Der Dieb einer gemeinsamen Zukunft

• Camille Malfoy •

„You wear a mask for so long,
you forget who you were
beneath it."

Camille und Lorraine waren sich die darauffolgenden Tage so gut es ging aus dem Weg gegangen. Doch da sich Emma eben nicht teilen konnte, beließen sie es dabei bloß die nötigsten Worte direkt aneinander zu richten und ihre Gegenseitige Anwesenheit zu dulden. Wie die Blondine es bereits zuvor geahnt hatte, war Lorraines Versprechen nicht viel Wert gewesen. Im Gegenteil; sie und Garreth Greengrass schienen in jüngster Zeit gar unzertrennlich.

Die Schulbücher trug Camille unter ihrem Arm, als sie nach Unterrichtsschluss ein wenig durch die Gänge wanderte, um den Kopf frei zu bekommen. Das Treffen mit Regulus beherrschte nahezu jeden ihrer Gedankengänge, dabei hatte sie doch längst eine Entscheidung getroffen. Doch schien es, als würde eine höhere Kraft dies nicht zulassen wollen. Dabei wusste sie gut genug, dass sie und Regulus niemals eine Zukunft haben könnten. Genauso wenig wie Lorraine und Garreth. Zumindest nicht, ohne in die Ungnade ihrer Familien zu fallen.

Die Familie war Camille zu wichtig, als dass sie dies zulassen würde und so stellte sie diese über ihr eigenes Glück. Sie war nicht einmal überzeugt von der Idee, dass allein ein Mann ihr Glück schenken könnte. Denn tatsächlich waren es viele Komponenten, die dieses unterstützten und nicht bloß die Liebe eines dahergelaufenen Schwarms aus der Kindheit.

Der Korridor, der direkt an den Kerker kreuzte, lag vor ihr, als jemand sie ein wenig zu grob für ihren Geschmack am Oberarm festhielt. „Wohin des Weges, Camille?"

Allein die Stimme, welche sie seltsamerweise an eine Schuhbürste erinnerte, womöglich da auch diese rau und kratzig war, riefen einen unwillkürlichen Kotzreiz in ihr hervor. Mit einem gekünstelten Lächeln wandte sie sich schließlich dessen Besitzer zu. „In unseren Gemeinschaftsraum, oder denkst du ich bin hier um mich in einen der vergitterten Räume zu setzen, Dawson?"

Ein selbstgefälliges Grinsen schlich sich um seine stoppeligen Mundwinkel, doch noch immer machte er keine Anstalten den Griff um ihren Arm zu lockern. Camille zog empört ihre Augenbrauen zusammen und riss sich mit einem Ruck von ihm los. „Ich würde nun gerne meinen Weg fortsetzen, wenn es genehm ist", sagte sie spitz mit einem kühlen Unterton in der Stimme, welcher ihm hoffentlich ihre Stimmungslage und Meinung ihm gegenüber ein wenig näher brachte.

Doch entweder war Dawson Mulciber ziemlich schwer von Begriff oder aber es kümmerte ihn ganz einfach nicht, denn breit wie er war, stellte er sich ihr in den Weg. Die zahlreichen Ketten mit seltsamen Symbolen als Anhänger klimperten bei jeder seiner Bewegungen, auch bei der, mit der er sich durch seine dunkelblonde schulterlange Mähne fuhr. „Was läuft da mit dir und Black?", fragte er schließlich in charmantem Ton, den Camille ihm nicht abkaufte.

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und reckte das Kinn. Hochmütig sah sie ihn an. „Sag bloß, dass du ein Herz hast und Eifersüchtig bist", bemerkte sie mit einer gespielten Belustigung in der Stimme, doch der herablassende Unterton war kaum zu überhören.

„Eher in meinem Stolz gekränkt, dass du diesen Blutsverräter mir vorziehst", erwiderte er geradezu beiläufig, doch seine blauen Augen bohrten sich in ihre und beobachteten jede einzelne ihrer Bewegungen wie die eines Raubtieres.

Camille wandte für den Bruchteil einer Sekunde ihren Blick ab und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Er ist genauso wenig ein Blutsverräter wie du es bist", erwiderte sie unbeeindruckt und wandte sich zum gehen, immerhin musste sie sich so etwas nicht gefallen lassen, ihr Vater war schließlich Abraxas Malfoy! Doch schon hatte Dawson sie ein erneutes Mal am Arm gepackt. Die Blondine funkelte ihn drohend an. „Was fällt dir ein? Lass mich sofort los."

In diesem Moment erkannte die Slytherin eine kleine Gruppe am Ende des Ganges, die das Schauspiel zu beobachten schienen. Ihr Blick verfinsterte sich ungemein, besonders als sich einer von ihnen von seinen Freunden löste und direkt auf sie zukam. „Hast du nicht gehört was sie gesagt hat?", fragte Lupin schroff. „Du sollst sie loslassen."

Tatsächlich tat Dawson wie ihm geheißen, doch bloß um sich umzudrehen und den Gryffindor verächtlich zu mustern. „Halt dich da raus, du elendiges Halbblut. Was willst du schon ausrichten?"

Lupin verzog nicht eine Miene, zuckte nicht einmal mit der Wimper, als er selbstgefällig auf das Abzeichen an seiner Brust tippte. „Nun, zuallererst ziehe ich dir zwanzig Punkte ab und wenn ich dich noch einmal dabei erwischen sollte, wie du eine Schülerin belästigst, werde ich zu Professor Slughorn gehen, der sicherlich deine und ihre Eltern benachrichtigen wird." Zur Demonstration nickte er bei seinen letzten Worten in Camille's Richtung.

Der Gedanke daran, in Ungnade der Malfoys fallen zu können, waren wohl letztendlich der Grund dafür, dass der Slytherin mit einem Blick der tötete abzog. Camille sah ihrem Hauskameraden abschätzig hinterher, ehe sie sich mit verschränkten Armen an Lupin wandte. „Danke, aber das hättest du nicht tun brauchen", sagte sie spitz und machte auf dem Absatz kehrt, wobei sie direkt an dem Rest seiner kleinen Bande vorbeilaufen musste, die sich überraschenderweise ziemlich im Hintergrund gehalten hatten.

Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem Potter ihr einen gehässigen Blick zuwarf. „Stimmt, du verdienst es nicht, dass Remus dir geholfen hat."

Ein Windstoß fuhr im jähen Moment durch den Korridor und hinterließ eine Gänsehaut auf Camilles nackten Beinen. Sie wirbelte herum und fixierte den Gryffindor mit ihren türkisblauen Augen. „Es war ja klar, dass so etwas ausgerechnet von dir kommt. Immerhin bist du selbst dafür berüchtigt nicht gerade mit Komplimenten und netten Gesten um dich zu schmeißen wenn es um gewisse Schüler geht, nicht Potter?"

„Jetzt mach mal Halblang, Malfoy. Ehrlich gesagt habe ich Remus auch gesagt, dass er es lassen soll", bemerkte Sirius selbstgefällig und rollte mit seinen silbergrauen Augen, die Regulus' so ähnlich waren. Camille musste wegsehen, denn mit dem Blick, welcher ihr gerade aus eben diesen zugeworfen wurde, wollte sie niemals von ihrem alten Freund angesehen werden.

Stimmen ertönten im Gang, die, wie sich herausstellte, zu einer Gruppe Hufflepuffs gehörten. Die Blondine versuchte sie gar nicht zu beachten, doch die Mädchen schienen die kleine Auseinandersetzung umso interessanter zu finden, weswegen sie wohl neugierig stehen blieben.

Sirius hob abfällig eine seiner dunklen Augenbrauen und schnaubte einmal verächtlich auf, ehe er fortfuhr. „Trotzdem solltest du froh sein, dass du dieses eine Mal nicht das gefügige Frauchen spielen musstest, wie es all deine Vorfahren getan haben." Aus seiner abschätzigen Miene bildete sich ein anzügliches Grinsen. „Oder macht es dir etwa Spaß die Beine für Todesser breit zu machen?"

Dies war der Augenblick, in dem Camille empört nach Luft schnappte und dem unverschämten Jungen ihre Handfläche gegen die Wange klatschte. Diese hinterließ dort einen solch roten Abdruck, als würde dieser die Farbe ihres eigenen Gesichtes imitieren wollen.

„Oh du bist ja sowas von selbstgefällig, Sirius Black", zischte sie verächtlich. „Kein Wunder, dass deine Familie sich nicht für dich interessiert."

Seine drei Freunde schienen für einen Augenblick den Atem anzuhalten und eines der Mädchen aus Hufflepuff schnappte erschrocken nach Luft, selbst die Augen des eigentlichen Erben der Blacks waren geweitet, doch Camille war es gleichgültig. Sie bereute ihre Worte nicht und noch weniger würde sie diese wieder zurücknehmen. Sirius hatte sie ebenfalls beleidigt und noch schlimmer als all die Worte, die er ihr jemals and den Kopf werfen könne, war die Tatsache, dass er ihr bereits vor Jahren eine mögliche Zukunft mit Regulus genommen hatte.

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