Kapitel 33
Ich gehe auf Terry zu, doch bleibe einige Meter von ihr stehen. Ich darf ihr nicht zu nah kommen, sonst ist es direkt aus für mich.
Ob das wirklich eine gute Idee war? Vielleicht hätte ich doch fliehen und Ced Bescheid sagen sollen. Aber jetzt ist es zu spät.
Terry dreht sich schwungvoll und der Wind mit meinem Geruch weht ihr die langen blonden Haare aus ihrem Gesicht.
Ich kann nicht sagen, ob sie überrascht ist oder doch schon etwas geahnt hat, ihr Gesicht verrät nichts. Nur blanker Hass und eine diabolische Freude mich zu sehen. Oh, ich hasse dieses Mädchen so sehr...
„Oh Irina, schön dich hier zu treffen" flötetet Terry mit diesem bescheuerten Lächeln, welches ich ihr am liebsten vom Gesicht kratzen würde.
Beruhig dich Irina! Nicht überstürzen, sonst bist du gleich in großen Schwierigkeiten und du solltest hier die Kontrolle haben und nicht dieses Miststück vor dir!
„Ja was für ein netter Zufall" meine ich und spucke abfällig auf den Boden „Was machst du überhaupt hier? Schule schwänzen sieht dir gar nicht ähnlich"
„Tja" erwidert Terry mit einem Lächeln und wirft ihre Haare nach hinten „Im Gegensatz zu dir, du Schwächling, darf ich das und bin allgemein viel wichtig als du. Leute von meinem Rang dürfen sich sowas gestatten"
„Von deinem Rang?! Prinzesschen komm mal runter von deinem Thron" lache ich ironisch.
„Spiel dich nicht so auf Irina, du bist nicht stark. Deine Wandlung lässt dein Blut zu Kopfe steigen. Dein verdammtes Drecksblut. Auch wenn es hier keine Ränge gibt, bin ich immer noch höher als du. Was wirst du schon später erreichen? Nichts. Höchstens ein armseliger Job bei den Menschen" Terrys Augen fangen an zu leuchten und werden zu den gelben Schlitzen eines Pumas.
Ich ein Drecksblut? Au warte Terry das wirst du noch bereuen!
Ein Knurren entweicht mir, doch ich bereue es nicht. Es stärkt mich von innen, sodass meine Augen sich ebenfalls verändern und aus meinen Fingernägel Krallen werden.
Terry erwidert meine Wut mit einem hochnäsigen Schnauben und fängt an sich zu bewegen. Langsam läuft sie einem Bogen auf mich zu, leicht geduckt, zum Sprung bereit. Sie sagt kein einziges Wort, nur ein Knurren und Fauchen gelangt aus ihrem noch menschlichen Körper.
Ich setze mich ebenfalls in Bewegung und schon umkreisen wir uns. Die Spannung, die zwischen uns liegt, könnte man schon fast anfassen, so präsent ist sie.
Terry ist sicher, dass sie gewinnen wird, das sehe ich überall an ihr. Ihr Ausdruck ist nur halbherzig, aber entschlossen, aber der Rest ihres Körpers spannt sie kaum an. Sie denkt sie hat Zeit, aber sie weiß noch nichts von meinen Wandlungsfortschritten.
In Gefahrensituation bin ich so schnell wie Ced, also in Sekunden, und das hier ist eindeutig so eine Situation.
So umkreisen wir uns weiter. Das Drecksblut und das Prinzesschen. Was für eine Geschichte. Und in dieser Geschichte geht es eigentlich wirklich nur um uns beide.
Ced ist mein Unterstützer und Steve und Scarlett sind Terrys, aber alle drei sind in diesem Moment nicht hier. Wir müssen es alleine schaffen. ICH muss es alleine schaffen...
Terry will mich töten und wenn es Hart auf Hart kommen werde ich handeln müssen und auch wenn ich es mir jetzt noch nicht vorstellen kann, ist Terrys Tod eventuell die letzte Lösung.
Wie lange umkreisen wir uns schon? Eine Minute, ein paar Sekunden oder doch schon länger? Ich hab mein Zeitgefühl komplett verloren.
Hier im Dunkeln ist sowieso alles so undeutlich und Terry und ich können uns nur richtig sehen, da wir die passenden Augen dafür haben.
Aber ich denke es ist an der Zeit den ersten richtigen Schritt zu machen. Oder doch lieber nicht?!
Ich bin so unentschlossen, aber das darf man mir auf keinen Fall ansehen! Jedes Anzeichen von Schwäche ist für meine Gegnerin ein Triumph und könnte meinen Tod bedeuten.
Ich horche in mich hinein, zu meinem Luchs. Dieser wetzt sich schon die Krallen und faucht entschlossen. Mein Inneres gibt mir eindeutig zu verstehen, dass ich bereit bin und mich trauen sollte.
Weiter im Kreisgehenden versuche ich das Feuer in mir anzufachen, doch es ist schwierig sich zu konzentrieren, wenn man sich bewegt und von seiner Erzfeindin angestarrt wird.
Das beste zum Konzentrieren wäre, wenn ich meine Augen schließen würde, aber wenn ich das mache, kann ich auch direkt aufgeben.
Also überlege ich weiter: Wann habe ich mich das letzte Mal so schnell verwandelt?
Als ich hingefallen bin! Das heißt, das müsste wieder funktionieren und dafür muss ich mich auch nicht groß konzentrieren.
Ich atme einmal tief durch, lasse das Feuer in meinen ganzen Adern hochkochen und schaue auf den Boden.
Ein Meter vor mir liegt ein etwas größerer Stein. Ich hätte nie gedacht, dass ein Stein mal so hilfreich sein würde.
Ich gehe entschlossen weiter, vorbereitet auf das, was gleich passieren wird und schaue dann zu Terry. Selbstbewusst grinse ich ihr zu, was sie mit einem Augenrollen abtut.
In der nächsten Sekunde spüre ich den Stein an meinem Schuh und wie er den Halt auf dem Stein verliert und mich somit in die Luft reißt.
Immer noch lächelnd falle ich wie in Zeitlupe zu Boden und das Innere Feuer brennt nun auch auf meiner Haut. Ich sehe, wie meine ausgestreckten Arme zu Tatzen werden und meine Gestalt sich insgesamt verändert.
Ich hatte Recht, in einer Sekunde habe ich mich in meinen Luchs gewandelt und führe nun mit diesem Körper das Umkreisen weiter. Fauchend und knurrend mit hochgezogenen Lefzen.
Terry scheint wirklich überrascht zu sein, denn sie bleibt kurz stehen und betrachtet mich verblüfft. Schadenfreudig fange ich an noch breiter zu grinsen. Doch Terry fängt sich schnell und meint dann hochnäsig:
„Ich sehe, du bist besser geworden, aber du wirst nie so gut wie ich sein!"
Mit diesen Worten fängt sie an zu laufen und, vermutlich viel eleganter als ich, wandelt sie sich in einen Puma.
Jetzt wo wir uns so nah sind, wird mir bewusst wie groß sie im Vergleich zu mir ist. Ich schlucke einmal und schabe etwas unruhig mit meinen Tatzen auf dem feuchten, mit Blättern bedeckten, Waldboden.
Wir sind nur noch zwei Meter auseinander, da unsere Kreise immer enger geworden sind.
„Wir werden schon sehen wer besser ist!" rufe ich aus und bete dafür, dass das nicht meine letzten Worte sein werden.
„Au ja das werden wir" sagt Terry und fängt so laut an zu Fauchen, dass ich vor Schreck zusammen zucke.
Dann spannt sie ihre Hinterläufe an und mit einem Sprung fliegt sie durch die Luft auf mich zu. Ich kann gerade noch ausweichen und Terry landet knapp neben mir.
Entschlossen nutze ich die Chance und mit einem Fauchen stürze ich mich mit ausgefahrenen Krallen auf ihren Rücken.
Doch Terry ist ebenfalls schnell und steht so rasant auf, sodass ich sie nur mit einer Tatze treffe und drei blutige Streifen auf ihrem Rücken hinterlasse.
Meine Gegnerin schreit empört auf und schlägt mit ihrer Tatze nach meinem Gesicht. Diesmal kann ich nicht ausweichen und ihre Krallen fahren über meine rechte Wange. Ich schreie vor Schmerz auf und werfe mich mit gebleckten Zähnen auf Terrys Hals.
So oft wie ich kann beiße ich mit voller Wucht zu und kratze über ihren Bauch, doch Terry bleibt standhaft und schüttelt mich ab.
Aus den Wunden aus ihrem Körper lauft Blut, doch sie bleibt stehen und knurrt mich weiter an, da wir nun etwas weiter voneinander weg stehen.
Ich spüre wie etwas Warmes mein Gesicht herunterläuft. Es ist das Blut aus meinen Wunden und in meinem Mund löst der metallische Geschmack eine Art Rausch aus.
Es fühlt sich an, als könnte ich das hier alles schaffen. Als könnte ich fliegen...
Ich will gerade meine Hinterbeine für einen Sprung anspannen, doch Terry ist schneller und kommt schon auf mich zu geflogen. In ihren Augen ist nur blanker Hass zu sehen.
Dann reißt sie mich von den Füßen und ich knalle mit meinem Rücken gegen einen nahen gelegenen Baum.
Ich keuche auf.
Mein Rücken schmerzt so unglaublich und wenn jetzt etwas gebrochen ist, bin ich tot.
Terry fährt genüsslich ihre Krallen aus und fährt langsam über meine Flanke. Verzweifelt schreie ich auf, da ich kaum noch Kraft habe aufzustehen und ihr schon fast ausgeliefert bin.
Das Blut fließt aus meinen neuen frischen Wunden und Terry scheint in ihrem Rausch aus Blut richtig aufzugehen. Aber sie wird auch übermütig.
Plötzlich stoppt sie und tritt einige Meter zurück. Ich rappele mich erschöpft auf und sehe meinem Tod schon entgegen, doch dann ruft sie mir zu:
„Na los Irina! Zeig doch mal, was ein Drecksblut so alles kann. Ich zähle bis drei und dann werde ich dich fertig machen. Eins!"
Schnell rappele ich mich auf und versuche panisch nachzudenken. Ich brauche einen Plan, denn ich kann einen weiteren Angriff nicht überstehen!
„Zwei!" faucht Terry.
Dann fällt mein Blick wieder auf einen Stein. Ich hab die Lösung!
„Drei!" schreit Terry genüsslich und läuft auf mich zu.
Ich setzte mich ebenfalls schnell in Bewegung, tue so als würde ich sie angreifen. Doch als sie kurz davor ist mich zu erreichen, schmeiße ich mich auf den Boden und die verdutze Terry fällt über mich drüber.
Wie der Stein, der mir vorhin geholfen hat, bin ich nun der Stein, der Terry zu Fall bringt.
Blitzschnell springe ich auf, nehme meine letzte Kraft und springe auf Terry rauf. Dann drücke ich sie mit meiner ganzen Kraft zu Boden und halte meine ausgefahrene Kralle an ihre Pulsschlagader.
Aus Terrys und meine Wunden fließt nun immer mehr Blut heraus, was Terry wirklich fertig zu machen scheint, da sie verdutzt aufkeucht.
Auch ich atme schwer, doch ich muss meine Position halten. Ich habe zwar gerade gewonnen, aber was soll ich denn jetzt tun?!
„Da siehste mal, was ich kann, Prinzesschen. Du und dein reines Blut konnten dich nicht retten..." meine ich lachend und recke mein Kinn nach vorne, während ich meine Gegnerin unter mir auf dem Boden genau beobachte.
„Du überschätzt dich, Drecksblut. Mein Blut wird mir noch weiterhelfen. Auch wenn Puma Einzelgänger sind, bin ich heute Abend nicht allein und da kann dir nicht mal dein kleiner Vogelfreund helfen!" Terry fängt an höhnisch zu lachen und verwirrt fauche ich sie an. Was soll ihr Gerede?!
Plötzlich höre ich ein Geräusch: Fauchen und Knurren. Ich blicke nach oben und hinter den Bäumen kommen zwei Puma hervor. Unverletzt und stark: Steve und Scarlett. Das meinte Terry damit, dass ihr ihr reines Blut noch weiterhelfen würde.
Bei dem ganzen Kampf habe ich total vergessen auf meine Umgebung zu achten. Mir hätte klar sein sollen, dass Terry nicht komplett alleine in irgendeinem Wald herumläuft!
Erschrocken springe ich von Terry herunter und fauchend stellt sich mein Fell im Nacken auf. Terry bleibt zwar am Boden liegen doch gegen zwei Puma Auftragskiller habe ich nicht mal im gesunden Zustand eine Chance.
Ich drehe mich auf dem Absatz um und sprinte in den Wald hinein, weg von meinen Feinden.
„Ced! CED! HILFE ich brauch DICH!" schreie ich verzweifelt und meine Stimme versagt.
Schwer atmend renne ich weiter, klettere mit meinem letzten Adrenalinschub auf einen Baum, springe von Ast zu Ast, um von meinen Verfolgern wegzukommen, doch bei jedem Blick nach hinten sind sie mir dicht auf den Fersen.
Auf einmal höre ich einen Schrei von oben und als ich zum Himmel schaue, sehe ich wie ein Fischadler angeflogen kommt. Das muss Ced sein!
Ehrleichtert springe ich weiter von Baum zu Baum und lande dann auf dem Boden.
„Renn in diese Richtung!" schreit Ced mir zu und zeigt nach Norden. Ich tue, was er sagt und renne los.
Als ich mich umblicke sind die Puma Geschwister damit beschäftigt Ced zu bekommen. Dieser fliegt im Sturzflug auf die beiden zu, zerkratzt ihre Gesichter und fliegt dann wieder in den Himmel, ohne groß Tatzen Hiebe abzubekommen.
Dann wirft er noch Steine auf sie herunter und aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich etwas in meiner Nähe bewegt.
Es ist die blutende Terry, die sich nun auf den Weg macht, um mich fertig zu machen und das leider viel zu schnell.
Ich drehe mich schnell wieder in Richtung Norde und laufe los. Aber Terry kommt immer näher!
„CED! Ich bin nicht schnell genug!" rufe ich dem Getümmel hinter mir keuchend zu und hinter mir höre ich das Husten von Terry, als sie etwas umhaut.
Als ich mich umdrehe sehe ich wie Ced Terry in die Seite geflogen ist und sie somit zu Boden gerissen hat.
Dann fliegt er zu mir und wandelt sich vor mir in einen Menschen, mit unseren Rucksäcken auf dem Rücken.
Ich bin zu erschöpft, um es ihm nachzutun und halte meine Pfote gegen die Wunden.
„Wir müssen hier weg! Steve und Scarlett werden gleich hier sein!" ruft Ced ausdruckslos und nimmt seine Arme plötzlich unter meinen Bauch.
Mit einem Ruck hebt er mich hoch und ich kreische, wegen meinen Wunden, vor Schmerz auf.
„Sorry, aber es geht nicht anders. Du musst mir jetzt vertrauen, auch wenn es wehtut. Vertraust du mir?" ruft Ced und schaut besorgt zu den Gestalten, die auf uns zu gerannt kommen.
„Ich vertrau dir" krächze ich und das Blut tropft weiter und verschmiert Ced Shirt.
Dieser nickt und auf einmal verschwimmt mein Blick. Alles ist undeutlich und ich spüre nur einen Schmerz, der so schlimm ist wie meine erste Wandlung.
Ich ziehe die Luft scharf ein und bereite mich auf den Höhepunkt der Schmerzen vor. Doch zu meiner Überraschung verschwinden die Schmerzen und auf einmal fühlt es sich an als würde ich schweben.
Doch bevor meine Augen erkennen können, was hier passiert, wird mein Kopf schwer und alles färbt sich tiefschwarz.
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