14. Königlich

~Auf was lass ich mich nur ein? Ich werde, so wie es aussieht, die Königsfamilie treffen. Juhu.~

May und ich machten uns auf den Weg, den Berg hoch, bis zum Palast. Eigentlich wollte ich nochmal nach Hause, um mich herauszuputzen, aber nein. Sie hatte mich so sehr gedrängt, dass wir jetzt genau so dort auftauchen. Naja, zugegeben, ich wollte ein bisschen Zeit schinden. Es kommt schließlich nicht jeden Tag vor, dass man einfach mal so, der Königsfamilie einen Besuch abstattet. Bei dem Gedanken bekomme ich ja Herzflattern! Nicht wirklich. Aber ein bisschen aufgeregt bin ich schon.

Sie schleppte mich praktisch, wie ein Kleinkind, den Weg hoch, der außerdem seeeehr lang ist. Zwischendurch hab ich meinen Kopf immer mal zur Seite gedreht, um den Ausblick zu genießen. Hätte ich jetzt einen Stift und einen Block, würde ich diesen wundervollen Moment auf dem Blatt verewigen! Von dem Berg aus, sah man die ganze Stadt, die Gebäude, die Wiesen, einfach alles. Natürlich konnte ich das ganze nicht lange beobachten, wie jeder Moment, geht dieser auch zu Ende.

Wir verlangsamten unsere Schritte und blieben schließlich vor dem großen, weißen Tor stehen. Davor standen zwei Männer mit einer Ausrüstung, die königlichen Wachen, wie man an dem Wappen auf deren Schulter erkennen konnte. Zuerst machten sie keine Anstalten, doch dann verbeugten sie sich vor May.

>Ihre Majestät< sagten beide gleichzeitig im Chor.

>Lasset mich passieren, getreue Diener< flötete May auf einmal mit einer autoritären Stimme.

>Tor öffnen!< schrie einer von den Wachen und das Tor öffnete sich langsam.

Schon eigenartig, wie schnell sich Mays Art ändern kann. Sollte ich mehr Respekt ihr gegenüber zeigen? Nein, geht schon.
Wir sind nun durch das Tor geschritten, woraufhin erstmal ein langer Saal folgt. Alles sieht so einschüchternd aus.
Fürchte dich nicht.
Was? Hab ich wieder eine Halluzination?
Ich bin hier.
Oh Gott ich werd verrückt.

May lief immer voraus, durch irgendwelche Gänge. Ehrlich gesagt, ich hab den Überblick verloren. Zu viele Türen und Gänge, also hier möchte ich nicht leben.
Plötzlich blieb sie vor einer Tür stehen, drehte sich zu mir um und sprach.

>Du wirst gleich meine Eltern sehen, okay? Versuch einen guten Eindruck zu schinden und dich vornehm zu verhalten< belehrte sie mich erstmals.

Ob das was wird?
Da ging auch schon die Tür auf.

Das erste was ich sah, war ein großer Tisch, woran zwei Personen saßen. Ein Mann, der echt attraktiv aussah, natürlich nur für Frauen. Und eine Frau, die ich nicht erkennen kann, da ihre langen Haare ihr Gesicht verdecken.
Beide sahen zur Tür und lächelten May zu, bevor sie zu ihnen ging und die beiden umarmte.
Erst dann sahen sie mich.

Schlagartig wich der liebevolle Blick aus ihren Augen, denn sie weiteten sich.
Keine Angst.
Hatte ich Angst? Eigentlich nicht, zumindest nicht, dass ich wüsste.
Hey, warte. Blöde Stimme, hau ab!
Ich versuchte einfach die beiden leicht anzulächeln und tatsächlich, sie räusperten sich, um mein Lächeln zu erwidern.

>Mom, Dad, das ist Kane, er geht in meine Klasse< stellte mich May vor.

>Also so lange er nicht dein Freund ist, ist alles gut< meinte ihr Vater mit einem anzüglichen Lächeln.

>Echt Dad, sei doch nicht so peinlich!< erwiderte May und schlug ihm leicht auf den Arm, sodass er lachen musste.
Für eine königliche Familie ist das sogar eine recht entspannte Lage. Ich dachte, ihre Eltern wären total streng oder so ähnlich.
Aber ein Gedanke wollte mich nicht in Ruhe lassen.

Sie sehen mich trotzdem noch mit einem Misstrauen an, doch warum?
Du bist es.
Als ich einen Blick auf ihre Mutter warf, sah ich, dass sie gar nichts gesagt hatte. Aber hatte sie das nicht?

>Wie lange möchte denn dein Freund bleiben?< fragte ihr Vater sie nun.

>Dad!!< sprach sie etwas empörter.

>Schon okay, Schätzchen!< ergab er sich lachend.

Bei dieser Szene, die sich mir bot, fühlte ich einen Stich in meinem Herzen. Ich hatte meine Eltern nie kennenlernen dürfen. Niemand wusste genaueres über sie, warum sie gestorben sind, ob ich noch Verwandte habe. Selbst wie ich aufgewachsen bin, weiß ich nicht. Seit dem ich 9 bin wohne ich alleine in einem relativ großen Haus, so oft hab ich mich einsam gefühlt.

Eine Stimme riss mich, mal wieder, aus meinen Gedanken.

>Kaaane! Wie lange willst du denn bleiben?< schrie sie mir ins Gesicht. Kann sie jemand anderen nerven?

>Weiß nicht, eigentlich wollte ich nicht..< wollte ich antworten aber da unterbrach sie mich.

>Okay, Dad er bleibt über Nacht< antwortete May für mich.

Ich, über Nacht, hier, in einem Schloss?? Bin ich im falschen Film?

>Du bist doch damit einverstanden, oder?< fragte mich May mit ihrer zuckersüßen Stimme.

>Ehm.. Nei- ja. Jaja< stotterte ich etwas hilflos.
Aber wie soll das denn funktionieren?

>Na dann, komm!< rief sie und schleifte mich hinter sich her.

Was denkt sie sich denn? Dass sie das einfach so bestimmen kann!?
Ich entzog ihr meine Hand und blieb stur stehen.

>May, was sollte das? Wie stellst du dir das vor? Wo soll ich schlafen und überhaupt warum?< löcherte ich sie mit Fragen. Sie regte mich so auf mit ihrer komischen Art.

>Na, du schläfst bei mir!< erwiderte sie mit einem Lächeln.
Oh nein, ganz schlecht.

>Warum sollte ich?< entgegnete ich kühl.

>Hm.. Weil du nett bist?< grinste sie mich an.

Da hat sie den den Nagel auf den Kopf getroffen.

Ich seufzte tief und sie nahm wieder meine Hand, um mich weiter zu schleppen. Die Flure waren menschenleer, warum auch immer. An einer besonderen Tür machten wir Halt. Sie war anders, statt den braunen Holzton, war sie eher Lilafarben. May ging voraus in das Zimmer und ja... Ein sehr schönes, pinkes Mädchenzimmer. Sie warf sich auf ihr Bett und legte sich quer darüber. Ich stand einfach nur im Türrahmen und wusste nicht genau wohin.

>Komm doch her, nicht so schüchtern< meinte sie, worauf sie kicherte. Naja, ich ging zu ihr und setzte mich auf den Bettrand.

>Was willst du jetzt machen?< fragte ich sie, es war ja grade mal neun Uhr morgens.

>Schlafen< antwortete sie, als wäre es eine Selbstverständlichkeit.

>Ernsthaft?<

>Jap<

Diskussion beendet.

Ich legte mich hin, da ich immer noch nicht genau wusste, wie ich mich verhalten soll. Sie gab mir einen nicht deutbaren Seitenblick und zog an meinem Shirt. Ich sah sie nur bedeppert an und da seufzte sie. Ohne ein Wort zog sie mich näher an sich heran, so damit sie sich an mich kuscheln konnte. Etwas unbeholfen legte ich meine Arme um ihre Hüfte.
Es war alles sehr still, nur unser beider Atem war zu hören.

>Warum waren eigentlich keine Bediensteten oder Wachen im Flur?< fragte ich leise in die Stille hinein.

>Das ist der königliche Trakt, er darf von anderen betreten werden, wenn Mutter oder Vater es sagen< murmelte sie in mein Shirt hinein, bevor ich auch schon den regelmäßigen Atem hörte.

Lange konnte ich nicht nachdenken, da ich aus irgendeinem Grund auch sehr müde war. Ich fiel in einen langen Schlaf hinein in dem ich träumte...

>Nimm ihn! Nimm ihn mit und bringe ihn weit fort von hier!< schrie er, ihr zu.

>Ich werde dich aber nicht allein mit ihnen lassen!< kreischte sie verzweifelt mit ihrem Kind im Arm.

>Bitte, tu es für ihn, für uns! Er soll leben!< antwortete er, bevor er sich wieder den Gegnern zuwandte.

Sie weinte und schrie nach ihm aber er war schon fort. Sie wusste nicht wohin, eigentlich wollte sie ihm doch helfen! Aber sie musste ihr Kind hier wegbringen. Der beste Weg in eine heile Zukunft, war das Portal.
Es tat ihr innerlich so weh, alles zurück zu lassen, doch mein Kind ist mir wichtiger. Sie gaben ihr Leben für uns, es soll nicht umsonst gewesen sein.

Das Portal war ganz in der Nähe, ich spürte es. Meine Waden taten weh von dem Marathon, den ich glaubte zu laufen. Wir hatten es fast geschafft, nur noch ein bisschen.
Ich hörte die Schreie hinter mir, keine qualvollen sondern die, der Bestien. Hinter uns waren sie her.
Da war es auch schon, die Rettung. Meine Hand schmiegte sich fast schon automatisch auf die Rune auf dem Tor, das sich daraufhin öffnete. Der Schein blendete mich, bis es sich lichtete.

Auf der anderen Seite sah ich die andere Welt, in der unser kleines Kind aufwachsen soll. Wohlbehütet in einer Welt ohne Krieg.
Ein Gesicht tauchte vor uns auf, meine beste Freundin, die Königin.

>Gib ihn mir, ich werde auf ihn achtgeben, Laxy< sprach sie mich an. Sie sah aus wie ein Engel in dieser Welt und ich wusste, dass ich gerade das Richtige tat, für uns alle.

>Kümmer dich um meinen kleinen Jungen< bat ich sie unter Tränen und langen Schluchzern.

Ich übergab ihr meinen Liebling und lächelte ihm nochmal zu unter Tränen. Nachdem ich meine Arme von ihm wegnahm, schloss sich das Tor mit einem Ruck und ließ mich zurück in dieser trostlosen Welt.

Das Letzte was ich von ihm sah, war sein Lächeln.

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Oh man, mein Herz tut weh :( Ich hab mich echt zusammen gerissen, um das noch zu schreiben ._.

Hab das Kapitel länger gemacht, weil ich unbedingt noch hier den Traum einfügen wollte. ^^

Was denkt ihr, was es damit auf sich hatte?

Bis daaaann! ❤

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