Chapter 3

'Dancing on my own.'
...

Emma

Das Mädchen, sie hat nicht mehr das schöne Lächeln im Gesicht und das Leuchten in ihren Augen ist längst nicht mehr da. Ihre Haare sind matt und zerzaust, sie ist blass und ihre Knochen schauen hervor. Sie starrt ins Leere. Nach und nach laufen ihr langsam immer mehr Tränen über die Wange. Ich will sie umarmen, ihr sagen, dass sie sich keine Sorgen machen müsste und alles wieder gut werden würde, ihr sagen das sie wunderschön ist. Doch als ich meine Hand nach ihr ausstreckte, berührte ich nur den eiskalten Spiegel vor mir.

Der zersprungene Spiegel in meinem Bad, erzählte ebenfalls Geheimnisse. Ich hatte ihn selbst eingeschlagen, da meine Welt zerbrochen war und in Scherben lag, somit spiegelte er mich perfekt wieder.

Ich beschloss seit langem endlich mal wieder unter die Leute zu gehen, raus zu gehen und mal wieder etwas Leben mit zu bekommen. Das tat ich schon lange nicht mehr, da ich nur meine Verbrechen plante. Damals war es meine Wut, die mich überkam. Eine Wut, die mich Dinge tun ließ, welche ich nicht einmal wollte. Diese Wut konnte ich bis jetzt immer noch nicht stoppen.

Als ich gestern erfolgreich die gestohlenen Wertsachen zum Händler gebracht hatte, war ich in meine alte, dunkle Wohnung zurück gekehrt und fühlte mich seit langem wieder einmal wohl. Ich hätte jetzt genügend Geld, um mir eine bessere, größere Wohnung zu kaufen, ich hätte genügend Geld, um mir selbst ein paar schöne neue Sachen anzulegen, aber ich tat es nie und die Gründe waren plausibel.

Der Grund für meine Verbrechen war nicht das Geld, was ich danach hatte, sondern ich tat es einfach nur für meine persönliche Befriedigung. Ich stahl etwas im Schloss, weil ich der Meinung war, dass diese Menschen nicht hier her gehörten. Zwischen den Menschen gab es so viele Unterschiede. Es gab die verschiedenen Gruppen und das war das Unfaire daran.

Die Reichen lebten vor sich hin, kauften sich neue Klamotten, gingen auf Partys, während der andere Teil der Welt hart für sein Geld arbeiten musste. Die Reichen Schnösel waren nicht einmal fähig dazu, ein paar der wertvollen Gold- und Geldstücke zu spenden. An die Kinder, welche schon mit drei in der Fabrik sitzen und nicht in die Schule gehen können.

Wenn ich ihnen somit wenigstens einen Teil des Reichtums stahl, fühlte ich mich etwas besser. Außerdem liebte ich dieses Gefühl unter Druck zu stehen, ich liebte es mein eigenes Blut, wie ein strömender Fluss, durch die Adern fließen zu spüren und vor allem, war es das Adrenalin, was ich liebte.

Es ist ein Gefühl, als würde man am Rande einer Klippe stehen. Mal nimmt man einen Fuß über den Rand, mal bröckeln Steine ab und man ist jedes mal kurz davor zu fallen, doch am Ende steht man wieder mit beiden Füßen auf festem Boden. Dieses Adrenalin ist das, was mich am Laufen hält.

Ich zog mir meine Jacke über und trat hinaus. Es war eiskalt, aber mir machte die Kälte nichts aus. Langsam setzte ich einen Schritt vor den anderen. Meine Fußabdrücke hinterließen Spuren in dem eiskalten Schnee und es würde nicht lange dauern, bis auch diese wieder verschwanden.

In der Stadt angekommen, regte ich mich eigentlich schon wieder auf, dass ich überhaupt hergekommen war. So viele falsche Gesichter. Zu meiner rechten Seite war eine Mutter, die sich gerade um ihr Baby im Kinderwagen kümmerte, aber gleichzeitig mit ihrem Mann diskutierte. Ich wusste, dass es ihr Mann war, denn die beiden trugen dieselben Eheringe.

Zu meiner linken war in einem Laden eine alte Dame, welche sich auf dem Einkaufswagen vor sich abstütze. Jede ihrer Falten könnte eine neue Geschichte erzählen. Ich mochte alte Leute, sie waren so Weise. Sie kannten das Leben, jedoch sah ich, wie gebrochen diese Frau war. Ich ging in den Laden hinein und stellte mich hinter sie.

Als sie vor mir ihren Geldbeutel aufmachte um zu bezahlen, sah ich ein Bild von einem alten Mann. Es war die Sterbekarte. 19.10.2016, stand darauf. Es war November, also noch nicht all zu lang her.

Das war ebenfalls eines meiner Talente. Ich konnte die Fassade der Menschen ziemlich leicht durchschauen, ohne sie überhaupt zu kennen. Zumindest konnte ich einen Teil über sie heraus finden.

Ich war vom Charakter her zu den Personen eiskalt, aber die Leute welche mich interessierten und die Personen, welche es schafften in mir ein paar Türen zu öffnen, welche es schafften mich immer neugieriger zu machen, bekamen eine ganze andere Seite von mir zu Gesicht.

So war es auch bei der alten Dame vor mir. Ich wusste nicht was es war, ob es der Duft war, welcher mich an meine Oma und meine Kindheit erinnerte, ob es die Falten waren oder ihre Klamotten. Sie machte mich neugierig, denn ich empfand Mitleid, als sie auf das Bild in ihrem Geldbeutel schaute.

Ich beobachtete wie sie mit ihren Fingern über das Bild strich und leise vor sich hin schniefte.

Ich legte von hinten eine Hand auf ihre Schulter und sie drehte ziemlich geschwächt und verwirrt ihren Kopf zu mir um.

"Er wäre bestimmt stolz auf sie. Sie müssen weiterleben und dürfen ihm nicht all zu lange hinterher trauern. Das Leben ist so schön und doch so kurz, also genießen sie ihre letzten Tage und denken sie immer an meinen Spruch: Weine nicht weil es vorbei ist, sondern lächle, weil es passiert ist", sagte ich zu ihr.

Ein 'Es tut mir Leid für sie', hätte nur gezeigt wie Klischeehaft ich war, aber so sollte auch sie merken, dass ich mich von den anderen Menschen unterschied.

Ich hatte schon ewig nicht mehr so viel gesprochen, aber wie gesagt, sie schaffte es ein paar meiner Türen und Schlösser in meinem Inneren zu öffnen. So bezeichnete ich es zumindest.

Ich sah, wie eine Träne ihre Wangen herunterlief und sie flüsterte ein leises: "Danke." Ich lächelte zurück und verließ wieder den Laden.

Personen, welche es schafften in mein Inneres einzutreten und mich zum Reden zu bringen, schätzte ich schon immer, aber niemand würde jemals all meine Türen und Schlösser knacken können. Niemals. Dafür war ich viel zu sehr verbaut.

Es würde die Person schon lange genug brauchen, um meine Identität herauszufinden. Ich lief nämlich nicht als Emma Jackson durch die Straßen, sondern als Bella Crown. Bei den vielen Verbrechen die ich bereits begangen hatte, könnte es gut sein, dass sie bereits nach einer Emma suchten, aber auch da war ich den Polizisten einen Schritt voraus. Nach einer Emma könnten sie lange suchen.

Ich lief weiter und machte mir zu jeder Person die ich sah, meine Gedanken. Egal ob groß, klein, alt oder jung. Sie hatten alle ihre persönlichen Geschichten und ich konnte die größten Geheimnisse der Personen leicht durchschauen. Das ging durch die kleinsten Bewegungen und Gegenstände, welche sie mit sich trugen.

Mich interessierten nur die Menschen, welche ebenfalls wie ich, eine Fassade aufgelegt hatten, welche die anderen Personen erst einmal täuschte, eine Fassade, die einen neugierig werden lies. Eine Seite der Person, von der man unbedingt mehr herausfinden wollte.

Genau wie bei dem jungen Mann, seitlich von mir, welcher gerade durch die Einkaufspassage eilte, als würde er gejagt werden.

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