The Dark
Zula Webster
Manche Menschen sah man an und sah nur das Schlechte in ihnen. Das Schlechte überwog. Man dachte nicht mehr an die glücklichen Erinnerungen, die so weit entfernt wie aus einem anderen Leben schienen.
Diese Achterbahnfahrt machte ich jedes Mal durch, wenn ich meinen Dad ansah. Ich hasste ihn, doch zugleich war er auch mein Dad. Dieser Konflikt trieb mich in den Wahnsinn.
Und das alles nur wegen ihr...
Mein Bruder Donte und Mom wussten nichts davon. Es machte mich wahnsinnig, dass ich die einzige war, die wusste, was Dad getan hatte.
Er hatte unsere Familie zerstört. Und das nur ihretwegen...
„Zula? Hey!" Mom schnipste mit ihren Fingern vor meinem Gesicht.
„Was?", fragte ich perplex.
„Ob du noch Nachschlag willst, habe ich gefragt."
Ich starrte auf den Topf Spaghetti vor mir und schüttelte den Kopf. „Hab keinen Hunger mehr."
„Spaghetti Bolognese ist doch dein Lieblingsessen", bemerkte Dad.
Durch meine Gedanken, an das was du getan hast, ist mir leider der Appetit vergangen, sagte ich stumm in meinem Kopf. Verdammt, ich hielt es in der Nähe dieses Lügners kaum aus.
Ich wollte gerade aufstehen, da forderte Mom mich auf, sitzen zu bleiben. „Du kennst die Regeln, Zula."
Ich verdrehte meine Augen. Mein Bruder Donte wickelte sich noch immer die langen Spaghetti auf seine Gabel. Ich fragte mich, wie viel er auf einmal essen konnte.
„Was ist denn in letzter Zeit mit dir los?", fragte Mom.
Frag doch deinen Ehemann. Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
„Das ist die Pubertät", erklärte Dad mit einer wegwerfenden Handbewegung.
Idiot.
Nach dem Essen lag in meinem Bett und chillte auf TikTok, als es klopfte.
„Hm?", gab ich genervt von mir und sah auf.
Es war Dad.
Ich rollte mit den Augen.
„Wir müssen reden."
„Über was?", fragte ich trotzig und legte mein Handy auf die Bettdecke.
„Du weißt, wovon ich spreche."
„Siehst du, du kannst es nicht einmal laut aussprechen! Feigling!", spieh ich es ihm förmlich ins Gesicht. „Du hast Mom betrogen!"
Er zuckte zusammen und schloss die Türe hinter sich, was mich nur noch wütender machte.
„Du bist ein kriminelles Arschloch!"
„Zula!" Er zog scharf die Luft ein.
„Ich habe jedes Recht dazu, dich so zu nennen! Denn meinen Respekt hast du verloren, als ich dich mit ihr gesehen habe! Mit einer meiner engsten Freunde - Kylie Brown!"
Bei ihrem Namen verkrampfte er sich. Ich kochte nur so vor Wut und Scham.
„Du hast nicht nur Mom hintergangen - nein, obendrauf musste es noch eine Minderjährige sein! Meine Freundin!"
„Ich habe dir doch schon hundert Mal erklärt, dass ich an diesem Abend betrunken war."
„Trotzdem ändert das nichts an der Tatsache! Du hast es getan!" Für Wochen hatte ich ihm nicht in die Augen schauen können. Er hatte dieses Bild von dem Mann, der mich großgezogen hatte und immer mein Held gewesen war, zerstört, als ich ihn mit meiner besten Freundin Kylie Brown, dem beliebtesten Mädchen der Stadt, gesehen hatte. Das hatte sein Bild in meinem Kopf für immer zunichte gemacht. Ich könnte Dad nie wieder so ansehen wie früher. Er hatte das zerstört.
„Es war ein Fehler, den ich auf ewig bereuen werde."
Ich hörte ihm gar nicht mehr zu. Ich war seiner Entschuldigungen müde. Es war immer wieder dasselbe.
„Und außerdem, du hast mir immer noch nicht erzählt, warum du in dem Club warst oder wie du da überhaupt reingekommen bist."
Jetzt kochte mein Wut wortwörtlich über. „Jetzt drehst du den Spieß also um, ja?! Schäm dich! Denkst du wirklich, dass du so leicht davonkommen könntest?! Da hast du dich gewaltig geschnitten!"
„Wir hatten einen Deal, schon vergessen?"
Das tat weh. Dass er nur daran dachte. Ich presste meine Lippen zu einer schmalen Linie und funkelte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Ich musste all meine Beherrschung aufbringen, um ihm nicht ins Gesicht zu schlagen.
Genauso wie ich damals all meine Beherrschung aufbringen musste, als ich Kylie zur Rede gestellt hatte...
Flashback
Die Haushälterin der Browns hatte mir die Türe zur Villa der Browns wie immer mit einem strahlenden Lächeln geöffnet. Doch mir war nicht nach Lächeln zumute gewesen. Nicht heute.
Ohne anzuklopfen, platzte ich in Kylie's Zimmer rein. Normalerweise hätte ich mich das nie getraut, doch jetzt war es mir egal.
„Was bildest du dir ein?", fuhr Kylie mich an und machte einer ihrer Schubladen mit einem lauten Knall zu, so als hätte sie etwas zu verstecken. „Scheiße, hast du mich erschreckt!"
„Wo warst du gestern?", fragte ich prompt. Meine Zunge brannte danach, die schlimmsten Schimpfwörter auszusprechen. Jedes davon würde diesem falschen Mädchen gerecht werden.
„Was soll das?", fragte Kylie genervt.
„Du weißt genau, was ich meine! Gestern Abend im Club!"
Kylie zog eine Augenbraue hoch. „Sag nicht, dass du auch da warst."
„Oh doch, das war ich. So hattest du das wohl nicht geplant, hm?"
„Du weißt doch, dass ich immer nur meinen Spaß haben will", sagte Kylie nüchtern.
„Aber nicht mit meinem Dad!" Mir wurde sofort übel, nachdem ich den Satz ausgesprochen hatte. „Du bist eine dreckige Schlampe! Nein, du bist eine verdammte Hure!"
Kylie stand mir nun direkt gegenüber und warf mir einen hasserfüllten Blick zu, der mich selbst in all meinem Zorn verstummen ließ. Das hatte Kylie schon immer gekonnt. Mit ihrem bloßen Blick Leute zum Schweigen zu bringen, sich nach ihrem Willen zu beugen.
„Er war dein Vater?", fragte sie mit berechnend kalter Stimme.
„Ja, verdammt!" Am liebsten hätte ich sie angespuckt, doch das würde ich niemals wagen. Man wusste nicht, zu was Kylie alles fähig war. Heraufinden wollte ich es jedenfalls nicht.
„Das wusste ich nicht."
„Oh bitte! Das hast du doch sicher alles geplant, so wie du es immer tust, wenn dir langweilig ist! Was habe ich diesmal getan, damit ich das verdient habe? War es, weil Noah mich auf ein Date eingeladen hat, anstatt dich oder weil ich mal dein Outfit überschattet habe? Was Kylie, was war es, dass du es mir so heimzahlen musstest?!"
„Ich schwöre, dass ich es nicht wusste", sagte sie mit kalter Stimme, doch ich hörte keine Reue. „Ich tue das öfter."
„Mit älteren Männern schlafen? Das ist ekelhaft!"
„Glaubst du, dass ich notgeil bin oder mir das Vergnügen bereitet? Ich mache das als Absicherung."
Verwirrt sah ich sie an. Was zur Hölle meinte sie? „Du hast genug Geld."
„Nicht genug für ein Zweitkonto, von dem meine Eltern nichts wissen sollen", sagte sie mit ernster Stimme.
„Und deswegen verkaufst du deinen Körper?"
„Ich tue, was getan werden muss."
„Das ist Bullshit. Geb doch zu, dass du es aus Vergnügen machst und in Wahrheit auf ältere Männer stehst. Ist das sowas wie ein neuer Trend?"
„Ich würde doch gerne wissen, warum du in der Bar warst, Sweetheart", wechselte sie das Thema. Ihre Stimme änderte sich wieder zu der Schlange, die sie schon immer gewesen war.
Ich schluckte und vergaß die Informationen, die sie mir zuvor gebeichtet hatte.
„Dachte ich's mir doch", murmelte Kylie und musterte mich amüsiert. „Unsere kleine Zula schleicht sich nachts heimlich mit einem gefälschten Ausweis raus. Was würden Mommy und Daddy nur dazu sagen?"
„Du miese Schlampe!"
„Na na. Pass auf, sonst platzt dir noch die Ader noch an deiner Stirn."
„Warum bist du nur so?" Tränen stiegen in meine Augen. Ich war erschöpft und es leid. Alles, was mit dieser Schlange zu tun hatte.
„Punkt Nummer eins, ich habe nicht gewusst, dass es dein Dad war. Und Punkt Nummer Zwei geht es dich einen Scheidreck an, was ich meiner Freizeit tue und warum."
„Was würde Star sagen, wenn sie wüsste, dass du eine Hure bist, die ältere Männer abzockt?" Ich wusste ganz genau, dass Star ihre Schwachstelle war.
Kylie zuckte zusammen und zum ersten Mal sah ich Furcht in ihren Augen. Es war ebenfalls das erst Mal, dass ich mich ihr überlegen fühlte. Nun hatte ich die Zügel in der Hand. Und das fühlte sich verdammt gut an.
„Du würdest nicht wagen, es Stardust zu sagen!", fuhr sie mich an.
Je länger ich ihrem Blick standhielt, desto mehr wurde ihr wohl bewusst, wie todernst ich es meinte.
Schließlich grinste Kylie hämisch. „Wenn du es Stardust sagst, erzähle ich deiner Mom wo dein Dad sich vergangene Nacht rumgetrieben hat. Ich habe immer alles auf Video."
„Du würdest meine Familie zerstören!"
Kylie zuckte mit den Schultern. „Es liegt in deiner Hand."
Als ich nichts antwortete, fragte sie: „Also, haben wir einen Deal?"
Ich schluckte und nickte betroffen. „Den haben wir."
Flashback End
Und ich hatte verloren. So wie immer. Gegen Kylie Brown konnte man nicht gewinnnen. Sie hatte in allem was sie tat, die Spielregeln erfunden. Man befand sich immer auf ihrem Spielbrett. Denn diese Stadt und High School war ihr Territorium gewesen.
Seit diesem Tag hatte ich mir oft die Frage festellt, was wäre gewesen wenn Kylie wirklich zu Mom gelaufen wäre und ihr alles erzählt hätte? Natürlich wäre meine Familie dadurch zerstört gewesen. Aber wie sah es jetzt? Unsere Familie war doch schon kaputt und Dad hielt seine Ehe durch eine Lüge aufrecht. Wenn Kylie es Mom gesagt hätte, dann hätte ich es wenigstens nicht tun müssen. Denn dieses hässliche Geheimnis vor Mom zu bewahren, war furchtbar. Dad hatte durch seinen Fehler auch die Beziehung zwischen Mom und mir zerstört. Denn ich log sie an. Jeden Tag. Und Mom schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Nur traute sie sich nicht nachzufragen aus Angst vor meiner Antwort.
Und so blieb ich stumm.
Der Polizei hatte ich nie erzählt, dass Kylie in Clubs gegangen war und sich als Eskorte gegen Geld angeboten hatte. Selbst als Kylie verschwunden war, hatte ich noch Angst vor ihr gehabt. Bestimmt hätte selbst Kylie's Geist einen Weg zurück in die Welt der Lebenden gefunden, wenn ich irgendetwas über sie erzählt hätte.
Doch so langsam fragte ich mich, ob mein Schweigen ein Fehler gewesen war und ob Kylie's heimlicher Job etwas mit ihrem Verschwinden zu tun gehabt hatte. Sie hatte von einem zweiten Konto geredet, das sie verheimlicht hatte, obwohl ihre Familie stinkreich war.
Also wozu hatte sie das Geld gebraucht? Worauf hatte sie sich vorbereitet? Und wusste Dad vielleicht mehr, als er zugab?
Was haltet ihr von der Situation?
Ich wünsche euch noch einen wunderschönen Tag❤
jordyn_reign
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