Pass auf, Myrye!

Lytha hatte sich in ihren liebsten Raum des gesamten Chateaus zurückgezogen, die Bibliothek.

Er faszinierte sie mehr, als sie es je zugeben würde. Wie das restliche Chateau war dieser riesige Raum ein Gesamtkunstwerk an sich. Fast alle Wände waren Regale voll mit Büchern. Es waren echte, sehr alte Bücher aus Papier, eine absolute Seltenheit in der Galaxis. Lytha hatte noch nie so viele davon an einem Ort gesehen, nicht einmal im Tempel gab es so viele. Die meisten Bücher dort, die Jocasta Nu hatte vor dem Imperium retten können, waren digitale Holobücher.

Vorsichtig strich Lytha über einen der dunklen Einbände, auf welchem goldene Lettern prangten, während sie gedankenverloren aus dem Fenster sah.

Nicht nur das Chateau der Familie Lynk war schön, sondern auch seine Lage. Die hügelige Landschaft wurde seit jeher zum Weinanbau verwendet und so überzogen schier endlose, saftig grüne Weinstöcke die Szenerie. Das kräftige Grün stellte einen starken Kontrast zum Himmel dar. Die Sonne begann zu sinken und tauchte den Himmel in ein sattes Rot. Bald war es Zeit für das Abendessen und Lytha bekam bereits beim Gedanken daran Bauchschmerzen.

Crons Familie war nett, aber Lytha wurde das Gefühl nicht los, dass sie sie kritisch beäugten. In ihren Augen war das hier ein Test, nur niemand hatte ihr gesagt in welchem Fach.

Etikette?
Tischmanieren?
Sich wie ein Mitglied der Bourgeoisie verhalten?

Die schwere Holztür der Bibliothek öffnete sich und Schritte brachten die Dielen zum Knarzen. Lytha machte sich nicht die Mühe sich umzudrehen, sie würde ihren Freund immer erkennen.

„Es gibt Abendbrot.“, sagte er nur.

Lytha löste ihren Blick von der schönen Landschaft vor dem bodentiefen Fenster und drehte sich zu ihrem Freund.

„Okay, geh vor. Ich finde mich hier immer noch nicht zu recht.“, gab Lytha zu, wobei sie beim letzten Stück nervös lachte.

Das Chateau der Familie war weitläufig und über viele verschiedene Zeiten immer und immer wieder erweitert wurden. Manche Gebäudeteile, wie die Bibliothek, wirkten und waren fast tausend Jahre alt, während andere Gebäudeteile erst zu Zeiten der Klonkriege entstanden waren. Jeder Teil war verschieden und doch auf seine eigene Weise wunderschön.

Dieser Teil hier, war einer der ältesten, wenn Lytha es richtig verstanden hatte und wurde gebaut kurz nachdem die Menschen Serenno besiedelt hatten.

Cron und Lytha blieben vor dem riesigen Holzportal stehen. Er sah sie an, in seinem Blick nichts als Liebe, und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Wange.

„Sei nicht nervös.“, sagte er, „Sie mögen dich.“

Dann tat Cron so, als würde er die Tür öffnen.

Lytha war sich unterdessen sicher, dass niemand im Hause Lynk seit Jahrtausenden je eine Tür im Chateau selbst geöffnet hatte zu jeglicher Form von wichtigen Anlässen. Für sowas hatte man Bedienstete.

Zwei von diesen öffneten nun auch die fast mit Schnitzereien überquellende Tür. Lytha trat, gefolgt von ihrem Freund, in den prächtigen Speisesaal ein.

Der Rest des historischen Teils des Chateaus sah gegen diesen Raum aus wie eine Voorpakhütte.

Von der Decke hingen Kronleuchter, die so aussahen als wären sie aus Gold und Electrum gearbeitet. Sie wirkten wie goldene Fontänen, die aus dem wunderschönen Deckenfresko zu ihnen in den Raum vordrangen. Man konnte sie auch für Erweiterung der Flügel der Diathem, gemeinhin auch als Engel bekannt, halten. Diese unnatürlich schönen Wesen sahen auf die acht Anwesenden mit sanften Blicken herunter.

Lytha sah unterdessen nur auf die lange dunkle Tafel vor ihr, deren Holz perfekt zur Wandvertäfelung und dem Fußboden passten.

All diese Pracht nahm die Lethan Twi’lek allerdings nur am Rand war, ihr Fokus lag auf den Unmengen von Essen, die ihnen auf getafelt wurden waren. Und auch wenn Xia sicher dagegen protestierten würde, wirkte das Essen auf ihrer Feier gegen all das hier wie ein Diätbuffet. Das konnten gerade einmal acht Personen unmöglich schaffen, dachte die Padawan.

Lytha war bei dem Platz angekommen, der sich binnen der wenigen Tage, die sie schon hier war zu ihrem angestammten Platz etabliert hatte. Cron richtete in guter Manier ihr den Stuhl und sie setzte sich. Die Lethan Twi'lek sah stumm in die Runde, sie waren die Letzten gewesen, die zum Abendessen erschienen waren.

Dies brachte ihnen einige missbilligende Blicke ein, vor allem Lytha.

Crons Großmutter Ilyté warf ihr einen Blick zu, mit dem sie die Twi’lek am allerliebsten über alle Weinberge jagen würde. Lytha erinnerte sich noch gut, wie sie vollkommen schockiert erwähnt hatte, dass Cron die in ihren Augen Dreistigkeit besessen hatte, ihr nicht mit zu teilen, dass Lytha kein Mensch war.

Es war für alle unangenehm gewesen, doch nur Crons ältere Schwester Myrye hatte die Großmutter für ihre Aussage zur Rechenschaft gezogen.

Lytha schob den Gedanken an diese unangenehme Sache zur Seite und lächelte in die Runde, als Crons Großvater das Wort ergriff. Er hatte sich Lytha als Juan Lynk, der 19774. Marquise von Fiyarro vorgestellt und eröffnete mit knappen Worten offiziell das Abendessen.

Vorsichtig nahm sich Lytha etwas und es schmeckte unbeschreiblich lecker. Müsste sie es doch beschreiben käme es dem Moment gleich, als sie das erste Mal ihren Kyberkristall in den Händen hielt. Und dieses Mal endete der Moment jedoch nicht abrupt damit, dass eine nörgelnde Tara Ebené anmerkte, dass ihr, in einer Eishöhle, kalt sei. Lytha war damals kurz davor gewesen Tara das Maul zu stopfen, aber heute stopfte sie lieber ihr eigenes mit diesem köstlichen Essen.

Bereits nach dem Dutzend verschiedenen Suppen, von denen Lytha schon nur je eine Kelle genommen hatte, fühlte sich ihr Bauch an, als würde er gleich platzen.

„Wünschen Sie noch etwas zu trinken?“, fragte eine der Angestellten Lytha plötzlich.

Die Lethan Twi’lek zuckte kurz erschrocken zusammen, sammelte sich dann aber und lehnte ab: „Nein danke, ich bin bereits voll.“

Kurz blickte sie zu der Angestellten, die sie angesprochen hatte. Die Dame lächelte, doch ihr eingefallenes Gesicht und ihr Blick verrieten, dass sie wohl hungrig sein musste. Das Gefühl sprang ihr fast schon aus den Augen.

„Nehmen Sie sich doch etwas.“, bot Lytha der Frau an.

Diese Berge von Essen konnten sie Acht um den Tisch unmöglich allein verschlingen.

Die Gespräche und das Klirren des Besteckes auf dem Tisch verstummten fast augenblicklich. Stattdessen hatte Lytha es geschafft mit einem Satz die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Frau mit dem eingefallenen Gesicht sah auf den Boden, während Lytha ihren Blick durch die Tischrunde schweifen ließ. In ihrem Gesicht war deutlich die Frage zu lesen, wie sie all das hier mit einem einzigen kleinen Angebot geschafft hatte.

„Ich denke, es ist besser, wenn ich später etwas esse, Mademoiselle. Vielen Dank für Ihre Güte.“, sagte die Angestellte ihr Blick immer noch zu Boden gerichtet. Kurz verneigte sie sich, ehe sie zügigen Schrittes das Essenzimmer verließ.

Lytha nahm daraufhin den Blick von der Stelle auf welcher die Frau gestanden hatte und sah einfach gerade aus. Gegenüber von ihr saß Crons Großvater, der Lytha, oder eher der Stelle neben ihr, einen strafenden Blick zuwarf.

Eine Weile ging das Essen einfach weiter und langsam kehrten auch die Gespräche an den Tisch zurück. Soweit schien wieder alles beim Alten zu sein, bis Crons älterer Bruder Antoquan zwischen zwei Schlucken Wein sagte: „Warum bauen die sich nicht einfach etwas an, anstatt unser Essen mit ihren Augen zu verschlingen.“

Dazu rollte er verächtlich mit den Augen.

Lytha verschluckte sich an ihrem Essen bei diesen Worten. Gut hörbar fiel ihr die Gabel aus der Hand, während die Lethan Twi’lek damit beschäftigt war durch starkes Husten das Essen wieder aus ihrer Luftröhre zu befördern.

Die Padawan war schockiert, dass konnte doch nicht sein Ernst sein? Wie konnte man so wenig Mitgefühl für andere haben?

Sanft klopfte Cron seiner Freundin auf den Rücken. Ein atemloses „Danke“ brachte diese zwischen zwei Hustern hervor.

Ihre Gedanken hielten Lytha noch eine ganze Weile wach, es war mitten in der Nacht und sie konnte kein Auge zu machen. Crons Brust neben ihr hob und senkte sich friedlich.

Sie wollte ihn nicht wecken, doch die Twi’lek fühlte sich als würde die stuckverzierte Decke ihr wirklich gleich auf den Kopf fallen. Zögerlich stand sie auf und zuckte zusammen als Cron etwas lauter atmete. Oh nein, sie hatte ihn geweckt?

Mit entschuldigendem Blick sah Lytha über ihre Schulter, nur um Cron friedlich schlafend im Mondlicht zu erblickten. Erleichtert atmete sie aus und lief langsam zur Tür.

Sie war nun schon eine ganze Weile allein durch die weitläufigen Gänge des Chateaus gewandelt. In der Nacht wirkten die alten Flure wundervoll mystisch aber auch unheimlich. Durch die hohen Fenster fiel blasses Licht hinein, gerade genug um zu sehen. Die Augen der Twi’leks hatten im Gegensatz zu anderen Spezies keine Fähigkeiten, die über menschliche Augen hinausreichten.

Dennoch war unschwer für Lytha zu erkennen, dass hier wo sie wandelte bei weitem nicht so prächtig war, wie die Flure durch die man sie normalerweise führte.

Unter einer Türschwelle kroch ein wenig gelbes Licht in den Flur und dumpf waren mehrere Stimmen zu hören.

Das Metall der Klinke fühlte sich angenehm kühl in Lythas Hand an. Vorsichtig drückte sie runter und öffnete das schwere Holzportal nur einen Spalt breit, um neugierig ins Innere zu spähen. Dieser Raum war also die Großküche des Chateaus, stellte die Twi’lek fest.

Unzählige Leute räumten Dinge hin und her, saßen, säuberten oder kochten etwas. Es herrschte reges Treiben hier und das mitten in der Nacht.

Nur an einem der Feuerplätze herrschte Ruhe, wie eine kleine Insel in einem wild aufbauschenden Menschenmeer. Einige Menschenkinder lauschten gebannt der Geschichte, die ihnen erzählt wurde.

Lytha konnte die Erzählerin, wie sie anhand der Stimmlage vermutete, jedoch nicht sehen und so schlüpfte sie vorsichtig noch etwas weiter in den Raum. Die Stimme, welche die Geschichte erzählte, klang sanft und melodisch.

Vorsichtig lugte Lytha noch etwas weiter in die geschäftige Küche. Nun konnte sie auch endlich die Erzählerin sehen und die Lethan Twi’lek war ein wenig schockiert. Da am Feuer saß Crons ältere Schwester Myrye. Lytha hatte während ihrer ganzen Zeit hier, die zugegebenermaßen noch nicht sehr lang war, Myrye noch nie reden oder mit den Bediensteten des Hauses interagieren sehen. Offen gesagt war die Padawan etwas sehr überrascht die dunkelblonde Teenagerin hier mitten in der Nacht in der Großküche zu sehen.

Nur für einen Augenblick kreuzten sich die Blicke von Myrye und Lytha. Die Lethan Twi’lek wollte so schnell wie möglich verschwinden, das hier ging sie nichts an. Wenn man genau darüber nachdachte, war es sogar sehr unhöflich von Lytha gewesen hier herein zu spähen.

Doch Myrye hatte nicht den Plan sie einfach so davonkommen zu lassen. Stattdessen winkte sie Lytha mit einer anmutigen Handbewegung herein, während sie keine Anstalten machte den Kindern das Ende ihrer Geschichte vorzuenthalten.

Mit gesenktem Kopf trat Lytha ein und wollte sagen, wie sehr es ihr leid tat, doch Myrye ergriff das Wort bevor sie eine Chance dazu hatte: „Wir haben einen Gast, Kinder.“

Ein gutes Dutzend großer, runder Kinderaugenpaare waren nun auf Lytha gerichtet. Sie konnte sich nur zu einem seltsamen kleinen Lächeln und einem völlig fehl am Platz wirkenden Winken durchringen, während sie mit panischem Blick zu Myrye sah. Was wurde jetzt erwartet von ihr?

Dass sie sich vorstellte?

Eine Geschichte?

„Das ist Lytha.“, übernahm Myrye für die Genannte glücklicherweise die Vorstellung, „Sie besucht uns gerade.“

Die Kinder sahen sie allesamt vollkommen fasziniert an. Vermutlich hatten sie noch nie eine Lethan Twi’lek wie Lytha gesehen.

„Hallo… freut mich euch alle kennenzulernen…“, die Twi’lek sah immer noch eindringlich zu Myrye.

Was sollte sie noch sagen.

Etwas Metallisches wurde zusammengeschlagen, während eine Stimme verkündete: „Kinder. Essen.“

Allesamt sprangen sie auf und liefen in Richtung eines großen Holztisches. Lytha konnte auf diesem die Reste des Abendessens sehen. Es machte sie froh zu wissen, dass es nicht verschwendet wurde.

Ein Mann trat an Myrye heran, welche immer noch Lytha ansah.

„Mademoiselle, ich habe alles für Sie zusammengepackt.“, sprach der Mann Myrye an.

Diese erhob sich langsam von dem Sessel, der aus mehr Rissen als Leder bestand.

„Vielen Dank, André.“, sagte sie, während sie Lytha mit einer kleinen Handgeste freundlich einlud eine Antwort auf die Frage zu finden, warum Myrye hier war.

Das Chateau besaß viele Ein- und Ausgänge, das Prächtigste war wohl das große Eingangsportal durch das jeder Besucher standesgemäß kam, der Zweitprächtigste der Eingang am Landeplatz im Westen des Chateaus.

Die schwere Holztür hingegen, welche von der Küche in die kühle Nacht führte, war schmucklos.

Die Beiden setzten ihre Kapuzen auf, Myrye hatte Lytha noch einen Umhang bringen lassen. Die Lethan Twi’lek hatte drauf bestanden zu erfahren, was Crons Schwester hier tat und diese hatte wiederum beschlossen sie einfach mit zu nehmen.

„Geht es?“, fragte Myrye und spielte auf das Gepäck an, das Lytha auf dem Rücken trug.

Sie nickte, es war wirklich nicht sonderlich schwer für sie, immerhin trainierten Jedi sowohl Körper als auch Geist. Und selbst wenn es Lytha zu schwer gewesen wäre, hätte sie Myrye auf keinen Fall ihr Gepäck tragen lassen, sie hatte selbst eines auf dem Rücken.

Der Mann, welcher wohl André hieß, öffnete den beiden ein Eisentor in der Mauer des Chateaus, welches auf einen Trampelpfad führte.

„Wir werden in drei Stunden zurück sein.“, sagte Myrye zu ihm.

André nickte und schloss das Eisentor wieder ab.

Sie waren auf dem Weg nach Fiyarro, soweit war Lytha sich sicher. Nur das warum, darüber war sie sich unsicher.

Aber die Padawan war sich sicher, dass sie es bald erfahren würde, denn vor ihnen lag die Stadt mit ihren wenigen Lichtern, die in der Nacht noch brannten.

Die Lichter wurden rarer und die Häuser ärmlicher mit jeder Gasse in die Lytha Myrye folgte.

Sie stoppten an einem Platz, dessen Boden nur noch aus festgetreten Dreck bestand. Umringen taten ihn vernagelte, in die Jahre gekommene Häuser, stumme Zeugen besserer Zeiten.

Wäre die Lethan Twi’lek Myrye nicht mit offenen Augen gefolgt, hätte sie nie geglaubt, dass das hier derselbe Planet war auf dem sich auch das Chateau befand. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass Häuser aus Stein aussehen konnten, als würden sie verwesen, doch anderes hätte Lytha die Gebäude hier nicht beschreiben können.

Aus den schmalen finsteren Gassen zwischen den Gebäuden kamen nach und nach Menschen hervor. Schon bald hatten sie die zwei Neuankömmlinge vollständig umringt. Hungrige Blicke und ausgemergelte Gesichter von Männern, Frauen, Nicht-binären und Kindern mit einem kleinen Schimmer Hoffnung in den Augen war alles, was Lytha sehen konnte.

Myrye ergriff das Wort: „Bitte lasst erst die Kinder, die Alten und Kranken vor, ich habe genug für euch alle.“

Mit diesen Worten setzte die Dunkelblonde ihr Gepäck ab. Lytha machte es nach.

Das Kratzen von Besteck, hastiges Kauen und verhaltenes Murmeln waren alles, was auf dem Platz zu hören war. Lythas Augen hatten sich nach und nach an das wenige Mondlicht gewöhnt. Sie machte knapp drei Dutzend Menschen aus, denen sie etwas zu Essen gebracht hatten.

Die Lethan Twi’lek saß allein am Rand. Sie hatten alles verteilt, was die zwei Frauen hatten tragen können und Myrye hatte sich auf bitten eines Mannes mit ihm in eine der Gassen zurückgezogen. Lytha machte sich nicht die geringsten Sorgen um Crons Schwester, sie hatte nicht eine böse Intension in dem Mann spüren können, der Myrye angefleht hatte seiner Frau zu Hilfe zu eilen.

„Hast du noch etwas zu Essen?“

Erschrocken sah Lytha von den zwei Kisten, auf denen sie saß, nach unten direkt in zwei große blaue Augen. Fragend sah das kleine schwarzhaarige Mädchen sie an.

Schnell blickte Lytha zu einem der riesigen Rucksäcke, in dem die zwei das Essen gebracht hatten. Tatsächlich, aus der hintersten Ecke konnte Lytha noch ein kleines Stück Brot fischen.

Sie sprang von ihrem Sitzplatz und drückte es der Kleinen in die Hand. Das Mädchen begann sofort zu essen.

„Wer bist du?“, fragte die Schwarzhaarige, als die einen zweiten kleinen Bissen nahm.

„Ich bin Lytha. Und du?“

„Marynet.“, sagte das Kind, „Du siehst aus wie ein Marienkäfer.“

Lytha lächelte die Kleine an, die hastig weiter ihr Brot aß. Sie wusste nicht so recht, was sie auf diesen Vergleich hinsagen sollte. Die kleinen roten Käfer mit den schwarzen Punkten waren Glückssymbole hier auf Serenno und sie wusste, dass Marynet es sicher als Kompliment gemeint hatte. Trotzdem mochte Lytha es nicht mit jeglicher Art von Tier verglichen zu werden, da es zumeist nur die taten, die im Gegensatz zu Marynet es nicht als nett meinten.

Mittlerweile hatte das kleine Mädchen ihren Hunger fürs erste gestillt, doch ihr Wissendurst schien unerschöpflich: „Wo kommst du her?“

„Von… aus den Sternen.“, entschied die Padawan sich für eine metaphorischere Antwort. Das Mädchen hätte ohnehin nicht gewusst, wo Pan-ja ist.

„Bist du hier um uns zu helfen?“

Lytha nickte nur auf Marynets Frage hin, ihre ganze Aufmerksamkeit zog der große Kratzer auf dem Arm des Mädchens auf sich. Behutsam kniete Lytha sich auf die Augenhöhe der Kleinen und strich mit ihrer Hand über die Wunde.

Sie schloss sich und Marynet lächelte, ehe sie hauchte: „Dankeschön.“

Danach verschwand das Mädchen in eine der Gassen zwischen den Häusern, Lytha sah ihr nach.

Myrye kam auf den Platz gestürmt, der in der Zwischenzeit wieder etwas leerer geworden war. Ein Großteil der Leute schien fertig mit Essen zu sein und hatte anderswo Schutz gesucht.

„Ich brauche deine Hilfe.“, sagte Myrye außer Atem und schon wieder auf dem Weg dahin zurück, wo sie hergekommen war. Lytha folgte ihres zügigen Schritts.

Man konnte diese Behausung nicht mehr als einen Verschlag nennen. Lytha fühlte sich an die Sklavenquartiere erinnert, in welchen ihre Schwester und sie damals mit viel zu vielen anderen eingepfercht worden waren auf Zygerria.

Auf dem Lager aus Lumpen lag eine Frau, an ihrem Bein eine eiternde Wunde. Ihr Mann war noch genau so panisch wie zu dem Zeitpunkt, als er Myrye gebeten hatte mit ihm zu kommen.

Lytha und Myrye knieten sich neben die sichtlich geschwächt wirkende Frau und Myrye begann zu erklären, während Lytha die Wunde betrachtete: „Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Zuerst wollte ich einfach nur reinigen und verbinden, doch das wird nicht ausreichen.“

Noch während Myrye ihre Aussage runter ratterte, griff Lytha nach dem kleinen Verbandskasten und sah was sie da hatten.

Es war nicht viel.

Vorsichtig begann die Lethan Twi’lek die Wunde zu reinigen. Doch auch wenn sie eine talentierte Machtheilerin war, so hatte sie von den Schwestern der Kirche der Macht bei weitem noch nicht alles über das Heilen und die Versorgung von Wunden gelernt.

Aber Lytha tat, was sie konnte.

Nachdem sie das offene Fleisch soweit von Eiter und Dreck befreit hatte, schloss die Padawan ihre Augen. Sie atmete tief durch und streckte ihre Hand zur Wunde, ohne diese jedoch zu berühren.

Die Macht floss durch Lytha und sie spürte wie diese in die Wunde sickerte, das würde den Heilvorgang beschleunigen.

Dennoch trug Myrye danach Salbe auf und verband die Wunde.

„Sie wird Medizin brauchen. Gegen Infektion und wahrscheinlich auch gegen das Fieber, was sie kriegen wird.“, sagte Lytha als die Zwei zurück zum Chateau liefen.

Myrye nickte, ehe sie noch hinzufügte: „Ich werde alles tun, damit es ihr gebracht wird.“

Mittlerweile kündigte sich der Morgen am Himmel an und Lythas Schlaflosigkeit hatte sich in Müdigkeit verwandelt.

Dreimal klopfte Myrye als sie wieder an der schweren Holztür waren. Knarzend schwang sie auf und kaum war Lytha hindurch geschlüpft, wurde ihr der leere Rucksack abgenommen.

In der Küche war es am Morgen genau so hektisch wie in der Nacht zuvor. Doch Lytha bekam das alles nur am Rande mit. Sie gähnte.

„Danke für deine Hilfe.“, wendete sich Myrye an sie, „Ruh dich aus. Ich kümmere mich um die Medikamente für Amely.“

Und mit diesen Worten wandte sich Myrye an jemand anderen.

Es war Mittag, als Lytha wieder erwachte. Sie stellte fest, dass sie allein in Crons Schlafzimmer war. Auf dem Nachttisch neben ihr lag ein Holopad:

Bin in der Trainingshalle.

Lytha hörte das vertraute Surren eines Lichtschwertes, als sie die Trainingshalle betrat. Cron stand auf dem Feld und trainierte den Zweikampf gegen eine Droiden, der offensichtlich aus einem lichtschwertresistenten Material war.

Myrye stand am Rand und beobachtete das geschehen.

Cron entwaffnete den Droiden und deaktivierte das Lichtschwert, ehe er geradewegs auf seine Freundin zusteuerte.

Doch noch bevor er etwas zu ihr sagen konnte, kam ein Bediensteter des Hauses in die Halle geeilt.

„Master Lynk.“, sprach er Cron an, „der 19774 Marquis erbittet Ihre Anwesenheit.“

Cron seufzte nur, drücke Lytha einen Kuss auf die Wange und folge dem Bediensteten aus der Trainingshalle.

Myrye sah zu Lytha, die fragte: „Und jetzt?“

Ohne ein weiteres Wort zog die Dunkelblonde zwei Florettes hinter ihrem Rücken hervor und warf einen davon Lytha zu.

Die Waffe lag anders in der Hand als ihr Lichtschwert musste die Padawan feststellen. Beim Kämpfen musste sie unbedingt das Gewicht der Klinge bedenken.

Ruhig standen sich die zwei Frauen gegenüber. Beide hatten das Florette erhoben und warteten nur darauf, dass die andere begann.

Myrye setzte ihren ersten Angriff an, begleitet von einem lauten: „En Garde!“

Sie zielte auf den Kopf der Twi´lek.

Geistesgegenwärtig blockte Lytha Myryes Florette mit ihrem eigenen und machte eine Drehung zur Seite, um dem Florette ihrer Gegnerin zu entkommen.

Die Ältere schmunzelte und ließ ihre Waffe sinken. Lytha tat es ihr gleich.

„Beim Fechten“, setzte Myrye zur Erklärung an, „Weicht man eigentlich nicht zur Seite aus. Es gibt nur vorwärts und rückwärts.“

„Okay…“, Lytha nickte dazu verständig

„Weiterhin stehst du fürs Fechten falsch.“, mit diesen Worten deutete Myrye mit ihren Floretten auf Lythas Stiefel, „Man muss so stehen.“

Die Padawan sah auf die Füße des Menschen, einer zeigte nach vorn, der andere dahinter mit der Fußspitze zur Seite. Lytha erinnerte sich, dass Cron am Anfang ihrer gemeinsamen Lektionen über die zweite Lichtschwertkampfform genau so gestanden hatte. Obwohl sowohl das Makashi, als auch das Fechten für den Kampf von Klinge gegen Klinge gedacht war, waren die beiden verschiedener als Lytha angenommen hatte.

Sie veränderte ihren Stand und ahmte nun Myryes Fußstellung nach. Diese warf Lytha ein ermutigendes Lächeln zu.

Langsam und unbedrohlich nahm die Dunkelblonde ihren Degen hoch und setzte ihre Ausführungen über den Fechtspurt fort: „Nach den offiziellen Regeln gibt es drei zulässige Angriffe. Der Erste nennt sich Flanke.“

Myrye war Linkshänder, wie Lytha bei der Demonstration der Technik auffiel. Die Florette sauste auf Lythas linke Körperseite zu und hielt knapp vor ihrem Arm an.

„Wenn du auf die Seite zielst mit deren Hand du die Waffe nicht führst, in deinem Fall links, nennt man das Seite.“, zur Verdeutlichung ihrer Erklärung zielte die Linkshänderin jetzt auf Lythas rechte Körperseite. Die Klinge des Florettes hielt wieder knapp vor ihrem Arm.

„Versuch es auch mal.“

Lytha nickte, überprüfte mit einem kurzen Blick nach unten ihre Fußstellung.

„Flanke.“, wies Myrye an.

Und Lytha ließ ihr Florette auf die rechte Seite ihrer Gegnerin zu schnellen.

Myrye blockte sie mühelos.

„Seite.“

Lythas Florette sauste von links auf die Dunkelblonde zu. Wieder blockte die mühelos.

„Kopf.“

„Was?“, fragte Lytha.

Die Erklärung folgte prompt indem Myryes Florette auf den Kopf der Padawan zu schnellte. Knapp vor ihrem Kopf stoppte die silberne Klinge.

Myrye warf ihrer Gegnerin ein aufforderndes Lächeln zu, was Lytha mit einem: „En Garde!“ erwiderte, ehe sie zum Angriff ansetzte.

Trotz ihrer jahrelangen Übung mit dem Lichtschwert hatte Lytha alle Mühe sich sowohl an die Regeln-, als auch mit ihrer Gegnerin mitzuhalten. Myrye wusste was sie tat, ihre Angriffe waren wohl überlegt und präzise. Oft blieb der Twi’lek nichts anderes übrig als zurück zu weichen, während auf sie Seiten, Flanken und der ein oder andere Angriff auf den Kopf verübt wurden. Allerdings hatte Lytha im Laufe des Kampfes festgestellt, dass die Angriffe auf dem Kopf nur als Ablenkung dienten.

Myrye vollführte eine Flanke, doch so langsam hatte Lytha den Dreh raus und blockte schnell genug um Myrye nur für den Bruchteil einer Sekunde aus der Balance zu bringen.

Doch das war genug.

Die Twi’lek ließ als Rechtshänderin eine Flanke auf Myryes rechte Schulter sausen.

Als Linkshänderin war sie hier klar im Nachteil.

Ein Paar brauner Augen, die Lytha überrascht ansahen, war die Belohnung für den erfolgreichen Gegenangriff.

Lythas Triumph war jedoch nur von kurzer Dauer.

Myrye war zwar einen Schritt nach hinten gewichen, doch das hatte der erfahren Kämpferin die Möglichkeit gegeben einen Ausfallschritt nach vorn zu machen. Mit ihrem Florette stach Myrye auf Lythas Bauchgegend zu.

Es geschah zu schnell, um dass sie es hätte abwehren können und so machte sie einen Schritt nach hinten.

Dabei stolperte die Lethan Twi’lek über ihren quergestellten Hinterfuß.

Mit einem lauten Geräusch fiel ihr Florette zu Boden und die Padawan schaffte es gerade noch so mit der Macht ihren Fall zu bremsen.

Doch den Kampf hatte sie verloren. Myryes scharfe silberne Klinge zeigte auf Lythas Hals, als sie sagte: „Gut gekämpft.“

Myrye lächelte, sichtbar stolz auf ihre Leistung. Aber die Freude über ihren Sieg war nur von kurzer Dauer.

„Myrye.“, mahnte es streng vom Rand des Kampffeldes. Lytha ordnete die Stimme Myryes Großmutter zu, die mit den Händen in den Hüften dort stand. Neben ihr Myryes, Crons und Antoquans Mutter, die keinen Ton sagte. Lytha war sich nicht einmal sicher, ob sie diese Frau je hatte mehr als einen zusammenhängenden Satz sagen hören.

„Was tust du da?“, sagte ihre Großmutter und warf ihre Hände dabei so dramatisch nach oben, als hätte Crons ältere Schwester ein Verbrechen begangen.

Lytha rappelte sich hastig vom Boden auf und ergriff für Myrye Partei: „Ich habe sie darum gebeten mir zu zeigen, wie es geht.“

Ilyté kniff die schmalen Lippen zusammen und verengte die Augen, verkniff sich aber offenbar, was sie sagen wollte. Stattdessen wandte sie sich wieder an ihre Enkelin: „Dein Verlobter ist hier und wird uns zum Abendessen beiwohnen. Sieh zu, dass du vorzeigbar bist.“

Myrye nickte nur stumm, während sie Hilfe suchend zu ihrer Mutter sah. Lytha konnte ihren Blick nicht genau definieren, hatte sie Mitleid mit ihrer Tochter?

„Und du“, wandte sich die alte Dame an Lytha, „Wir werden dich schon vorzeigbar machen. Und jetzt Abmarsch und Schluss mit diesen Männerdingen. Ihr seid beide junge Frauen.“

Mit diesen Worten stolzierte Ilyté aus der Trainingshalle. Myryes Mutter atmete nur hörbar aus, ehe sie ebenfalls ging ohne ein weiteres Wort zu sagen.

Das Abendessen wurde zwei Stunden nach diesem Zwischenfall gereicht. Dieses Mal waren es jedoch nicht nur die Mitglieder des Hauses Lynk, welche mit Lytha an der riesigen Tafel saßen, sondern auch ein Unbekannter. Eigentlich war er nicht wirklich unbekannt, er hatte sich Lytha als Ludwy irgendwas vorgestellt. Es war ein furchtbar langer Titel gewesen.

Alles was Lytha über ihn bis jetzt gelernt hatte war, dass er Myryes Verlobter war und sie weiterhin keines Blickes würdigte. Stattdessen unterhielt er sich angerecht mit Antoquan.

Leise löffelte die Padawan ihre Suppe und lauschte dem Gespräch der beiden Jungs. Lytha hatte sie selbstverständlich nicht nach ihrem Alter gefragt, doch sie vermutete, dass die beiden kaum älter als Ben waren, vielleicht ein Standardjahr maximal.

„Weißt du noch die Wildjagd letzten Monat?“, fragte Ludwy Crons Bruder. Er wartete jedoch nicht Antoquans Antwort ab, sondern sprach direkt weiter: „Wir haben danach Wilderer dort erwischt. Sie wollten uns den Kadaver bestehlen.“

Antoquan schüttelte daraufhin nur empört mit dem Kopf. Lytha sah unterdessen verstohlen zu Myrye, welche wiederum zu dem jungen Mann sah, den sie einmal heiraten sollte. Ihren Gesichtsausdruck konnte die Lethan Twi’lek nicht definieren, dafür war ihr eigner sicher unmissverständlich. Es war Empörung und Grund dafür war Antoquans Aussage: „Sie stehlen von deinem rechtmäßigen Land, weil sie kein Brot haben? Dann sollen die doch einfach Kuchen essen.“

Ein wenig Kuchen war sicher auch in den Rucksäcken und Körben, in denen Myrye und Lytha denjenigen diese Nacht essen brachten, die nicht einmal mehr Brot hatten.

Ab der Hälfte des gemeinsamen Abendbrotes hatte Lytha nur noch auf Durchzug geschaltet, um nicht endgültig die Fassung zu verlieren.

„Sie können es sich nicht leisten.“, Lytha bemühte sich darum ihren Ton wie eine freundliche Erklärung statt eines Vorwurfsklingen zu lassen.

Die beiden jungen Männer schreckten auf und sahen Lytha an.

„Oh“, setzte Ludwy an, „Es kann sprechen.“

Lytha legte ihre Gabel hin, sie fürchtete, dass sie dem Gast des Hauses sonst die Augen ausstechen würde. Sie wusste nicht woher sie den Mut nahm weiter zu sprechen, aber sie Tat es: „Erstens, sie nicht es und zweitens ist mein Name Lytha. Drittens wie könnt ihr so über Hungerende reden, während ihr Lebensmittel verschwendet?“

Myryes Verlobter sah die Lethan Twi’lek an, Zorn lag in seinen Augen.

„Wie kannst du es wagen mit mir so zu reden? Ich weiß nicht wer du bist Lytha, aber ich kann dir sagen wer ich bin. Ich bin Ludwy Vane, Sohn des 14411. Marquise von Saffia Torfen Vane und so lasse ich nicht mit mir reden, du kleines…“

„Es reicht.“, sagte Myrye neben ihm ruhig, aber bestimmt.

Mittlerweile hatte der gesamte Tisch dem Streit volle Aufmerksamkeit geschenkt, die Angestellten standen wie versteinert da.

„Unterbrich mich nicht, Frau.“, zischte Ludwy Myrye nur an, danach schnellte sein Blick auf Lytha zurück.

Diese erhob sich prompt von ihrem Platz und sagte: „Wenn Sie mich bitte alle entschuldigen würden. Ich bin hier fertig.“

Mit diesen Worten verließ sie den Speisesaal.

In Crons Zimmer hatte Lytha sich zum Meditieren zurückgezogen. Sie wollte nicht wütend sein, denn das konnte zur dunklen Seite der Macht führen. Sie hörte wie die Tür geöffnet wurde, kurz danach senkte sich die Matratze neben ihr.

„Ich…“

„Du hättest was sagen sollen.“, schnitt Lytha Cron den Satz ab.

Einen Moment war es totenstill und Crons Blick wanderte zu Boden.

„Ja…“, gab dieser einfach schuldbewusst zu.

„Warum dann nicht?“, fragte Lytha und war darum bemüht nicht vorwurfsvoll zu klingen.

„Ich… Das… Es war schon immer so…“

„Und das macht es richtig?“

„Nein.“, antwortete Cron prompt, „Aber…“

„Kein aber. Du bist ein Jedi, wie kannst du eine solche Ungerechtigkeit zulassen?“

Cron wusste nicht, ob in Lytha Stimme Enttäuschung oder Zorn lag.

„Ich habe drauf keine Antwort.“, gab der dunkelblonde Junge ehrlich zu, „Und ich habe keine Macht daran etwas zu ändern. Ich werde nie den Marquis-Titel bekommen können solange Antoquan lebt.“

„Und Myrye, aber sie wäre ohnehin eine gute Herrscherin.“, warf Lytha ein.

„Eine Frau kann keine Titel erben.“, erklärte Cron.

Lytha wusste nicht wohin dieses Gespräch führen würde, doch sicher nicht zu Veränderungen.

Am Ende fand sich Lytha wieder vor der Tür, welche in die Großküche führte.

Nach diesem Abend hatte sie noch lange keine Ruhe finden können. Wieder starrte sie auf das Deckenfresco, während Cron neben ihr friedlich schlief.

Sie öffnete die Tür und fand Myrye bereits dort vor.

„Oh, ich hatte nicht erwartet, dass du wiederkommst. Nicht nach heute Abend.“, Myrye klang tatsächlich wirklich überrascht.

„Ich bin ein Jedi, ich helfe, wo ich kann. Lass uns gehen.“, Lytha konnte den Trotz in ihrer Stimme nicht verbergen, während sie sich einen der prallen Rucksäcke schnappte.

Sie hatten bereits den halben Weg zur Stadt zurückgelegt, bis Lytha sich wieder traute etwas zu sagen: „Dein Verlobter ist…“

„…ein Ekel?“, beendete Myrye den Satz, „Ich weiß.“

„Warum heiratest du ihn dann?“

„Das war nicht meine Wahl. Wir wurden verlobt an dem Tag an dem ich geboren wurde. Es soll die Allianz zwischen unseren Häusern stärken.“, erklärte Myrye ihr bereits besiegeltes Schicksal.

„Du könntest die Verlobung doch bestimmt auch auflösen?“

Myrye seufzte kurz auf Lythas Frage, ehe sie antwortete: „Theoretisch, aber dann würde ich verstoßen werden. Und wohin sollte ich dann gehen?“

„Kommt mit zurück zum Tempel, der Orden hilft jedem, der in Not ist.“

„Ich kann die Menschen hier nicht im Stich lassen, sie brauchen mich.“, Myryes legte noch einmal an Tempo zu, langsam hatte die kleinere Lethan Twi’lek Probleme damit mitzuhalten.

„Ich bin das älteste Kind eines zukünftigen Marquise.“, begann Myrye weiter aus zu holen, während sie weiterlief, „Doch weil ich ein Mädchen bin, kann ich nicht herrschen. Ich beneide dich um deine Freiheit Lytha, als Tochter eines Marquise hast du nur zwei Dinge, welche du im Leben tun sollst. Einen Marquis heiraten und einen neuen Marquis gebären.“

„Ich wurde mit meiner Schwester in die Sklaverei verkauft.“, erwiederte Lytha, „Du erinnerst mich an sie. Darath hatte auch ein großes Herz und versuchte allen zu helfen.“

„Was ist mit ihr geschehen?“

„Sie ist gestorben als Meister Skywalker und Jacen uns befreit haben. Ich hatte andere, die mir geholfen haben und jetzt lass mich dir helfen.“

Auf Lythas Aussage hin schüttelte Myrye nur den Kopf, ,,Ich habe mir bereits Leute gesucht, die mir helfen werden.“

Wieder kamen die Menschen aus den finsteren Gassen und wieder nahmen sie das Essen dankbar an. Lytha entdeckte die Frau, welche sie gestern verarztet hatte. Langsam ging sie zu ihr rüber. Die Frau erkannte die Lethan Twi’lek sogleich wieder.

„Wie geht es ihrem Bein?“, fragte Lytha und kniete sich zu dem auf dem Boden sitzenden Paar herunter.

„Gut, vielen Dank Mademoiselle.“, antwortete die Frau mit schwacher Stimme.

„Darf ich?“, fragte Lytha du bewegte ihre Hand zaghaft auf den Verband zu. Die Frau nickte.

Die Padawan ließ die Macht fließen und versuchte die Midichlorianer der Frau zu erreichen. Als Lytha mit den mikroskopischen Lebensformen im Einklang war, konnte sie die Heilung nochmals beschleunigen.

„Lytha?“

Die Angesprochene öffnete die Augen, nahm die Hand vom Verband und sah nach oben. Myrye sprach weiter: „Ich muss noch heute Nacht wohin. Findest du den Weg zum Chateau?“

„Ich kann dich auch gern begleiten.“, schlug Lytha vor.

„Das ist nicht nötig und jetzt entschuldige mich bitte.“

Mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen ging Lytha durch die Straßen Fiyarros. Sie war auf der Suche nach Myrye, doch sie wusste nicht einmal wo sie nach Crons Schwester suchen sollte. Die Padawan hatte einfach ein mieses Gefühl über die ganze Sache, warum wusste sie auch nicht. Doch Lytha vertraute auf die Macht und dass sie ihren Weg leiten würde.

Mittlerweile war sie in einer Straße angekommen, in der einige Establishments für nächtliches Vergnügen angesiedelt waren. Menschen standen an den Seiten und warben für Bars, Tavernen und auch sich selbst.

Eine kleine Gruppe lief geradewegs in Lythas Richtung. Ihr Herz machte einen Aussetzer, als sie sah wer ihr entgegenkam. Ludwy und Antoquan, je in Begleitung einer Frau.

Sie musste schnell handeln. Lytha nahm den Kopf nach unten und ging in die erste Tür zu ihrer Rechten.

Erst als diese sich hinter ihr schloss wagte sie es aufzusehen. Wo war sie gelandet?

Allem Anschein nach war das hier eine ziemlich gut besuchte Bar, stellte sie fest.

Gerade wollte sie sich wieder umdrehen, da kam die Gruppe rein, der Lytha versucht hatte auszuweichen.

Sie musste in den Barbesuchern verschwinden.

Die Padawan schob sich durch die Menschen, die Kapuze immer noch tief ins Gesicht gezogen. Am Ende setzte sie sich an die Bar von wo aus sie alles recht gut überblicken konnte.

„Bist du nicht etwas jung um hier zu sein?“, sprach der Barkeeper die 13-Jährige an.

Lytha hob darauf hin nur ihre Hand sah dem Mann in die Augen und sprach langsam und deutlich: „Du hast mich nicht bemerkt.“

Der Barkeeper wandte sich anderen Gästen zu und Lytha ließ den Blick erneut durch den Raum schweifen. Antoquan, Ludwy und ihre Begleiterinnen waren verschwunden, doch das interessierte Lytha kaum noch.

In der Menge hatte sie tatsächlich die Dunkelblonde entdeckt. Sie saß in einer Ecke mit jemandem. Sie unterhielten sich.

Verstehen konnte Lytha sie nicht. Dafür musste sie näher ran.

„Wir haben alles in die Wege geleitet. Die Pflanzen wurden besprüht.“, sagte die Frau, welche Lytha nicht kannte.

„Gut und das wird dann dafür sorgen, dass Reformen angestoßen werden.“, erwähnte Myrye.

Die Lytha unbekannte Frau nickte und die Padawan betrachtete sie genauer. Ihre Haare waren streng zurückgebunden, sie trug ein dunkles Outfit und an ihrem rechten Augenlid hatte sie eine große Narbe. Sie ging etwa waagerecht von ihrem äußeren Augenwinkel bis etwa zur Mitte ihrer Schläfe. Die Frau bewegte sich, ihre Jacke rutschte zur Seite und gab für Lytha den Blick auf einen silbernen Anstecker frei. Die Padawan atmete scharf ein, sie kannte die schwarze Sonne mit dem Sechseck darum.

Myrye erhob ihr Glas und prostete der Frau zu. „Auf ein besseres Morgen, Major Eco.“

„Für Ordnung und Sicherheit.“, prostete sie zurück.

Das Klirren der Gläser ging jedoch für Lytha unter. Hinter ihr war einem Kellner ein Tablett heruntergefallen. Alle Gäste drehten sich instinktiv nach dem Geräusch, Lythas Blick kreuzte den Myryes.

Sie war geflüchtet, einfach gerannt ohne sich umzudrehen. In der Großküche hatte sie die Rucksäcke von sich geworfen und war zurück in Crons Zimmer gerannt, wo sie sich umgezogen und unter den Lagen versteckt hatte. Lytha sah die Sonne aufgehen und schloss die Augen. Sie hatte ein verdammt mieses Gefühl nachdem, was sie gesehen hatte.

Sanft wurde sie an der Schulter gerüttelt.

Zögerlich setzte sich Lytha auf und blickte Cron an, der ein Tablett trug.

„Frühstück?“, fragte er zögerlich.

Lytha vermutete, dass er mit dieser Geste sein Verhalten von gestern versuchte wieder gut zu machen. Zögerlich nahm sie ihm das Tablett ab und stellte es neben sich aufs Bett.

„Iss was, ich muss zur Audienz. Der Verband der Weinbauern…“, Cron brach seinen Satz ab, als Lytha aus dem Bett sprang.

Sie zog sich in Windeseile an und zerrte ihren sichtlich verwirrten Freund aus dem Zimmer.

Leise betraten sie den Audienzsaal, wo schon der Rest des Hauses Lynk, sowie Myryes unsympathischer Verlobter waren.

Sie alle standen in einer kleinen Gruppe um den Thron herum auf welchem Crons Großvater mit strengem Blick saß. Zu seiner Linken seine Gattin Ilyté, zu seiner Rechten sein Sohn Arnrye mit seiner Gattin Rehsa, zu seinen Füßen einer der Weibauern. Die Männer standen am anderen Ende des Audienzsaals.

Lytha und Cron stellten sich zu den Zwillingen und Myryes Verlobten. Deutlich konnte Lytha sehen, dass die letzte Nacht für Antoquan und Ludwy lang gewesen war.

„Bitte mein Herr, wir wissen nicht, was passiert. Wir wissen nur das die Weinstöcke sterben. Sehen Sie selbst.“, sagte der Mann zu den Füßen von Crons Großvater. Zwei der Männer brachten einen ausgegrabenen Weinstock nach vorn. Lytha hatte Mitleid mit der Pflanze, sie sah erbärmlich aus. Sie war ausgetrocknet und die paar Blätter, welche noch nicht abgefallen waren, klammerten sich förmlich streif und trocken an ihre Zweige. Die Trauben waren zu Rosinen geworden.

„Ich gebe euch Land. Ich gebe euch Arbeit und ihr setzt mir das vor die Füße?“, fragte der Marquis auf seinem Thron mit herrischer Stimme.

„Mein Herr…“

„Genug!“, schnitt der Marquis dem Weinbauern das Wort scharf wie eine Guillotine ab, „Antoquan?“

Der Angesprochene schreckte verkatert zusammen, ehe er die passenden Worte fand: „Ja Marquise?“

„Was sollen wir deiner Meinung nach mit diesen Vasallen tuen, welche unser Land und unsere Pflanzen so vernachlässigen?“

Ein böswilliges Lächeln, so kam es Lytha zumindest vor, umspielte die Lippen von Crons älterem Bruder. Jedes Mal, wenn sie diesen Kerl sah oder hörte, fragte die Lethan Twi’lek sich, wie dieser Kerl mit Cron oder Myrye verwandt sein konnte.

„Ich denke, sie lernen unser Land am besten schätzen, wenn sie es nun an besonders gut pflegen. Sie werden statt einem Drittel dieses Jahr die Hälfte ihrer Erträge abgeben.“

„Aber mein Herr, dann haben wir nicht genug um…“, versuchte der Sprecher der Weinbauern zu erklären.

Antoquan schenkte ihm jedoch keine Beachtung, stattdessen übertönte er ihn: „Ich bin mir sicher auch die Hälfte der Erträge werden für euch reichen, wenn ihr euch nur gut genug um unsere Ländereien kümmert. Vielen Dank!“

Das war der Moment in dem sich Lytha endgültig sicher war, dass Antoquan sich bestens mit Tara verstehen würde.

Etwas musste sie unternehmen, diese Leute würden sonst für etwas bestraft werden, was außerhalb ihrer Kontrolle lag. Mit der Macht drückte Lytha Myrye vor neben Antoquan. Alle Augen waren auf die Dunkelblonde gerichtet, nur Myrye selbst sah flüchtig zu Lytha. Die Padawan nickte ihr ermutigend zu.

„Die Pflanzen sind offensichtlich krank.“, stellte Myrye fest.

„Ja und?“, entgegente Antoquan, der ganz und gar nicht damit zufrieden war, dass seine ältere Zwillingsschwester ihm die Show stahl.

„Ohne die Pflanzen und den Wohlstand, den sie bringen, sind wir alle gefährdet. Der Weinanbau wurde klar sabotiert, daher ist es unsere Aufgabe als Großgrundbesitzer nun denen zu helfen, die sich um unseren Grund kümmern. Wir sollten die monetären Hilfen bereitstellen, um die Schäden zu beseitigen und die Versorgung unserer Vasallen sicherstellen.“

Myryes Ausführung endete und Lytha war bereits dabei in die Hände zu klatschen. Cron stoppte sie.

Doch hätte er es nicht getan, wäre es spätesten unter Ludwys Worten untergegangen. Der junge Mann hatte sich an den Padawanen vorbeigestohlen, vermutlich noch während Myrye gesprochen hatte.

Er hatte in falscher Zuneigung seinen Arm um seine Verlobte gelegt und sprach nun für sie und gegen sie: „Was meine teuerste Verlobte meint ist, dass wir euch bereits monetäre Hilfe gegeben haben, als wir euch das Land zur Verfügung stellten. Weitere Hilfen werdet ihr nicht benötigen.“

Myrye und Lytha waren beide als letzte im Audienzsaal zurückgeblieben, als wüssten sie beide, dass sie dem folgenden Gespräch beide nicht ausweichen konnten.

Lytha kniete sich zu der vertrockenten Pflanze und betrachtete sie genauer.

„Kannst du sie heilen?“, Sorge schwang unüberhörbar in Myryes Stimme mit.

„Nein, aber du kannst. Beende was auch immer du da begonnen hast. Die Erste Ordnung kann und wird dir nicht helfen.“

Myrye atmete scharf ein, als Lytha den Namen der Organisation aussprach mit der sie sich verschworen hatte.

„Woher?“, fragte sie.

„Wir kennen unsere Feinde. Ich weiß, welches Spiel sie spielen. Die Erste Ordnung hilft nur einem zu mehr Macht. Sich selbst.“

„Und was soll ich dann?“, fragte Myrye auf Lythas Aussage, „Du hast heute erlebt wie sie regieren. Aus meiner jetzigen Position kann ich keinem helfen.“

Deutlich konnte Lytha den Zwiespalt und die Sorge on der Stimme von Crons älterer Schwester hören.

„In deren Augen bin ich nur eine Frau.“

„Ja und in deren Augen bist du nur ein weiterer Teil ihres Plans.“

„Mein Großvater sagt, wenn man dem Volk Macht gibt werden sie gierig und dann endet es wie auf Arkanis.“

Lytha wusste nicht, was sie von dieser Aussage halten sollte. Offensichtlich lag der Marquise mehr als nur falsch, aber sie konnte Myryes Frust verstehen. Ihr Ziel war gut, sie wollte helfen, nur die Mittel waren komplett falsch. Lytha musste Myrye andere Mittel geben.

„Ich kenne die Königin von Alderaan, ich kann sie um Hilfe in deinem Namen bitten. Und wenn du deinem Volk hilfst, dann…“

„Das wird nie funktionieren.“, schmetterte Myrye, „Die Bewohner Serennos sind stolz. Sie haben nicht einmal um Hilfe gebeten als das Imperium den Planeten nach der Machtergreifung hart bestraft hat.“

Lytha seufzte, ihr gingen die Möglichkeiten zu helfen aus.

„Hör zu, ich weiß das du helfen willst.“, setzte Myrye an als könne sie Gedanken lesen, „Aber ich habe bereits vor diesem Geschäft alle meine Möglichkeiten abgewogen. Diese war die Beste.“

Die Padawan wollte an dieser Stelle nicht wissen, was die schlechten waren, wenn die beste Wahl die Erste Ordnung war. Und so brach sie stumm einen Zweig des Weinstocks ab. Ihre Hilfe war hier nicht erwünscht aber das würde nicht der letzte Planet sein, den die Erste Ordnung in ihrer Machtgier destabilisieren würde.

Lytha war an der Tür angekommen und sah zurück in den Audienzsaal, Myrye war nach wie vor auf ihren Knien neben der Pflanzen deren Sterben sie gewählt hatte in der Hoffnung auf ein besseres Leben.

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