Ein Sturm am Horizont

„Wie sagt man so schön, Spiel, Satz und Sieg.“, Rinkahs fliederfarbene Lippen verzogen sich zu einem verschmitzten Grinsen.
Ben starrte nur ungläubig auf das Dejarikbrett. Sein Onkel Chewie hatte ihm als Kind das Spielen beigebracht, doch mit keinem Wort je erwähnt, dass man einen Gegner auch mit der K'lor-Schnecke matt setzen konnte. Er sah auf, lächelte die Pantoranerin an und gratulierte ihr zu diesem cleveren Sieg. Im Gegensatz zu seinem Onkel konnte Ben ihr jetzt auch schlecht den Arm ausreißen.
Rinkah gähnte herzhaft, während Ben fragte, ob sie noch eine Partie spielen wollen. Sein gegenüber schüttelte jedoch ihren Kopf, wobei sich ein paar feine, weiße Haare aus ihrem langen Flechtzopf lösten.
„Ne, lass mal.“, verneinte Rinkah, „Ich bin echt müde, Meister Lukes Training war echt anstrengend.“
Ben nickte zustimmenden, sein Onkel war heute beim Schwertkampftraining überraschend streng gewesen. Ben hatte gerade so mithalten können, aber das lag wohl eher an seinem wenigen Schlaf. Seit sie von Onderon zurück waren, hatte Ben der Alptraum über seine Mutter Nacht für Nacht heimgesucht. Sie schwebte da, so leblos und kalt im Weltall, umgeben von Trümmern. Natürlich hatte Ben seiner Mutter davon erzählt, doch diese hatte ihm versichert in der nächsten Standardwoche keine intergalaktischen Flüge zu beschreiten. Leia war, laut ihrer eigenen Aussage, viel zu sehr damit beschäftigt mit alles für die Vereidigung des neuen Senatsratsvorsitzenden vorzubereiten. Soweit sich Ben erinnern konnte war sein Name Jus Tizia, seines Zeichens Populist. Er übernahm das Amt von seiner Parteikollegin Canmyra Edos.

Blauer Finger schnippten mehrmals vor Bens Augen, woraufhin dieser kurz zusammenzuckte. Rinkah stand vor ihm und sah den Menschen mit mahnendem Blick an.
„Abmarsch ins Bett mit dir.“, mahnte sie ihn.
Ben erhob sich langsam von dem Bodenkissen und streckte einmal kurz den Rücken durch, ehe er der Pantoranerin aus dem Gemeinschaftsraum folgte. Die Sonne hatte fast bereits ihren Tiefstand erreicht und die anderen Schüler schienen ebenfalls schon zu Bett gegangen zu sein.
„Ich kann deine Unruhe übrigens spüren.“, sagte Rinkah einfach so, während sie in Richtung ihrer Zimmer liefen.
Ben war ziemlich überrascht, er wusste nicht, dass Rinkah auch emphatisch in der Macht veranlagt war. Doch noch bevor er danach fragen konnte, stellte ihm die Pantoranerin eine Frage: „Was geht dir im Kopf rum?“
„Ach nichts…“, Ben wollte nicht noch eine weitere Person mit den Horrorszenarien in seinem Kopf belasten. Seinen Freunden mutete er sicher schon genug damit zu, fürchtete er.
„So wie du hier um den heißen Brei redest ist es sicher nichts. Und jetzt raus mit der Sprache!“, in Rinkahs Stimme lag absolute Unnachgiebigkeit. Nicht verwunderlich, wenn man bedachte, dass sie zur Papanodia-Familie gehörte.
„Ich habe komische Träume und mache mir Sorgen um meine Mutter, was total schwachsinnig ist…“, erklärte Ben sich zögerlich und hoffte die Neugier der Pantoranerin damit gestillt zu haben.
„Warum sollte das schwachsinnig sein? Deine Mutter ist immerhin sicher bei der Amtseinführung von Jus Tizia. Und wenn man bedenkt, was für ein wirres Zeug dieser Don-Ja Vu ins Holonetz gespuckt hat. Was ein schlechter Verlierer, tche.“, in Rinkahs Stimme lag tiefe Verachtung.
Doch Ben war einfach nur schockiert, was hatte er verpasst, während seinen Reisen?
Die Wahl des neuen Senatsratsvorsitzenden war etwas bei ihm ins Hintertreffen geraten, da er sich auf seine Kronprinzenprüfungen konzentriert hatte. Innerlich maßregelte er sich selbst dafür, wie sollte er ein guter Herrscher werden, wenn er nicht einmal solche einfachen Dinge im Auge behalten konnte?

Alles, was er mitbekommen hatte, war, dass der Verlierer der Wahl, Don-Ja Vu, wohl mehrere Aussagen gemacht hatte, die deutlich pro-Imperium gewesen waren und das mehrfach. Trotz dessen war die Wahl knapp gewesen und hatte gezeigt, dass es mehr und mehr Wesen in der Galaxis zu geben schien, die das Imperium als 》nicht so schlimm 《 empfunden hatten.
Ben schauderte leicht bei diesem Fakt.
„Wir könnten nach Arkanis fliegen, wenn du willst.“, schlug Rinkah vor.
Mittlerweile standen sie im Flur vor Bens Zimmertür.
„Ach ne, lass mal. Es wird schon nichts passieren.“, wimmelte der Schwarzhaarige den Vorschlag ab.
Rinkah verengte ihre goldenen Augen: „Wen versucht du hier zu überzeugen? Mich oder dich?“
Ben fühlte sich wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er hatte immer gewusst, dass Rinkah eine gute Beobachterin und Analystin war, aber das sie derart direkt war, war Ben neu.

Der junge Solo seufzte, drehte sich von den prüfenden goldenen Augen weg und öffnete die Schiebetür seines Zimmers. Eine warme Hand auf seiner Schulter hielt ihn jedoch kurz zurück. Wie alle anderen Pantoraner hatte Rinkah ebenfalls eine höhere Körpertemperatur.
„Du kannst jeder Zeit auf mich zukommen, wenn du willst.“, sagte sie.
„Äh danke… gute Nacht.“, sagte Ben und schob dem neugierigen Mädchen schnell die Tür vor der Nase zu. Er hörte Schritte, die sich langsam entfernten.
Es war still und Ben atmete erst einmal tief durch. Langsam sank er an der kalten Wand herunter und sah auf sein Futon. An Schlaf war für ihn jedoch nicht zu denken, das Atmen war wieder da. Nicht nur sein eigener hektischer Atem unterbrach die Ruhe in seinem Zimmer, sondern auch dieses tiefe, monotone, mechanische Atmen. Doch Ben war allein.
Langsam erhob er sich wieder vom Boden, kurz wurde ihm schwarz vor Augen und wehmütig sah er kurz auf das Futon. Wie gern würde er einfach schlafen, aber das würde nichts werden . Die Bilder seiner Mutter in Gefahr, das Atmen und der Parasit wollten Ben keine Ruhe lassen.
So leise wie möglich öffnete er wieder die Schiebetür und sah verstohlen rechts und links in den Flur. Er war allein.
 
Der Jeditempel auf Pan-ja war nur ein weitläufiges, doch recht verzweigtes Gebäude. Man konnte ohne Probleme von einem Gebäudeteil in fast jeden anderen gelangen, ohne den Hof passieren zu müssen. Die einzige Ausnahme war die Krankenstation.
Und so schlich Ben aus dem Teil des Tempels mit den Schlafräumen, über das Kampfdojo in den Turm des Tempels. Es war der höchste Teil der gesamten Anlage, wenn man von der Spitze des erloschenen Vulkans absah.
Ganz unten war das Klassenzimmer, darüber der Ratssaal, welchen Ben gerade betreten hatte. Natürlich war zu dieser Zeit keiner hier, was aber nicht bedeutete, dass der Turm gänzlich verlassen war. Über dem Ratssaal befand sich das Antiquariat, wie Bens Onkel es bezeichnete. Luke hatte auf seinen Reisen allerlei Artefakte der Jedi sicherstellen können, die nun dort geschützt aufbewahrt wurden. Doch diese Artefakte waren nicht, was Ben interessierte, jedem Studenten und Besucher stand es jederzeit zu diese Gegenstände zu studieren.
Nein, Bens Ziel befand sich noch über dem Quartier des Tempelhüters, noch ein Stockwerk höher als das Antiquariat. Jetzt dienten diese Quartiere allerdings dem Jedigroßmeister als Rückzugsort.
 
Über Lukes Gemächern war, ein Ort von dem wahrscheinlich außer Ben nur Luke und vielleicht Jacen wussten. Im Kuppeldach des Turms verwahrte Luke Gegenstände, die mit der dunkeln Seite der Macht in Verbindung standen. Ben war mehr als schockiert gewesen als er diesen Ort vor drei Nächten entdeckt hatte. Der mechanische Atmen hatte ihm den Schlaf geraubt und so war Ben auf eine Nachtwanderung durch den Tempel gegangen. Zu seiner Überraschung war das unablässige, mechanische Atmen lauter geworden je näher er dem Turm des Tempels gekommen war. Doch Ben war damals wie heute beruhigter darüber gewesen, als würde sich alles abmildern, wenn er dem Atmen folgte.
Und so stand er heute Nacht, genau da wo er auch schon die letzten drei Nächte gestanden hatte.
 
Ben konnte in dem engen Korridor kaum etwas erkennen, nur durch ein kleines, rundes Fenster drang etwas von dem roten Licht, des Sonnenrestes, der nicht versunken war. Es verlieh dem beengten Raum ein ungutes Gefühl. Doch Ben gab sich alle Mühe das miese Gefühl, das er hatte zu ignorieren. Schon fast paranoid schielte er zu der Doppeltür rechts von ihm, hinter welcher sich Lukes Quartier verbarg. Es war totenstill und soweit Ben es durch die Macht spüren konnte, schien sein Onkel zu schlafen.
Trotzdem zitterte Bens Hand, als er sie zu der verborgenen Öffnung in der Decke ausstreckte. Sie war kaum wahrnehmbar und Ben war sich sicher er hätte sie ohne dieses Geräusch, dass ihn verfolgte nie gefunden. Er ließ sich von der Macht leiten und entsperrte die Mechanik der Luke. Es knackte und rasselte, als die Verkleidung zurückfuhr und ein Loch über Ben freigab.
Kurz war alles still und Ben setzte zum Machtsprung an, denn Stufen oder eine Leiter gab es nicht. Doch da waren Schritte, die langsam auf die Doppeltür zugingen. Panik stieg in Ben auf, sein Onkel hatte ihn gehört.
 
Schnell sprang er nach oben, die alten Dielen unter seinen Füßen knarzten. Kaum hatte er den dunkeln Dachboden betreten aktivierte er hektisch die mechanische Vorrichtung. Die Luke schloss sich mit einem dumpfen Geräusch und Ben drückte sein Ohr gegen den staubigen Fußboden.
Keine Schritte, Ben war erleichtert. Vielleicht hatte er sich das auch nur eingebildet, redete sich der junge Solo selbst ein.
 
Zaghaft erhob er sich vom Boden, es war stockdunkel. Das einzige Licht kam nun von Bens Lichtschwertklinge. Langsam sah er sich in dem Raum um. Und auch wenn das nicht sein erster Besuch in diesem Kuriositätenkabinett war, so erschienen die Artefakte Ben jedes Mal grotesk im hellblauen Licht seines Schwertes. Doch er ignoriere die Masken, Plasitiken, Symbole, Lichtschwerter und Dinge, die er nicht so genau bestimmen konnte oder wollte. Sein Interesse galt einzig und allein der silbernen Kiste. Es war die selbe, die Jacen und er damals von Cato Neimoidia mitgebracht hatten. Das konnte er spüren. Was sich in der Kiste befand wusste Ben allerdings nicht. Er hätte sie zweifelsohne öffnen können, soweit er es erkennen konnte war die Metallbox nicht gesondert verschlossen. Aber das war nicht das Problem, denn wenn Ben ehrlich war hatte er Angst. Er fürchtete sich davor die Box zu berühren und dachte schamvoll daran zurück, was letztes Mal geschehen war. Hätte Jacen ihn nicht gefunden, wären sicher die Umbaranerin und ihre seltsamen Lakaien zurückgekehrt.

Der Gedanke ließ Ben erschaudern.
Er versuchte Ablenkung in der Meditation zu gewinnen und löschte das einzige Licht im Raum indem er sein Schwert deaktivierte. Langsam setzte er sich auf den Boden, schloss die Augen und atmete synchron mit dem mechanischen Atmen ein. Es verstummte. Doch dafür hörte er neue Stimmen.
 
„Dieser feige Angriff auf mein Leben hat tiefe Narben hinterlassen und mich deformiert. Doch ich versichere euch, meine Entschlossenheit ist niemals größer gewesen. Um weiterhin allgemeine Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten, wird die Republik umgestaltet werden und zwar zum ersten galaktischen Imperium. Zum Wohle und Nutzen einer stabilen und sicheren Gesellschaft.“
Ben riss seine Augen auf. Jedes Kind, dass eine Schule im Gebiet der Republik besucht hatte, kannte diese Rede. Sie wurde damals am Ende der Klonkriege und am Ende der Republik vor dem Senat gehalten.
Sein Atem war hektisch und erst jetzt bemerkte Ben, dass er nicht von allumschließender Dunkelheit begrüßt wurde, sondern die Skyline einer riesigen Stadt bei Nacht sah.
„So geht die Freiheit zu Grunde.“, erklang jetzt eine sanfte Frauenstimme, „Mit donnertem…“
Weiter konnte Ben sie nicht verstehen, denn ein Marschschritt übertönte die Frau wie ein Donnergrollen.

Ben konnte sich nicht bewegen, er konnte nur mitansehen, als eine Truppe im Gleichschritt die Treppe hoch stiegen. Er konnte nur zusehen, als ein Bataillon an Klontrupplern an ihm vorbei marschierte. Erst jetzt dämmerte es ihm, dass das hier Order 66 war.
Aber das konnte nicht sein. Order 66 wurde von Sidious und Vader durchgeführt, unterstützt von Abertausenden Klontruppen, die keine Wahl hatten. Doch der Mann, der die Soldaten führte, konnte weder Vader noch Sidious sein, er hatte ein blaues Lichtschwert.
Etwas stimmte hier nicht, Ben konnte es fühlen. Sonst konnte er aber auch kaum mehr tun. Kein einziger Muskel wollte sich bewegen. Und so hörte er die Schreie deren, die massakriert wurden, während seine Augen das Senatsgebäude von Coruscant fixierten.
Die Situation war für Ben unerträglich, raubte ihm bald den Verstand. Selten hatte er sich so nutzlos gefühlt.
 
Eine Hand holte Ben zurück in die Wirklichkeit, auf den Dachboden.
Furcht war alles, was er in diesem Moment fühlte. Hastig Griff er nach seinem Lichtschwert, drückte sich vom Boden ab. Bens blaue Klinge kreuzte eine Grüne und seine Augen die von Luke. Sein Onkel sah ihn schockiert an und Ben deaktivierte sein Schwert. Beschämt sah er zu Boden und erst jetzt fiel ihm auf, dass er Dachboden erleuchtet war. Luke würde sicher nach einer Erklärung verlangen, also atmete Ben tief durch ehe er damit anfing: „Es tut mir leid…“
„Es ist ein Ordnung.“, erwiderte   Luke freundlich, „Aber warum bist du mittlerweile die vierte Nacht in Folge hier?“
„Ich… Also, das war so… ich wurde gerufen.“, erklärte sich der Padawan.
Luke seufzte und strich sich durch den Bart, ehe er Ben mit verständnisvoller Stimme weiter befragte: „Von wem oder besser von was?“
Ben deutete nur auf die Metallbox.
Luke schüttelte nur leicht den Kopf, strich sich erneut durch den Bart und ging auf die silberne Box zu. Er öffnete sie ohne Umschweife und Ben zuckte merklich zusammen. Aber es schien seinem Onkel nichts auszumachen.

Der Deckel und die Seiten der Box klappten auf und Ben konnte kaum glauben, was er sah. Vaders Helm, angebrannt und deformiert, starrte Ben aus leeren Augenhöhlen an.
„…Das erklärt einiges.“, murmelte Ben eher zu sich selbst und spitze die Ohren. Kein Atmen.
„Was ist passiert?“, fragte Luke besorgt.
Wie oft hatte er seinem Neffen schon gesagt, dass er bei seltsamen Dingen im Bezug auf die Macht zu ihm kommen sollte. Er konnte Ben helfen, zumindest hoffte Luke das.
„Ich habe so ein komisches mechanisches Atmen gehört, seit ich von Onderon zurück war. Lauter, je näher ich hier war. Das war sicher der Helm.“, puzzelte Ben Sätze unpassend zusammen.
Luke vermutete, dass sein Neffe sehr übermüdet sein musste.
„Ist es weg jetzt?“
Ben nickte.
„Dann geh' lieber schlafen. Du siehst nicht gut aus.“
Ben nickte nochmals und lief langsam in Richtung der Öffnung. Luke folgte ihm und verschloss die Vorrichtung sobald sie beide unten waren.

„Hatte Vader je ein blaues Lichtschwert?“, fragte Ben plötzlich, ohne für Luke erkennbaren Grund.
„Möglich.“, entgegnete Luke, „Er hat viele Jedi getötet, da wird er sicher an ein blaues Lichtschwert gekommen sein.“
Ben nickte und gähnte. Seine Neugier war seit der seltsamen Vision mit der Erstürmung und dem Senat noch nicht gestillt, doch im Augenblick überragte die Müdigkeit. Er würde morgen weiter nachbohren und dieses Mal würde sein Onkel nicht ausweichen können.
 
Luke musste seinem Neffen am nächsten  Morgen auch nicht ausweichen. Ben saß wie ein Untoter im Speisesaal des Tempels und versuchte seinen Schlafentzug durch den massigen Konsum von Caf aus zu gleichen. Rinkah saß ihm gegenüber und löffelte irgend ein Müsli mit Früchten drin. Wieder musterte sie Ben kritisch und der junge Solo fühlte sich als würde sie exakt erraten können wie viele Minuten er geschlafen hatte. Aber Ben war zu müde um es zu überspielen, seine Gedanken kreisten immer noch um die Ereignisse der letzten Nacht. Die Albträume über seine Mutter waren immer noch nicht verschwunden, aber Ben wusste, dass sie nicht sehr zeitnah fliegen würde. Das erklärte seine Vision der letzten Nacht trotzdem noch nicht.

Während er noch einen Schluck Caf nahm ließ er seinen Blick durch den Speisesaal schweifen. Der Tisch, an dem er saß war sonst voll, doch im Moment saßen nur Rinkah und Darnel, ein Devaronianer, welcher in einer der jüngeren Trainingsgruppen war. Ben war sich gar nicht so sicher, wie alt er genau war. Aber er hatte durch seine häufige Abwesenheit und die vielen Neuankömmlinge im Tempel sowie so den Überblick verloren, wer genau wohin gehörte. Generell hatte sich die Struktur des Ordens schon etwas geändert seitdem Ben hier war. Es waren stetig mehr geworden, die sich in den Wegen der Macht unterweisen ließen und so gab es mittlerweile für die Jünglinge einzelne Gruppen je nach Alter und Wissensstand. Wenn sich nicht ganz falsch erinnerte, musste es mittlerweile sogar eine separate jüngere Truppe an Padawanen geben, die getrennt von ihnen unterrichtet wurden., aber er traute seinem eigenen Hirn nicht bei den Mengen an Schlafentzug.

Die restlichen Tische des Speisesaals waren ebenfalls recht spärlich besetzt, mit Ausnahme des Tisches an dem die Ebené-Geschwister und ihre Freunde saßen. Dort schien ein angeregtes Gespräch zu herrschen. Mit großer Euphorie schien Tibor etwas zu verkünden von dem sich Ben gar nicht erst die Mühe machte zu versuchen es zu verstehen. Seinem übermüdeten, in einem Caf-See schwimmenden Gehirn wäre das so oder so nicht gelungen.
Aber dann geschah etwas von dem Ben zunächst glaubte die Schlafentzug-Caf-Mischung hatte entgültig die Oberhand in seinem Kopf gewonnen.
Narzyssa stand ruckartig von ihrem Platz auf. Alle Gespräche an dem Tisch erstarben, doch das schien Narzyssa schlicht egal zu sein. Sie Griff nach ihrem Tablett und ging einfach. Mit jedem weiteren Schritt schien ihre Sicherheit über ihre Entscheidung dahin zu schmelzen. Wenige Schritte später stand sie vollkommen verloren in der Mitte des Speisesaals. Ihr Blick schien für Ben an einem leeren Tisch hängen zu bleiben, doch dann lief sie zu seiner Überraschung in Richtung des Tisches an dem er saß. Ben blickte zu seinen Sitznachbarn. Darnel sah ihn ähnlich verwirrt an, doch als er kurz zu Rinkah sah, war es ihm klar. Ben hatte immer gewusst, dass die Pantoranerin opportunistische Züge besaß. Vermutlich war das ein Wert den ihre ganze Familie schätze. Eine Gelegenheit einfach beim Schopf zu packen, wenn man sich etwas davon versprach, das kam einem Medienkonzern wie 》Papanoida Media《 sicher oft zu gute.

„Willst du dich nicht setzen?“, fragte Rinkah nun Narzyssa mit einem freundlichen Lächeln.
Ben versuchte heraus zu finden, ob es gespielt war, doch sein Hirn hatte gerade keine Lust auf Rätselraten.
„Danke.“, entgegnete Narzyssa nur knapp und ließ sich auf dem Bodenkissen links von Rinkah nieder.
„Ich kann dieses Geschwafel über den aufziehenden Sturm echt nicht mehr hören. Seit Tagen gibt es kein anderes Thema mehr.“, sagte Narzyssa genervt.
„Was für ein Sturm?“, fragte Ben und bemerkte, dass sich sein vierter Caf dem Ende zuneigte.
Auf der Sonnenseite Pan-Jas waren Unwetter sehr selten, Regen fiel meist nur als warmer, leichter Schauer.
„Ne, kein Regen.“, erwiderte Narzyssa und nahm einen Bissen ihres halbaufgegessenen Frühstücks, „Irgendwelche… 》Verbündeten《 wollen die Ernennung von Jus Tizia verhindern.“
Als Ben das hörte, war er schlagartig hellwach. Zudem verschluckte er sich an seinem letzten Schluck Caf. Er knallte seine Tasse auf den Tisch und begann heftig zu husten. Rinkah beugte sich über der Esstisch und versuchte Ben so gut es aus ihrer komischen Position ging, auf den Rücken zu klopfen.
„Danke.“, sagte Ben nur, nachdem er aufgehört hatte zu husten.
Narzyssa und Darnel hatten besorgt zugesehen. Unter der Schlussfolgerung, dass ihm aber schlecht mehrere auf den Rücken klopfen konnten, hatten diese dann beschlossen einfach weiter zu frühstücken.
Auch Rinkah hatte sich der restlichen blauen Milch in ihrer Müslischüssel zugewandt.

Vor Bens innerem Auge begannen sich gerade die Bilder der letzten Nacht mit seinen Albträumen und der neuen Information zusammen zu setzten. Seine Mutter war definitiv in Gefahr, ruckartig stand Ben auf. Dabei knallte er jedoch gegen den niedrigen Esstisch. Seine Caf-Tasse fiel lautstark um und die Aufmerksamkeit der restlichen Anwesenden war ihnen damit sicher. Aber das interessierte Ben nicht, er sah nur kurz zu Rinkah runter, die sich die restliche blaue Milch mit dem Handrücken von der Oberlippe mischte, ehe sie vollkommen ruhig zu Ben sagte: „Ja, ich komm' mit.“
Ben nickte nur.
 
Erst als er alle Koordinaten für den Hyperraumsprung nach Arkanis eingegebenen hatte und der Hyperraumsprung ausgeführt wurde, war Ben klar, dass er das hier wirklich tat. Rinkah saß neben ihm auf dem Platz, der eigentlich sonst meist von Xia besetzt wurde.
Ben lehnte sich zurück, nachdem er sich versichert hatte, dass alle Systeme korrekt liefen.
Seine Aufregung war mittlerweile wieder verflogen, stattdessen kroch ihm die Müdigkeit in die Knochen. Er blickte auf das digitale Chronometer, es zeigte drei verschiedene Zeiten an. Nach der Ortszeit Pan-jas war es morgens, nach der corusantischen Standardzeit war es kurz vor Beginn des nächsten Standardtages und auf Arkanis war es später Abend. Die Anzeige  darunter zeigte ihre restliche Flugzeit und die örtliche Ankunftszeit. Es würde noch eine ganze Weile dauern, bis sie den äußeren Rand erreichen würden.
 
„Du solltest echt ‘ne Runde pennen gehen. Ich kann hier auf alles aufpassen.“, schlug Rinkah vor.
Ben massierte mit Daumen und Zeigefinger seine Nasenwurzel, sie hatte recht. Aber vorher musste er erfahren, was ihm bezüglich der Wahl des Senatsvorsitzenden alles entfallen war.
 
„Wie konnte dir das entfallen?“, fragte Rinkah empört.
„Ich bin nicht mutig genug für Politik.“, erklärte Ben und gähnte.
Die Pantoranerin setzte einen strengen fast lehrerartigen Blick auf, ehe sie zu erklären begann: „So, eine kleine Gute-Nacht-Geschichte für dich. Es war einmal ein Holo-TV… Wesen. Der ist dann irgendwann in die Politik gegangen und hat eine ganze Menge ailienrassistische Dinge gesagt. Aber auch andere Dinge und das fanden einige ziemlich super. Also Senatoren und 》normale Leute《. Jedenfalls wollten die, dass der gewinnt, weil… keine Ahnung, als ob ein Zentristen Planet als Senatssitz nicht schon schlimm genug wäre, wollten sie auch diesen Typ. Aber Satz mit X, das war wohl nix. Und wenn er nicht gestorben ist, dann… fliegen wir heute nach Arkanis.“
Ben schmunzelte leicht über Rinkahs unprofessionelle Zusammenfassung, aber ihn beschlich auch ein komisches Gefühl, was wenn diese 》Erste Ordnung《 was mit alle dem zu tun hatte. Wie welche von denen Jacen, Lytha und Xia behandelt hatten, würde Ben das nicht überraschen.

„Und du glaubst, diese Leute sind die gleichen wie dieser 》Sturm《?“, fragte Ben mit geschlossen Augen, er war kurz davor einzunicken.
„Würde Sinn machen, nach dem, was ich über die Kreise der Familie Ebenè gehört habe.“, erklärte Rinkah sich.
Ben dachte an das zurück, was er vor etwas mehr als einem Standardjahr auf Coruscant gesehen hatte. Und an was er teilgenommen hatte, er, ein Jedi, hatte Wesen vor dem ehemaligen Jeditempel verletzt, die die Zerstörung des Todessterns gefeiert hatten. Gewissensbisse plagten ihn. Was wenn so ein maskierte Krawalltruppe auf Arkanis den galaktischen Senat stürmen würde.
Ben erhob sich ruckartig vom Pilotensessel und stürmte aus dem Cockpit.
„Ich leg' mich hin!“, rief er nur etwas zu laut und etwas zu hastig zu Rinkah.
 
Sein Schiff, für welches er wirklich langsam einen Namen brauchte, hatte im Gegensatz zu zur Spectre 1 nur eine Kajüte mit zwei Schlafplätzen, aber das war für Ben jetzt absolut egal. Er hätte vermutlich auch auf dem Boden geschlafen, Hauptsache sein müder Körper und seine rasenden Gedanken kamen endlich zur Ruhe. Hastig zog er Jacke, Schuhe und Gürtel aus und hoffte endlich Ruhe zu finden.
 
Und zumindest sein Körper tat das.
Aber seine Gedanken drehten sich um den Tag, den er bis jetzt in die letzte Ecke seiner Gedanken verbannt hatte.
Ben sah den jungen Mann mit der Regenbogenflagge als Cape und er sah die Cereanerin auf die er eingeprügelt hatte.
Um ihn war er laut und hell, Ben fühlte sich unwohl, ihm war heiß und kalt zu gleich. Mehrmals schluckte er, um dem Gefühl der Übelkeit zu entgehen. Aber er sah auf seine Hände und Blut klebte daran.
Er hatte die Cereanerin verletzt.
Er hatte auf der Seite der Neoimperialen gekämpft.
Er… hatte sich damals dabei gut gefühlt…
 
Ben schreckte aus seinem unruhigen Schlaf hoch. Sein Magen rebellierte und wollte am allerliebsten seinen gesamten Inhalt preisgeben. Verschwitzt und immer noch verschlafen stand Ben schwerfällig auf und schob sich die Haare aus dem Gesicht. Er fühlte sich dreckig und ekelhaft.
In seiner Brust machte sich ein Gefühl der Schande breit.
Panisch blickte er auf seine Hände, kein Blut. Doch Ben wusste, an ihnen klebte Blut. Langsam spreizte er seine Finger, während er immer noch auf der Bettkante saß. Es wirkte fast als könne er nicht glauben, dass diese Hände so etwas getan hatten. Es schauderte ihm bei dem Gedanken zu was man sich noch missbrauchen könnte.

Kurz flammten dunkle Ideen in Bens Hand auf. Machtwürgen und… er atmete krampfhaft und schnell aus, als hätte ihm jemand in den Bauch getreten. Er hielt das rote Lichtschwert mit den zwei kleinen roten Klingen als Parierstangen fest in der rechten Hand.
Es war hier, in Bens Kopf.
Er kämpfte an, ein leichter Kopfschmerz durchzog ihn und Ben sah mit leichtem zugekniffenen Augen zu seinem Lichtschwert. Silberner Griff, ein Auslass, alles war wie immer.
Beruhigt atmete er tief durch, der Schmerz war verflogen. Ben hatte sich dem Parasiten gegenüber durchgesetzt und er ballte kurz seine Hände.

Ein Klopfen an der Tür ließ ihn jedoch zusammenzucken. Auf der anderen Seite hörte er Rinkah: „Erstens: Dein Bordcomputer sagt, wir sind in einer halben Standardstunde da. Zweitens: Dein Kühlschrank ist alle. Drittens: Dein… Wer hat dir nochmal dieses Schiff geschenkt?“
„Mein Onkel.", antwortete Ben, unsicher, was Rinkah mit dieser Information wollte.
„Dann hat dein Onkel einen ziemlich guten Holo-Filmgeschmack.“
Ben schmunzelte kurz und dann hatte er Mitleid. Rinkah hatte die vielen Stunden, die er geschlafen hatte, die Zeit allein totschlagen müssen.
 
Nach dem Ben sich geduscht und angezogen hatte, stolperte er ins Cockpit. Er war immer noch etwas verschlafen. Rinkah saß im Pilotensessel und sah ihn mit hochgezogenen Augenbraue an, verzog sich dann aber auf den Co-Pilotensitz. Ben ließ sich auf seinen angestammten Platz fallen und sah Rinkah an, ehe er die Frage stellte, die ihn schon seit dem Frühstück im Tempel beschäftigte: „Warum bist du mitgekommen? Was versprichst du dir davon?“
„Mir war langweilig, meine Freund sind alle ausgeflogen. Außerdem hast, wenn ich Lytha glaube was ich tue, ein gewisses Talent dafür dich in Schwierigkeiten zu bringen. Das wollte ich nicht verpassen. Plus, wenn an der Geschichte was dran ist, kann ich aus erster Hand berichten.“
Ben lachte, irgendwie stimmte es, er hatte die Fähigkeit Probleme magisch anzuziehen. Wenn man an alles dachte, was seinen Eltern und seinem Onkel passiert war, lag es vielleicht in der Familie.
„Du kleine Opportunistin.“, lachte Ben.
„Ey.“, protestierte die Pantoranerin lachend, „Ich hab' Prinzipien. Kein Imperiumsmist! Nie mehr!“
„Da wird der Konzern aber leiden, wenn das die Falschen hören.“
Rinkahs Lachen erstarb, stattdessen setzte sie einen strengen Blick auf: „Papanoida Media hat zu Imperiumszeiten den geheimen Holonetzkanal der Rebellen am Laufen gehalten. Wir haben mit dem Imperium kooperiert soweit wir mussten .“
Ben hob entschuldigend die Hände, offenbar hatte er unabsichtlich einen wunden Punkt getroffen.
„Es tut mir leid.“, sagte Ben kleinlaut.
„Schon okay.“, entgegnete Rinkah in einem Ton, der mehr als vermuten ließ, das es nicht okay war.
Der Schwarzhaarige schluckte, doch ehe er sich weiter erklären konnte, piepte der Hyperraumcomputer.
Sie waren da, zumindest fast.
 
Aus dem Blau des Hyperraums, wurde das sternengesprenkelte Schwarz der Galaxis, in dessen schier unendlichen Weiten jetzt Arkanis lag.
Es herrschte reger Verkehr, doch Ben störte das nicht weiter. Er wusste, wo er hin musste. Sein Ziel war die ehemalige Imperiale Akademie, in welcher der Senat momentan untergebracht war.
Ben war sich recht sicher, dass man dies mit voller Absicht getan hatte, aber Beweise hatte er nicht.
Langsam flog er näher auf das massige und einschüchternd wirkende Gebäude. Ungeduldig wartete er, dass man ihm einen Landeplatz zuwies. Für ein Schiff mit königlicher alderaanischen Kennung, sollte das kein Problem sein.
Langsam glitten sie weiter hinab und so Ben begann die Geduld zu verlieren. Warum antwortete ihm keiner?
Er sah nur ein einziges schwarzes Schiff auf das ehemalige Akademiegebäude zufliegen, trotzdem nahm sich ihm keiner an.
Er versuchte es per Sprachkontakt: „Erbitte Landeerlaubnis.“
Nichts.

Abermals hatte Ben ein mieses Gefühl und er mochte es so gar nicht.
Er verlangsamte seinen Landeanflug.
„Eh, was das?“, fragte Rinkah und blickte auf die Straße die zum Senatssitz führte.
Sie mochten einen knappen halben Kilometer in der Luft sein, aber die schwarze Masse, die auf das Gebäude wie eine Gewitterwolke zurollte, war nicht zu übersehen.
Sofort hallten in Bens Kopf die Schritte der Klontruppen und Palpatines ermächtigende Worte.
Hastig drückte er ein paar Knöpfe. Er hatte in seiner Eile nicht nochmal Kontakt mit seiner Mutter aufgenommen, was er jetzt mehr als nur bereute. Ben hatte als Sohn versagt, er hätte sie warnen müssen.
Doch jetzt war es zu spät, auch nach den gefühlt hundertsten Mal, erreichte er seine Mutter per Holophon nicht.
Da blieb Ben nur noch eine Wahl und obwohl er begabt in der Macht war, gehörte Telepathie nicht so seinen Stärken. Leia war in dieser Hinsicht genau das Gegenteil von ihrem Sohn.
Kurz schloss Ben die Augen und versuchte den Standpunkt seine Mutter in der Macht zu finden.
 
„Ben?“, hörte er ihre Stimme.
„Alles wird gut, Mom. Ich komm' dich holen. Bleib in Sicherheit.“
Nachdem Ben diese Worte formuliert hatte, waren seine Gedanken so klar und ruhig wie ein Bergsee.

„Ach du…“, sagte Rinkah und zückte ihr Holophon, um aus der Frontscheibe zu filmen.
Mit Schrecken sah Ben, dass der Mob in den Senat eindrang.
Hastig drückte er einige Knöpfe und der Navicomputer fand einen Platz in der Nähe, wo Ben sein Schiff sicher unterbringen konnte.
 
„Rinkah, bist du schon mal in ein  Regierungsgebäude eingebrochen?“, fragte Ben, während das Schiff auf dem Landeplatz aufsetze. Seine Mission war klar.
„Nein.“, antworte seine Begleiterin, „Aber es gibt für alles ein erstes Mal.“
Sie schenkte Ben ein selbstsicheres Lächeln, ehe beide das Schiff verließen.

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