Chapter 5
'No words could ever describe my feelings, when I saw into her beautiful eyes'
...
Emma
Ich fragte mich wirklich, wer er war, denn Jason kam mir so unglaublich bekannt vor. Ich wusste nicht warum, komischerweise erinnerte er mich an meine Kindheit. Ob es die Haare waren, welche mir so bekannt vorkamen, oder seine Art. Wahrscheinlich bildete ich mir das aber nur ein, da ich seit langem nicht mehr mit Personen in richtigem Kontakt war.
Mit uns waren noch die beiden anderen aus dem Laden. Sie waren mit uns geflüchtet und jetzt saßen wir unter einem Dach, in einer etwas abgelegeneren Gegend. Einer von ihnen hatte blonde Haare und hieß Adrian. Der andere hatte eher braune Haare, war noch muskulöser, als die anderen sowieso schon waren und er hieß Nick.
Ich alleine, mit drei Jungs, früher oder später würde sich noch herausstellen, ob es eine gute Idee war, mit ihnen mit zu gehen. Wir müssten uns auch noch überlegen, wo wir heute Nacht schlafen würden, aber zu mir konnten wir nicht, denn ich hatte viel zu viel in meiner eigenen Wohnung, was mich und meine Taten identifizieren könnte.
"Wieso bist du eigentlich mit uns mit?", fragte Nick. Die beiden unterschieden sich ebenfalls von Jason, denn sie waren eher noch lustiger drauf und unterhielten sich miteinander, während Jason nur das nötigste sprach und ständig in Gedanken war.
Ich entschloss mich, nicht darauf zu antworten, denn ich brauchte keine weiteren nervigen Stimmen neben mir. Jason saß ungefähr drei Meter weg von mir im Schnee, nur ein kleiner Stein hielt ihn an der Oberfläche, sodass er nicht nass werden würde. Er saß dort, als würde er Abschied nehmen, denn niemand setzte sich freiwillig nur mit einer dünnen Jacke in den eiskalten Schnee. Wahrscheinlich war er so in Gedanken, dass er es nicht einmal bemerkte.
Ich beobachtete ihn ganz genau, doch als ich sah, wie sich ein Teil des Schnees unter ihm langsam rot färbte, schrak ich ziemlich zusammen. Ich hatte mich noch nie so vor Blut erschrocken, aber dieses mal war es anders. Es war, als könnte ich jeden einzelnen Tropfen ganz genau in Zeitlupe beobachten, wie er zu Boden in den eiskalten Schnee fiel und ihm eine neue Farbe schenkte.
Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass ich aufgestanden war und zu ihm gelaufen war. Als er zu mir hochschaute, schrak ich ein weiteres mal zusammen, denn eine Träne lief ihm die Wange herunter. Der Typ war voller Geheimnisse und ich konnte nicht länger warten, sie endlich herauszufinden. Und das, obwohl ich ihn erst seit ein paar Stunden kannte. Verrückte Welt.
Ich setzte mich einfach neben ihn in den Schnee, ich hatte keinen Stein und somit spürte ich, wie der eiskalte Schnee meine Jeans durchnässte und meine Haut kalt wurde. Ich würde ihn jetzt nicht fragen, ob er mir erzählte, warum er weinte, denn er würde es sowieso nicht sagen. Das wusste ich einfach, ich konnte ihn mit mir vergleichen. Ich behielt auch alles für mich und wer mich auch nur annähernd nach meiner Vergangenheit fragte, bekam entweder gar keine Antwort oder ich rastete komplett aus, sodass die Person niemals mehr fragen würde.
Er hatte immer noch seine Kapuze halb über die Haare gezogen und starrte wieder stur nach vorne. Nach vorne, in die Unendlichkeit. Denn vor uns war ein Wald und Wälder konnte man mit Jason vergleichen. Ein Wald war so riesig und trotzdem erzählte jeder Baum, jeder Ast, jedes Tier, seine eigene Geschichte.
Wer wusste, ob dort drin gerade jemand ermordet wurde, oder ob dort ein kleines Kind erfror, welches sich verlaufen hatte.
Wer wusste, ob die Bäume weinten, wenn sie im Herbst ihre Blätter verloren oder ob sie froren, wenn im Winter kahle Äste aus ihnen herausstachen. Schrieen sie im Inneren, wenn man einen Ast abriss und ihn zerbrach?
Genauso war es mit Jason, ich hatte keine Ahnung was bei ihm innerlich passierte und ich würde es wahrscheinlich nie herausfinden, aber aufgeben werde ich nicht. Mir war bewusst, dass ich immer wieder von vorne anfangen würde, wenn ich dachte, alles herausgefunden zu haben. Ich würde Sachen erleben, von denen ich niemals gedacht hätte, dass sie passieren würden.
Jason war eine tickende Zeitbombe und ein nur zu großes Labyrinth.
"Du starrst", ertönte auf einmal seine Stimme. Ohne etwas zu sagen drehte ich meinen Kopf wieder nach vorne, aber rot wurde ich nicht. Ich stand zu den Dingen, die ich tat.
"Frierst du nicht?", fragte er und ich wunderte mich wirklich, dass er gerade tatsächlich von sich aus sprach, ohne das ich ihn gezwungen oder etwas gefragt hatte. Bei ihm hatte ich das Gefühl, etwas antworten zu müssen und dies tat ich auch.
"Nein, die Kälte macht mir nichts."
„Warum nicht?"
„Ich friere sowieso schon seit Jahren, mein Körper mag vielleicht funktionieren, aber ich, ich spüre schon seit langem keine Wärme mehr."
Ich wusste, dass ich hier gerade von dem Tod meines Körpers sprach, aber es war so und er sollte wissen, dass ich mindestens ein genauso großes Rätsel war wie er.
Jason entschied sich nichts darauf zu antworten, aber seiner in Falten gelegten Stirn konnte ich zuordnen, dass er darüber nachdachte. Vorsichtig wagte ich einen Blick zu seinem Arm, denn von dort kam das Blut. Jedoch konnte ich nichts scharfes entdecken, es sollten also Wunden sein, die er sich heute morgen oder gestern zugefügt hatte.
Normalerweise müsste man das verarzten, aber ich würde ihn nicht ansprechen, da er dort bereits ein paar Narben hatte. Das erste mal seit langem, hatte ich den Drang zu reden. Ich wollte etwas erzählen, aber die beiden anderen waren dafür die Falschen. Sie würden die typischen Fragen stellen und so wie jeder andere normale Mensch, darauf reagieren.
Jason jedoch würde mir mit vollster Aufmerksamkeit zuhören, aber er würde nichts dazu sagen und ich vertraute ihm noch nicht genug. Er würde auch irgendwann, von sich aus reden, er würde von sich aus etwas Preis geben. Etwas von ihm und seiner Vergangenheit. So waren wir Menschen, es gab genügend Personen welche schwiegen, aber auch diese Leute brauchten Kontakt. Das war natürlicher Instinkt. Menschen wurden nicht geboren, um in Einsamkeit zu verrotten.
Der Schlüssel war Zeit. Zeit hatte ich und ich werde warten.
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