Kapitel 6- Das Gefängnis
Quorras Kopf lag am Boden, ihr ganzer Körper tat weh und ihre Nase blutete.
,,Bitte, lass mich in Ruhe," murmelte sie bestimmt schon zum fünfzigsten Mal, doch die Stimme in ihrem Kopf verstummte einfach nicht.
,,Niemand in deinem Leben hat dich je geliebt, Quorra und das ist dir bewusst. Nur weil du es seit Jahren verdrängst heißt das nicht, dass es nicht wahr ist."
Am liebsten wäre Quorra aufgesprungen und hätte der Sprecherin ins Gesicht geschlagen. Es gab nur ein Problem. Es gab keine Sprecherin. Niemand sagte diese Worte. Das ganze geschah nur in ihrem Kopf. Quorra wusste nicht, wie lange sie noch bei Verstand bleiben konnte.
Gerade als dieser Gedanke ihren Kopf verlassen hatte, öffnete sich eine Tür in dem komplett dunklen Raum und ein gleißend helles Licht leuchtete durch den Raum. Quorra kniff die Augen zusammen und versuchte sich wegdrehen, doch ihr Körper war mit Ketten an den Boden gebunden.
,,Das würde ich nicht versuchen. Beim nächsten Mal gibt es Elektroschocks," dieses mal war die Stimme ganz real und viel zu nah an ihr dran.
,,Was wollen sie?," fragte sie mit der letzten Kraft, die sie noch aufbringen konnte, ,,Und was haben sie mit Asena gemacht?"
,,Asena ist tot," sagte die weibliche Stimme, Quorra öffnete die Augen und vor ihr stand eine Togruta.
Langsam kehrten die Erinnerungen schemenhaft zurück in ihr Gedächtnis. Asenas lebloser Körper vor ihr auf dem Boden, die Wachen die sie zurück gezerrt, ihr kaum eine Sekunde zur Verarbeitung gegeben hatten. Die Gefühle hatten Quorra übermannt, doch es war nicht genug gewesen, um in Ohnmacht zu fallen. Sie hatte jede einzelne Sekunde des Rückflugs miterlebt. Und dann hatten die Stimmen angefangen. Zuerst waren sie ganz leise gewesen, Quorra dachte sie hätte sie sich nur eingebildet, oder jemand im Nebenraum würde sich unterhalten, doch es schwall immer mehr an wurde lauter und lauter und trieben das Kind in wenigen Stunden an den Rande des Wahnsinns. Sie lachten, beschimptfen sie und machten sich über Quorra lustig. Es schien kein Entkommen zu geben.
Quorra schloss die Augen wieder. Eigentlich war ihr klar gewesen, dass Asena tot war, doch bis zu diesem Moment schien es wenigstens den Hauch einer Möglichkeit zu geben, dass sie noch irgendwie am Leben war, gleich um die Ecke kommen und wie immer den Tag retten würde. Schnell verdrängte sie den Gedanken und sah zu der Togruta auf.
,,Wieso bin ich hier?"
,,Deine Freundin hat versucht, einen sehr wichtigen Admiral umzubringen. Ich möchte von dir wissen, wer sie beauftragt hat."
,,Wir haben nie über ihre Arbeit gesprochen," murmelte Quorra und richtete sich so weit auf wie ihre Fessel es ihr erlaubten, ,,Ich weiß es nicht."
Obwohl sie die Wahrheit sagte, schien die Togruta ihr nicht zu glauben. ,,Mal sehen ob du nach drei Wochen im Gefängnis immer noch nicht gesprächsbereiter bist," antwortete sie kühl und stöckelte auf ihren Schuhen wieder aus dem Raum.
Quorras Kopf sank auf den Boden, doch bevor sie sich ihrer Müdigkeit ergeben konnte öffnete sich die Tür wieder und zwei Menschen betraten den Raum, befreiten sie von ihren Fesseln und zogen sie hinter sich her.
Sie versuchte sich zu wehren und um sich zu schlagen, doch die Männer ignorierten das einfach und warfen sie in einen Nebenraum, die Eisentür schloss sich und Quorra war schon wieder ganz allein. Dachte sie zumindestens.
,,Frischfleisch?," tönte eine kratzige Stimme aus einer Ecke. Quorra wäre zurückgezuckt, hätte es sich nicht so absolut lächerlich angehört. Das schienen auch alle anderen zu denken, denn es folgte sofort eine genervte Frauenstimme.
,,Also bitte, das ist ein Kind. Und Fleisch ist auch nicht wirklich an ihr dran."
Quorra stand auf und sah sich um, ihre Augen gewohnten sich langsam an sie und sie bemerkte die ganzen Leute um sie herum.
,,Wie viele sind denn hier?," fragte sie leise und räusperte sich schnell um ein bisschen ernsthafter zu klingen.
Die Frau die eben gesprochen hatte löste sich aus der Menge.
,,Wir sind dreiundvierzieg Leute. Vierundvierzig mit dir."
Quorra schluckte.
,,Und wie lange seid ihr schon hier?"
Die Fau zuckte mit den Schultern, als sie vor Quorra stand bemerkte sie, dass sie gar nicht so alt schien.
,,Also ich bin schon zwei Jahre hier," sie machte eine ausschweifende Handbewegung, ,,Der Rest hier länger."
,,Und...wann kommt man wieder raus?"
,,Wenn die da draußen es entscheiden," der Mann mit der kratzigen Stimme trat vor, ,,Und jetzt stell nicht so viele Fragen, sondern erzähle uns lieber mal, weswegen du hier bist."
Als Quorra stumm blieb streckte die Frau ihr eine Hand entgegen.
,,Ich bin Azura," Quorra blickte auf die blaue Hand. Eine Vahla. Schoss es ihr durch den Kopf. Deswegen war sie also auch so groß.
,,Quorra," murmelte sie und nahm ihre Hand entgegen.
Der Mann mit der kratzigen Stimme drehte sich wieder um, Quorra schien nicht mehr so interessant zu sein.
—
Azura war eine Person, die in die Freiheit musste. Diese Erkenntnis hatte Quorra bereits nach einer Woche in Gefangenschaft. Während sie selbst es gewohnt war auf engem Raum festzusitzen hatte Azura sich nach drei Jahren Gefangenschaft anscheinend immer noch nicht daran gewöhnt, und das ließ sie alle anderen deutlich spüren. Erst bei der einzigen Mahlzeit des Tages sprach Quorra das Offensichtliche an.
,,Hat eigentlich jemand von euch schon einmal versucht auszubrechen?"
,,Unzählige Mahle," kommentierte Azura mit offenem Mund. Cleb, der Mann mit der kratzigen Stimme nickte, ,,Oh ja, das kannst du ihr glauben. Sie geht den Wachen regelmäßig auf die Nerven."
,,Und uns auch," murmelte eine Frau neben Cleb.
,,Helft ihr ihr dabe?"
,,Nein, die helfen nie. Die haben kein Interesse an der Freiheit," Azura seufzte, ,,Sie verstehen es einfach nicht."
,,Okay, komm wieder runter, kein Grund für eine melodramatische Einlage," die Frau stöhnte auf, doch Azura war bereits voll in ihrem Element.
Dramatisch stand sie auf und regte ihre Hände gen Himmel.
,,Sie lassen sich hier einsperren wie Ratten im Käfig und leben ihr Leben, als wäre es ein Spiel, oder etwas was man einfach wegwerfen kann."
,,Für die meisten ist es das ja auch, aber gut," murmelte Cleb.
Die Frau seufzte, ,,Die meisten hier sind hier wegen eines Grundes. Und wer seine Zeit brav absitzt der kommt auch wieder raus. Leute wie Azura haben keinen Gerichtsprozess hinter sich, sie wird nie rauskommen."
,,Niemals?," fragte Quorra erschrocken, ,,Ich hatte auch keinen Gerichtsprozess." Cleb legte seinen Kopf schief.
,,Ich denke Minderjährige entlassen sie wenn sie achtzehn sind."
Quorra schluckte, ,,Ich bin zehn."
,,Tja, dann spaßige Acht Jahre," ertönte eine gehässige Stimme hinter ihnen. Die Tür hatte sich geöffnet und vier Wärter mit Pistolen kamen rein.
,,So, ab zum Nachmittag Sportprogramm, das ist ja kein Ferienlager. Und Neuzugang, heute rennst du die fünf Kilometer in einem, sonst gibt es Isolationshaft. Du bist lange genug hier."
Quorra nickte. Es hatte keinen Sinn zu widersprechen, sonst würde sie so oder so Isolationshaft bekommen und darauf konnte sie sehr verzichten.
Die Truppe wurde rausgetrieben und Quorra fand sich neben Azura wieder.
,,Ich helfe dir," murmelte sie leise.
,,Was meinst du?," fragte Azura in normaler Lautstärke und ein Wärter stieß ihr seinen Blaster in die Rippen.
,,Nicht reden."
,,Zu entkommen. Wir werden einen Plan machen und rauskommen, wir schaffen das."
Azura nickte, ,,Klingt gut. Was hast du dir vorgestellt?"
,,Oh ich weiß ganz genau was ich mir vorgestellt habe."
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