Chapter 4
'No words could ever describe our situation.'
...
Emma
Auch bei ihm wusste ich nicht was es war, aber er machte mich neugierig. Es lag wahrscheinlich an seinen Klamotten und an seiner schnellen Gangart, denn er bewunderte nicht die schön geschmückten Läden, sondern lief zügig weiter, ohne Rücksicht auf die anderen zu nehmen.
Da ich es unglaublich mochte, meinen eigenen Puls schlagen zu hören und da ich dieses Adrenalin in meinem Körper fühlen wollte, beschloss ich, ihm zu folgen. Der Tag konnte sowieso nicht schlechter werden.
Er bog in die Straße ein, welche zu einer weiteren Nebengasse führte und ich musste mich wirklich beeilen, sonst würde ich ihn bald aus meiner Sicht verlieren.
Schon wieder wusste ich nicht, warum ich das tat. Warum folgte ich einem fremden jungen Mann, den ich nicht einmal annähernd kannte? Fragen über Fragen und ich konnte sie mir selbst nicht beantworten. Wahrscheinlich war meine gebrochene Seele auf einer Suche nach jemandem, der ebenfalls so lebte und tickte wie ich, aber da könnte ich lange Suchen.
Alle die mich sahen, schauten mich komisch an oder fragten mich ob alles okay wäre. Meine Eltern hatten mich schon komplett aufgegeben und ich war ebenfalls auf dem besten Weg mich selbst zu verlieren.
Der Typ lief irgendwie immer schneller, jedenfalls konnte ich ihn gerade noch so sehen, als er in einen Laden einbog. Der Laden war eher etwas abgelegener, deshalb konnte ich erkennen, dass es kein Touristen- oder ein typischer Stadtladen war. Aus diesen Gründen zog ich mir die Kaputze meiner schwarzen Jacke über den Kopf und bedeckte somit die Seiten meines Gesichtes.
Ab jetzt begann es wieder, ich spürte meinen eigenen Herzschlag, meine Finger kribblten und ich lief direkt ohne groß zu zögern mit in den Laden rein. Es sah hier drin eher aus, als würde man mit Drogen dealen, aber auch das hatte ich noch nicht zum ersten mal gemacht.
Schnell ging ich hinter eines der Regale und schaute mich ein wenig mehr um. Ich hatte recht, hier gab es Alkohol, ein paar einzelne Waffen und vor allem jede Menge kleine Packungen, voll mit Drogen.
Meine Augen analysierten jeden Teil und dadurch konnte ich nur zu gut die Vorgehensweise der Verkäufer erkennen. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie hier noch nie von der Polizei entdeckt wurden, was auch erklärte, warum das Gestell eine Art Klappregal war. Ich konnte erkennen, dass einige Kabel von Lampen zu einer Steckdose führten, welche den Laden ganz schnell aufhellen würden. Seitlich an den Wänden standen weitere Regale mit Kuscheltieren und Weihnachtsdekoration.
Sie müssten also nur das Regal zusammenklappen, den Schalter betätigen, einige andere Regale herausziehen und schon sah der Laden für normale Menschen so wie jeder andere aus.
Ich fragte mich jedoch wo sie so schnell das illegale Zeug versteckten, falls die Polizei kommen sollte.
Nach einer Weile sah ich Umrisse einer Klappe im Boden, somit mussten sie das illegale Zeug nur dort rein tun, den Teppich drüber ziehen und das Regal oben drauf stellen.
Ziemlich schlau gedacht und somit wurde das ganze hier für mich noch interessanter. Ich liebte so etwas, einen Raum voller Geheimnisse und weitere drei Personen, welche nur zu geheimnissvoll aussahen.
"Du folgst mir, nicht wahr?", diese Frage riss mich aus meinen Gedanken, sodass ich innerlich etwas erschrak. Es war tatsächlich der Typ, welchem ich gefolgt war, der mir die Frage stellte. Er konnte Menschen also ebenfalls sehr gut durchschauen. Noch nie hatte mich jemand erwischt.
Als ich bemerkte, dass er sich erst jetzt zu mir umdrehte, war ich noch faszinierter von ihm. Er war sich also ohne sich umzudrehen, schon komplett sicher gewesen, dass ihm jemand gefolgt war, der dann auch noch anschließend den Laden betreten hatte.
Ich beschloss, ihm keine Antwort zu geben, sondern ihn zappeln zu lassen. Alles was ich von ihm sehen konnte, waren seine schwarzen und dunklen Klamotten. Mit aller Kraft versuchte ich, irgendetwas aus ihm rauslesen zu können, aber es war unmöglich.
Er trug nichts besonderes, was einen Teil seines Lebens verraten könnte, er hatte keine besonderen Markenzeichen, woraus ich etwas verstehen könnte und vor allem, hatte ich noch nicht sein Gesicht gesehen.
Um es einfach zu sagen, er hatte sich eine ziemlich starke Fassade übergelegt.
Er kam langsam aber sicher auf mich zu, bis er dann endlich seinen Kopf hob, um mich anzuschauen.
Auch er trug eine Kapuze, aber man konnte seine braunen Haare darunter erkennen. Er hatte tiefe dunkle, schon fast rosafarbene Augenringe und mich blickten zwei wunderschöne, aber ziemlich düstere, braune Augen an. Seine Wangenknochen stießen etwas heraus und ließen ihn angsteinflößender wirken.
"Ich hatte dich etwas gefragt", wiederholte er sich und mittlerweile stand er so nah bei mir, dass ich anhand seines Geruchs Alkohol riechen konnte. Er war mir deshalb so nah, weil er dachte, ich würde Angst bekommen, aber da hatte er sich die Falsche ausgesucht.
"Und ich habe beschlossen dir keine Antwort zu geben", erwiderte ich. Jetzt schaute er mich umso böser an und ich war immer noch dabei, rein aus seiner Körpersprache etwas über ihn herauszufinden, aber es ging einfach nicht.
"Ganz abgesehen davon, solltest du nicht einmal hier sein, denn die Polizei könnte jeder Zeit kommen und wir müssen abhauen", sagte er. Langsam zog er seine Kaputze runter und man konnte seine verwuschelten braunen Haare komplett sehen. Wenn man seine Schrammen und Kratzer nicht beachtete, sah er sogar ziemlich gut aus.
"Ach weißt du, darin habe ich schon Übung", bekam er die Antwort und er schien verstanden zu haben. Plötzlich kam er mir noch näher und für kurze Zeit fragte ich mich, was er vor hatte, aber er umfasste mein Handgelenk und zog aus meinem Ärmel, dass zersprungene Glas, was ich immer bei mir trug und mir vorher dort hingesteckt hatte.
"Warum hast du einen Spiegel zerschlagen?", fragte er mich. Mein Herz hämmerte weiter gegen meine Brust und dieser Typ machte mich einfach nur zu neugierig. Anscheinend war er auch einer von der Sorte, welcher jeden Menschen ganz genau betrachtete, um möglichst viel von demjenigen herausfinden zu können, ohne ihn überhaupt zu kennen.
Das faszinierte mich gerade wirklich, denn alleine, dass er das Glas gesehen hatte, unterschied ihn von den anderen. Er musste sich dann selbst darin gesehen haben, sodass er feststellen konnte, dass es ein Spiegelstück war. Dann musste er nur wieder auf meine Hände schauen und die Wunden erkennen, welche von den Schlägen gegen das Glas noch frisch waren. Faszinierend.
Ich war keine Person, welche Sachen zugeben würde und brauchte immer das passende Konterargument, welches ich auch genau in diesem Moment fand. Unter seinem Ärmel, lief Blut in seine Handfläche, es war frisches Blut. Also nahm auch ich seine Hand, krempelte den Ärmel hoch und konnte sofort erkennen, dass er sich selbst verletzt hatte.
"Und du ritzt dich?", fragte ich voller Neugier. Genauso verwirrt, aber gleichzeitig überrascht schaute er mich an. Ganz konnte er sich also nicht vor mir verstecken.
"Hey, hast du ihn schon mal so viel reden gehört", flüsterte der andere Typ hinter der Kasse seinem Kollegen zu, jedoch verstand ich jedes Wort. Er redete also sonst nie viel? Interessant, schon wusste ich etwas mehr über ihn.
Ein Handy klingelte und der eine Typ ging ran.
"Ja Kumpel was gibts... Okay... Verdammt..Scheiße.. Danke bro", konnte ich hören, bis er dann ängstlich in die Runde schaute.
"Wir sind aufgeflogen, die Bullen sind auf dem Weg zu uns. Irgendjemand hat uns wohl verraten", sagte er noch hektisch, währenddessen er breits anfing, die Sachen zusammen zu packen.
Mir war gar nicht bewusst, dass ich den Arm von dem mir gegenüber immernoch hielt, erst als er auch anfangen wollte, sich in Bewegung zu setzen, ließ ich ihn los.
"Also entweder du bleibst hier und spielst die nette Verkäuferin in dem Laden, oder du haust ab, ich habe dich gewarnt", sprach er schnell. Ich würde hier nicht bleiben, mit dem was ich an hatte würde ich sofort auffliegen und außerdem war das nicht einmal mein Laden. Etwas Action schadete nie und ich beschloss somit mit ihnen abzuhauen, denn wenn ich alleine irgendwohin rennen würde, wäre ich auf mich allein gestellt. In einer Gruppe ist es immer besser.
Schnell rannte ich zu dem Schalter, betätigte ihn und tatsächlich, ich hatte vorhin recht gehabt.
Ein Kronleuchter fuhr aus der Decke, sämtliche Lichterketten gingen an und die Regale fuhren nach vorne. Der eine Typ, welcher vorhin telefoniert hatte, schaute mich total entsetzt an und ich gab ihm einen 'Glaub mir, ich weiß alles Blick'.
Viel interessanter war jedoch, dass auch er es bemerkte. Der Junge, der mich so neugierig gemacht hatte. Sein Kumpel schaute nach Hilfe suchend zu ihm, aber er schüttelte nur leicht seinen Kopf und ich könnte schwören, ein kleines Lächeln gesehen zu haben.
Der kleine, wunderschöne Moment wurde aber auch sofort wieder zerstört, als ich das leise Geräusch der Polizeisirenen hörte. Jemand packte mich am Arm und schon waren wir draußen, ich fing an den anderen hinterher zu rennen und konnte sogar mithalten, schließlich machte ich das nicht zum ersten Mal.
Während des Rennens zog ich scharf die kalte Winterluft ein, schloss kurz meine Augen, um die eiskalte Luft in meinen Körper dringen zu lassen, so ein Gefühl hatte ich schon lange nicht mehr. Musste in meinem Leben wirklich immer etwas Gefährliches passieren, damit ich zufrieden war?
Voller Energie rannte ich umso schneller weiter und kam schließlich auch neben dem mysteriösen Jungen an.
„Ich hab gesagt hau ab, nicht mit uns, sondern alleine!", rief er außer Atem zu mir rüber.
„Mir ist egal was du sagst, alleine wär ich sofort aufgeflogen, also akzeptiers einfach", antwortete ich ihm.
"Wie heißt du überhaupt?", schrie er zu mir rüber, jedoch ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen.
"Das fragst du mich jetzt?", rief ich abgehackt zurück.
"Wann denn sonst? Auf der Flucht ist das doch der beste Moment, bevor ich es gar nicht mehr erfahre. Wir könnten jederzeit abgeballert werden", antwortete er. Ich wusste nicht warum, aber ich musste lachen. Wie lange hatte ich schon nicht mehr gelacht? Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern.
Der Typ machte sich also ebenfalls einen Spaß daraus, abzuhauen und das ganze dann auch noch mit Humor zu nehmen.
"Bella. Ich heiße Bella!", rief ich ihm zu. Er musste meinen wahren Namen ja nicht kennen, ich vertraute ihm noch nicht.
"Und du, wie heißt du?", hing ich noch hinten dran.
„Jason!"
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top