Kapitel 8:
Thaer schreckte auf, als jemand die Baracke betrat. Es kam ihm vor, als sei er gerade erst eingeschlafen. So dunkel wie es war, musste es Nacht sein, vor allem, weil es hinter der Türe auch nicht viel heller war.
«Sind Sie Johnson? Der Hüter?», fragte eine Männerstimme. Thaer zuckte zusammen. Johnson, der Hüter, dass war er früher einmal gewesen. Nannte man ihn ab und an Hüter, konnte er das verkraften, aber Johnson, den Hüter hatten ihn die Leute genannt, die er früher gekannt und die auf ihn gezählt hatten. Die Leute, die er enttäuscht hatte. Heute war er nur noch Johnson, der Sturmtruppler, OI5075. «Nur Thaer», korrigierte er deswegen.
Er konnte den Gesichtsausdruck seines Gegenübers nicht ausmachen, so dunkel war es, deswegen wusste er nicht, wie er oder sie reagierte. «Wie Sie meinen. Soll ich Sie auch Truppler nennen?» Dieses Mal war es ohne Zweifel Spott, den er in der Stimme hörte.
Er zwang sich, nicht auf die Worte zu reagieren, auch wenn sie ihn mehr verletzten, als er sich selbst eingestehen wollte. «Danke, kein Bedarf. Sind Sie gekommen, um sich über mich lustig zu machen oder um mit mir auf eine Mission zu gehen?»
«Ich habe schon gehört, dass die Generalin Sie eingeweiht hat. Ich will Ihnen nicht verheimlichen, dass ich keineswegs mit ihr einverstanden bin. Sie sind ein Sturmtruppler und alleine dafür sollte man Sie an die nächste Wand stellen und abknallen.» Thaer sah zu Boden. Es war gar nicht lange her, da hatte er gleich gedacht, wie der Rebell. Er konnte es ihm keineswegs verübeln. Er stand auf und nickte dem Mann zu, widerstand dem Drang, seine Uniform zu glätten, vielleicht hätte der Mann sonst noch gedacht, er würde sie wertschätzen. Er trug immer noch seine imperiale Sergeantsmontur, was ihn ziemlich störte. Er hatte sich immer gewünscht, Teil der Rebellion zu sein, sich fehl am Platz beim Imperium gefühlt, unter all den treuen Anhängern und jetzt, wo er es wirklich geschafft hatte und bei einer Mission der Rebellen mitwirkte, trug er die verhasste Uniform und fühlte sich noch viel fremder. Es war, als würde ihn das Universum verspotten wollen.
Sein Gegenüber nickte unwillig. «Folgen Sie mir, Truppler.»
«Thaer reicht vollkommen.»
«Sicher, Truppler.» Er hörte sich dieses Mal wirklich genervt an. Thaer kannte diese Machtspielchen viel zu gut. Immer, wenn ein Neuer in seine Truppe gekommen waren, hatte er sie unterbinden müssen. Mit den dummen Sprüchen schüchterte man den Gegenüber ein und versuchte, ihn in einen Rang unter sich zu drängen. Thaer hatte nie viel davon gehalten. Er sagte allerdings nichts. Es hätte sich nicht gut gemacht, wenn der Sturmtruppler etwas dagegen gesagt hätte. Thaer wusste nicht, wie ihm das hatte passieren können. Er war Hüter gewesen: Alle hatten ihn respektvoll behandelt und als einen der ihren anerkannt, als den gerechten Gesetzesvollstrecker. Nun war er nur noch ein Truppler, Dreck, den irgendwer von der Strasse aufgelesen hatte. Es ging ihm nicht darum, mächtiger zu sein als andere, nur darum, respektiert werden. Und als imperialer Soldat wurde all das, für das er jahrelang gearbeitet hatte, wieder zunichte gemacht. Er hatte, ohne auch nur ein Wort des Protestes von sich geben zu können, zusehen müssen, wie das Imperium seine jahrelange Arbeit mit Füssen trat und ihm ihre neue Ordnung aufzwang. Und nun wurde auch er für einen von denen gehalten, denen es Spass machte, die Galaxie zu unterdrücken. Trotz der brodelnden Wut darüber, das er für einen von denen gehalten wurde, die sich in seinem Bauch aufstaute, folgte er dem Mann ohne ein weiteres Wort, auch wenn ihm klar war, dass die Rebellen das als weiteres Zeichen nehmen würden, in ihm den braven Sturmtruppler zu sehen. Egal, was er tat, er konnte es nur falsch machen. Vor der Türe der Baracke warteten weitere Rebellen. Er spürte ihre abfälligen Blicke auf sich, war sich sehr wohl bewusst, dass die imperiale Uniform trotz der Dunkelheit allzu gut zu sehen war.
«Hier stinkt es nach imperialem Abschaum», knurrte einer der Rebellen. Es war keineswegs die erste Beleidigung, die Thaer zu hören bekam. Schon während seiner Zeit als Hüter war er öfter von Sträflingen beschimpft worden, später, im Dienst des Imperiums, auch von Bürgern auf der Strasse. Eigentlich hätte er sie dafür festnehmen und ausliefern müssen, aber er hatte es nie getan. Schliesslich hatten sie recht. Also streckte Thaer den Rücken durch und liess sich nichts anmerken.
«Schau mal, der hält sich für etwas besseres», knurrte ein anderer Rebell. «Was sollen wir überhaupt mit dem?» Sie nahmen ihn in die Mitte und marschierten ungeordnet und unkoordiniert auf den Flugplatz zu. Thaer gab sich alle Mühe, kein Wort zu den abfälligen Kommentaren zu sagen, sie einfach an sich vorbeiziehen zu lassen, als wären sie nicht für ihn bestimmt.
«Er kann ja noch nicht einmal sprechen», spottete jemand. «Bekommt ja nicht einmal die Zähne auseinander.» Er sah eine hastige Bewegung von links und musste sich sehr zusammennehmen, um, was auch immer da auf ihn zukam nicht abzuwehren und den Angreifer zu Boden zu ringen. Als Dank für seine Bemühungen wurde er hart in die Rippen geboxt. Er biss sich auf die Lippe um keinen Laut von sich zu geben. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war, dass sie ihn für einen Schwächling hielten. Als der nächste Schlag auf ihn zukam, beschloss er, dass er sowieso nichts mehr zu verlieren hatte. Also fing er die Faust kurz vor seinem Brustkorb ab, drehte sie in einer blitzschnellen Bewegung um und verdrehte den Arm des Rebellen so, dass der vor Schmerz zu Boden sank, um zu verhindern, dass Thaer ihm die Schulter auskugelte. Thaer bemerkte erst als er die Person näher musterte, dass es eigentlich eine Frau war. Mit einem Mal waren sie alle stehen geblieben, starrten Thaer an, der die Rebellin weiterhin in die Knie zwang. Das war anders, das hatten sie alle nicht erwartet. Es war nichts, dass ein Sturmtruppler konnte, es war die Technik der Hüter, unter Verbrechern in der ganzen Galaxis gefürchtet, denn ein Hüter war dazu ausgebildet worden, jeden Verbrecher, dem er vielleicht begegnete, besiegen zu können, auf den Boden zu zwingen und ihm Handschellen anzulegen, um ihn vor Gericht bringen zu können. Was Thaer angewandt hatte, war die einfachste Technik, allerdings sehr wirkungsvoll.
«Ich bin kein Truppler», knurrte er und liess die Rebellin los. Sie kam aus dem Gleichgewicht und landete auf ihrem Allerwertesten. Thaer richtete sich auf und sah von einem Rebellen zum anderen. Sie wirkten immer noch feindselig, wütend, dass er Eine der Ihren so schnell hatte besiegen können, aber er bemerkte auch, dass sie respektvoll einen Schritt zurückgemacht hatten. Thaer beschloss, aufs Ganze zu gehen.
«Und wenn ich schon einmal dabei bin, dann kann ich euch auch gleich sagen, dass ich gerne eine andere Uniform hätte. Eine, die möglichst nicht olivgrün ist und auch nicht von den Imperialen stammt.» Schweigen.
Dann nickte der Rebell, der ihn abgeholt hatte. «Alles klar, Hüter.» Obwohl das Wort erneut so vieles zurückbrachte, an das Thaer sich nicht erinnern konnte, akzeptierte er den Namen, den sie ihm gegeben hatten. Er war allemal besser als «Truppler». Der Rebell, der scheinbar der Anführer war, winkte mit der Hand und die anderen gingen weiter in Richtung Hangar, während der Mann einen anderen Weg einschlug. Es war offensichtlich, dass Thaer ihm folgen sollte. Thaer war nicht sicher, was ihn erwartete, aber er nahm die stille Forderung an. Er ging neben dem Mann her. Eine Weile war es still.
«Wie heissen Sie eigentlich?», fragte Thaer schliesslich.
«Logan Andrews. Für Sie Captain Andrews.» Thaer nickte und schwieg. Der Mann schien keinerlei Interesse an einem Gespräch zu haben. Als sie eine weitere Baracke, die Thaer im Dunkeln nicht ganz erkennen konnte, erreichten, wurden sie langsamer. Captain Andrews sah sich kurz um, dann legte er die Hand auf die Türe und sie schwang auf. Da war sicher ein Scanner eingebaut. Retro, aber immer noch funktionstüchtig. Er trat ein, aber kein Licht ging an. Noch nicht einmal ein Bewegungsmelder hatte diese Hütte also. Als Thaer ihm folgte, musste er prompt husten: Die Luft drinnen war dick und staubig, man hätte sie schneiden können. Er beobachtete den Captain dabei, wie er auf einen weiteren Scanner hämmerte, bis das Licht schliesslich doch anging. Als Thaer sich umsah, stockte ihm der Atem. Er stand in einem Waffenlager, und nicht in irgendeinem: Im Waffenlager eines Hüters. Thaer konnte nicht verhindern, dass sein Mund aufklappte. Er drehte sich langsam um sich selbst. All die Dinge, die er vor Jahren auf Stewjon zurücklassen hatte müssen, waren jetzt hier. Es war, als riefen sie nach ihm. Ungläubig schüttelte er den Kopf.
«Wo haben die Rebellen das her?», fragte er, unfähig, den Blick von den altbekannten Dingen um ihn herum zu nehmen.
Captain Andrews konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Er kannte Thaer nicht, aber der Gesichtsausdruck des ehemaligen Sturmtrupplers sagte mehr als tausend Worte. «Bevor sie gestürzt wurden, konnten wir uns noch mit einigen Hütern verbünden. Sie haben dann für uns gekämpft und ihre Basislager zu uns versetzt.»
«Was ist aus ihnen geworden?», fragte Thaer, ungläubig und in der Hoffnung endlich wieder jemanden zu treffen, der wie er war, ein Hüter. Ein Hüter, der nicht unter dem Einfluss des Imperiums stand.
«Sie sind tot. Alle. Gefallen im Kampf für eine bessere Galaxis. Der Krieg tobt schon lange, Hüter. Wir mussten viele Opfer einstecken.» Thaer spürte, wie seine Schultern sich senkten, als müsste er das Gewicht der ganzen Welt auf ihnen tragen. Er war wirklich allein. Der Captain schien zu bemerken, wie die Stimmung seines Gegenübers sank. Er packte ihn an der Schulter. Thaer sah erschrocken auf, machte sich los und trat einige Schritte zurück. Er wich so weit zurück, dass er gegen ein Regal stiess und die vielen gelagerten Waffen klirrten. Captain Andrews wirkte nicht gerade glücklich über die Reaktion, allerdings verstand er sie vollkommen. Der ehemalige Truppler konnte nicht damit rechnen, dass man es freundlich meinte. «Ziehen Sie sich um, Hüter. Wir warten auf Sie. Nehmen Sie die Waffen, mit denen Sie am besten umgehen können und die Rüstung, in die Sie passen. Das alles können wir sowieso nicht benutzen. Nur Hüter können damit umgehen. Ich warte draussen auf Sie.» Als der Captain die Baracke verliess, betete er, die richtige Entscheidung gefällt zu haben. Irrte er sich in dem ehemaligen Truppler, dann hatte er vielleicht gerade dafür gesorgt, dass die Rebellion ausgelöscht wurde.
Thaer konnte es immer noch nicht richtig glauben. Er legte gerade eine Rüstung an, von der er gedacht hatte, sie nie wieder zu sehen. Ein Hüter war immer schon ein Helfer gewesen, eine Ergänzung zu den Jedi, denn es gab lange nicht genug, um die ganze Galaxis zu beschützen. Hüter hatten keine Kontrolle über die Macht, mussten aber eine ähnliche Ausbildung wie die Jedi abschliessen, nur das ihr Kodex lange nicht so streng war. Sie durften lieben, wen sie wollten, Emotionen waren keineswegs verboten. Der Initiationsritus eines Hüters war es, seine eigene Rüstung zu kreieren, also Material, Farbe, Symbole und Design selbst auszusuchen. Meist baute man sie schlussendlich auch selbst zusammen, wenn man die einzelnen Teile gegossen bekommen hatte. Thaer fühlte sich seltsam, als er die fremde Rüstung überstreifte. Sie fühlte sich anders an als seine damals, war enger, aber sie passte. Er schauderte, als ihm aufging, dass der Hüter, dem die Rüstung einst gehört hatte, lange tot war. Früher hatte es als allergrösste Ehre gegolten, die Rüstung eines anderen tragen zu dürfen. Es hatte einige Hüter gegeben, die aus langen Hüterfamilien gekommen waren und, um ihre Vorgänger zu ehren, ihre Rüstungen getragen hatten, natürlich mit deren Erlaubnis.
Thaer liess seine Schultern kreisen und machte einige Ausfallschritte, um zu testen, wie gut er sich bewegen konnte und staunte einmal mehr darüber, wie sehr die Rüstung auf Bewegungsfreiheit setzte. Im Gegensatz zu seiner eigenen, die das Imperium vor seinen Augen in Trupplerharnische und Waffen hatte umschmelzen lassen, wirkte diese Rüstung dunkel, bedrohlich. Als habe der frühere Träger oft in der Dunkelheit gearbeitet, denn Thaer war klar, dass er hinter einem dunklen Hintergrund oder in einer dunklen Nacht beinahe vollkommen unsichtbar sein würde. Die einzige Verzierung war das Zeichen der Rebellion, dass blutrot auf der rechten Schulter prangte, die Absichten des Trägers in die Welt herausschrie. Brustpanzer, Arm- und Beinschienen waren, wenn Thaer richtig lag, aus einem deflektierenden Metall, dass den Träger vor einigen Blasterschüssen schützte. Einen kurzen Moment zögerte Thaer, dann legte er auch den Halsschutz an. Es war das allerletzte Teil der Rüstung, jetzt war sie komplett. Jede einzelne Bewegung erinnerte Thaer an früher, aber er konzentrierte sich so gut er konnte auf das Hier und Jetzt. Sein Gesicht war jetzt die einzig ungeschützte Stelle seines Körpers.
Seine Rüstung war ganz anders gewesen, viel auffälliger, bunter, aussagekräftiger. Er wünschte sich nichts mehr, als sie zurückzubekommen, aber das konnte er nicht. Ihm war bewusst, dass er sich beeilen musste, deswegen drehte er sich hastig im Kreis und suchte nach der Waffe, die ihm noch fehlte, seiner Waffe, mit der er jahrelang trainiert und gekämpft hatte. Jeder Hüter wählte eine Waffe aus, mit der er einmal kämpfen wollte. Es gab etliche davon, so viele verschiedene Waffen und Kampfstile. Thaer hatte Eine der Schwierigsten ausgewählt: Sie war die «Technik der letzten Schlacht» genannt worden. Der Name kam von der emotionalen, beinahe verzweifelten Art des Kampfes, voller Wagemut und Risiko, schwer zu berechnen, eben so als würde man den letzten Kampf seines Lebens kämpfen und sich ein letztes Mal verteidigen.
Einige Hüter verwendeten Fallen oder durch Gedanken kontrollierbare Fäden, die den Gegner einwickelten wie eine Spinne ihr Opfer. Jede Kampfart repräsentierte den Charakter ihres Hüters. Es gab nur wenige, die wie Thaer mit der «letzten Schlacht» kämpften und viele waren überrascht gewesen, als sie herausgefunden, dass Thaer, der sonst eigentlich eher gefasst war, sich mit so einem aggressiven Kampfstil verteidigte. Als Thaer den metallenen Schimmer endlich erspähte, hatte er schon die Hoffnung aufgegeben, seine Waffe zu finden. Hektisch wühlte er sich zu der Stelle durch, an der er seinen Stab vermutete, denn genau damit kämpfte er: Einem langen metallenen Stab, der allem standhielt ausser einem Laserschwert. Thaer zog ihn hervor und liess ihn probehalber einmal in der Luft herumwirbeln. Das zischende Geräusch liess ihn erschaudern. Es war schon so lange her, dass er so einen Stab in Händen gehalten hatte und doch erinnerte er sich an jeden einzelnen Schlag, jede Attacke und jede Verteidigung. Der Stab war von vielen als Waffe verkannt worden, ehe sie Thaer damit kämpfen gesehen hatten.
Thaer hatte ihn, wenn er nicht direkt im Kampf benutzt worden war, als eine Art Wanderstab eingesetzt, damit potenzielle Feinde nicht durch ihn alarmiert wurden. Die traditionelle Waffe eines Hüters war eigentlich ein Arsenal an verschiedenen kleineren Hilfsmitteln, Blendlichtern, Lähmungsklängern oder elektrischen Fusseisen. Keine der Waffen war langzeitig schädlich, sie halfen nur, den, den man einfangen wollte, kurzzeitig auszuschalten. Die meisten Hüter hatten lange Jediumhänge getragen, in welchen sie auch ihre Hilfsmittel versteckt hatten. Allgemein galt, dass ein Hüter ohne Umhang hilflos war, was Thaer sich oft zunutze gemacht hatte: Er hatte einen Umhang getragen, ohne einen zu brauchen. Als er aus der Baracke trat, wurde er von Captain Andrews gar nicht bemerkt. Das bestätigte nur, was er sich schon gedacht hatte: Im Dunkeln war er mit dieser Rüstung so gut wie unsichtbar. Als er sich räusperte, fuhr der Rebell zusammen, seine Hand zuckte blitzschnell zu seiner Waffe.
Erst, als er Thaer erkannte, entspannte er sich ein wenig. «Ach, Sie sind es, Hüter.» Er musterte ihn von oben bis unten. «Ich hätte Sie beinahe nicht erkannt.» Sein Blick blieb besonders lange an Thaers langem Stab hängen.
«Die alte Zivilisation, die ihn benutzt hat, nannte ihn «Uoi»», erklärte Thaer und versuchte, in dem Gesicht seines Gegenübers zu lesen. «Sie haben schon vor Jahrhunderten aufgehört, ihn zu verwenden und erst die Hüter sind wieder darauf gestossen.»
«Was bedeutet Uoi?», fragte der Captain.
«Blitzschlag», antwortete Thaer wie aus der Pistole geschossen.
Captain Andrews nickte langsam. «Hat das einen Grund?»
«Viele Gründe. Sie werden es nicht verstehen, wenn Sie den Kampfstil dazu nicht kennen.»
Der Captain runzelte die Stirn. «Ich habe noch nie einen Hüter mit einer solchen Waffe gesehen», stellte er fest.
«Sie ist nicht besonders verbreitet», erklärte Thaer.
Andrews musterte ihn einen kurzen Moment lang. «Darf ich?», fragte er und fasste Thaer umständlich ans Handgelenk, damit der es nicht als Angriff betrachtete. Thaer beobachtete den Captain misstrauisch und versuchte zu verstehen, was er gerade tat. Er schien etwas auf der Rüstung zu suchen, dann, ganz plötzlich, beulte sich das harte Metall unter seinem Druck aus. Und dann... war es verschwunden. Seine ganze Rüstung war verschwunden und stattdessen sah er einfach gewebten Stoff an seinen Armen. Thaer sah ihn überrascht an und tastete nach seiner Rüstung. Er konnte sie immer noch fühlen, allerdings musste er sich dazu ganz schön konzentrieren, sonst machten ihm seine Sinne vor, den Stoff zu spüren. Der Rebell lachte über seine Überraschung. «Dachten Sie etwa, wir liessen Sie so durch die Strassen laufen? Haben Sie eine Ahnung, wie viel Aufmerksamkeit das auf sich ziehen würde?»
«Tarntechnologie?», fragte Thaer, komplett überwältigt. «Die ganze Rüstung ist tarnbar?»
«Ein Zusatz ihres alten Trägers», murmelte Andrews und sah zu Boden, als brächte das Gesprächsthema schmerzhafte Erinnerungen zurück. Thaer hakte nicht weiter nach: Er wusste selbst, wie schlimm solche Erinnerungen waren.
«Was soll ich mit dem Stab machen? Ich denke nicht, dass ein Bauer, dessen Kleider ich scheinbar trage, einen solche Stab besitzen würde», fragte Thaer, obwohl es ihm beinahe peinlich war. Tatsächlich waren die Kleidungsstücke, die Thaer scheinbar anhatte, sehr einfach.
Andrews sah von ihm zum Stab und wieder zurück. «Wenn Sie einen Umhang überstreifen würden, dann könnten Sie glatt als Bettler durchgehen. Vor allem mit der Kleidung, die die Tarnplättchen auf ihren Körper projizieren. Den Stab würde dann niemanden mehr stören.»
«Und wo bekomme ich einen Umhang her?»
«Wir haben einige in den Transportern. Wir fallen alle weniger auf, wenn wir Umhänge tragen.» Thaer nickte bedächtig. Das klang logisch. Sie hatten sich in Bewegung gesetzt und gingen in Richtung der wartenden Schiffe. Kurz bevor sie in Sichtweite kamen, hielt Captain Andrews Thaer noch kurz an, ohne ihn zu Berühren. Den kleinen Trick, den Thaer benutzt hatte, um die Rebellin auf die Knie zu zwingen, hatte auch ihm tiefen Eindruck gemacht. «Nehmen Sie es meinen Leuten nicht übel, wenn sie sich weiterhin so benehmen. Durch das Imperium haben sie viel verloren.» Thaer schob sich an ihm vorbei, den Stab in regelmässigem Abstand auf dem Boden abstützend. Das leise «Klunk» hörte sich beinahe wie der Schritt eines dritten Fusses an.
«Keine Sorge», meinte er, «das haben wir alle.» Und obwohl niemand die Rüstung, die er trug, sehen konnte, fühlte er sich unverletzbar, als könne ihm gar nichts etwas anhaben.
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