Kapitel 28:
Als die Beiden in einer dunklen Seitengasse innehielten, konnte Wedge nicht anders, als vor sicht hinzukichern. Für einen kurzen Moment schaffte es Han, ernst zu bleiben, dann begann auch er zu lachen. "Hast du ihr Gesicht gesehen?", grinste er.
Wedge nickte bloss. "Als du ihr die Türe vor der Nase zugeknallt hast... Hat wohl tatsächlich noch nie was von getarnten Fluchtwegen gehört."
Han lachte auf. "Vor allem in Casinos! Jedes Casino, das etwas auf sich hält, hat welche! Was für eine Amateurin."
Sie wurden allzu schnell wieder ernst, als ihnen klar wurde, wie schlecht ihre Lage wirklich war. "Okay, weisst du was?", meinte Wedge, als sie sich schon wieder auf den Weg gemacht hatten, um nicht zu lange an einem Ort zu bleiben und erwischt zu werden. "Ich kann dich gleich mitnehmen. Mein X-Flügler hat einen zweiten Sitz."
Han schnaubte. "Wenn ich mit dir fliege, dann bist du der Copilot, Wedge."
"Han, du fliegst nie X-Flügler, du..."
"Ich werde ganz sicher nicht in einen X-Flügler steigen", grummelte Han in seinen Bart. "Für wen hältst du mich?" Dann bog er plötzlich in eine enge Seitengasse ab.
Wedge hatte Mühe, ihm zu folgen. "Wo willst du hin? Zum Hafen geht's in die andere Richtung!"
Han verdrehte die Augen. "Wedge, wie kannst du nur das Wichtigste vergessen?"
Für einen kurzen Moment wusste der Pilot nicht, von was der ehemalige Schmuggler sprach, aber dann ging ihm ein Licht auf. "Warte, der Milleniumfalke ist hier? Auf Corellia?"
Han grinste nur wissend. "Also... Sagen wir so. Wir müssen ihn noch herbestellen, aber ja, in einigen Stunden wird er auf Corellia sein."
Wedge musste diese Information erst einmal verarbeiten. "Das heisst.."
Han drehte sich zu Wedge um und das erste Mal, seit Wedge auf Corellia eingetroffen war, sah er ein altbekanntes freudiges Funkeln in Hans Augen. "Das heisst, dass ich Chewie wiedersehe! Nach all den Jahren..."
Wedge, angesteckt von Hans Begeisterterung, konnte sich das Lächeln nicht verkneifen. Natürlich hatte er Gerüchte darüber gehört, dass Han den Millenium an seinen besten Freund weitergegeben hatte und der damit die Galaxis bereiste und denjenigen half, die Hilfe brauchten. Für die richtige Bezahlung, verstand sich. Da der Wookiee sich unberechendbar bewegte und so oft reiste, dass man ihn nicht abpassen konnte, waren Wedge und die Anderen, trotz diverser Versuche, noch nicht in der Lage gewesen, ihn zu finden, weswegen es ihn doppelt freute, dass Han es einfach so schaffen konnte.
Als der ehemalige Schmuggler erneut scharf abbog und in einer dreckigen Spelunke auf Kellerniveau verschwand, die ausgetretenen, vermüllten Stufen hinuntersprang, als wäre er immer noch jung, zögerte Wedge kurz, folgte dann aber seinem Freund. Solche Keller hatten eine ziemlich schlechten Ruf, aber er vertraute Han.
Der nickte trotz dem dämmrigen Licht und der stickigen Luft dem Barman zu, als wäre er schon oft hier gewesen, drückte sich an ihm vorbei und verschwand in der Hintertüre. Wahrscheinlich um Zugang zu einem versteckten und äusserst sicheren Hologrammübertrager zu bekommen, mit dem er Chewbacca erreichen würde. Wedge stand für einen Moment unschlüssig herum, dann, um keine seltsamen Blicke auf sich zu ziehen, bestellte er sich einen Whisky an der Bar und lehnte sich locker gegen den Tresen.
Der Barkeeper warf ihm einen misstrauischen Blick zu, dann spuckte er in das Glas, das er gerade putzte, und polierte es weiter. Wedge versuchte, das zu ignorieren, als ihm sein Getränk zugeschoben wurde und er nahm hastig einen Schluck. Seinen Würgreflex konnte er nur knapp unterdrücken, während er versuchte, den seltsamen Nachgeschmack des Whiskys als ein Hirngespinnst abzutun. Während er wartete, sah er abwesend zu, wie eine Vor auf die Bühne trat und, mit der Band im Hintergrund, ein Stück anstimmte. Es war ungewöhnlich, dass sich eine Vor in einer solchen Bar anstellen liess, aber seit das Imperium ihre Musik verboten hatte, fand er sich immer öfter einem Musiker ihrer Spezies in Bars gegenüber. Das Imperium hatte geürchtet, dass die Vor ihre Zuhörer durch ihre berührende Musik gegen sie aufbringen könnten, aber durch ihre Bemühungen, die Musik zu verbieten, hatten sie alles nur noch schlimmer gemacht. Wedge zuckte zusammen, als die Vor sich drehte und das schummrige Bühnenlicht die dünne, ledrige Haut ihrer Flügel durchschien. Unzählige Narben wurden sichtbar, Stellen, an denen die Haut so dünn war, dass sie das Licht kaum abhielt. Wedge versuchte, sich zu zwingen, wegzusehen, aber das Bild wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen. Er hatte das schon so oft gesehen. Die Vor konnte ganz sicher nicht mehr fliegen und das war die Schuld des Imperiums. Diejenigen, die sich geweigert hatten, mit ihnen zu kooperieren und dabei ertappt worden waren, trotz dem Verbot zu singen, denen durchschossen sie die Flügel, als Zeichen ihres Verrats.
Vor Jahren hatte Wedge einen Vor gekannt, dem man genau das angetan hatte. Obwohl er, wie alle anderen seiner Spezies auch, nie Emotionen zeigte, wusste Wedge, wie sehr es ihn getroffen hatte, nicht mehr in der Lage zu sein, zu fliegen. Seine Musik war danach so unglaublich viel trauriger geworden. So viel sehnsüchtiger nach einem Geburtsrecht, dass ihm verwehrt worden war. Nach einem Teil seines Lebens, der für immer verloren war. Er war später auf einer Mission umgekommen. Wedge machte sich immer noch Vorwürfe darüber, dass er zu spät gekommen war, um ihm zu helfen.
Und obwohl er wusste, wie prekär die Lage gerade war, konnte er nicht anders, als das Glas beiseite zu stellen und auf die Musikerin zuzugehen, ihr einen Liedwunsch zuzuflüstern.
Als die altbekannte Melodie, die Rexen so gerne gehabt hatte, durch das Lokal hallte, schloss Wedge kurz die Augen und dachte an seinen alten Freund. Daran, wie sie manchmal einfach zusammen dagesessen hatten, während Rexen eine seiner Melodien spielte und Wedge über einem weiteren Plan zum Sturz eines übermächtigen Gegners brütete. Für einen kurzen Moment war er sicher, das, wenn er die Augen öffnen würde, sein Freund neben ihm sässe und nachdenklich in die Ferne starrte. Aber als ihn jemand an der Schulter fasste, war es nicht Rexen, sondern Han und auch wenn Wedge unglaublich froh darum war, seinen Freund gefunden zu haben, er konnte nicht anders, als sich vorzustellen, was gewesen wäre, wäre das Imperium ein für alle Mal zerstört worden, als der zweite Todesstern in die Luft geflogen war.
"Chewie kommt. Er braucht nicht lange, vielleicht ein paar Stunden. Bis dahin sollten wir hier bleiben. Hier sind wir sicherer." Er lehnte sich über den Tresen und tippte den abgelenkten Barman an. Der fuhr herum und starrte ihn in Grund und Boden. Han liess sich nicht beeindrucken. "Gib mir das Übliche, ja?"
Der Barmann grunzte nur.
Han schien sich nicht daran zu stören und stellte sich neben Wedge, tief seufzend. "Weisst du, irgendwie bin ich dir dankbar, Wedge, dass du mich da rausgeholt hast. Aber irgendwie würde ich dir auch gerne eine Runterhauen."
Wedge lachte leise. "Wenn du meinst... Aber dann spendierst du mir den nächsten Drink."
Han beäugte ihn kurz, dann seufzte er und nahm das Getränk an, das ihm herübergeschoben wurde. "Wenn ich dich jetzt schlage, dann löse ich eine Barschlägerei aus und das Imperium rückt früher oder später an. Und meine alten Knochen haben jetzt schon genug vom Flüchten. Wie konnte diese Kopfgeldjägerin dich überhaupt erkennen?"
"Das frage ich mich ehrlich gesagt auch", gab Wedge zurück. "Ich habe nichts getan, dass mich hätte verraten können."
Han biss auf seiner Lippe herum. "Das heisst dann wohl nur, dass wir noch vorsichtiger sein müssen. Bantha-Mist."
Für eine ganze Weile schwiegen sie, dann meldete sich Wedge wieder zu Wort. "Also, wieso wolltest du dort bleiben?"
Han zögerte eine ganze Weile, bis er antwortete. "Das Casino war ein sicherer Hafen, Wedge. Ein Ort, von dem ich wusste, dass ich nicht in Gefahr war, entdeckt zu werden. Ein Ort, an dem das Imperium mich nie finden würde. Mein Rückzugsort vor der Welt und all den Erwartungen, die alle an mich haben, nur, weil ich im ersten Krieg gegen das Imperium gekämpft habe."
"Und du wolltest Ruhe, nicht wahr?"
"Ich wollte Frieden, Wedge. Frieden in einer kriegerischen, brutalen Welt, die niemals aufgeben wird, sich selbst zu bekämpfen." Han atmete tief durch und für einen kurzen Moment sah er schrecklich alt aus. So viel älter, als er eigentlich war. "Aber wie es aussieht, habe ich mich nur selbst belogen."
Wedge schluckte. Er warf Han nicht vor, nach Frieden zu suchen, nach einen Ort, an dem er seine Ruhe hatte. Er selbst hatte sich schon so oft danach gesehnt, aber er hatte sich mittlerweile damit abgefunden, dass es ihm nicht bestimmt sein zu schien. Was auch immer für ihn in den Sternen stand, er würde es annehmen, denn er war sicher, irgendwann würde er seinen Frieden finden. "Wann gehen wir?", erkundigte er sich.
"So knapp wie möglich. Damit die Wahrscheinlichkeit, entdeckt zu werden möglichst klein ist." Han starrte ins Nichts. "Fliegst du mit mir und Chewie oder nimmst du deinen X-Flügler?"
Wedge musste eine ganze Weile nachdenken, bis er sich entschieden hatte. "Ich fliege alleine. Ich werde meinen X-Flügler ganz sicher nicht zurücklassen."
"Du ziehst deinen schrottigen X-Flügler dem Milleniumfalken vor? Wer bist du und was hast du mit dem Wedge gemacht, den ich kannte?"
Wedge betrachtete seine Finger. "Ich bin erwachsen geworden, Han. Das sind wir alle. Was uns der letzte Krieg nicht abverlangt hat, dass hat dieser sich genommen."
Han wusste genau, was Wedge meinte. Und er war es so satt. Für einen kurzen Moment überlegte er sich, wie früher, als Jason erst gerade gestorben war, eine ganze Flasche Whisky zu bestellen und sich vollkommen zu betrinken, aber er beherrschte sich. Das hier war nicht der richtige Zeitpunkt.
Also starrte er nur weiter ins Nichts und versuchte verzweifelt, nicht daran zu denken, dass er gerade höchstwahrscheinlich einen grossen Fehler beging.
Als es Zeit wurde, zu gehen, zupfte Han Wedge am Ärmel, sie zahlten und verschwanden aus der schäbigen Bar, ohne ein weiteres Wort zu wechseln. Irgendwie hatten sie beide das Gefühl, dass das nur Probleme bringen konnte. Kaum, dass sie aber aus dem dunklen Loch herausgekommen waren, packte Han Wedge am Ärmel und zog ihn in eine weitere, heruntergekommene Seitengasse.
"Han, sollten wir nicht lieber die Hauptwege benutzen, wie jeder andere auch? Ist das hier nicht viel auffälliger?"
Han dachte tatsächlich kurz nach, dann schüttelte er den Kopf. "Die überwachen sie ganz sicher schon und an den Überwachungstruppen kommst du nicht vorbei. Es ist schon schlimm genug, dass wir über den öffentlichen Platz vor dem Hafen müssen, um überhaupt hineinkommen zu können, aber dieses Risiko gehen wir sicher nicht schon vorher ein."
Für einen kurzen Moment dachte Wedge daran, seinem Freund zu widersprechen, aber dann liess er es. "Fantastisch", dachte er sich. "Vielleicht werden wir hier zwar nicht vom Imperium geschnappt, aber dafür ganz sicher von einigen Ratten angeknabbert." Die kleinen Biester hatte er noch nie gemocht, schliesslich hatte man ihm als kleinen Jungen immer gedroht, sie würden in der Nacht unter seinem Bett hervorkrabbeln und ihm die Füsse abfressen, sollte er sich nicht regelmässig waschen.
Han schien das alles nicht zu stören und er schritt überraschend selbstsicher durch die kleinen Strassen. Wahrscheinlich war er sie schon um die tausend Male gegangen, um sich einen möglichen Fluchtweg einzuprägen. Trotzdem verunsicherte es Wedge ein wenig, wie bereitwillig Han war, ihm zur Allianz zu folgen. Er hatte so viel mehr Diskussionen erwartet, die einfach nicht kommen wollten. Nicht, dass Wedge sich darüber beschwerte, denn Han war eine harte Nuss und nicht einfach zu überzeugen, aber es zeigte nur einmal mehr, wie sehr der ehemalige Schmuggler sich verändert hatte. Und Wedge war sich nicht sicher, ob ihm das gefiel.
Seltsamerweise ging alles glatt, als sie sich durch die Stadt schlichen. Jedenfalls, bis es genau das nicht mehr tat. Sie waren gerade auf den grossen Platz, vor dem Han sich gefürchtet hatte, hinausgetreten und unterhielten sich, um möglichst unauffällig zu wirken, wie zwei einfache Bürger, die nur einen Spaziergang machten, als es passierte. Die riesige Hologrammtafel ihnen direkt gegenüber, in der Mitte des riesigen Platzes erwachte zum Leben. Kaum, dass die Technik erfunden worden war, hatte das Imperium sie überall aufgestellt, um immer in der Lage zu sein, wichtige Verkündungen zu machen, die Gesichter von Gesuchten öffentlich zu zeigen und die Einwohner quasi zu zwingen, zuzuhören.
Wedge war sich sicher gewesen, das ihr kleines Abenteuer vorbei war, als der Holoprojektor leise surrend ansprang. Er war sich sicher gewesen, dass man im nächsten Moment ihre Gesichter zeigen und alle sie erkennen würden, anstarren, bis die Imperialen Truppen ankamen und sie fortschleppten und dann wäre nicht nur Han für die Galaxie verloren, sondern auch die Allianz, denn Wedge wusste allzu gut, dass niemand die Imperialen Verhöre überstand, ohne etwas preiszugeben.
Zu seiner Überraschung geschah nichts dergleichen. Vielleicht war das, was aber tatsächlich auf dem Bildschirm auftauchte, aber noch viel schlimmer.
Der junge Mann auf dem Bild hatte dunkle, lockige Haare, die ihm in das ungesund bleiche Gesicht fielen. Sein starrer, unangenehmer Blick, der geradewegs in Weges Seele zu dringen schien, obwohl er wusste, dass der Fremde nur eine aufgenommene Nachricht war, katapultierte ihn in die schlimmsten Momente seines Lebens zurück, auch, wenn er nicht erklären konnte, was es war, dass ihn so schockierte. Die dunklen Augen, untermalt von tiefen, unnatürlich schwarzen Augenringen, waren mehr als beunruhigend. "Dies ist eine Nachricht an General Han Solo und seine Tochter Padmé Aurelia. Ich, Jason Solo, als euer Sohn und Bruder, fordere euch hiermit auf, euch dem Imperium zu stellen und dieses Versteckspiel zu beenden. Ich verspreche euch vollkommene Immunität, für euch und für jeden, der euch nahesteht. Ich garantiere euch einen sicheren Hafen, einen Ort, an dem niemand euch etwas anhaben kann." Er machte eine kurze Pause, dann hob er den Kopf ein wenig weiter, richtete seine dunkle imperiale Uniform und verschränkte die Arme wieder hinter seinem Rücken. "Ihr habt eine Woche Zeit, euch zu entscheiden, dann verfällt mein Angebot." Er zögerte. "Ich vermisse euch", wisperte er kaum hörbar und für einen winzigen Moment verschwand der angsteinflössende Ausdruck aus seinem Gesicht und er sah aus wie ein kleiner Junge. Dann endete die Holobotschaft und Wedge konnte Han gerade noch auffangen, als er neben ihm zusammenbrach, leise schluchzend und nicht mehr in der Lage, selbst zu stehen.
Kritik, Kommentare, Ideen?
aeide_thea
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top