Kapitel 13:
Thaer schlief gerade tief und fest, die Stunden nachholend, die er in der Nacht verpasst hatte, als jemand die Türe aufstiess und ihn das helle Nachmittagslicht aufweckte. Er kniff die Augen zusammen und blinzelte nur sehr träge in das Licht. Die Gestalt, die in der Türe stand, kannte er, aber er war noch zu müde, als dass er gewusst hätte, wer es war. Hannah war es auf jeden Fall nicht, die war grösser, schlaksiger und sie ging aufrecht. «Wer...?», murmelte er schlaftrunken und richtete sich langsam auf. Sein Nacken beschwerte sich, auf einem Stuhl aufrecht zu schlafen war vielleicht nicht die beste Idee gewesen, die Thaer je gehabt hatte. Er hatte das früher oft gemacht, aber jetzt war er aus der Übung. Nachdem sie in der letzten Nacht zurückgekehrt waren, hatte man ihn wieder in die Baracke gesperrt, in der er schon bei seinem ersten Aufenthalt gewesen war. Seinen Uoi hatte man ihm wieder abgenommen, die Rüstung aber liess man ihn anbehalten, wahrscheinlich, damit er nicht immer so lange brauchte, sich umzuziehen. Als seine Augen sich langsam an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte er Mon Mothmas rechte Hand, Ulean.
Sie sah irgendwie aufgelöst aus, entgeistert, sehr blass, als wäre etwas geschehen, das so nicht hätte passieren dürfen. «Sie müssen uns helfen, Thaer.»
Jetzt stand er auf, klopfte die Rüstung, die nicht ihm gehörte, ab und betrachtete sie aufmerksam. «Was ist passiert?»
«Wissen Sie, wie wir jemanden aus einem Imperialen Gefängnis herausholen können?»
«Wieso wollen Sie das wissen, Ulean?», fragte er zurück.
«Wir haben... jemanden verloren.»
«Wo?», hakte er nach und als sie ihm den Ort nannte, zuckte er zusammen. «Das ist kein guter Planet, um verloren zu gehen.»
«Das weiss ich auch. Sie wurde wahrscheinlich von einem Spähertrupp erwischt.»
«Sie? Von wem reden wir hier?»
Ulean zögerte kurz. «Von Hannah Catallan.»
Thaer stockte. «Sind Sie sicher?», fragte er. «Sie ist gut. Sie würde sich nicht so einfach schnappen lassen.»
Ulean biss sich auf die Lippe. «Sie hat mich da rausgebracht, aber ohne einen Ausweg für sich selbst. Ihre Verfolger waren hartnäckig und ich denke nicht, dass sie noch Zeit hatte, sie abzuhängen, nachdem sie ihren wertvollen Vorsprung für mich aufgegeben hat.»
Thaer dache kurz nach, dann nickte er entschlossen. «Ich denke, ich weiss, wie wir sie finden. Und ich denke, ich weiss auch, wie wir sie herausholen können, wenn sie in einer Standartzelle feststeckt.»
«Und was tun wir?»
«Kontaktieren Sie Ihren imperialen Kontakt. Wir brauchen so viele Informationen wie möglich.»
«Sie haben sie verloren? Sie zurückgelassen?», wetterte Mon Mothma. «Einfach so? Haben Sie überhaupt eine Ahnung, was das bedeutet?»
«Sie hat mich gerettet! Ohne sie wären wir beide geschnappt worden!»
«Ach, wirklich?» Mon Mothma fasste sich an die Nasenwurzel. Ulean hatte sie noch nie so wütend gesehen. «Haben Sie irgendeinen Beweis, dass die beiden Verfolger Imperiale waren? Nein. Wahrscheinlich hat Catallan sie sogar selbst engagiert, um sich von Ihnen losmachen zu können und eine Möglichkeit zur Flucht zu haben!»
«Aber General...»
«Hören Sie auf! Wir haben gerade die letzte Spur zu Padmé Solo verloren, die wir hatten und Sie versuchen sich zu rechtfertigen!»
«Sie wird zurückkommen», mischte sich Thaer ein, der bis jetzt schweigend an der Wand gelehnt und darauf gewartet hatte, etwas sagen zu können. «Sie haben noch Hannahs Blaster, schon vergessen?»
«Und wieso sollte sie ihre Freiheit für einen einfachen Blaster aufs Spiel setzen?», knurrte Mon Mothma.
Thaer musterte sie aufmerksam. «Das weiss ich auch nicht, General. Ich weiss nur, dass sie es tun wird.»
Mon Mothma legte den Kopf schief. «Wieso sind Sie sich da so sicher?»
«Weil diese Waffe ihr sehr viel zu bedeuten scheint. So viel, dass sie mich gleich danach gefragt hat, als ich sie aus der Zelle geholt habe. Wir haben sie damals nur geschnappt, weil sie sich ihre Waffe von einer Diebin zurückgeholt hat.»
Ulean runzelte die Stirn. «Uns wollte sie doch ebenfalls überzeugen, ihr die Waffe zurückzugeben. Dabei ist es noch nicht einmal eine besonders moderne, sie ist schon ziemlich veraltet...»
«Aber es ist eine gute und einige Sammler würden einen ganzen Haufen Credits dafür geben...», widersprach Mon Mothma.
«Diese Waffe ist nicht einfach ein Verkaufswert für Hannah», widersprach Thaer. «Sie hätte sich anders benommen, wäre das Tatsache. Nein, diese Waffe ist persönlich, etwas, dass sie bekommen hat und nicht wieder weggeben will. Vielleicht ein Erinnerungsstück.»
Ulean runzelte die Stirn. «Eine Waffe als Erinnerungsstück? Wer würde jemandem eine Waffe als Erinnerungsstück geben?»
«Jemand, dem diese Waffe sehr wichtig ist und dem klar ist, dass Hannah das wusste und immer noch zu schätzen weiss.»
Mon Mothma nickte langsam. «Diese Waffe könnte der Schlüssel dazu sein, endlich herauszufinden, wer sie ist. Lassen Sie sie verschwinden, Ulean, so dass Catallan sie nicht findet, sollte sie hier auftauchen.»
Thaer legte den Kopf schief. «Um was geht es hier? Was soll das heissen, der Schlüssel, wer Catallan ist?»
«Eine einfache Schmugglerin ist sie nicht, so viel ist sicher. Da steckt mehr dahinter», stellte Mon Mothma fest.
Thaer schüttelte ungläubig den Kopf. «Da steckt mehr dahinter? Sicher, so gut wie jeder Kriminelle hat eine Hintergrundgeschichte, die er zu vertuschen versucht.»
«Sie wissen, das Catallan etwas versteckt?», hakte Ulean überrascht nach.
Thaer nickte. «Natürlich. Ich bin nicht blind und taub, wissen Sie.»
Mon Mothma musterte Thaer mit neuem Interesse. «Wissen Sie auch genaueres?»
Thaer dachte einen Moment nach, kaute auf seiner Lippe herum, als müsste er eine Entscheidung treffen, dann schüttelte er den Kopf. «Es geht nicht um das, was ich weiss, es geht um das, was ich nicht weiss.»
Ulean runzelte verwirrt die Stirn. «Was soll denn das nun wieder heissen?»
«Das kann ich Ihnen alles erklären, aber ich würde vorschlagen, wir holen Hannah zuerst aus der imperialen Haft heraus.»
Mon Mothma warf ihm einen misstrauischen Blick zu, aber Thaer störte sich nicht daran. Es würde noch eine Weile dauern, bis man einem ehemaligen Truppler vertraute. «Dazu müssten Sie uns aber zuerst verraten, was Ihr Plan für die Befreiung ist und wieso wir unseren Kontakt benutzen sollen.»
«Ihr Kontakt sucht für uns heraus, in welchem Gefängnis Hannah einsitzt, welche Sicherheitsstufe ihre Zelle hat und ob sie sie schon verhört haben.»
«Und dann weiter?»
«Weiter kann ich erst planen, wenn ich alle Details kenne», stellte Thaer fest.
Mon Mothma nickte langsam, dann gab sie Ulean ein Handzeichen. «Fragen Sie ihn nach den Dingen, die unser Hüter zu wissen verlangt.» Ulean nickte und verschwand, Mon Mothma aber legte den Kopf schief. «Jetzt können Sie mir darüber berichten, was Sie nicht wissen, Thaer.»
Thaer zögerte kurz, dann nickte er. Er schuldete Hannah nichts. Gar nichts. Also berichtete er Mon Mothma von Hannahs Aussagen für das Verhör, in dem sie beinahe ausnahmslos gelogen hatte. Die ältere Frau hörte ihm zu, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen. Am Ende nickte sie langsam. «Sie hat wirklich gelogen?»
«Ja. Wir haben versucht, ihre Aussagen zu bestätigen, aber wir haben keine Beweise gefunden. Ausserdem wissen Sie sicher, dass man als Hüter darin ausgebildet wird, Lügen zu erkennen.»
«Und Sie haben ihre Aussagen als solche erkannt?»
«Genau.»
Mon Mothma schwieg eine Weile. «Damit hat sie einiges über sich preisgegeben, auch wenn wir es bis jetzt nur grob erfassen können. Sie heisst nicht Catallan... Sagen Sie, Thaer, ist Hannah ihr richtiger Name?»
Thaer nickte langsam. «Ich... Ich bin mir beinahe sicher.»
Mon Mothma stiess langsam Luft aus. «Wirklich? Sie müssen wissen, dass das sehr wichtig ist», fragte sie erneut.
Thaer runzelte, verwundert davon, wie oft sich Mon Mothma versicherte, die Stirn. «Ja. Ja, ich bin sicher.»
Die Generalin fluchte. «Dabei dachte ich, ich hätte endlich herausgefunden, woher ich sie kenne!»
«Sie kennen Hannah?», fragte Thaer überrascht nach. «Sie hat nie etwas in diese Richtung gesagt. Aber sie spricht sowieso nicht über sich selbst, also vergessen Sie, dass ich etwas gesagt habe.» Er schwieg kurz. «Und... woher dachten Sie, sie zu kennen?»
Mon Mothma zögerte kurz, dann schüttelte sie den Kopf. «Nicht so wichtig. Es war sowieso total unwahrscheinlich.»
«Dann macht es doch nichts, wenn Sie es aussprechen», bohrte Thaer weiter, jetzt neugierig auf die Antwort. Er würde Hannah sowieso noch nicht helfen können, wenn er nicht wusste, in welchem Gefängnis sie festgehalten wurde.
Die Generalin schluckte. «Ich... Wenn Sie lachen, Hüter, dann haben Sie ein Problem», drohte sie.
Thaer liess sich nicht einschüchtern. «Das Risiko gehe ich ein. Ich werde mich bemühen.»
Mon Mothma nickte langsam. «Ich... Ich habe Catallan für Solo gehalten.»
Thaer stockte. «Bitte, was?»
«Denken Sie doch einmal nach: Sie weigert sich, irgendetwas über ihre Vergangenheit preiszugeben, sie verabscheut sowohl Imperium als auch Rebellion...»
«Was hat das denn mit Padmé Solo zu tun?», unterbrach Thaer sie. «Ich wusste nicht, dass...»
«Sie die Rebellion nicht ausstehen kann? Sie gibt uns die Schuld für den Tod ihrer Mutter.»
«Oh.» Thaer schwieg überrascht. Daran hatte er nie gedacht. Obwohl General Leia Organa Solo an einem plötzlichen, laut MediBots natürlichem, Organversagen gestorben war, hielten sich gewisse Gerüchte, sie sei vergiftet worden, hartnäckig. Und wenn auch Padmé Solo diese Gerüchte glaubte...
«Ausserdem... Finden Sie nicht, dass Catallan Han Solo nicht ähnlich sieht?», spann Mon Mothma den Gedanken weiter.
«Ich kenne ihn nur von Bildern, das kann ich nicht beurteilen», krebste Thaer zurück, hörte allerdings weiterhin interessiert Mon Mothmas Ausführungen zu.
«Wie auch immer, sie hat irgendetwas gegen mich, sie kennt mich auf jeden Fall und ausserdem... Ausserdem hat sie Ulean und ihren Partner angelogen, als sie Catallan zum ersten Mal getroffen haben: Die Narben an ihrem Arm wurden ihr keineswegs von Padmé Solo zugefügt.»
Thaer runzelte die Stirn. «Es gibt viele Schmuggler, die über den Ursprung ihrer Narben lügen.»
«Natürlich, aber... wäre es nicht die genialste Täuschung von allen? Versteckt vor aller Augen, von allen gesehen und trotzdem von niemandem. Die abweisende Schmugglerin, die Tochter zweier galaktischen Ikonen.»
Thaer dachte noch nicht einmal darüber nach, als er antwortete. «Das ist ja alles schön und gut, aber vor allem sehr unwahrscheinlich. Eher ist Padmé Solo tot, als dass es Hannah ist. Solo ist eine Jedi, ausgeglichen und...»
«Padmé Solo war nichts von dem, als ich sie gekannt habe!», unterbrach Mon Mothma ihn. «Ich denke kaum, dass irgendein Jedimeister bei klarem Verstand sie aufgenommen hätte, ihr Onkel Skywalker hätte sie allen voran abgelehnt!»
«Weshalb?»
«Sie war impulsiv, ausserordentlich eigensinnig und stur, abenteuerlustig, alles, was einem Jedi verboten ist. Ihr jüngerer Bruder dagegen... Möge die Macht mit ihm sein.»
Thaer runzelte die Stirn. «Meinen Sie Jason Solo?»
«Genau. Die Gerüchte scheinen ihn und seine ältere Schwester durcheinander gebracht zu haben. Jason war derjenige, der vielleicht einmal ein Jedi gewesen wäre... Er wäre ein guter Beschützer geworden.»
«Also ist es wahr, was das Imperium sagt? Sie haben ihn umgebracht?»
«Wäre er noch am Leben, sie hätten es die Galaxie wissen lassen. Sein Vater hätte wohl alles getan, um ihn zurückzubekommen.»
Das brachte Thaer auf einen anderen Gedanken. «Warum sind Sie, wenn Sie Padmé Solo als so ungeeignet empfinden, dann auf der Suche nach ihr und konzentrieren sich nicht auf ihren Vater?»
Mon Mothma hob eine Augenbraue. «Sie sind clever, Thaer. Aber Sie kennen Han Solo nur aus Geschichten. Er ist alt geworden und ein gebrochener Mann. Er hat den Verlust seines Sohnes und seiner Frau nicht verkraftet.»
«Aber er wäre doch immer noch besser als seine Tochter, wenn Ihre Beschreibung wirklich auf sie zutrifft..»
«Vielleicht...» Mon Mothma blinzelte, als müsste sie sich zwingen, aus ihren Gedanken aufzutauchen. «Wir suchen schliesslich auch nach Han Solo. Auf Ihrer letzten Mission ging es um die Informationen, wo er sich versteckt.»
«Was?», Thaer starrte die Generalin überrascht an. «Wirklich?» Dann ging ihm auf, was sie gesagt hatte. «Er versteckt sich auf? Sollte er nicht aufrecht stehen und kämpfen?»
Mon Mothma seufzte. «Würde er das tun, das Imperium würde ihn zermalmen, genauso wie sie es mit Luke Skywalker getan haben. Nein, er ist klug, sich zu verbergen. Genauso wie Padmé klug ist.»
Thaer zögerte, seine nächste Frage zu stellen. «Was wollen Sie von Padmé, wenn Sie sie nicht als vertrauenswürdig ansehen?»
«Sie ist zu einem Symbol geworden, durch diese ganzen Gerüchte, Hüter», stellte die Generalin fest und Thaer bemerkte, wie müde sie sich anhörte. «Die Leute halten sie für eine Jedi, eine Retterin, die sich nur verbirgt, um mit einer Armee an ihrer Seite aus dem Schatten zu treten. Padmé Solo ist eine Figur der Hoffnung, obwohl sie in Wirklichkeit immer das genaue Gegenteil war, als ich sie das letzte Mal gesehen habe. Wir brauchen Hoffnung, Thaer, ganz verzweifelt brauchen wir Hoffnung und Padmé Solo wird uns diese Hoffnung geben, ob sie will oder nicht.»
Und auf einmal verstand Thaer, weshalb Hannah die Rebellion nicht mochte, er verstand, warum sie nicht mit den Rebellen sympathisierte, denn, obwohl sie die Guten sein sollten, so zwangen sie doch alle, die ihre Moralvorstellung nicht teilten, ihnen zu dienen und ihren Part in dem grossen Plan der Rebellion zu erfüllen, egal ob ihnen dieser Part gefiel oder nicht. Thaer gefiel sein Part. Jetzt noch. Aber er wusste nicht, wie lange das noch der Fall sein würde.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Ulean hereinstürzte, ausser Atem, vollkommen bestürzt. «Sie ist nicht eingetragen!», keuchte sie. «Hannah Catallan wurde nie festgenommen!»
Kritik? Meinungen? Anmerkungen?
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top