Kapitel 3- Das Blut

,,Was ist?," fragte Quorra, als sie bei Asena im Cockpit angekommen war. Asena saß am Pilotensitz und deutete genervt nach draußen.

,,Eine Kontrolle, weil unser Schiff nicht registriert ist. Verdammte neue Republik," murmelte Asena genervt und begann den Frachter aufzuräumen.

Quorra hörte sie gar nicht richtig, ihr Blick war auf das gerichtet, was sich vor der Scheibe abspielte. In dem Raum wo sie aufgewacht war, hatte es keine Fenster gegeben, doch jetzt starrte sie direkt in die Schönheit des Weltraums. Noch nie hatte sie Sterne von so nah gesehen, und die zwei Schiffe die ihnen entgegenkamen schienen das gesamt Bildes noch einmal zu Vervollständigen. Auf einmal hatte sie alles vergessen, was die letzten Stunden, Quorra konnte nicht sagen, wie viele es gewesen waren, geschehen war, als sie voller Neugier in das für sie unbekannte Territorium starrte.

Asena schnippte mit ihren Fingern vor Quorras Gesicht, ,,Guten Morgen, Träumerlein, hilf mir mal lieber." Erst jetzt bemerkte diese, was die Krish vor ihr tat.

,,Schmuggelst du etwa?," fragte sie ganz verwirrt, ,,Und du transportierst die Ware bei dir im Cockpit?"

Asena verdrehte die Augen, ,,Ja, manche Leute müssen auch ihr Geld verdienen, und können nicht einfach in einem fremden Raumschiff gratis mitfliegen."

Quorra lief etwas rot an und half die Schmuggelware zu verstecken.

,,So die wollen nur wissen, dass wir nichts schmuggeln, wenn sie an Bord kommen, tu also ganz unauffällig, klar?"

Quorra wollte gerade einwerfen, dass sie doch genau das gerade taten, doch wurde gestoppt, als ein lautes Geräusch darauf hindeutete, dass das Raumschiff der neuen Republik angedockt war.

,,Wieso transportierst du das im Cockpit?," flüsterte Quorra, verstummte aber, als eine weißblonde Omwati und ein tiefdunkler Keshiri hereinkamen.

Beide trugen eine kurzärmelige, offene Weste mit einem weißen Hemd darunter, außerdem prangte auf ihrer rechten Brust ein großes Rangabzeichen.

Sie sahen sich misstrauisch um, die Omwati deutete mit einem Kopfnicken eine Begrüßung an.

,,Ich bin Inspektorin Mikav, von der neuen Republik, das ist Inspektor Thyon, wir sind hier um Ihr Schiff zu inspizieren."

Mikav sah sich um, ,,Wo ist der Rest Ihrer Crew?"

,,Er steht vor Ihnen," antwortete Asena, ,,Ich bin Asena Owen und mir gehört dieses Schiff und das ist meine Nichte, Van'la Owen."

Thyon sah misstrauisch von der Krish zum Menschenmädchen, ,,Nichte? Sind Sie sich da sicher?"

,,Großnichte," antwortete Asena und Quorra bewunderte die Ruhe, mit der sie log. ,,Die Tochter meiner Cousine. Wissen Sie, mein Halbonkel, war zur Hälfte Mensch und heiratete einen Mensch und die haben einen Mensch adoptiert und die hat dann wieder einen Mensch geheiratet und das ist Van'la."

Die beiden Inspektoren schienen nicht mehr misstrauisch, sondern nur mehr verwirrt. ,,Naja dann"

,,Es ist sehr selten, dass ein VCX-100 Frachter von nur einer Person geflogen wird," meinte Mikav, ,,Wir sehen uns das ganze Mal von drinnen an."

Die beiden gingen hinein, ihre Hand immer an ihrem Blaster.

,,Die sehen nicht halb so cool aus wie sie denken, dass sie tun," murmelte Quorra.

Die Inspektion dauerte lange und war für alle beteiligten Nervenaufreibend. Die Inspektoren waren eindeutig unterbesetzt und dadurch extremst gestresst, und Asena war nicht gerade eine Hilfe, diesen Stress loszuwerden.

,,Also Sie müssen mir unbedingt erzählen, wie Ihr Job ist. Ich meine ich selbst suche ja gerade Arbeit, ich habe vielleicht ein bisschen zu viel Geld ins Glücksspiel investiert und nun kann ich mir kaum noch Treibstoff für diesen Frachter leisten, aber was Sie tun ist sehr beachtlich..." und so weiter.

Quorra fragte sich wie die Inspektoren nicht merkten, dass Asena sie nur ablenkte. Die Lügen und die Falschheit strahlten quasi von ihr ab. Sie bekam ein ganz ungutes Gefühl, wenn sie länger zu hörte. Schon wieder diese nervigen Kopfschmerzen. Es fühlte sich an, als würde sich ein Säbel in ihre Schädeldecke boren, und dann seelenruhig Quorras Kopf aufschneiden, und das wiederholte sich die ganze Zeit.

Eineinhalb Stunden später und die Inspektion war endlich vorbei. Quorra konnte es nicht glauben, doch Asena zuckte auf ihre Nachfrage bloß mit den Schultern. ,

,Sie schauen doch immer nur im Lagerraum. Deswegen habe ich die ganze Ware bei mir im Cockpit, glaubst du, jemand erwartet etwa, dass einem die Drogen so auf dem Servierteller präsentiert werden?"

Quorra wollte darauf antworten, ihr fiel aber nichts passendes ein. Sie rieb sich den Kopf, es schien ein Wunder zu sein, dass Asena noch nicht geschnappt worden war.

Doch damit hatten die Beiden endlich die lang ersehnte Landeerlaubnis.

Asena landete das Schiff ruckartig im Raumhafen und öffnete die Tür.

,,Willkommen auf Hosnian Prime, der Regierungssitz der Neuen Republik. So, in zwei Stunden bin ich wieder zurück. Warte bis dahin hier und beweg dich nicht vom Fleck, klar?"

Quorra nickte.

,,Falls dir langweilig ist... ließ was," Asena warf Quorra eines der Bücher zu, zwischen denen sie aufgewacht war. Sobald die Krish das Cockpit jedoch verlassen hatte, legte das Kind diese sofort wieder weg. Sie konnte lesen, aber nicht gut und wenn sie nicht musste, vermied sie es lieber.

Stattdessen griff sie sich zum ersten Mal nach Devikas Notfalltasche, das einzige, was sie von zu Hause mitgenommen hatte. Allein die Berührung sendete eine kleine Schockwelle durch Quorras Körper und in kurzen Momenten tauchten die Bilder des leblosen Körpers ihrer Tante vor ihrem inneren Auge wieder auf.

Quorra musste kurz wegsehen, um sich zu sammeln, begann dann aber die Notfalltasche auszuräumen. Es war nicht gerade viel drinnen. Bandagen, zum Verbinden von Wunden in verschiedenen Größen und Stärken. Einige Medikamente, unter anderem auch Kraut, das gut gegen Krankheiten war. Als Quorra weiter in der wirklich tiefen Tasche kramte, entdeckte sie bloß zwei andere Dinge. Einen Blaster und einen kleiner Holoprojektor.

Quorra drehte ihn an, und ein Hologramm ihrer Tante erschien. Irgendetwas wunderte sie jedoch. Es traf sie wie ein Schlag. Devika sah genauso aus wie an ihrem Todestag. Das hatte sie an ihrem eigenen Todestag aufgenommen.

,,Quorra, wenn du das hier siehst, heißt es, dass ich tot bin. Ich muss dir einige Dinge erklären. Es ist schwierig. Fangen wir mit deiner Geburt an. Deine Mutter ist einen Pakt eingegangen. Ich verstehe nicht viel davon, doch du und deine Zwillingsschwester ihr seid nicht natürlich geboren worden. Ihr seid so etwas ähnliches wie Klone, aber ihr wurdet durch kleine Teilchen erschaffen. Die durchs Blut gehen. Lass dir das bitte von Asena erklären. Deiner Mutter wurde versprochen, würde sie jemals ein Kind haben, würde es das Anrecht bekommen, die Galaxis zu beherrschen, wenn sie es in seinem siebten Lebensjahr abgeben würde. Doch es gab einen Fehler und es wurden zwei Kinder geboren. Du und deine Zwillingsschwester, Nephele. Eines musste verschwinden. Ich erspare dir die Einzelheiten. Ich verstehe nicht ganz, was nun passieren wird, aber es wird nicht gut sein. Pass auf dich auf. Und hüte dich vor einer Frau namens Latasha!"

Das Hologramm endete und Quorra musste sich erst einmal hinsetzen. Sie hatte keinen Plan, was gerade geschehen war. Alles was sie wusste, war, dass sich gerade eine schwere, geradezu niederdrückende Atmosphäre auf sie legte. Ihr Atem ging langsamer, und die Kopfschmerzen waren so stark wie noch nie zuvor. Sie musste hier raus.

Es mochte eine Kurzschlusshandlung sein, vielleicht war es unüberlegt und dumm, aber sie konnte nicht anders, als das Schiff zu verlassen. Sie klemmte sich den Blaster an die Hüfte und versuchte, so schnell es ging aus der plötzlich viel zu eng wirkenden Behausung zu entkommen.

Quorra rannte, sie wusste nicht wieso, sie wusste nicht wohin. Es war, als würde sie von einem unsichtbaren Faden gezogen werden, immer weiter weg vom Schiff, nur nicht in die Nähe von Devikas letzter Nachricht, diese Beichte, die sieben Jahre zu spät kam, Quorra wünschte, sie hätte sie niemals gehört.

Ihre Tante hatte kein einziges Mal über Quorras Mutter geredet, nicht ein einziges Mal war eine dieser Informationen über ihre Lippen gekommen. Alles, was sie wusste, war ein Name.

Fabin Visha. Jetzt sollte sie eine Zwillingsschwester haben? Und wer war Latasha? Quorra verstand gar nichts. Sie wollte auch nichts verstehen, es war nicht in ihrem Interesse zu verstehen. Sie wollte nur rennen, so weit es ging, so schnell es ging.

Sie verlor sich im Rennen, aber auf einmal, ein Schlagloch im Gehweg, eine schreiende Frau, und ein bestialischer Schmerz in Quorras Hand. Die Gefühle und Eindrücke überhäuften sich innerhalb von Sekunden. Kopf auf Stein, Stein auf Kopf, Blut, abfangen, ein lautes Knacken, mehr Geschrei, mehr Blut, mehr Schmerz, Dunkelheit.

Endlose Dunkelheit. Und mittendrin ein rotes Leuchten. Die Silhouette einer Frau zeichnete sich vor Quorras Augen ab. Sie versuchte aufzustehen, musste jedoch realisieren, dass es keinen Boden gab. Wie konnte die Frau stehen?

Quorra versuchte um Hilfe zu bitten, doch aus ihrem Mund kam nur ein heiseres Krächzen. Die Frau schien sie dennoch gehört zu haben, denn sie drehte sich um.

,,Ah. Es hat also funktioniert." Quorra hätte geschrien, wäre irgendein Geräusch aus ihrem Mund gekommen. Die dunklen Haare der Frau fielen ihr in langen, gepflegten Locken auf die Schulter. Ihr Kleidungsstil war extravagant und einschüchternd. Ihre goldene Robe ging bis zum Boden und war mit grünen Ranken überzogen, eine goldene, diamanten besetzte Krone thronte auf ihrem Kopf. Doch als Quorra in ihre Augen sah, konnte sie keine normale Augenfarbe erkennen. Nur durchdringendes, loderndes Rot.

Die Umgebung wechselte und innerhalb von Sekunden wurde Quorra durch die verschiedensten Szenarien geworfen, nicht in der Lage, eins davon zu deuten oder wahrzunehmen. Ein Mädchen mit blonden Haaren, das vor einem brennenden Haus stand, eine Togruta lag vor ihr am Boden, sie schien zu weinen, doch Quorra konnte das Geschehen nicht weiter beobachten. Verschiedene Bilder prasselten auf sie ein, der verwester Körper eines Kindes, tausende Tote auf einem Schlachtfeld, eine Explosion, ein Mandalorianer der aussah als würde er einen Drink brauchen, Dantooine, Devikas Leiche vor ihren Füßen.

Ein letztes Szenario baute sich vor ihr auf. Das Mädchen mit den blonden Haaren, wie sie um ein anderes Mädchen trauerte, es hob den Kopf und Quorra stolperte zurück. Das war sie selbst gewesen.

Quorra schlug schwer atmend die Augen auf und sah sich um, das helle Sonnenlicht blendete sie und so konnte sie nicht erkennen, wer sich über sie gebeugt hatte.

,,Uhm, hey, ist alles in Ordnung?," sie blickte in zwei haselnussbraune Augen. 

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