Kapitel 5

Ich halte mir meine Hände vor Mund und Nase und versuche möglichst nur durch Mund zu atmen. Vermutlich riecht keine Sporthalle wirklich gut, aber heute konnte ich es kaum aushalten. Ich sehe meine Mitschüler drinnen schon toben, teils schon gewandelt, und frage mich wie die normal atmen können. Ich rieche nichts Eindeutiges, es ist eine Mischung aus Gummi, Schweiß und Metall Gerüchen. Jodie geht an mir vorbei in die Halle und Samira sieht mich mit einem schiefen Blick an „Hey was ist denn los?"
„Riechst du das nicht? Es ist doch total eklig! Wie hältst du das denn aus?"
„Ekliger Geruch? Das ist doch in der Sporthalle normal und es riecht doch genauso wie immer? Hm, vielleicht hast du die Nudeln nicht vertragen und dir geht's deshalb nicht so gut. Sollen wir rausgehen?"
„Nein, es geht schon und außerdem ist mir ja auch nicht schlecht. Ach, ich weiß auch nicht... ist jetzt egal"
Entschlossen atme ich noch einmal durch, nehme meine Händen von meinem Gesicht und stolziere in die Sporthalle. Ich beobachte die anderen und bin noch nicht wirklich motiviert Sport zu machen, aber Ablenkung vom Geruch kann nicht schaden. Wir alle tragen ungefähr dieselben Klamotten: ein rotes Sportshirt und eine schwarze Hose, ob lang oder kurz ist egal.

Meine Sportlehrer kommen herein, meine Spanisch Lehrerin Frau Simons und Herr Cervus. Frau Simons pfeift einmal laut und wir finden uns in einem Kreis zusammen. Tom und ein paar andere setzen sich in ihrer Tiergestalt hin, die meisten von uns sind im Moment aber Menschen, obwohl die wenigsten noch nicht die Wandlung hatten. Herr Cervus spricht die heutigen Themen an: „Wir beschäftigen uns heute wieder mit Leichtathletik und Parkour, ich kümmere mich um Leichtathletik mit dem besonderen Fokus auf Springen und Laufen und Frau Simons baut gleich mit euch den Parkour auf. Überlegt bitte vorher worin ihr vermutlich besser seid, es kann sonst auch noch gewechselt werden, aber dann können wir die Bewertungen für die andere Sportart nicht wirklich zählen. Alles klar? Dann legen wir mal los!"
Wir stehen auf und Samira und ich beschließen zum Parkour zu gehen, Jodie geht mit Tom und ein paar anderen Sprintern zu Herr Cervus. Dieser hat sich gerade in sein Tier, ein Hirsch, gewandelt und läuft mit seinen Schülern ein paar Runden. Frau Simons schickt uns Matten, Kästen und Barren zu holen, um einen Parkour aufzubauen. In unserer Gruppe sind hauptsächlich kleinere Tierblüter, Hasen, Eichhörnchen, Dachse und so weiter und auch wir Vögel machen lieber bei Parkour mit.
Olivia und Kieron zum Beispiel bauen gerade ein weiteres Hindernis am Ende der Halle auf.
Nach ein paar Minuten ist der Parkour aufgebaut und Frau Simons trommelt uns zusammen
„So Leute, euch ist nun freigestellt an welchen Hindernissen ihr übt. Ihr müsst nicht alle schaffen, aber je mehr, desto besser für eure Note. Bevor ihr anfangt, mache ich euch einmal so die Überwindung vor und danach einmal in meiner Tiergestalt. Und an alle Vögel: Ihr dürft von Hindernissen herunterfliegen, wenn es keine speziellen Aufgaben zum Herunterkommen gibt, aber übt bitte trotzdem das Abrollen und eine gute Landung"
Ich nicke wie die anderen Vögel, obwohl es mich ja noch nicht betrifft, aber man fühlt sich einfach zugehörig und deshalb verurteilt mich auch niemand dafür.
Frau Simons winkt uns zu den ersten Hindernissen herüber und deutete uns an ihr zu zusehen. Dann springt sie auf das eine Hindernis klettert über das andere, balanciert über einen Balken und rollt sich ab.
„So schwer siehts gar nicht aus" flüstert mir Sammy zu und bekommt dafür einen Blick von unserer Sportlehrerin. Aber ich musste ihr zustimmen, es sah wirklich nicht allzu schwer aus. Wenn nur dieser Geruch nicht wäre, könnte ich mich allerdings auch richtig konzentrieren. Frau Simons wendet sich wieder dem Parkour zu und wandelt sich in ihr Tier: ein Luchs.
Als Gestaltwandler hat man mit sehr vielen Tieren zu tun und aber Luchse finde ich schon immer irgendwie faszinierend. Den Grund weiß ich gar nicht genau, aber vielleicht liegt es daran, dass der Luchs eins der wenigen freilebenden Raubtiere in Deutschland ist.
Frau Simons Wandlung geht so schnell und schon überwindet sie ein Hindernis nach dem anderen. Ihre Krallen benutzt sie nur leicht, da die Matten kaputt gehen könnten, aber unsere Schule muss sowieso alle paar Wochen irgendwas ersetzten; von angenagten Holztischen bis zu kaputten Matten oder Sitzpolstern.
Ich schaue auf meine Nägel, da muss ich wirklich aufpassen, dass nicht ich die Matten zerreiße oder mir ein Nagel abbricht, autsch! Samira scheint wohl den gleichen Gedanken gehabt zu haben und flüstert mir wieder leise zu: „Ich habe ne Nagelschere in meinem Rucksack, sollen wir deine Nägel ein wenig kürzen? Du könntest dir vielleicht sonst weh tun und die Nägel wachsen bestimmt schnell wieder nach und ab heute Abend sind deine Nägel nicht mal das auffälligste", sie knufft mir lächelnd in die Seite. Eigentlich wollte ich meine Nägel bis zu meiner Wandlung nicht kürzen, aber da ich mir auch nicht weh tun will nicke ich Samira zu.
Da Frau Simons den Parkour gerade beendet hat und unsere Klassenkameraden schon sich für die einzelnen Hindernisse anstellen, gehen meine beste Freundin und ich zu meiner Lehrerin, ihre Augen verändern sich gerade von bernstein-farbend zu grün. Sie erlaubt uns kurz in die Umkleiden zu gehen, aber dass wir uns beeilen sollten. Schnell begeben wir uns in die Umkleide, schneide meine Nägel und stellen uns dann hinter ein paar Leuten beim ersten Hindernis an. Samira überwindet die Hindernisse teils als Otter, aber teils auch als Mensch. Einige machen es so, aber ich sehe auch Mitschüler, die nur in ihrer Tiergestalt bleiben und dann sehe ich mich und drei andere, die durchgängig Menschen bleiben. Nur sind die leider nicht so spät dran wie ich mit der Wandlung, ich weiß, dass die drei sich erst mit 17 oder 18 wandeln werden und sie früh dran wären, wenn sie sich auf einmal wandeln könnten. Warum das Alter so unterschiedlich ist, ist immer noch nicht gelöst, wird aber erforscht und falls ich später in den Naturwissenschaften arbeiten sollte, will ich mir das gerne mal ansehen. Vielleicht finde ich dann auch heraus, warum ich so spät dran bin.

So üben wir die erste Stunde über die Hindernisse zu kommen und ich merke wie ich das Abrollen und die Landung immer besser hinbekomme und bin richtig stolz auf mich. Der üble Geruch ist zwar immer noch da, aber er fällt mir schon gar nicht mehr so auf wie am Anfang. Schließlich kündigt Frau Simons eine kurze Trinkpause an und Sammy und ich setzten uns auf den Boden. Wir lachen und sie erzählt mir von dem einem Hindernis, wo sie fast gegen einen Mitschüler gefallen wäre. Plötzlich verzieht sie das Gesicht und schaut in Richtung Leichtathletik Gruppe.
Ich folge ihrem Blick und sehe, was los ist. Terry, ein großes Mädchen mit dunkelblonden Haaren stolziert zu unserer Gruppe hinüber. Ich stöhne, die hat mir gerade noch gefehlt. Terry ist nämlich sowas wie die Oberzicke der ganzen Schule. Sie kommt aus Amerika und ihre Eltern sind so einflussreich, dass ihr Vater ziemlich schnell Bürgermeister geworden ist und Terry gerne mit Macht prahlt. Außerdem sind ihre beiden Eltern schon vor der Ehewandlung Pumas bzw. Berglöwen gewesen und ihre Familie hält nichts von Spurii oder wie sie es nennen „Unwahre und unverdiente Wandler".
Sie setzen Wert auf „reines Blut" und auch wenn das jetzt nach einer seltsamen Vampir Macke oder nach Inzest klingt (was aber niemand jemals laut erwähnt), setzen reichere Wandler wirklich Wert darauf und verachten andere. Kieron wurde von Terry ausgelacht und ansonsten komplett ignoriert und erst als er von seinen Eltern weggezogen ist, schaute Terry ihn mal wieder an, wodurch auch alle anderen aufatmeten und sich ihm wieder näherten.
Und warum betrifft Terry, Miss ich-bin-die-beste-also-versucht-es-gar-nicht-erst, mich auch, obwohl ich ein richtiger Wandler bin? Tja ich weiß nicht mal, ob sie meinen richtigen Namen kennt, aber für sie habe ich einen Namen: „Nachzüglerin". Und da ich mit meinen zwei Jahren drüber bin, stehe ich wohl oben auf der Liste, die sagt, dass Terry sich mit diesen Leuten nicht abgeben sollte.
Also Mobbing würde ich es nicht bezeichnen, Terry fühlt sich einfach wie eine Prinzessin und in dem Glauben sollte man sie auch lieber lassen. Abstand zu ihr halten ist das Mindeste, was ich tun kann und Sport ist auch zum Glück das einzige Fach wo ich sie ertragen muss.
So stolziert Prinzessin Terry zu Frau Simons und redet kurz mit ihr. Diese runzelt die Stirn und eilt nach draußen zu Herr Cervus. Terry bleibt an Ort und Stelle und blickt unsere Gruppe einem nach den andren an. Manchen nickt sie lächelnd zu oder ihr wird kurz zugewunken, doch als sie mich und Samira ansieht verzieht sich ihr Blick. Überheblich tut sie so als wären wir nicht da.
„Die Wand hinter uns scheint ja echt toll zu sein" lacht Samira und ich muss auch schmunzeln. Es ist schön so eine gute Freundin zu haben. Dann kommen noch Nataniel und Lina, die zwei Frettchen Zwillinge, zu uns und fragen mich nach meinem Geburtstag, sodass Terry sich lieber wieder ein paar anderen Leuten zuwendet und dann mit Frau Simons spricht, die gerade zurückgekommen ist.
Die Trinkpause scheint vorbei zu sein, denn Frau Simons erhebt das Wort, während Terry sich neben ihre Freunde stellt: „Also wir machen gleich weiter und nur dass ihr euch nicht wundert, Terry wird gleichzeitig bei beiden Sportarten teilnehmen, da sie die Herausforderung möchte und in der Gruppe schon als die Beste abgeschnitten hat. So weiter geht's!"
Frau Simons ist eine der wenigen Lehrer, die so genau erzählt hätten, warum Terry nun auch noch bei uns ist. Aber ihr ist bewusst, dass Terry es sonst persönlich jedem auf die Nase gebunden hätte und sie es auch gleich sagen kann, dafür bekommt sie von mir Sympathiepunkte.

Ich binde meine langen Haare noch einmal fester in einem Zopf zusammen und schlage Nataniel, Lina und Samira vor zusammen ein paar Gelenkigkeit-Übungen zu machen. Meine Freunde sind damit einverstanden und wir üben Handstand, Brücke und Saltos. Als wir uns wieder den Hindernissen zuwenden, streckt uns Frau Simons einen Daumen nach oben entgegen und lobt uns für unsere passenden Übungen. Wir klatschen ein und mein Blick fällt auf Terry, die einen genervten Blick zu uns hinüberwirft. Ich zwinkere ihr zu und sie dreht princess-like ihren Kopf mit ihren wehenden Haaren zur Seit und tut so, als hätte sie schon die ganze Zeit ihrer Freundin neben ihr zugehört. Ich grinse, weil ich weiß, dass ich sie gerade geärgert habe und bekomme von Lina auch einen lobenden Blick. Mein 16. Geburtstag wird immer besser...

Schließlich ist die Stunde vorbei, unser Vierer Team hat es gut über die Hindernisse geschafft und Terry und ich sind uns gekonnt aus dem Weg gegangen. Als ich mich in der Umkleide wieder meine Schulunform anziehe, schaue ich auf die Uhr und bemerke, dass es schon nach 16 Uhr ist. Lange wird es nicht mehr dauern bis Samira und ich zum Pavillon fahren. Ich und meine Mitschüler verlassen die Sporthalle, einige gehen zurück ins Schulgebäude, um weiteren Unterricht oder AGs zu besuchen und manche, wie Samira und ich, gehen zu den Fahrradständern, schwingen uns auf das Fahrrad und machen uns auf den Nachhauseweg. Im Augenwinkel sehe ich einige Schüler sich wandeln, losfliegen und laufen. Lächelnd drehe ich mich nach vorne um, denn ich weiß, dass ab morgen mein Leben anders sein wird, das sagt mir mein Bauchgefühl.
So radeln wir nach Hause und als ich die Tür aufschließe sind mein Vater und Zoe schon zuhause und spielen gerade Karten. Ich begrüße die beiden, bin aber zu aufgeregt, um mich zu unterhalten oder mitzuspielen, also schnappe ich mir noch einen Muffin und gehe dann nach oben in mein Zimmer. Wieder ziehe ich mich um, aber diesmal schlüpfe ich in eine bequeme Hose und einen lockeren grauen Pullover, da mir gesagt wurde, dass es angenehmer ist, wenn man Sachen zur Wandlung anhat, die sich einfach ausziehen lassen oder leicht mit gewandelt werden können. Dann setze ich mich an meinen Schreibtisch, esse meinen Muffin und betrachte das gläserne Geschenk von Matteo. Da ich noch Zeit habe und eh nicht weiß, was ich tun soll, nehme ich meine Mathe Hausaufgaben aus meinem Rucksack und fange an sie zu bearbeiten. Richtig konzentrieren wie sonst kann ich mich zwar nicht, aber meine sich anbahnende Aufregung wird so etwas in Schach gehalten. Als ich fertig bin gehe ich runter zu meiner Familie und begrüße meine Mama, die gerade nach Hause gekommen ist. Wir reden noch kurz über meinen Schultag und packen dann belegte Brötchen und Snacks für heute Abend in einen Rucksack, da man nie genau weiß, wann die Wandlung beginnt.
Es klingelt und Samira seht vor unserer Tür, ich verabschiede mich noch von meinen Eltern und Zoe, dann steige ich auf mein Fahrrad, verstaue den Rucksack und fahre dann in Richtung Pavillon. Es wird schon langsam dämmrig und als wir über einen Kieselsteinweg am Pavillon ankommen, machen wir eine Laterne neben dem Haus an.
Da der Pavillon auf Privatgelände steht, braucht man keinen Schlüssel, sondern kann die Tür nur von innen mit einem Riegel abschließen. Der Pavillon selbst war mal aus hellem Holz, welches mit der Zeit immer dunkler geworden ist. Durch die Fenster kann man nicht durchschauen, weil die Vorhänge zugezogen sind, aber jeder in meinem Alter weiß, wie es im Pavillon aussieht, da wir beim verpflichtenden Beratungskurs in der sechsten Klasse den Pavillon besucht haben, damit keiner Angst davor hat. Danach wollte jeder die erste Wandlung haben, weil im Inneren eine kleine Spielkonsole ist, die genutzt werden kann, falls beim langen Warten Langeweile aufkommt. Samira und ich haben aber beschlossen diese heute nicht zu benutzen, sondern nur zu quatschen und unsere Snacks zu essen.
„Dann mal herein spaziert in die gute Stube" sage ich zu Samira und öffne die Tür. Sie lacht, geht in den Hauptraum, der ungefähr so groß ist wie unser Wohnzimmer und knipst das Deckenlicht an. Unsere Fahrräder haben wir ans Holz gelehnt und geklaut werden sie bestimmt nicht, weshalb wir sie nicht angeschlossen haben. Ich trete ebenfalls herein, schließe hinter mir die Tür und riegele sie ab, jetzt gibt es kein Zurück mehr.

Ich drehe mich um und schaue mir die Innenausstattung an, denn es sieht alles ein bisschen anders aus, als ich es in Erinnerung habe. Neben dem Eingang zum kleinen Badezimmer ist ein Wandgroßer Spiegel befestigt. Außerdem hat der Holzboden an manchen Stellen tiefe Kratzer und auch die Sitzbänke haben andersfarbige Kissen. Samira nimmt gerade ein Kissen in die Hand und meint dann nur: „Uff, als ich hier meine Wandlung hatte waren die Kissen weicher und nicht in so nem komischen grün Ton"
„Naja derjenige der für die Inneneinrichtung zuständig ist, hatte wohl irgendwann keine Lust mehr immer neue und teure Kissen zu kaufen, nur um nach ner Woche oder nach einem Raubtier neue zu kaufen"
„Aber in dieser Farbe?!"
„Ja gut stimmt, die ist wirklich schlimm. Vielleicht sollten wir die Kissen extra kaputt machen damit die nächsten schönere bekommen"
„Gute Idee!" lachend wirft Sammy mir ein Kissen an den Kopf.
Auch wenn wir eigentlich schon zu alt für einen Kissenschlacht sind, nutzen wir unsere Privatsphäre und Aufregung gekonnt aus. Nach ein paar Minuten fliegen schon die ersten Federn aus den Kissen und ich muss husten, weil ich ein Schwall davon in den Mund bekomme. Dabei sehe ich wohl so lustig aus, dass Samira einen Lachkrampf bekommt und sich aufs Sofa fallen lässt. Gespielt beleidigt lasse ich mich neben ihr nieder und ziehe ihr dann ein weiteres Kissen über den Kopf. Aber eigentlich sind wir schon so kaputt, dass wir beide einen Spielstop vereinbaren und uns lieber unserem Essen zuwenden. Wir schnappen uns beide ein Käsebrötchen und schalten dann unsere Handys auf lautlos, damit wir nicht gestört werden.
Als wir aufgegessen haben räuspert sich meine beste Freundin und trägt feierlich eine kleine Rede vor:
„Liebste Freundin Irina... schau mich nicht so komisch an! Also Irina, ich halte jetzt hier zur Feier des Tages eine kleine Rede vorbereitet, die ich mir vor einer halben Stunde ausgedacht habe und besser hätte aufschreiben sollen, weil ich gleich die Hälfte vergessen habe. Ähm naja weiter geht's. Also es ist mir eine große Ehre heute hier bei dir sein zu dürfen und naja dein verdammt nochmal erste Wandlung miterleben zu dürfen. Oh mein Gott! Durch deine Wandlung wirst du das offizielle Erwachsenen Reich betreten und sozusagen die Pubertät beenden? Hm, das war jetzt keine so tolle Formulierung, aber egal du weißt ja eh was ich sagen will. Zusammengefasst: Danke, dass ich hier sein darf. Sie dürfen ihre Braut jetzt küssen!"
Lachend hält sie mir ihre Hand hin und ich gebe ihr einen Handkuss, wobei ich ebenfalls in Gelächter ausbreche. „Das war die beste Rede, die ich jemals gehört habe! Aber sie war typisch du und somit perfekt" lachend umarme ich sie.
„So bevor wir uns zum Warteteil begeben, bin ich noch inoffiziell verpflichtet dich über die Zeit nach der Wandlung aufzuklären und dir die Wandlung noch einmal Schritt für Schritt zu erklären"
„Na dann mal los, Frau Lehrerin"
„Ja, gut zugehört! Willst du zuerst die Praxis oder das eklige Thema?"
„Also wenn du mit ekliges Thea die Periode meinst, dann fangen wir damit an"
„Ich hab befürchtet, dass du das sagst und es ist ja eigentlich auch nichts schlimmes, aber naja egal. Ähm also du weißt ja schon, dass deine Periode anfangen wird, sobald deine erste Wandlung stattgefunden hat. Aber aufgepasst, es fängt nicht direkt an, sondern irgendwann in der Zeitspanne von einem Monat"
„Also muss ich die ganze Zeit Binden und sowas tragen?!"
„Ne, keine Sorge, dein Körper meldet sich einen Tag vorher bei dir, bevor es anfängt, sodass es nicht allzu plötzlich kommt. Warum haben eigentlich Jungs nicht sowas wie die Tage?! Bartwuchs im Vergleich dazu ist ja nix"
„Die Welt ist nun mal gemein, Sammy, aber Jungs haben den Stimmbruch, wenigstens ein bisschen nervig für sie"
Ich muss schmunzeln, ich erinnere mich noch an einige Jungs, die damals ihren Stimmbruch bekommen haben und sich das so seltsam angehört hat. Auch bei Samira kommen Erinnerungen hoch und sie erzählt von ihrem nervigen Nachbar, der immer meinte, dass er sowas nie bekommen würde und dass er, wenn dann ganz stolz drüberstehen würde, dann aber für einige Tage nicht aus dem Haus gekommen sei.
Sammy würde nie Menschen einfach so auslachen, aber Karma regelt das schon, wie sie oft sagt und tatsächlich bekommen überhebliche Leute dann oft ihre verdiente Lehre.
„Ich glaube wir haben das Thema Periode und Folgen erstmal besprochen, ich würde sagen jetzt kommen wir zur Praxis, obwohl du ja schon tausendmal Wandlungen gesehen hast und dir der Ablauf auch klar ist und du auch weißt, dass die Wandlung mit Übung immer schneller und leichter werden wird, naja es muss halt gesagt werden."
„Ja das ist mir klar. Aber du hast noch was vergessen: Ich weiß auch schon, dass ich mit anderen Wandlern einfach sprechen kann, es sich aber für die Menschen wie tierische Laute anhört und dass ein Wandler allgemein die Körpersprache von allen Wesen sehr gut lesen kann"
„Da hat wohl jemand sehr gut aufgepasst, dafür bekommst du einen eins plus." Sammy tut so als würde sie sich, wie eine Lehrerin, meine Bemerkung notieren und ich strecke ihr die Zunge raus. Sie grinst mich an und stellt sich dann mitten in den Raum, ich bleibe auf dem Sofa sitzen und schaue ihr zu.
„Schritt 1. Vorstellung auf das innere Tier lenken und sich zum Beispiel über das Aussehen oder Sinne bewusst machen" sie schließt die Augen und fährt fort.
„Schritt 2. Die Veränderung im inneren Spüren und es dann nach außen tragen" ich beobachte, wie sich ihre Haut dunkler färbt und das Fell anfängt zu wachsen, sie öffnet ihre Augen, die jetzt schon fast komplett schwarz sind.
„Schritt 3. Verwandlung beenden" Sie zwinkert mir zu und ihr Körper verändert sich, wird kleiner. Fell, Ohren und ein Schweif wächst und in Sekunden ist Samira ein Otter und hüpft zu mir aufs Sofa. Ich strecke ihr meinen Arm entgegen, sie krabbelt ihn hinauf und legt sich dann auf meine Schulter. „Siehste, es sieht gar nicht so schwer aus und du wirst das auch hinbekommen" sagt sie und ich stupse ihr mit dem Finger auf die Nase. Ihre Barthaare werden dadurch gekitzelt und sie muss lachen. Kurzerhand verwandelt sie sich zurück und liegt nun halb auf mir drauf und ich stöhne kurz auf.
„Ey! So schwer bin ich doch gar nicht!" lachend klettert sie von mir herunter und lässt sich neben mir nieder.

Ich ziehe meinen Rucksack zu mir heran und hole Chips und Gummibärchen heraus. Sammy quickt erfreut, öffnet die Chips und holt sich eine Hand voll heraus. So mampfen wir unsere Snacks, unterhalten uns und die Stunden gehen schnell herum. Immer wieder schaue ich auf meine Nägel und warte auf weitere Anzeichen, die sich aber nicht zeigen.
Während Samira gerade anfängt zu erzählen, wo sie im nächsten Urlaub mit ihren Eltern hinfahren will, schaue ich auf die Uhr und sehe, dass es ein paar Sekunden vor Mitternacht ist. Als ich mich zu ihr umdrehe, um weiter zuzuhören, fühlt es sich an, als würde mein Inneres zerreißen.


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