Das wahre Heldentum
Ben schlug die Augen auf und sah eine reich verzierte Zimmerdecke. Gestern war es spät geworden. Trotzdem war Ben leicht erschrocken, als er auf sein Holophon blickte. Es war bereits früher Nachmittag.
Vorsichtig stand er auf, um seine Freundin nicht zu wecken, streckte sich und ging mit seinem Holophon in das angrenzende Bad. Er hatte sich gestern Abend fest vorgenommen Xia direkt nach dem Aufwachen anzurufen und ihr zu gratulieren.
Er wählte ihre Nummer und drückte auf Sprachanruf, sie wollte ihn bestimmt nicht nur in Unterwäsche sehen.
„Der Teilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es später noch einmal.", verkündete eine mechanische Stimme.
Ben legte auf. Jetzt machte er sich doch ein wenig Sorgen, wo war Xia?
Zusammen mit allen drei Ebenés saß Ben am Frühstückstisch.
„Ich und die anderen gehen heute zum Gedenkmarsch. Wollt ihr mit?", fragte Tibor seine Schwester.
„Klar, warum nicht."
„Also eigentlich wollte ich mir die Stadt mal ansehen.", warf Ben ein.
„Davon siehst du genug heute.", erklärte Tara ihm mit Nachdruck.
Ben seufzte, aber gab seinen Widerstand auf.
Ben saß auf der Rückbank des Taxis zusammen mit Tara. Ihr Bruder hatte neben dem Fahrer, einem nahmenschlichen Mann mittleren Alters mit grauer Haut, Platz genommen.
„Können Sie nicht etwas schneller fahren?", fragte Tibor an genervt.
„Tut mir leid, der Luftraum ist ziemlich voll.", erklärte der Fahrer das Offensichtliche.
„Tche", schnaubte Tibor verächtlich.
Die gesamte restliche Fahrt verlief stumm.
Sie hielten in der Nähe des ehemaligen Jeditempels.
Kaum ausgestiegen, wollte Ben sich auf den Weg machen. Der Gedenkmarsch für die Rebellion sollte auf dem obersten Plateau des Tempels stattfinden.
Früher war es einmal das Zuhause von 10.000 Jedi gewesen, bevor der Imperator die heiligen Hallen entweiht und daraus seinen persönlichen Palast gemacht hatte. Heute diente das riesige Gebäude als Archiv, Zentrallager für Notreserven und auch als Museum über die Geschichte der Republik und der Jedi.
„Wo willst du denn hin?", fragte Tara ihren Freund.
„Na hoch.", erklärte Ben, welcher über die Frage immer noch sichtlich verwundert war.
Tibor begann zu lachen, während Tara auf Ben zugelaufen kam. Sie schlang ihre dünnen Arme um Bens muskulösen Hals.
„Du musst was falsch verstanden haben, wir gehen nicht zu diesem Gedenkmarsch, sondern zu dem für all die wahren Helden."
Ben behagte dieser Gedanke so gar nicht, am liebsten wollte er einfach gehen.
Tara erkannte jedoch seine Zweifel und verwickelte ihn in einen innigen Kuss.
Als sie sich voneinander lösten, nahm sie ihn bei der Hand und zog ihn hinter sich her.
Die kleine, altbackene, verrauchte Bar, die die Drei betraten war schon fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Menschen, die auf den Bänken und Hockern saßen, sahen die Neuankömmlinge prüfend an.
Ben fiel auf, dass er das Memo über den Dresscode wohl nicht erhalten hatte.
Jeder andere trug ordentliche, symmetrische Kleidung. Die Kleider waren alle entweder schwarz, weiß, grau oder kakifarben.
Die Männer waren zumeist rasiert, dies galt sowohl für Bärte, als auch für das Haupthaar. Oder die Haare waren nach hinten gegelt. Die wenigen anwesenden Frauen trugen die Haare alle zusammengebunden in einem oder mehreren Zöpfen.
Ben fiel hier mit seinen längeren Haaren und seiner lockeren Kleidung auf, wie ein bunter Wookie.
Der wandernde Blick des jungen Solo blieb an einem rothaarigen Mann in einer dunklen Ecke des Etablissements hängen. Allein saß er an dem Tisch mit einem Glas in der einen und eine Zigarette in der anderen Hand.
Ben war sichtlich verwundert. Er hatte zwar schon davon gehört, dass es noch wenige Leute gab, die echte Zigaretten statt E- Zigaretten rauchten, aber echter Tabak war selten und daher sehr teuer. Für gewöhnlich konnte sich nur sehr reiche Leute Zigaretten leisten. Und für gewöhnlich kehrten reiche Leute in solche Spelunken wie diese hier ein.
Auch die Kleidung des Mannes war seltsam. Es sah aus wie eine Militäruniform. Ben kannte dieses Design aber nicht, also war er weder von der Republik, noch von einem namenhaften planetaren Militär. Ben schätze, dass der Rothaarige etwa so alt sein musste wie Jacen.
Eine Sekunde kreuzte sich Bens und sein Blick. Seine hellen Augen war kalt, sein Gesicht emotionslos.
Schnell drehte Ben sich weg und ging an die Bar. Für gewöhnlich war trinken auf den meisten Planeten erst ab 18 erlaubt, wobei man bestimmte Alkoholsorten auch schon ab 16 bekommen konnte. Jedoch scherte man sich in äußeren Rand und den unteren Ebenen großer Städte nicht sonderlich um den Jugendschutz. Im Moment war Ben dies nur allzu recht.
„Ein corellianischen Wishkey on the rocks bitte.", bestellte Ben und versuchte so erwachsen wie möglich zu klingen.
Der Barkeeper, ein älterer Herr mit einigen Narben im Gesicht, machte sich sofort daran die Bestellung zu zubereiten.
Mit einem leichten Schmunzeln dachte Ben an seine Kindheit zurück und an seinen Vater, der ihn immer mal wieder einen winzigen Schluck von seinem Glas hatte nippen lassen, wann immer Leia nicht hinsah.
Damals hatte Ben den Geschmack als grässlich empfunden, heute tat ihm der Alkohol gut. Han hatte wohl recht mit der Aussage behalten, dass dieses Zeug dazu diente angespannte Nerven zu besänftigen.
Ein spitzer Nagel bohrte sich Ben sanft in die Schulter.
„Da bist du ja.", sagte Tara erleichtert, „Ich hatte schon Angst du wärst gegangen. Komm, die Rede beginnt gleich."
Mit diesen Worten griff sie nach seiner freien, linken Hand und zog ihn hinter sich her in die Menschenmenge.
Innerlich ärgerte sich Ben, denn Xia hatte Recht gehabt. Er war ihr Vorpak.
Sie stellten sich zu der Gruppe, welche Ben gestern kennengelernt hatte. Noch bevor er sie begrüßen konnte, wurde das Licht im Raum gedimmt.
Auf der kleinen Bühne gingen die Beleuchtungsdroiden an. In ihrem Schein stand ein kleiner Mann, mit leicht dicklicher Statur und Halbglatze. Im Hintergrund, ihn flankierend, standen zwei weitere Männer. Sie waren beide in etwa sowohl zwei Meter groß, als auch breit. Ihre Gesichter schienen zu Stein erstarrt zu sein, doch der blinde Hass trifte ihnen sprichwörtlich aus den Augen, ihnen allen, die sie sich in diesem Raum befanden.
Ben fühlte sich von Minute zu Minute mehr fehl am Platz.
„Meine werten Brüder und Schwestern, es erfüllt mich mit Stolz am heutigen Tag dieses Etablissement so gut gefühlt zu sehen. Wir allen sind hier, weil wir einen innigen Wunsch teilen, das ewige Imperium!", mit dem letzten Teil seiner Begrüßung reckte er seine rechte Faust zum Himmel.
„Das ewige Imperium!", erwiderte die Masse, in welcher Ben stand und sie alle reckten ihre Fäuste ebenfalls nach oben, alle bis auf Ben.
Dieser sah schockiert nach links, wo seine Freundin mit erhobener Faust und voller Stolz in den Augen dastand. Tibor, welcher rechts von Ben stand, gab auch ein solcher Bild ab.
Dem jungen Solo wurde schlecht, er konnte nicht glauben, was er hier hörte. Schnell nahm er einen Schluck aus seinem Glas.
„Direkt über uns verbreite die neue Republik Lügen. Sie wollen uns glauben machen, dass das Imperium besiegt sei und das wir gleich mit diesen Tieren sind. Doch ich sage euch, dass wir hier die Wahrheit kennen und wir werden sie verbreiten. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen, denkt ihr nicht auch? Wir werden aus der Asche eines Tages auferstehen und Frieden und Gerechtigkeit für unser neues Imperium bringen. Für das ewige Imperium!"
Der Redner streckte seine Faust wieder in die Luft.
„Für das ewige Imperium!", antwortete die Menge und alle Fäuste wurden zum Himmel gestreckt, auch Bens.
Schockiert sah der schwarzhaarige Junge nach rechts und erblickte Tibor, der einfach Bens rechtes Handgelenk umfasst hatte und seinen Arm hochriss.
„Komm, mach mit!", sagte Tara leicht aufgebracht, als sie mitbekam, dass Ben sich aus Tibors Griff befreien wollte.
Der Redner hatte seine Hasstirade unterdessen fortgesetzt.
„Wenn ich euch ansehe, dann sehe tapfere Kämpfer, Krieger und Soldaten, wahres Heldentum. Ihr alle seid ein Funke, der eines Tages alles verdorbene Fleisch dieser Regierung ausbrennen wird. Doch ein solcher Kampf wird nicht an einem Tag gewonnen. Nein, es sind viele kleine Schritte bis zum Sieg. Einen weiteren werden wir heute, an diesem Tag, hier auf Coruscant erringen. Wir werden den imperialen Palast nun stürmen und das Gedenken an die falschen Helden zerstören, damit den eigentlich Opfern des feigen Anschlags, welcher so groß zelebriert wird, gedacht werden kann. Für all die tapferen Soldaten! Für das ewige Imperium!"
"Das ewige Imperium", flüsterte Ben so leise wie möglich, während er seine rechte Faust hob. Hastig setzte er sein Glas an, welches er in der Linken hielt. Der corellianische Whiskey half Ben die aufsteigende Galle unten zuhalten.
Als Sohn einer populistischen Senatorin und Rebellin, als Jedi und Erbe des symbolischen Throns von Alderaan machten ihn diese Worte krank. Er wollte nur noch weg von hier, weg von dieser schäbigen Kneipe, weg von Coruscant und weg von Tara und deren Familie.
„Hier", sagte Tara und drückte Ben etwas in die Hand, während alle Richtung Ausgang strömten. Ben blickte auf das Ding, es war eine Sturmmaske. Sie war schwarz wie die Nacht.
„Ähm... ich muss mein Glas noch wegbringen.", erklärte Ben und verließ die Gruppe. Er hoffte, dass er, wenn er nur lang genug warten würde einfach gehen könnte. Er wollte kein Teil von all dem hier sein. Der junge Solo stellte das Glas auf den Tresen, welches der Barkeeper sofort nahm um es zu spülen. Die Bar war fast menschenleer. Umso mehr erschreckte sich Ben als der Mann mit den rote Haaren ebenfalls an den Tresen trat um sein Glas wegzubringen. Kurz blickte Ben ihn an, er schien aber keine Notiz von dem schwarzhaarigen Jungen zu nehmen.
Die Kneipe hatte, bedauerlicherweise, nur einen Ausgang, also war es Ben unmöglich sich herauszuschleichen. Dennoch hatte er die Hoffnung, dass alle schon zum Tempel aufgebrochen waren und er sich unauffällig aus der Affäre ziehen konnte.
Mit einer schnellen Bewegung trat Ben aus der Tür und wollte ihn die entgegengesetzte Richtung gehen, weg vom Tempel. Doch mit jedem Schritt begann sein Kopf mehr zu brennen. Er war gezwungen stehen zu bleiben, um überhaupt durchatmen zu können.
„Hey Kumpel, falsche Richtung."
Tibor legte Ben seine fleischige Hand auf die Schulter und dirigierte ihn zurück zur Gruppe.
Ben wollte schreien, rennen oder irgendwas tuen, doch es und sein Einfluss auf den ihn, machten ihn wie benommen.
Kaum waren sie die letzten Stufen des Tempels hochgesprintet, sahen sie auch schon die kämpfenden Fraktionen. Die Gruppe war in der Nachhut gewesen, da sie hatten auf Ben waren müssten.
Der junge Solo blickte nach unten, er war auf eine Flagge der galaktischen Union getreten.
Auf dem weißen Grund war ein Ring aus zwölf Punkten abgebildet, welche Planeten symbolisierten. Alle Planeten hatten verschiedene Farben. Der Oberste in der Mitte war strahlend gelb. Der Punkt links daneben hatte eine grüngelbe Farbe, während der rechts einen gelblichen Orangeton hatte. Der Ring aus Planeten ergab ein Regenbogen, wenn man alle zwölf Punkte zusammen betrachtete.
Daneben erblickte er noch einige Flaggen mit dem Symbol der neuen Republik, den Sternenvogel und Unika- Flaggen.
Ein junger Mann, welche die Unika- Flagge, welche sechs Streifen in den Farben des Regenbogens hatte, wie ein Cape umgebunden hatte, rannte auf Ben zu. Er schien ein paar Jahre älter zu sein, war aber trotzdem kleiner als Ben. Ben war allerdings mit seinen 1,80 Metern recht groß, vor allem für einen gerade mal fast Sechzehnjährigen.
Der Gegendemonstrant mit der Flagge hat dunkles gewelltes Haar und gebräunte Haut. Unter seinem Cape konnte Ben eine Jacke erkennen, welche er ohne Schwierigkeiten dem Ausbildungscorps der X- Wing Staffel der neuen Republik zuordnen konnte.
Das Erblicken des Emblems der Republik war für Ben wie ein Weckruf. Er konnte durch einen kleinen Trick dem Gegendemonstranten ausweichen, welcher sogleich den nächsten Kampf mit einem anderen schwarz Maskierten suchte.
Übelkeit stieg in Ben auf, er wusste, dass dies hier falsch war. Am liebsten würde er sich diese Maske vom Kopf reißen und wegrennen. Doch er konnte nicht. Nicht nur wegen Tara, sondern auch wegen seiner Mutter. Würde man den Sohn einer populistischen Senatorin auf der Seite der Neoimperialen entdecken, könnte dies das Ende von Leias politischer Karriere bedeuten. Sein Schwert und seine Lederjacke, und damit alles an was man ihn hätte einwandfrei identifizieren können, hatte Ben im Apartment der Ebenés gelassen. Somit war er sicher, solange er die schwarze Maske aufbehielt.
Dennoch schränkte das Ding seine Sicht ein und erschwerte ihm das Atmen.
Taras hohen, panischer Schrei drang an Bens Ohr. Er drehte sich nach ihr um und sah, dass sie gerade ein Handgemenge gegen eine Cereanerin lieferte und Tara war dabei zu verlieren.
Ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken stürmte Ben auf die Cereanerin zu und stieß sie zu Boden, weg von Tara. Erschrocken sah sie Ben an.
In diesem jedoch war etwas aufgestiegen, eine Kraft, welche Ben nicht kannte. All seine Schmerzen waren verschwunden. Er fühlte sich federleicht, unbesiegbar und gleichzeitig unglaublich zornig.
Ben kniete sich auf den Boden, fixierte mit seinen Knien die Arme der Cereanerin und begann auf sie einzuprügeln. Mit jedem Schlag fühlte er sich stärker, mächtiger und freier, als könnte ihn nichts aufhalten, als wären all seine Unzulänglichkeiten ausgelöscht wurden.
„Nutze deine Macht!", soufflierte ihm die Stimme.
Abrupt stoppte Ben, was hatte er nur getan?
Panisch blickte er auf seine Hände. Sie waren voller Blut.
Angewidert von sich selbst sah er zu dem Mädchen, welches unter ihm lag. Ben hatte sie, eine unschuldige junge Cereanerin bewusstlos geprügelt.
Schuldgefühlte übermannten ihn. Ruckartig stand der junge Solo auf und rannte, als würde sein Leben davon abhängen.
Eine Weile war er gerannt, ohne sich umzudrehen. Ben glaubte in Sicherheit zu sein. Schnell riss er sich seine Maske vom Gesicht, ehe er sich hinter eine Mülltonne übergab.
Wie so oft konnte Ben nicht schlafen, denn jedes Mal, wenn er die Augen schloss, so sah er das ohnmächtig, blutende Mädchen. Es war seine Schuld, dass sie so zugerichtet war.
Leise hatte er Taras Zimmer nur mit seiner Unterhose und seinem weißen Shirt bekleidet verlassen.
So leise wie möglich lief Ben über den Mamorboden des Flures.
Aus einer angelehnten Tür drang ein wenig Licht und Thymara Ebenés Stimme.
Ben wusste, dass es mehr als nur unhöflich war zu lauschen, aber etwas sagte ihm, dass er zuhören sollte.
„Mein Sohn konnte sich heute selbst ein Bild von der imperialen Jugend machen. Er schien recht begeistert, aber seiner Meinung nach sind es immer noch zu Wenige."
Die Stimme war etwas verzerrt, dadurch, dass sie aus einer Übertragung kam. Dennoch klang sie für Ben nach einem älteren Mann.
„Ich verstehe.", antwortete Lady Ebené, „Aber der eigentliche Kampf wird ja nicht auf den Straßen geführt, sondern aus dem Schatten."
„Damit haben Sie selbstverständlich recht. Sie, ihre Familie und vor allem ihre Tochter tragen viel dazu bei, dass das Imperium besser als vorher wieder auferstehen wird."
„Da bin ich zuversichtlich.", entgegnete Lady Ebené, „Aber etwas anderes General, wie geht es meinem Mann? Kann ich mit ihm sprechen?"
Die letzte Frage klang sehnsüchtig, fast schon melancholisch.
„Momentan ist Admiral Ebené sehr beschäftigt. Sie können sich später austauschen."
Lady Ebené seufzte leise.
„Für das ewige Imperium!", sprach die Männerstimme.
„Für das ewige Imperium!", entgegnete Lady Ebené.
Danach folgte das Geräusch des Endes der Übertragung, danach Stille. Unerträgliche, drückende Stille, die Ben die Luft zum Atmen nahm.
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