Kapitel 1- Der Anschlag

Hätte Devika Visha sich ein anderes Leben aussuchen können, hätte sie es sicher getan. Sie hätte Karriere im Imperium gehabt und einen Offizier geheiratet. Sie hatte es jahrelang so geplant. Sie würden gemeinsam in einer Villa alt werden, die sie als Entlohnung für ihre guten Dienste bekommen hatten und zwei Kinder großziehen. Vielleicht hätten sie und ihr erfundener Mann sogar Enkelkinder haben können.

Doch es kam ganz anders. Sie schaffte es nie über das Rekruten-Training hinaus, kam nie höher als die unterste Gehaltsstufe, obwohl sie sich sicher war, dass das nur eine Abspeisung war. Als der erste Todesstern zerstört worden war, interessierte sich niemand für die Putzkraft, die in einer Militärbasis am äußeren Rand arbeitete, wieso auch?

Devika hatte zwei Minuten, in denen sie nicht beaufsichtigt gewesen war und sie nutzte diese. Sie liebte das Imperium, aber so wollte sie nicht enden. So konnte sie nicht enden. Sie hatte die Basis mit einem geklauten Speeder verlassen und flog nach Mullan, wo sie ihn in die Luft jagte, damit das Imperium sie für tot erklärte. Und das tat es auch. Nicht, dass sie lange nach ihr gesucht hätten. Die Einwohner hielten sie versteckt, deckten sie und halfen Devika letztendlich auch zurück zu ihrer kleinen Schwester Fabin Visha zu finden.

Doch diese verfolgte längst ihre eigenen Ziele. Nach dem Tod ihrer Eltern hatte sie sich immer weiter von ihrer einstigen liebreizenden Blumenkind Persönlichkeit entfernt und hatte Kontakt zu den seltsamsten Leuten. Die Gruseligste von allen war Lukaante Malvice. Sie tauchte bei ihnen zu Hause auf, wann sie wollte, und sponn Fabin immer mehr in ihr Gerede von den alten Sith und Magie ein. Devika verstand das Meiste nicht, und es konnte ihr nicht egaler sein. Doch Fabin war fasziniert und erzählte ihrer großen Schwester immer mehr über einen alten Sith Fluch, der sie angeblich unsterblich machen sollte. Obwohl Devika das für absoluten Schwachsinn hielt, verfiel ihre Schwester immer mehr in einen Wahn, dass sie doch selbst machtsensitiv sei. Als sie sie darauf hinwies, dass Fabin noch nie auch nur die kleinste Regung von Machtsensitivität gezeigt hatte, wurde sie von dieser angeschrien, dass sich so etwas entwickeln könnte.

Letztlich hielt sich Devika aus dem Gerede ihrer Schwester heraus, sie hatte keine Lust mehr, ihrer Schwester klarzumachen, dass das alles nur Unsinn war und versuchte nach einiger Zeit auch nicht mehr, sie davon abzuhalten, sich mit Lukaante zu treffen.

Das ganze änderte sich neun Jahre nach der Schlacht von Yavin, als Fabin von einem zweiwöchigen Treffen mit Lukaante nach Hause kam. Stolz erzählte sie ihrer Schwester, dass sie es endlich geschafft hatte, Sith Magie richtig einzusetzen. Devika, die natürlich wissen wollte, was sie denn ach so tolles gemacht hatte, bekam eine unbefriedigende Antwort. Ihre Schwester hatte sich an den Bauch gegriffen und theatralisch: ,,Da drinnen. Wächst ein Kind heran," gerufen. Devika fragte sich, wieso sie nicht im Todesstern gewesen sein konnte.

Fabin war während der Schwangerschaft der grausamste Mensch, den Devika je gekannt hatte . Sie hatte mehrmals überlegt, auszuziehen, aber sie wohnte kostenfrei bei ihr und hatte noch nicht genug Geld zusammengespart, um auszuziehen. Devika arbeitete drei verschiedene Jobs und brachte von keinem viele Credits nach Hause. Sobald sie dann bei ihrer Schwester war, musste sie sich um die werdende Mutter kümmern. Das wäre nicht so schlimm gewesen, wäre Fabin sich nicht absolut sicher gewesen, dass ihr Kind eines Tages die Galaxis beherrschen würde. Devika hasste das Kind schon, bevor es überhaupt auf der Welt war.

Doch jedes Leiden fand einmal ein Ende, und schließlich stand Fabin kurz vor der Geburt. Ihr Bauch war riesig, das Baby war aktiv, sie konnte kaum schlafen. Das hatte zum Vorteil, dass Fabin sich weniger darauf konzentrierte, ihre große Schwester zu nerven, aber auch zum Nachteil, dass sie ständig wach war und versuchte, den perfekten Namen zu finden.

Lukaante ließ sich die ganze Schwangerschaft lang nicht blicken und Devika zweifelte ernsthaft daran, dass sie wieder kommen würde. Doch Fabin war voller Zuversicht und meinte, dass 'die Lady' überhaupt keinen Grund hatte, sich zu melden, solange die Schwangerschaft gut verlief.

Endlich war es soweit, am ersten Centaxday im Monat, Helona, gebar Fabin Visha ihr Baby, Nephele. Sie wollte keine medizinische Hilfe, und so hatte Devika alle Hände voll zu tun. Obwohl sie geschworen hatte, das Baby zu hassen, musste auch sie kurz lächeln, als sie sah, wie glücklich ihre Schwester war.

Für ungefähr dreißig Minuten. Denn dann begannen die Wehen erneut, und zwar viel heftiger als zuvor. Devika beruhigte ihre Schwester, dass es sich wahrscheinlich nur um die Nachgeburt handeln würde, doch falscher hätte sie nicht liegen können.

Devika sah es, bevor Fabin es sah. Eine halbe Stunde später schrie nicht nur ein Baby, es schrien zwei.

Fabin war fassungslos, und Devika fiel auf, wie hässlich das Kind war, das in ihren Armen lag. ,,Und wie willst du diese hier nennen?" Fabin simulierte auf ihrem Stuhl einen Ohnmachtsanfall.

Später würde Devika sich oft fragen, wie es dazu gekommen war, doch bald fiel ihr auf, dass Fabin vieles war, aber nicht stabil. Es hätte ihr schon viel früher auffallen sollen, jedoch hatte sie es immer verdrängt. Sie hatte ihre Schwester nicht so schnell aufgeben wollen, aber bald realisierte sie, dass es keine andere Möglichkeit gab. Und das Problem war nicht Nephele, Fabin hegte und pflegte das Kind, und Devika konnte bereits sehen, wie sie ihm einreden würde, dass sie irgendwann mal die Galaxis beherrschen würden. Das Problem war Quorra. Das war der Name des zweiten Kindes. Devika konnte die Beiden immer auseinanderhalten, da Fabin die ganze Zeit um Nephele herum war, sogar wenn sie schlief. Um Quorra kümmerte sie sich fast nie. Devika vermutete oft, dass Fabin das Kind verhungern lassen würde, wenn sie nicht da wäre, es sich jedoch einfach nicht traute.

Doch sie hatte falsch gelegen. Nach knapp zwei Monaten konnte sie nicht mehr mit ihrer Schwester, packte ihre Sachen, nahm das Baby in den Arm und verschwand aus Fabins Haus. Diesen kurzen Akt der Güte gegenüber Quorra bereute sie im selben Moment, und tat es so lange, bis diese alt genug war, um zu sprechen. Devika war nicht in der Lage ein Kind zu erziehen und so stand sie in den ersten Jahren mehrmals mit ihr vor einer Einrichtung für Elternlose Kinder, doch sie brachte es nicht übers Herz. Jedes Mal, wenn sie in das Gesicht des Mädchens sah, sah sie nur ihre kleine Schwester, die sie an Lukaante verloren hatte.

Aber nur weil Devika nicht einfach ein Kind vor einem Waisenhaus sitzen gelassen hatte, machte sie das lange nicht zu einer fähigen Mutter. Um ehrlich zu sein, war es wahrscheinlich schon eine Überraschung, dass Quorra überhaupt so lange überlebt hatte. Devika erzog sie streng, und sie verpasste nur wenige Gelegenheiten, ihr mitzuteilen, wie sehr sie ihr Leben doch zerstört hatte. Den Namen Fabin, oder Nephele, brachte sie kein einziges Mal über die Lippen.

Auch wenn Devika es selten laut aussprach, war es klar, dass sie Quorra für all ihre Probleme verantwortlich machte. Je größer sie wurde, desto weniger ähnelte sie nämlich Fabin und um so mehr konnte sie in den Augen ihrer Tante beschuldigt werden. Devika versank mit der Zeit immer mehr in einem Loch von Selbstzweifel und Hass für Lukaante, so dass sie ganz vergaß, dass sie ein Kind großziehen musste. 

Sieben lange Jahre lebten die Beiden nun schon zusammen, und am siebten Yelone 17 nach der Schlacht von Yavin, sollte sich alles ändern.

,,Wie hast du geschlafen?," fragte Devika, während sie wieder einmal schweigend mit Quorra am Esstisch saß. Die Beiden lebten in einem kleinen Haus mit fünf Zimmern und nur einem Stockwerk. Der Tisch stand in der Küche, direkt neben dem Eingang. Ein Gang führte weiter in das anliegende Badezimmer, das noch zwei Ausgänge mehr hatte. Einer führte in Quorras Zimmer, der andere in das ihrer Tante. An Devikas Zimmer grenzte noch ein kleiner Raum, der von niemandem außer ihr betreten werden durfte.

,,Gut danke. Und du?," gab Quorra zurück, während sie weiterhin ihr Frühstück in sich hinein aß. Devika nickte bloß als Antwort. So ähnlich ging es jeden Tag, Devika war der Meinung, dass man mit einer siebenjährigen wenig anfangen konnte, und Quorra wusste nicht, wie sie sich ihrer Tante annähern sollte.

Sie aßen wie zu jeder Mahlzeit einen Brei, der nur darauf abzielte einen satt zu machen und nach nichts schmeckte. Quorra trank dazu einen Kakao, den Devika von ihrer Arbeit als Küchenhilfe in einem Restaurant hatte mitgehen lassen.

Nach dem Frühstück erfolgte ihre normale Routine: Devika ging in ihrem Büro arbeiten, während Quorra aufräumte. Sie hatte den ganzen Tag wenig zu tun, sie ging nicht in die Schule, sondern wurde von Devika aus Büchern unterrichtet. Der Unterricht war aber so unregelmäßig, dass Quorra gerade mal lesen konnte, geschweige denn Schreiben. Raus kam sie fast nie, und wenn, nur mit Devika.

Während sie gerade dabei war, die Tassen abzuwaschen klopfte es dreimal hektisch an die Türe. Sie wollte gerade hingehen, als ihr einfiel was Devika ihr jedes Mal eintrichterte.

"Mach niemals die Tür auf, hol mich, wenn jemand klopft."

Quorra drehte das Wasser ab und war gerade dabei, nach Devika zu rufen, als es noch einmal klopfte, diesmal energischer. Schnell sprintete sie in das Zimmer ihrer Tante.

,,Da ist jemand an der Türe."

Devika sah aus, als hätte ihr jemand ins Gesicht geschlagen. Mittlerweile hörte man das laute Klopfen bis in ihr Zimmer.

,,Quorra, kletter in deinem Zimmer aus dem Fenster, dann versteck dich im Dschungel. Komm nicht zurück."

,,Aber..."

,,Tu es einfach!," fauchte Devika und schob Quorra in ihr Zimmer. Ein lautes Knacken ertönte, und obwohl sie es nicht sehen konnte, wusste sie, dass die Haustür eingetreten worden war. Quorra wusste, dass sie sich an die Anweisungen ihrer Tante hätte halten sollen, doch sie war viel zu verwirrt, was passierte, um jetzt weg zu laufen. Außerdem kannte sie sich in dem Dschungel nicht aus. Auch wenn sie auf Dantooine groß geworden war, war sie kaum jemals drinnen gewesen.

Als sie Glasklirren und Schreie hörte, wusste sie, dass es ernst war. Sie öffnete das Fenster, doch anstatt das Haus zu verlassen, zog sie sich aufs Dach. Quorra hatte immer viele Stunden am Dach verbracht. Wenn man sich nicht vom Haus entfernen durfte, musste man eben kreativere Methoden finden rauszukommen.

Das Dach war flach, aber es ging auf einer Seite trotzdem schräg nach unten. Quorra konnte ihre Füße gegen den Kamin stemmen und sich hinter ihm verstecken. So war es fast unmöglich, sie zu sehen und sie konnte einigermaßen angenehm liegen. Sie hörte aus dem Haus weiterhin die Kampfgeräusche. Das Schreien ihrer Tante war auch kaum zu überhören, die andere Person schien männlich zu sein, doch Quorra glaubte nicht, dass sie diese kannte. Devika hatte ihr noch nie jemanden vorgestellt, und sie bezweifelte, dass sie viele Freunde hatte, sie hielt sich lieber verdeckt.

Sie war mitten in diesem Gedanken versunken, als ihr auffiel, dass es auffällig leise geworden war. Kein Geschrei, keine Explosionen, keine Schüsse. Schnell rutschte sie vom Dach und hangelte sich die Hausmauer hinunter. Die Haustür war eingeschlagen, und Quorra betrat langsam das Haus. Überall lagen Glasscheiben, der Glaskasten in der Küche war zersprungen. Nichts schien mehr am selben Ort zu stehen. Überall lag Geschirr, Essen und Bilderrahmen. Devika war eine begeisterte Sammlerin gezeichneter Kunstwerke, eine Leidenschaft, die sie auch an Quorra weitergegeben hatte. Doch gerade konnte sich das Kind nicht darauf konzentrieren, dass die gesamte Sammlung zerstört worden war. Der ursprüngliche Steinboden hatte sich mit blauem, dickflüssigem Blut gefärbt. Quorra folgte der Blutspur bis ins Badezimmer. Ein Rutian Twi'lek lag auf dem Boden, sein Atem ging schwer. Schnell beugte sie sich herunter und versuchte ihn umzudrehen, erst da bemerkte sie das Messer, das in seiner Seite steckte.

,,Stich noch einmal zu!," kreischte plötzlich jemand. Quorra zuckte zurück, doch es war nur Devika. Ihr Gesicht war kalkweiß und in ihrer Schulter fehlte ein großer Teil, der eindeutig von einem Blaster weggefetzt wurde, ,,Bring ihn um!," befahl sie noch einmal, doch Quorra sah sie nur verständnislos an.

Devika stürzte sich nach vorn und zog das Messer aus dem Twi'lek. Das ganze schien sie schon zu überanstrengen. Sie hielt sich die Schulter. Der Rutian vor ihnen schlug flatternd die Augen auf und sah zu Devika. Das Blut rann aus seiner Wunde, doch obwohl er kurz davor war zu sterben, wollte er sich nicht ergeben. Devika war abgelenkt damit, Quorra wegzuschieben. Er griff ihr Handgelenk, doch als sie es bemerkte, war es längst zu spät. Er entwand ihr das Messer mit einem geübten Griff und rammte es ihr in den Bauch.

Devika atmete schwer, so als würde sie nicht glauben, was passiert war, langsam nahm sie das Messer und zog es aus ihrem Bauch. Quorra riss die Augen auf, zu überrascht, um einen Laut von sich zu geben. Devika kippte zur Seite weg, das Messer fiel zu Boden.

Der Twi'lek sprang auf und packte Quorra am Handgelenk. Die Schockstarre, in der sich das Mädchen gerade noch befunden hatte, löste sich in derselben Sekunde und wurde ersetzt durch eine unbändige Wut. Sie hatte diese Wut erst einmal in ihrem Leben gespürt, danach hatte sie nie wieder etwas so wütend gemacht. Ihre Hand schien sich wie von selbst zu bewegen, als sie den Twi'lek ins Gesicht schlug. Ein lautes Knacken war zu hören und sie wusste, dass seine Nase gebrochen war. Die Tatsache, dass sie physisch wahrscheinlich überhaupt nicht die Kraft dazu hatte, war ihr in diesem Moment egal. Ihre Hand griff noch immer wie ferngesteuert zu dem Messer, das am Boden lag und stach es dem Mann in die Brust. Es war absolut unheimlich. Quorra zog das Messer wieder heraus und erwartete, von Blut bespritzt zu werden, doch kaum ein Tropfen verließ die Wunde. Der Twi'lek fiel vor ihr auf die Knie und kippte zur Seite weg. Doch das beachtete Quorra nicht mehr, immer noch mit dem Messer in der Hand lief sie zu Devika und versuchte, ihre Wunde mit den Händen zu zupressen.

,,Quorra ich..," Devika wurde durch Husten unterbrochen. Quorra klopfte ihr auf den Rücken, doch das sorgte nur dafür, dass sie Blut auf ihre Beine spuckte. ,,Finde Asena," keuchte Devika.

,,Wen bitte?"

,,Du musst Asena, finden," sie zuckte und versuchte offensichtlich noch etwas zu sagen, doch ihr Körper zitterte nur noch mehr und erschlaffte schließlich in Quorras Arm.

Diese war zu geschockt, um zu weinen. Obwohl ihre Tante gerade in ihren Armen gestorben war, war sie bis zur letzten Sekunde davon überzeugt gewesen, dass irgendjemand Devika retten würde. Langsam erhob sich Quorra und sah zu dem Twi'lek hinüber. Sie kniete sich neben ihn und durchsuchte seine Taschen. Dabei musste sie sich bemühen, sich nicht hier und jetzt zu übergeben, es hätte ihrer Situation nicht gerade genutzt.

Tatsächlich fand sie ein kleines Portemonnaie, mit ein paar Credits drinnen, keinen Ausweis, keinen Auftrag, gar nichts. Er hatte wahrscheinlich damit gerechnet zu sterben. Quorra stolperte zur Toilette und übergab sich. Das Ganze schien sich erst jetzt in ihrem Kopf zu festigen, wie eklig es eigentlich war.

Sie erhob sich mit zitternden Beinen und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Die unglaubliche Wut über Devikas Tod war von Angst und Verzweiflung weggewaschen worden. Quorra konnte außerdem nicht glauben, dass sie es wirklich geschafft hatte, jemandem die Nase zu brechen, der doppelt so groß war wie sie und dann auch noch auf ihn einzustechen, das war für die siebenjährige zu viel und sie musste wieder zur Toilette eilen um sich noch einmal zu übergeben.

Dann brachen alle Dämme, sie hatte es bis jetzt zurückgehalten, weil sie wusste, wie wenig ihr jetzt ein Zusammenbruch bringen würde, doch sie schaffte es nicht mehr. Sie rannte in ihr Zimmer, verkroch ich unter ihrer Bettdecke und schrie den Schmerz über Devikas Tod in ihren Polster. All die Angst, die sie in der letzten Stunde verspürt hatte, in der sich ihr Leben so rapide geändert hatte, schien sie zu verlassen, doch die Trauer blieb. Es fühlte sich für Quorra an, als würde sich in ihrem unteren Magen ein Klumpen bilden, der jedes Mal, wenn sie daran dachte, ein kleines bisschen schwerer wurde und sie zum Weinen brachte.

Quorra hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, als ihre Tränen schließlich versiegten und kein bisschen Wut mehr übrig war, um in den Polster zu schreien. Jetzt war das Kind nur noch ein kleines Häufchen Elend, das am liebsten angefangen hätte, zu einem Gott irgendeiner Kultur zu beten, dabei war es ganz egal welche, dass er Devika doch bitte retten möge. Doch Devika hatte ihre Nichte zur Atheistin erzogen und wäre ausgerastet, hätte sie erfahren, dass sie beten auch nur in Betracht zog.

Schnell beendete Quorra ihren kurzen Gebets-Moment und stand auf. Sie saß auf ihrem Bett und fragte sich, was sie machen sollte. Hier wohnen bleiben war nicht möglich. Nicht nachdem anscheinend jemand versucht hatte, sie umzubringen. Auch wenn die Person das extremst schlecht eingefädelt hatte. Welcher Kopfgeldjäger verlor denn bitte gegen eine Siebenjährige und dessen Tante? Das Ganze kam dem Mädchen so surreal und...unmöglich vor.

Doch jetzt konnte Quorra nicht darüber nachdenken. Sie erinnerte sich daran, dass ihre Tante Notfallrucksäcke für sie beide hatte. Aber diese waren in dem Zimmer, das Quorra nie betreten durfte.

Quorra ging schnell ihre Möglichkeiten durch. Auf der einen Seite wollte sie die Privatsphäre ihrer Tante respektieren, auf der anderen Seite war das jetzt sowieso schon egal. Sie lief in das Zimmer ihrer Tante und vermied den Blick auf den Boden, da sie durchs Badezimmer musste.

Sie betrat Devikas Arbeitszimmer und sofort fiel die Tür ins Auge. Sie machte sich bereit, irgendein unsinniges Rätsel zu lösen oder einen Code eingeben zu müssen. Das Ganze schien nicht wie ein Zimmer, das man einfach unbewacht lassen würde, vor allem da Devika anscheinend gewusst hatte, dass sie gejagt wurde.

Aber als Quorra den Knauf an der Türe herum drehte, ging diese mit einem Klicken auf wie jede andere Tür in diesem Haus.

Doch was sie sah, verschlug ihr den Atem und ließ einige Fragen in ihrem Kopf entstehen. 

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