Scheitel. „Bleib cool, Alter! Ich lauf ihr schon so lange hinterher! Ich versau mir das sicher nicht!"
Livy sah ihn überrascht an. Er ihr? Das hatte sie gar nicht bemerkt gehabt!
Alex grinste. Gut, die Sprache der Kids hatte sich ein wenig verändert, aber die Vorgehensweise nicht!
„Warum hast du so gelacht, als du erfahren hast, dass ich Livys Bruder bin?" fragte er Lena, als die beiden anderen weg waren.
Sie lächelte ihn so süß an, dass seine Jeans noch etwas enger wurde.
„Sie hat mir erzählt, dass du kommst, und ich hatte so meine Vorstellungen von einem Mann, der mit seiner kleinen Schwester ausgeht!" antwortete sie.
Er zog ihr Gesicht wieder näher zu seinem. „Und diese Vorstellungen haben sich als falsch herausgestellt?"
„Falscher bin ich noch nie gelegen!" gab sie zu und genoss den ersten Kuss ihres Lebens, der diese Bezeichnung verdiente.
Kein nasses Ertränken ihrer Zunge, keine harte Lippenfolter, sondern sanftes, erregendes Streicheln, spielerischer Tanz der Zungen, zärtliches Knabbern an den Mundwinkeln, unendlich, immer wieder begann er von vorne dieses sinnliche Spiel.
Seine Hände lagen bewegungslos auf ihren Schultern, er konzentrierte sich vollkommen auf diesen Kuss.
Danach hielt er sie einfach im Arm. Sie sprachen nicht, sie bewegten sich nicht, sie berührten sich nicht auf fordernde Weise.
„Tanzen wir noch ein bisschen?" fragte er schließlich leise.
„Ja!" flüsterte sie.
Noch nie hatte ein Mann sie mit so wenig so sehr erregt.
Auf dem Weg zur Tanzfläche versuchten sie, die elektrischen Spannungen zwischen ihnen in Griff zu bekommen.
Alex wollte sie nicht abschleppen, er wollte sie kennenlernen, wiedersehen, umwerben!
Lena wollte keinen One-Night-Stand, aber sie fürchtete, mehr würde für sie nicht bleiben.
Als sie sich wieder zu einem langsamen Song bewegten, sah sie ihm lächelnd in die Augen.
„Machst du mich eigentlich an?" fragte sie.
Alex lachte leise. „Ich hoffe es!"
Lena hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Was für einen Blödsinn quatschte sie denn!
„Ich meine, baggerst du mich an?" verbesserte sie sich.
„Aber so was von!" gestand er ein und zog sie ein wenig näher an sich.
Sie lächelte. „Und was erhoffst du dir davon?" Sie wusste auch nicht, woher sie den Mut für diese Worte hatte.
Er grinste frech. „Eine intensive Knutschrunde nebenan vielleicht?"
„Nur eine Knutschrunde?" sicherte sie sich ab.
„Ich schwöre!" Er hob zwei Finger wie zu einem Schwur.
Blitzschnell griff sie nach seiner zweiten Hand hinter seinem Rücken, mit der er die Finger gekreuzt hatte.
„Ah! Dachte ich es doch! Weißt du, dass auf Meineid bis zu zwei Jahre Gefängnis stehen?" sagte sie so ernst, als stünden sie schon vor Gericht.
„Das wär's mir durchaus wert!" flüsterte er in ihr Ohr, kam ihr mit seinen Lippen sehr nah dabei.
Ein Zittern der Erregung lief durch ihren Körper.
Ja! Sie würde heute mit diesem Mann schlafen! Sie musste ihn haben! Ganz egal, was morgen war!
„Du willst mich?" fragte sie noch einmal nach.
„Ja! Mehr als alles andere auf der Welt will ich dich, Lena! Seit diesem Lächeln im Bus will ich dich! Aber ich hatte nicht zu hoffen gewagt, dich wieder zu sehen!" Er war für absolute Ehrlichkeit. „Ich will dich, aber es muss nicht heute sein! Wir haben Zeit, ich werde dich kennenlernen, dich erobern, dich verführen!" Seine Stimme war fast komplett weg.
Lena wusste nicht mehr, ob das alles wirklich geschah – oder ob alles nur ein Tagtraum war.
Ein Mann, ein unglaublich toller Mann sprach das aus, was jede Frau hören wollte!
Sie lag in seinen Armen, wiegte sich zur Musik, atmete seinen unglaublichen Duft ein, spürte seinen Körper mit jeder Faser des ihren.
Das hatte sie noch nie erlebt, diese Lust, die in ihr tobte, dieses Verlangen danach, ihn zu spüren, ihn ganz und gar zu spüren, sich ihm auszuliefern und ihn dafür zu bekommen!
„Ich will dich auch!" stieß sie hervor. „Aber ich will dich heute Nacht!"
Alex brannten fast die Sicherungen durch.
Er hatte sie bisher kaum berührt, hatte seine Hände bei sich behalten, um nicht komplett den Kopf zu verlieren.
Aber nun konnte er nicht mehr.
Er hatte das Gefühl, tausend Hände zu haben, die ihre Haut spüren wollten, die ihren wunderschönen Körper erforschen wollten, die ihr wunderhübsches Gesicht streicheln wollten, die in ihrer blonden Mähne wühlen wollten!
„Lass uns fahren! Komm mit zu mir!" flehte er.
Kurz schoss ihm ein Warnhinweis durchden Kopf.
Zu ihm?
In die Wohnung, in der er mit Evi lebte?
Ihre Sachen waren überall!
Konnte er das Lena antun?
Er musste mit ihr sprechen!
Sie taumelten mehr als sie gingen durch die endlosen Etagen der Tiefgarage.
Sie hielten immer wieder an, um sich zu berühren.
Er trug den Kampf seines Lebens aus, als er sich verbot, sie an einer der Säulen auf seine Hüften zu setzen und sie zu nehmen.
Noch nie hatte er eine Frau so begehrt, noch nie hatte er so gebrannt!
In ihrem Auto versuchte er, das Thema Evi anzusprechen.
Er atmete tief durch, hielt ihre Hand fest, die den Zündschlüssel herumdrehen wollte.
„Ich... ich muss dir etwas sagen!" begann er stockend.
Lena ahnte, dass er ihr von einer Frau in seinem Leben erzählen wollte, aber sie wollte das nicht hören! Nicht um alles in der Welt wollte sie das hören!
„Nein!" sagte sie sehr bestimmt.
Und er verstand.
Nein!
Diese Nacht gehörte ihnen.
Evi würde diese Magie nicht zerstören.
Morgen würde er sich von seiner Noch-Freundin trennen und um dieses Wunderwesen neben sich werben.
Seine Ex-Freundin war nicht wichtig, hatte keine Macht über sie beide.
Irgendwie schaffte es Lena, durch die Stadt zu fahren, ohne einen Crash zu bauen.
Sie parkte vor einem Neubau im Nobelviertel der Stadt, sie fuhren mit dem Aufzug zur Penthouse-Wohnung, er warf die Türe ins Schloss.
Dann endlich konnte er seine tausend Hände freilassen, konnte er sie in Besitz nehmen.
Irgendwie schafften sie es, einigermaßen bei Sinnen, das Schlafzimmer zu erreichen.
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