I Miss You
Stardust Conner
Der Geruch ihres teuren Parfums hing noch immer an den Wänden. Alles lag unberührt da. Kylie war nie eine ordentliche Person gewesen. Der Grund, warum hier alles so sauber war, waren die Putzkräfte der Browns. Manchmal hatte ich miterlebt, wie Kylie die Angestellten angeschrieen hatte, dass sie aufpassen sollen, was sie anfassen. So, als hätte Kylie etwas in ihrem Zimmer versteckt. Kylie hatte schon als kleines Kind geliebt Sachen zu verstecken und ein großes Mysterium daraus zu machen.
Nun lag ihr Zimmer still vor mir. Kylie lag nicht auf ihrem großen Boxspringbett, den Kopf über den Rand hängend. Kopfüber hatte sie mich immer mit ihren AirPods in den Ohren angegrinst, wenn ich zur Türe hereingekommen war.
Ich schloss die Türe hinter mir. Stille umfing mich. Mein Magen schnürte sich zu. Nach all den Monaten wieder hier zu sein, machte mich traurig und nostalgisch.
Es war so viel Zeit vergangen und ich vermisste Kylie immer noch jeden Tag. So sehr. Ich hatte gedacht, dass es mit der Zeit besser werden würde. Dass ich irgendwann akzeptieren würde, dass Kylie nicht mehr da war. Doch ich hatte immer noch das Gefühl, dass ich Kylie brauchte. Ich wollte bei ihr sein, doch sie war weg. Und das für immer. Es gab nichts, das ich dagegen unternehmen konnte und das machte mich wahnsinnig.
Ich versuchte meine Emotionen so gut es ging zu unterdrücken und ging auf die weißen Möbel zu, auf denen viele Bilderrahmen standen. Sie zeigten Kylie, Zula, Londyn und mich lachend am Strandhaus der Browns. Ein anderes zeigte uns posend im Flur der Kingston High. Die anderen waren Selfies mit komischen Snapchatfiltern und wie wir lachend Grimassen schnitten. Ich hatte mir lange keine Bilder mehr von Kylie angesehen, weil ich es nicht ausgehalten hatte. Jetzt erinnerte ich mich an eine Zeit zurück, die wir nie wieder haben würden.
An den Wänden hingen schwarz-weiß Bilder. Ich strich über die roséfarbene Tagesdecke auf ihrem hohen Bett und warf einen Blick auf ihren Nachttisch. Darauf lagen Modezeitschriften, sowie Schmuck in einer aufhaltenden Hand aus Glas. Darin lagen Ohrringe und eine Kette. Ich schnappte nach Luft. Diese Kette hatte Kylie fast nie abgenommen. Vorsichtig nahm ich sie und betrachtete sie. Es war ein rundes Medaillon. Ich fragte mich, warum es hier lag. Es war komisch, das er nicht um Kylie's Hals hing. Dort, wo er hingehörte.
Auf einmal bemerkte ich, dass das Medallion einen Verschluss hatte. Man konnte es also öffnen.
„Star?"
Erschrocken fuhr ich herum. Es waren Zula und Londyn.
„Hey, wir wussten nicht, dass du schon da bist", sagte Zula.
„Ich wollte kurz alleine sein."
Sie nickten verständnisvoll.
„Oh, du hast Kylie's Medallion gefunden?" Londyn's Blick fiel auf meine Hand. „Seltsam, dass es hier ist."
„Fand ich auch", bemerkte ich. „Wusstest ihr, dass es einen Verschluss hat?"
Londyn verdrehte ihre Augen. „Klar. Kylie hat ein riesiges Geheimnis daraus gemacht und meine Neugier zu ihrem Vergnügen ausgenutzt."
Oh, wie sehr das zu Kylie passte. Auf einmal musste ich aufschluchzen. „Glaubt ihr, sie hätte etwas dagegen, wenn ich das Medaillon trage?"
„Nein, sie hätte sogar gewollt, dass du es trägst. Und zwar nur du. Das weiß ich", sagte Zula.
Dankend sah ich sie an und legte mir die Kette um. Das Medaillon lag schwer auf meiner Haut. So fühlte ich mich Kylie näher, auch wenn sich das verrückt anhören musste.
„Sie hat dich immer mehr gemocht als uns", fuhr Zula fort.
Ich drehte mich zu den beiden. Londyn wich meinem Blick aus. „Was meinst du?"
„Sie hat dich am allermeisten gemocht."
„Das ist nicht wahr", wehrte ich ab. „Kylie hat jeden von uns auf ihre eigene Art gemocht."
„Ja, und dich hat sie eben auf diese eine Art gemocht", betonte Zula.
Verwirrt sah ich sie an. Worauf wollte sie hinaus?
„Komm schon, Star", mischte Londyn sich ein. „Jetzt tu doch nicht so. Du weißt ganz genau, wovon wir reden."
Ich schüttelte betroffen den Kopf.
„Kylie hat dich geliebt, Star", sagte sie mir direkt ins Gesicht.
Mein Magen zog sich zusammen und starrte sie fassungslos an. „D-das stimmt nicht. Das habt ihr euch eingebildet. Schließlich waren wir Freunde. Wir standen uns nah, ja. Aber nicht auf diese Weise."
„Die Wahrheit war nicht zu übersehen", meinte Zula. „In deiner Nähe war Kylie immer anders. Ihre Stimme wurde in deiner Nähe sanfter und sie war dir gegenüber immer so beschützerisch. Kylie hätte alles dafür getan, dass du nicht schlecht von ihr denkst und sie ist daran manchmal fast zerbrochen."
Ich erinnerte mich an eine Zeit zurück, wo ich Dinge in Kylie's Nähe gespürt hatte, die man als Freundin nicht fühlen sollte. Damals waren wir 15 gewesen und ich hatte Isaac noch nicht gekannt. Es war ein Abend am Strand gewesen. Wir hatten zu viert gezeltet. Zula und Londyn waren bereits eingeschlafen, aber Kylie und ich waren noch wach gewesen und hatten vor dem Lagerfeuer gesessen, das noch schwach geglüht hatte.
Wir hatten uns die Sterne angeschaut und Kylie hatte gemeint, dass meine Augen genauso wie die Sterne da oben am Himmel aussähen.
In diesem Moment hatte ich mich zu ihr hingezogen gefühlt. Etwas an Kylie hatte mich schon immer fasziniert. Kylie hatte mich auf einmal auf eine Art und Weise angesehen, die ich nicht kannte. Sie hatte ihre Hand ausgestreckt und mir eine Strähne aus dem Gesicht gestrichen. Dann hatte sie sich zu mir vorgebeugt. Ich erinnerte mich noch ganz genau, wie ihre Augen gefunkelt hatten und sie schneller zu atmen begonnen hatte. Wir beide hatten uns wie in einer Art Trance Zustand befunden. Mein Herz hatte noch nie so sehr gerast wie in diesem Moment. Ich hatte ihren heißen Atem auf meinem Gesicht gespürt, doch dann war sie blitzschnell zurückgewichen und hatte gesagt: „Man, bin ich betrunken."
Seitdem hatten wir kein Wort mehr darüber verloren. Kylie hatte so getan, als wäre nichts passiert und so versuchte ich es auch. In dieser Zeit hatte Kylie sich an besonders viele Typen geschmissen, immer mit dem Seitenblick, dass ich sie auch sah.
Schließlich vergaß auch ich schnell, als ich Isaac kennengelernt hatte. Er war mein erster Freund gewesen, mein erster Kuss.
Doch jetzt kam alles wieder hoch. Ich hatte noch nie über meine Sexualität nachgedacht. Ich hatte mich zu Kylie hingezogen gefühlt, aber nie herausgefunden, was ich wirklich empfand. Kylie war zwei Schritte zurückgegangen, als ich einen auf sie zugemacht hatte und so hatte ich es nie erfahren können.
Jetzt zu hören, dass Kylie in mich verliebt gewesen sein soll, war für mich nicht schlüssig. Es verwirrte mich. Doch ich war auch wütend und traurig. Auf einmal schossen tausend Gedanken durch meinen Kopf. Kylie hatte sich durch das gesamte Basketballteam gevögelt, hatte offen auf Partys mit heißen Typen rumgemacht. Nie im Leben hätte sie mich lie - nein. Das konnte nicht sein.
„Ich gehe jetzt", sagte ich mit ausdrucksloser Stimme und schob mich an den beiden vorbei. Ich musste hier raus.
Am nächsten Morgen stürmte Mom hysterisch in mein Zimmer. „Du hast verschlafen, Star! Beeil dich!"
Frustiert stöhnte ich in mein Kissen und beschloss kurzerhand, dass ich heute zu Hause bleiben würde. „Mir geht es nicht gut."
Mom setzte sich auf meine Bettkante und legte ihren Handrücken an meine Stirn.
Bevor sie etwas einwenden konnte, sagte ich: „Mom, du hast mir nie gesagt, ob du Kylie gemocht hast."
Mom verstand und drängte mich nicht weiter aufzustehen. Sie war rücksichtsvoll, wenn es um Kylie ging. „Wie kommst du darauf, Schatz?"
„Mochtest du sie dann?"
Mom stand auf und zog meine Vorhänge auf. „Kylie war so oft hier. Ich habe sie in mein Herz geschlossen, ja. Aber ich war auch immer besorgt um sie."
„Du hast geahnt, dass ihr etwas Schlimmes passieren wird?"
„Geahnt ist vielleicht das falsche Wort, aber sagen wir mal so, ich war ich nicht überrascht. Kylie war in den falschen Kreisen unterwegs, hatte schlechten Einfluss von fremden Leuten und keine Aufmerksamkeit von ihren vielbeschäftigten Eltern bekommen. Außerdem war sie gemein zu anderen Leuten. Kylie hat sie regelrecht fertig gemacht. Und sie war verwöhnt, manchmal auch respektlos und hat sich keinen Deut um die Schule geschert. Manchmal hatte ich Angst, dass sie das auf dich überträgt, aber..." Sie suchte nach den richtigen Worten. „Sie war anders - bei dir."
Sogar Mom sagte es. Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals.
„Mom?"
„Ja, Liebling?"
„Glaubst du, dass man seine Gefühle verstecken oder überspielen kann?"
„Sicher."
Ich nickte gedankenverloren und starrte abwesend auf meine Bettdecke.
„Warum fragst du, Schatz?"
„Nur so", antwortete ich hastig und kuschelte mich wieder in meine Bettdecke.
Ich war dankbar, als Mom nicht nachhakte, als sie aus der Tür ging. Sie hatte noch gefragt, ob ich irgendetwas bräuchte, aber ich hatte dankend abgelehnt. Ich hatte die beste Mom der Welt und war froh, dass sie so verständnisvoll war.
Ich blieb mit meinen Gedanken allein zurück und schlief kurz darauf wieder ein.
Ich träumte von Kylie, ihrem Lachen und ihrer Stimme, die ich niemals vergessen würde. Ich würde Kylie immer wie ein fernes Echo in meinen Träumen hören.
Nur dass es diesmal ein Hilfeschrei war.
Es geht mit "Stardust" weiter! Ich hatte die Geschichte für eine kurze Zeit pausiert, aber jetzt geht es weiter! Ich hoffe, ihr bleibt dran und habt viel Spaß beim Lesen!
Ich freue mich wie immer über Kommentare und Verbesserungsvorschläge!
Bis zum nächsten Kapitel!❤
jordyn_reign
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