Kapitel 29
Die nächsten Tage verbrachte Lena hauptsächlich mit der Planung der Party. Jeden Tag erwartete sie eigentlich, dass er von seinem Geburtstag sprach. Aber nichts deutete darauf hin.
Sie hatte lange gegrübelt, was sie ihm schenken könnte. Einem Mann, der alles hatte, und was er nicht hatte, konnte er sich kaufen. Dann hatte sie die rettende Idee. Sie würde ihm ein Fotobuch machen mit Aufnahmen von Kroatien. Mit der neuen EDV-Anlage ging die Arbeit rasch von der Hand, zeitlich würde sie es auch noch schaffen.
Alex dachte sehr wohl an seinen Geburtstag, aber er war ihm gar nicht so wichtig! Wichtig waren ihm nur Lena und die wundervollen Stunden mit ihr.
Vielleicht konnten sie zum Essen gehen, dann würde er irgendwann einfließen lassen, dass er nun 30 wäre. Das war genug.
Aber er musste sie danach mal fragen, wann sie denn Geburtstag hatte. Er hoffte, es hatte nicht schon einer stattgefunden!
Am Freitag kam er leider erst gegen sieben aus dem Werk. Dummerweise hatte Max einen Umtrunk für ihn veranstaltet, hatte sich gewundert, dass Lena nicht dabei sein konnte. Als Alex erzählte, dass sie gar nichts von seinem Ehrentag wusste, verkürzte sein Chef die Feier natürlich.
Lena kam es nicht einmal ungelegen, dass er später kam als geplant. So war alles vorbereitet, die Gäste waren schon da, als er die Wohnungstüre aufschloss.
Er freute sich auf seine Süße, auf einen schönen Abend zu zweit und natürlich auch darauf, das schönste Geburtstagsgeschenk aller Zeiten auszupacken.
Sie kam ihm wie jeden Abend entgegengeflogen, ließ sich erst einmal leidenschaftlich küssen.
Sie sah besonders süß aus, trug ein Kleid, das er noch nie an ihr gesehen hatte, duftete wie die Sünde.
Planänderung! versprach er seinem Freund. Erst auspacken, dann Essen gehen!
Er versuchte, sie ins Schlafzimmer zu dirigieren, doch zum ersten Mal sperrte sie sich, zog ihn ins Wohnzimmer.
Alle Anwesenden waren mucksmäuschen still gewesen, sprangen ihm aber jetzt lachend entgegen.
Alex erstarrte, sah Lena grinsend an. So ein Luder! Sie hatte es die ganze Zeit gewusst!
Er begrüßte seine Mutter, seine Schwester und Bill, Steffen und Kristin, die fünf Trucker - zwei mit überraschend hübschen Frauen. Als dann auch noch Slavko und Annegret aus dem Nachbarraum kamen, wurden seine Augen feucht, und er ließ sich auf einen Sessel fallen, zog sein strahlendes Mädchen auf seinen Schoß.
„Dankeschön!" flüsterte er. „Eine Überraschungsparty! Daran hätte ich im Traum nicht gedacht!" Überwältigt blieb er eine ganze Weile sitzen, sein Gesicht in ihren Haaren vergraben.
Die anderen ließen ihm Zeit, bis er seine Fassung wieder gefunden hatte.
Dann fiel er jedem Einzelnen noch einmal um den Hals, nahm Glückwünsche und Geschenke entgegen. Immer wieder schüttelte er den Kopf. So eine Geheimniskrämerin! Da musste er sich ja direkt in acht nehmen. Seine Lena mit dem Pokerface!
Um acht Uhr klingelte es. Der Italiener lieferte das Essen.
Pizza, Nudelgerichte, Fleisch und Fisch, Vor- und Nachspeisen.
Seine Süße hatte ordentlich zugeschlagen! Eine Sekunde war er versucht, sie zu fragen, woher sie das Geld für all das hatte, ob er das übernehmen dürfte, aber schnell biss er sich auf die Zunge.
Das wäre wirklich daneben gewesen!
Dann stürzten sich alle aufs Büffet, Alex öffnete ein paar Weinflaschen, wer ein Bier wollte, konnte sich am Kühlschrank bedienen.
„Und jetzt sagst du mir ganz schnell, wann du Geburtstag hast, Engelchen!" bat er und holte sein Handy, um den Termin abzuspeichern.
Sie lächelte und sagte: „Am 24. Dezember!"
Einige Gläser wurden abrupt auf der Tischplatte abgestellt, ein vielstimmiges „Was?" ertönte.
Lena zuckte mit den Schultern. „Es ist so! Wirklich!"
Alex sah sie an. „Jetzt habe ich immer geglaubt, ich habe mir ein Engelchen eingefangen! Dabei ist es ein richtiges Christkind!"
Alle lachten.
Aber Lena konnte daran nichts Lustiges finden. Sie hatte als Kind immer darunter gelitten, an Weihnachten Geburtstag zu haben, das heißt, eigentlich nie Geburtstag gehabt zu haben, bis zu ihrem 18.!
„Meiner Mutter war es ganz recht so. Dann konnte dieser Tag nämlich ausfallen, weil die Geburt des Messias natürlich wichtiger war als meine!" Die Gäste hörten die Bitterkeit in ihrer Stimme.
Alex' Herz drehte sich um. Sie hatte immer wieder Andeutungen gemacht, wie unwillkommen sie gewesen war, aber das was sie da gesagt hatte, war schon hart!
Sie wischte mit einer Handbewegung die etwas gedrückte Stimmung weg. „Vergesst es! Heute ist mein Schatz die Hauptperson!"
Sie überreichte ihm sein Geschenk. Die Freude in seinen Augen ließ sie den eigenen Schmerz vollkommen vergessen.
Die Gäste sahen ihm über die Schulter, sahen sich die Fotos mit an, lasen die lustigen Worte.
Kurz, bevor er durch war, klappte Lena das Buch zu. „Nicht jugendfrei!" sagte sie nur. Das letzte Bild war als Gag für ihn gedacht gewesen, sie hatte nicht überrissen, dass alle zusehen würden.
Er brachte das Buch schnell ins Schlafzimmer, damit nicht doch noch jemand kiebitzen konnte.
Aber sehen musste er doch, was ihre Andeutung ihm versprochen hatte.
Er hätte es besser nicht getan, sein Freund meldete sich sehr aufrecht!
Lena stand im Türrahmen, beobachtete ihn lächelnd.
„Und jetzt?" fragte er und sah sie mit diesem schelmischen Lächeln an, dass sie so an ihm liebte.
Sie erwiderte sein Lächeln, schloss die Türe hinter sich, drehte den Schlüssel leise um.
Aufreizend langsam ging sie auf ihn zu. „Und jetzt?" wiederholte sie seine Frage. „Jetzt muss ich dir wohl etwas helfen!"
Sie öffnete mit geschickten Finger Knopf und Reißverschluss, stupste ihn an, dass er aufs Bett zurückfiel und verschaffte ihm Erleichterung. Aufstöhnend zog er sie an sich und küsste sie leidenschaftlich, das Christkind, das manchmal eindeutig ein Teufel sein konnte! Zum Glück war das Badezimmer durch eine Türe mit dem Schlafzimmer verbunden.
Als wäre nichts geschehen, gingen sie zu den Gästen zurück. Die anzüglichen Blicke von denen, die ihr Fehlen bemerkt hatten, übersah er einfach.
Er hatte schließlich Geburtstag, da konnte er sich doch beschenken lassen!
Später spielte Chris auf der Gitarre, die er mitgebracht hatte ein paar Country Songs, danach Lagerfeuerlieder, die alle mitsingen konnten.
Sie unterhielten sich angeregt, erfuhren, dass Chris Lehrer gewesen war, dass er aber von heute auf morgen den sicheren Job als Beamter an den Nagel gehängt und seinen LKW-Führerschein gemacht hatte. Seine Frau arbeitete noch an einer Schule in der Stadt, sie waren verliebt wie am ersten Tag.
Mike kam aus Sachsen-Anhalt, hatte sich als junger Mann in eine Anhalterin verliebt, die er so lange umworben hatte, bis sie ihn geheiratet hatte. Der wild aussehende, tätowierte und gepiercte Kerl hatte zwei Töchter und war ein lammfrommer Familienvater. Seine Frau hatte ein Tattoo Studio in der Innenstadt.
Nick war geschieden, trauerte seiner Frau aber immer noch nach.
Pit war eher den Männern zugetan, und der gut aussehende TomTom schlief sich durch alle Betten auf den Strecken, die er so abfuhr.
Aber alle fünf waren intelligente, herzensgute Typen.
Steffen berichtete, wie es mit ihm und Kristin weitergegangen war. Nach dem ersten Date hatten sie sich noch ein paar Mal getroffen, bis er sie schließlich in seine Wohnung abschleppen konnte. Der Alkohol löste die Zunge des jungen Arztes, Kristin sah ihn nur verliebt an.
Olivia schwärmte von dem Häuschen in Kroatien, von Mirkos Essen und Slavkos Sliwowitz.
Bill hielt sein Mädchen in den Armen, dachte an heißen Sex am Strand, auf der Veranda und im kuscheligen Schlafzimmer.
Aber er war Gentleman und schwieg.
„Ist das mit der Wohnung für euch okay?" fragte Lena.
„Natürlich! Wichtig ist doch, wer mit einem darin lebt!" antwortete Bill, bekam ein strahlendes Lächeln von Olivia dafür.
Steffen sah immer wieder Sabine an, dachte an seinen Vater, der nie so richtig verwunden hatte, dass seine Frau ihn nach 25 Ehejahren von heute auf morgen verlassen hatte, weil sie das Leben noch einmal genießen wollte.
Steffen hatte ihren Entschluss auch nicht verstanden. Sein Vater war ein aufmerksamer, liebevoller Ehemann gewesen, der sich immer Zeit für seine Frau und seine Kinder genommen hatte, trotz der erfolgreichen Praxis, die ihm gehörte.
Er hatte mittlerweile keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter. Sie war total ausgeflippt, lebte nicht mehr in seiner Welt. Seine Schwester war wohl auch wegen ihr in die Drogensucht abgerutscht. Sie war gerade 17 gewesen, hätte eine Mutter sicher noch dringend gebraucht.
Wenn er Alex' Mutter so beobachtete, bekam er gute Lust, ein wenig zu kuppeln.
Er musste das mal mit Kristin besprechen. Als Frau hatte sie vielleicht eine Idee. Er liebte dieses pragmatische Mädchen, als das sie sich erwiesen hatte, von ganzem Herzen!
So hatte er für Sarah nie empfunden, nicht annähernd.
Er war Lena zutiefst dankbar, dass sie ihn angestupst hatte!
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