Kapitel 25 ↬ Meine persönliche Komödie
◤ THERESA ◢
Als ich am nächsten Morgen wach werde, weiß ich nicht, wo mir der Kopf steht. Wortwörtlich, denn ich werde erbarmungslos von einem Arm ins Kissen gepresst. „Alter", zische ich leise flüsternd und versuche mich krampfhaft unauffällig aus seinem Griff zu winden. Vergebens. Felix liegt auf mir, wie ein Stein. „Nicht dein Ernst", flüstere ich leise zischend in seine Richtung, als das Schnarchkonzert von vorne losgeht.
Nun wünsche ich mir doch die Phase zurück, in der ich mir nicht so recht sicher war, ob er überhaupt noch atmet. Und als wäre das alles noch nicht genug, hat er sich selbst so kompliziert in die ohnehin schon zu kleine Decke gewickelt, dass ich mir den Arsch abfriere. Wo mein Kissen ist, stelle ich lieber gar nicht erst in Frage. Eben so wenig, warum ich eigentlich so verklemmt bin, dass ich nicht auf der Außenseite des Bettes schlafen kann. Mir die Blöße zu geben und das Felix gestern Nacht zu sagen, kam aber auch nicht die Tüte. Heute früh bereue ich es.
Trotz der Tatsache, dass mein Bett viel zu klein ist, um zu zweit darin zu schlafen, haben wir es aber irgendwie geschafft, ohne dass ich doch noch auf dem Boden gelandet bin. Und immerhin leben wir noch, also lässt sich das ganze doch irgendwie als Erfolg verbuchen. Zumindest, wenn man davon absieht, dass ich nicht den leisesten Hauch einer Ahnung habe, was zur Hölle hier abgeht.
Irgendwann, ich weiß nicht wann, denn auch an mein Handy komme ich nicht ran, beginnt Felix wieder zu grummeln. Das ist mein Zeichen. Wie auf Knopfdruck wimmert er etwas Unverständliches und dreht sich auf die linke Seite. Seinen Arm nimmt er mit und ich bin frei.
Ein bisschen zu euphorisch kullere ich aus dem Bett und schlage mir das Knie am kleinen Tisch an. Es rumst ordentlich, doch Felix macht keine Anstalten irgendwie anderweitig ein Lebenszeichen von sich zu geben.
Auf Zehenspitzen schleiche ich also durch mein Zimmer und versuche, so leise wie möglich mit dem kleinen Wasserkochen einen Kaffee aufzubrühen, doch diese Mission scheitert kläglich, als ich bemerke, wie laut sich das blöde Ding anhört. Somit schlüpfe ich schnell in die Chucks, werfe mich in eine Jogginghose, die ich vom Boden aufsammle und schnappe mir das Portemonnaie. Meine Zimmertür bleibt angelehnt, die Treppen runter springe ich mehr, als das ich laufe und zum ersten Mal seit langem ist mein Kopf einfach ruhig.
Keine wirren Gedanken und kein Stress. Dieses seltsame Gefühl der inneren Ruhe überkam mich schon lange nicht mehr und lässt mich fast schon zuversichtlich auf den heutigen Dienst blicken. Vielleicht reicht ja dieser klitzekleine Zwischenfall aus, damit mir Felix endlich etwas Ordentliches beibringt? Gestehen würde ich es nie aber hin und wieder macht mir die Arbeit tatsächlich Spaß. So sehr sogar, dass ich in einer schwachen Minute die ein oder andere Berufsinformation gelesen habe.
Zu spät für eine Ausbildung ist es doch nicht, oder?
Im Café angekommen überlege ich einen Moment, während die Verkäuferin mir einen perfekten Latte Macchiato macht. „Magst du noch was Zimt drüber?" Natürlich bejahe ich diese Frage. Ich bin mir sicher, nie einen besseren Kaffee getrunken zu haben, als hier. Sie könnte mir vermutlich auch Chiliflocken drüberstreuen und ich würde mich freuen. „Kriegst du noch was dazu?" Dass sie mich mittlerweile duzt, weil ich mindestens einmal am Tag hier auflaufe, finde ich spitze. Eine Antwort auf ihre Frage habe ich aber nicht direkt. Habe ich Felix je frühstücken sehen? Unsicher sehe ich mich um und muss schon alleine über den Begriff ‚Schrippen' schmunzeln. Mich weigernd, Brötchen diesen komischen Namen zu geben, bete ich, dass ich wenigstens etwas Konfitüre im Kühlschrank habe und bestelle einfach auf gut Glück zwei Stück und kaufe auch noch zwei Croissants. „Bis morgen", grinst mich die junge, türkische Frau an und ich kann nur lachen.
Trotz der Tatsache, dass ich wirklich müde bin, fühlt sich der Tag gut an und ich genieße eine schnelle Zigarette in der jetzt schon warmen Sonne.
Auf dem Weg nach Hause bin ich froh, die Haustür ebenfalls offen gelassen zu haben. Andernfalls hätte ich wohl in heißem Kaffee geduscht. Felix bekommt einen simplen, schwarzen Filterkaffee, während mir der wohlig zimtige Geruch in die Nase steigt.
Kurz bevor ich die Tür zu unserer Etage aufstoße, werde ich stutzig. Es herrscht hektisches Gewusel und ich kann Luca wettern hören. Was sie sagt, verstehe ich nicht, es klingt gedämpft aber aufgeregt und meine Fantasie geht ein wenig mit mir durch. Schadenfreude ist einfach die schönste Freude und egal, was es ist, ich hoffe es ist schlimm. Eigentlich bin ich gar nicht so ein Mensch, doch bei ihr mache ich gerne eine Ausnahme.
In meinem Zimmer angekommen, bemerke ich, dass Felix wach ist. Völlig zerledert blinzelt er mich an und ich muss wieder ein bisschen schadenfroh grinsen. „Deshalb lässt man auf dem Dorf die Finger von Gras, wenn's nicht fürs Vieh ist", flüstere ich leise und halte ihm den Kaffee unter die Nase. „Danke", krächzt er völlig verkatert und nimmt einen großen Schluck. Der raue Ton seiner Stimme jagt mir einen kleinen Schauer über den Rücken. Hoffentlich bemerkt er es nicht. „Rutsch mal." Mehr oder minder elegant lasse ich mich auf mein Bett fallen und muss mir unverständliches Gemecker anhören. „Warum bist du schon so wach?"
„Weil ich schon eine geraucht habe", lautet die simple Antwort. Das mit dem ‚nur eine, wenn ich Stress habe' habe ich wieder mal spitzenmäßig durchgehalten, doch es ist mir egal. Der Kaffee in meiner Hand hat oberste Priorität und so stört es mich auch nicht, dass wir hier sitzen, wie die letzten Penner und im Zimmer den Gang runter die Welt unterzugehen scheint.
„Ey, was ist denn da los?" frage ich nach einigen Minuten Schweigen schließlich doch genervt und bin gerade im Begriff aufzustehen, als mich Felix erschrocken am Arm packt und aufspringt. „Oh Fuck!" brüllt er, nur habe ich keine Zeit sein komisches Verhalten zu hinterfragen, denn die nächsten Sekunden sind gespickt von unzähligen, verwirrenden Ereignissen, die wahnsinnig schnell an mir vorbei rasen.
Mit einem Mal reißt jemand die Tür auf und lässt sie unsanft gegen die Wand knallen. Erschrocken springe ich auf, komme jedoch nicht dazu angemessen zu reagieren, denn ich werde direkt angeschrien: „Theresa Sophie Ziegler, was zur Hölle geht hier vor sich? Wer ist das?"
„Mama?!" frage ich gänzlich verwirrt und sehe aus dem Augenwinkel, wie sich Felix die Decke über den freien Oberkörper zieht. Das muss wirklich falsch aussehen. Andererseits: Was zum Geier macht sie hier, wie ist sie hier rein gekommen und wie verhindere ich, dass mich Felix mit meinem vollen Namen aufzieht?
Statt mir aber zu antworten, wendet sie sich direkt an den jungen Mann neben mir, der inzwischen mit hochrotem Kopf zwischen Mama und mir hin und her sieht. „Bist du Felix?" Sie macht einen großen Schritt auf uns zu, die Hände in die Hüften gestemmt, sieht sie uns an. Die Ader an ihrem Hals pocht gefährlich und ich weiß: Das bedeutet nichts Gutes. „Ja?" antwortet er vorsichtig fragend, schluckt heftig und hat prompt eine Kleben. „Mama!? Spinnst du?" Ich werde ignoriert. Stattdessen zerrt sie ihn wortwörtlich aus dem Bett. Bin ich hier im falschen Film? Gefangen in meiner eigenen schlechten Komödie muss ich dabei zu sehen, wie sich in den Gedanken meiner Mutter Mordpläne zusammenfinden.
„Wenn ich dich noch einmal bei meiner Tochter sehe, wirst du geknebelt in die Spree geworfen, mein Freund" zischt sie und ich bin mir nicht sicher, wann ich sie mal so wütend gesehen habe.
Absolut verwirrt schaffe ich es irgendwann mich zwischen die beiden zu stellen. Während sich Felix panisch seine Jacke umwirft, halte ich meine Mama davon ab, ihm noch einmal eine zu verpassen. „Kann mir vielleicht mal jemand erklären, was zur Hölle hier abgeht?!" schreie ich beinahe schon und blicke zwischen den beiden hin und her. „Ich kann das erklären", beginnt Felix schließlich leise und greift nach meiner Hand. „Nix da. Tu deine Finger weg und verzieh dich", fährt Mama ihn an, rupft an meinem linken Arm und führt sich auf, wie der letzte Vollidiot. Damit sehe ich meinen guten Arbeitstag zusammen mit Felix aus der Tür gehen.
„Frag doch mal das nette Mädchen neben an, was dein Hallodri veranstaltet hat." Kurz muss ich nachdenken. Wohnt außer Luca und mir noch jemand hier auf der Etage? „Von wem redest du ey?" frage ich und muss dabei zusehen, wie sie sich völlig selbstverständlich ein Croissant aus der Tüte nimmt und das Ende in meinen Zimt-Milchschaum ditscht. Als wären die letzten Minuten gerade nicht passiert, streift sie sich die Schuhe von den Füßen und setzt sich im Schneidersitz auf mein Bett. Felix schwarzer Hoodie landet im perfekten Wurf auf dem Schreibtisch. „Du könntest hier auch mal wieder aufräumen", nuschelt sie mit vollem Mund.
„Es ist auch wirklich klasse, dich zu sehen", kontere ich, triefend vor Ironie. „Kannst du mir jetzt bitte mal erklären, was hier eigentlich abgeht? Ist das vielleicht kein Zimt, sondern irgendwelche, gemahlene Pilze?" frage ich nach Ewigkeiten der Ruhe und klaue mir meinen Latte zurück. „Nimmst du hier Drogen?" lautet die Gegenfrage und ich muss ein paar Bröckchen ausweichen, die sie erschrocken in meine Richtung spuckt. „Nicht der Punkt, Mama."
Doch egal, wie oft ich meine Frage umformuliere, das Ergebnis bleibt gleich. Sie weigert sich mit der Sprache rauszurücken und auch, wenn ich weiß, dass sie genau darauf aus ist, hebe ich meinen Allerwertesten und gehe in die Höhle des Löwen.
Vor ihrer Tür halte ich inne. Will ich das wirklich? Bevor ich aber weiter darüber nachdenken kann, geht die Tür auf. Nur in Handtücher gehüllt steht mir Luca gegen über und das erste, was mir auffällt sind lilafarbene Striemen an den Handgelenken. „Was ist denn mit dir passiert"? frage ich geschockt und hasse mich sofort selbst dafür, dass es mir nicht egal ist.
„Tja, dann weißte schonma worauf du dich einstellen kannst, wa", antwortet sie schnippisch und stößt mich grob zur Seite. Befriedigend ist die Antwort sicherlich nicht aber ich bin wirklich nicht in der Stimmung, jetzt auch noch mit ihr zu diskutieren.
Stattdessen laufe ich zurück in mein Zimmer, knalle die Tür ins Schloss und raufe mir die Haare. Frustriert schnaubend lasse ich mich neben Mama aufs Bett fallen und versuche ihr triumphierendes Grinsen zu ignorieren.
„Tut mir ja Leid für dich, mein Schatz. Aber dein Freund hat dich wohl betrogen und das arme Mädchen ans Bett gebunden. Wie konntet ihr ihre Schreie denn nicht hören?" Sie unterbricht sich selbst und schüttelt mit dem Kopf. „- obwohl erzähle es mir lieber nicht. Sag mir nur, ihr habt verhütet, bitte!"
Ich müsste jetzt die Wahrheit sagen. Alles in mir schreit danach aufzuklären, das ich mich sicherlich nicht auf oder unter Felix legen werde und mir alleine beim bloßen Gedanken daran der Kaffee wieder hoch kommt. Die Rachsucht in mir sieht das ein bisschen anders und ich setze einen erschrockenen Blick auf. „Oh Mist, ich wusste, ich habe gestern was vergessen. Ach Shit."
Meiner Mutter dabei zuzusehen, wie ihr sämtliche Farbe aus dem Gesicht weicht, ist wahnsinnig witzig und ich weiß, dass ich mir das nach all dem Drama mehr als nur verdient habe. Als sie aber Anstalten macht, sich in meinen neben dem Bett stehenden Papierkorb zu übergeben, muss ich sie erlösen und kläre die Situation auf. Die Sache mit dem illegalen Autorennen, Nils' Existenz und sein Unfall, sowie Felix Gras Konsum lasse ich unter den Tisch fallen, bevor die Arme noch in Ohnmacht fällt.
Erleichtert, nach meiner kleinen Halbwahrheit, fällt sie mir um den Hals und ich bekomme endlich die Chance zu hinterfragen, was sie eigentlich hier macht. In Berlin. In meinem Zimmer. Mit ihren Koffern.
Ein bisschen unbeholfen löst sie sich danach aus der Umarmung und ich sehe die besorgniserregende Falte auf ihrer Stirn. Ihre Mimik lässt sich nicht so richtig definieren und mit einem Male tut es mir schrecklich leid. Der erste Satz aus ihrem Mund reicht, und ich habe ein monstermäßig großes, schlechtes Gewissen. „Du hast dich so lange nicht gemeldet, da wollte ich dich besuchen kommen."
Ebenso wie meine Wenigkeit, ist Mama ein wahrer Meister darin das Thema zu wechseln, denn schon im nächsten Moment steht sie auf und öffnet die kleine Tasche, die sie viel zu umständlich am Griff ihres Rollkoffers befestigt hat. „Schau mal, ich habe dir ein bisschen was mitgebracht."
Ihre Taktik funktioniert einwandfrei. Mit großen Augen blicke ich auf nagelneue Pinsel, kleine Leinwände, ein unbenutztes Deck Spielkarten und ein paar Acrylfarben. Mit diesem kleinen Paket macht sie mir eine ungemein große Freude, war Kunst doch immer das einzige Fach, in dem ich nicht an der unteren Grenze gekratzt habe. Es ist ein ewig altes Hobby, dem ich viel zu lange schon nicht mehr nachgegangen bin. „Deine Posaune war mir zu schwer", lacht sie ein bisschen tapsig und nun bin ich diejenige, die ihr um den Hals fällt. „Danke, Mama! Das sieht klasse aus." Andächtig streiche ich über die weichen Haarpinsel, bevor ich die Karten auf dem Schreibtisch ablege. Ich weiß schon genau, was ich damit anstelle und habe die perfekte Idee für ihr Geburtstagsgeschenk.
Trotzdem nimmt mir die Freude über ihre Geschenke nicht das mulmige Gefühl in meiner Magengegend, wenn ich mir ihren Gesichtsausdruck näher betrachte.
Doch Mama möchte partout nicht darauf eingehen. Stattdessen bittet sie um einen Schlafplatz und ein gemeinsames Essen, nach meiner Schicht.
„Da bin ich mit einer Freundin verabredet", gebe ich zu, nachdem sie meinen überlegenden Blick hinterfragt. „Das sage ich aber ab. Dann kannst du mich um 18 Uhr drüben abholen", schlage ich vor und das nicht nur aus schlechtem Gewissen heraus. Wirkliche Lust Felix gegenüber zu treten habe ich ohnehin schon nicht. Dann auch noch den Abend mit ihm zu verbringen muss nun wirklich nicht sein.
„Auf keinen Fall! Ich bestehe drauf." Kopfschüttelnd sieht sie mich an und ich merke, das Lächeln auf ihren Lippen ist nur erzwungen. Irgendetwas ist ganz gewaltig nicht in Ordnung, nur weiß ich leider auch: Es ist zu erzwingen hat keinen Sinn. Mein eigener Sturkopf kommt schließlich nicht von irgendwo.
Somit habe ich keine Wahl. Während Mama meinen Zimmerschlüssel einsteckt und es sich auf dem Bett mit einem Buch gemütlich macht, springe ich unter die Dusche und mache mich anschließend fertig für die Arbeit. In schneeweißen Arbeitsklamotten stehe ich vor ihr und sehe sie zum ersten Mal, seit wirklich langer Zeit, ehrlich lachen. „Du kannst mir nicht sagen, dass die in einer Stunde noch so aussieht." Gerne würde ich wetten, dass das Gegenteil der Fall sein wird. Das Risiko ist mir aber zu hoch.
„Bis später", verabschiede ich mich von ihr und verlasse mit einem komischen Gefühl das Wohnheim. Bevor ich aber den Eichhof betrete, schaue ich nochmal im Café Moreno vorbei. Für die Ohrfeige bin ich ihm was schuldig.
„Hast heute einen Scheißtag, wa?" fragt mich die junge Frau und macht mir, ohne dass ich etwas sagen muss, einen Latte Macchiato. „Magste wieder Zimt oder willst du Karamell mal probieren?" „Zimt bitte", lautet die kurze Antwort, ich bestelle noch einen schwarzen Kaffee für Felix und lasse Trinkgeld da, bevor ich gehe. „Bis später", grinst sie mich an und ich nicke. Darauf wird es wohl oder übel hinauslaufen.
Kurz bevor ich schlussendlich auf Arbeit auflaufe, drücke ich die Zigarette im Aschenbecher aus und werde direkt von Al begrüßt. „Tatjana, mein Herzblatt. Schön, dass du wieder da bist." Ich kann nicht anders, als ihn breit anzugrinsen. „Es ist auch schön, dich wieder zu sehen. Magst du mir kurz die Tür aufhalten?" Ein einfacher Trick, der den alten Mann davon abhält nach draußen zu laufen. Prompt hackt er sich bei mir unter und begleitet mich zum Personalraum. „Hach, das riecht herrlich", sagt er und riecht nochmal an meinem Kaffee. Heute scheint ein guter Tag für ihn zu sein und das ist wohl das Highlight meines heutigen Tages.
Von der Schichtübergabe mit Gaby mal abgesehen. Die quirlige Art der jungen Frau zaubert mir einfach immer ein Grinsen ins Gesicht und die Konfrontation mit Felix fühlt sich gar nicht mehr so schlimm an.
Zumindest denke ich das, bis er tatsächlich in den Raum stolpert. Die Stimmung kippt prompt in etwas eisig Unangenehmes und es nervt mich, denn eigentlich sollte ich diejenige sein, die sauer sein darf. Immerhin hat er die Nacht bei mir verbr- okay, was soll das.
Mit offensichtlich zwanghaft von mir abgewandtem Blick sortiert er Medikamente am anderen Ende des Raumes, also gehe ich einige Schritte auf ihn zu.
Stillschweigend schiebe ich eine Zigarette, um die ich einen losen Faden gebunden habe auf dem Deckel des Kaffeebechers zu ihm und warte.
Einige Sekunden vergehen, bis er mich entgeistert ansieht. Peinlich berührt, zwanghaft versuchend nicht zu lachen, sehe ich ihn an. Spätestens, als ich seine Augen aufleuchten und die Grübchen auftauchen sehe, ist es vorbei. Laut lachend vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen und schaue wenig später vorsichtig durch meine gespreizten Finger zu ihm.
„Ich kann das wirklich erklären", flüstert er leise, bevor er wenigstens die Zigarette aus den ‚Fesseln' befreit. „Ich glaube nicht, dass ich das will", lautet meine ehrliche Antwort. Mit seiner habe ich jedoch nicht gerechnet, geschwiege denn weiß wie ich damit umgehen soll. „Du klangst so wahnsinnig panisch am Telefon und ich habe mich an den Tag erinnert, als du in der Stadt herumgeirrt bist." Für einen Moment hält er inne, bevor er sich räuspert: „Ich habe mir Sorgen gemacht." Seine Stimme klingt ruhig und so ganz anders als sonst. Würde er mich aufziehen, klänge das doch sicher anders, irgendwie schnippischer, ironischer oder? Er hat mich schon so oft geärgert und dumm gemacht, diese Stimmlage kenne ich. Aber das jetzt? Das klingt anders und ich bin heillos überfordert.
Sein Blick klebt weiter auf der Zigarette, die er ohne ersichtlichen Sinne einfach zwischen seinen Fingern dreht. Rosige Farbe auf seinen Wangen ist definitiv etwas Neues und auch, wenn ich mir nicht sicher bin, ob die linke Seite nicht noch dank der Ohrfeige meiner Mutter so leuchtet, muss ich kurz lächeln.
„Außerdem hätte Nele mir die Hölle heißgemacht", lacht er peinlich berührt auf. „Wow. Den Moment haben Sie aber gehörig zerfickt, Herr Wagner. Und ich wollte gerade Danke sagen und anfügen, dass ich Luca nicht einen Funken bemitleide", rutscht es mir über die Lippen.
Und ich bereue es nicht.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top