Kapitel 15

„Du hast bitte was gemacht?!"
„Ja Matteo, ich habe Terry gekratzt und dann sozusagen mit ihr gekämpft"
Matteo, Samira und ich sind gerade dabei die Sporthalle von gestern aufzuräumen und deswegen erzähle ich Matteo erst jetzt, was gestern Abend alles noch so passiert ist.
„Und was ist mit dir, Samira?" fragt Matteo weiter.
„Naja ich konnte ja nicht so wirklich helfen und hab einfach gehofft, dass es nicht zum richtigen Kampf kommt. Als wir dann die Polizei gehört haben, konnte Irina fliehen und ich war zum Glück schon gewandelt, sodass ich durch Terrys Beine in den Fluss springen und nach Hause schwimmen konnte. Ich weiß nicht, ob sie dann auch abgehauen ist oder ob sie sich einfach zurück gewandelt hat, ich habe sie dann nur noch wütend fauchen gehört"
Ich atme noch einmal tief durch, wenn ich an die letzte Nacht denken, kommen gemischte Gefühle in mir hoch. Einerseits ist es Angst, weil ich nicht weiß, was Terry jetzt tun wird, es ist aber auch Wut, weil sie mich so provoziert hat und andererseits ist da auch Stolz, weil ich die blöde Kuh ausgetrickst und sie dabei auch noch gekratzt habe, sie hat es ja irgendwie verdient.
Aber ich will auch nicht so böse denken, schließlich weiß ich eigentlich ziemlich sicher, dass das nur neue Probleme auslösen wird.
Vielleicht würden andere meinem inneren Luchs die Schuld geben, aber ich habe mir vorgenommen das niemals zu tun. Ja er macht mich etwas wilder und ein extrovertierter, aber er macht mich nicht schlechter, das darf man nicht vergessen.
Eine Frage, die ich mir stellen könnte, wäre, wer Terry, und alle wissen, dass sie indirekt meine Erzfeindin ist, gesagt hat, dass ich ein Luchs bin. Es muss jemand von der Party gewesen sein, vermutlich jemand der nach meinem Outing gegangen ist.
Natürlich könnte ich jetzt versuchen, herauszufinden, wer das war, aber ist das nicht irgendwie unnötig? Ich meine, schließlich hätte sie es spätestens am Montag sowieso herausgefunden. Wir hätten dann zwar nicht gekämpft, aber die Zeit kann ich nicht mehr zurückdrehen. Was geschehen ist, ist geschehen.

„Da hast du wirklich Glück gehabt, dass sonst nichts passiert ist" meint Matteo nun leicht besorgt.
„Ach was Matteo, Irina war wie ein Löwe, die hätte Terry im Handumdrehen geschlagen!"
Ich muss über Samiras Kommentar lachen: „Naja im Handumdrehen vielleicht nicht, aber ich hätte es schon schaffen können. Aber die Polizei kam mir schon ganz gelegen, ich sollte wirklich mal mehr Sport machen"
„Kein Problem, wir können morgen zusammen joggen gehen. Und Matteo, dir sehe ich jetzt schon an, dass du nicht willst"
Matteo lacht und nickt: „Ja das stimmt, ich muss nicht joggen gehen, ich gehe lieber ein paar Mal im Monat ins Fitnessstudio und das reicht mir"
„Du gehst ins Fitnessstudio, Matteo? Sportlich. Und Irina hast du Lust?"
„Gerne, aber ich will nicht so früh morgens aufstehen, höchstens ab 10 Uhr" ich gähne.
„Na klar, können wir so machen, schließlich ist es September und da geht die Sonne noch nicht so früh auf"
Ich nicke meiner Freundin zu und dann wenden wir uns wieder dem Aufräumen zu. Samiras Vater hilft uns die Bänke und Tische in seinen Anhänger vom Auto zu stellen und dieser bringt die ausgeliehen Sachen zurück.
Während ich die Müllreste vom Boden aufhebe, kümmern sich Matteo und Sammy um die Gläser und die Getränke der Bar. Die meisten Flaschen werden in einem Beutel gesammelt und Matteo bringt sie zu einem Glas-Container in der Nähe.
Eine Leiter, die in einem Abstellraum liegt, nehmen wir, um die Dekoration von den Wänden zu holen und in dieser Situation wird mir bewusst, dass wir diese Leiter nicht bräuchten, wenn ich wirklich ein Rabe wäre.
Nach gut zwei Stunden aufräumen, fegen wir noch einmal durch die Halle, schließen die Fenster und schon sieht alles aus wie vor der Party.
Samiras Schuh Geschenk und das Geld von den anderen, packe ich in den Schuhkarton, damit ich ihn gleich mit nach Hause nehmen kann.
Als wird dann auch wirklich komplett fertig sind, schließt Sammy alle Türen hinter uns ab und bedankt sich dafür, dass wir ihr geholfen haben. Matteo und ich sind aber der gleichen Meinung und halten das für selbstverständlich.
Natürlich kommen wir auch noch mit zu dem Hausmeister, der Samira die Schlüssel gegeben hat, und geben ihm diese wieder. Er wohnt ein paar Straßen weiter und fragt uns, ob wir auch von den Katzen gehört haben, die auf der Straße gekämpft haben und dass das wohl so laut war, dass die Polizei gerufen wurde.
Wir tun so, als hätten wir davon nichts gehört, werden aber alle rot im Gesicht und verschwinden schnell nach Hause.

„Hi, ich bin wieder da!" rufe ich als ich die Wohnungstür öffne und hineintrete.
„Hallo mein Schatz" antwortet meine Mutter und nachdem ich meine Schuhe ausgezogen habe, gehe ich zu ihr in die Küche.
Dort sitzt sie mit Zoe am Tisch und die beiden spielen Uno, im Hintergrund läuft Radiomusik.
„Und hat das Aufräumen Spaß gemacht?" fragt mich Zoe grinsend und ich strecke ihr lachend die Zunge raus.
„Hat total Spaß gemacht, du hättest mitmachen sollen! Ach Mama, Samira und ich wollen morgen joggen gehen"
„Ach das ist ja eine schöne Idee, das sollte ich auch mal wieder tun, aber ich lasse euch schon in Ruhe"
Ich lächele den beiden zu und setzte mich zu ihnen, um in die nächste Runde Uno einzusteigen. Es ist seltsam, dass ich ihnen noch nicht von dem Vorfall mit Terry erzählt habe, aber ich glaube meine Eltern machen sich schon genug Sorgen und da möchte ich sie nicht noch mehr belasten.
Nach ein paar Runden gewinne ich sogar auch mal und die Stimmung steigt, trotzdem frage ich mich langsam, wo mein Vater ist. Am Wochenende macht er eigentlich nicht so viel, obwohl er als Grundschullehrer den nächsten Schultag planen muss.
Schließlich kommt er aus seinem Büro und scheint, aber etwas verwundert zu sein, als er mich sieht und ich lege meine Karten zur Seite.
„Hallo Irina, du bist ja schon da. Hm, wenn ich das gewusst hätte..."
„Was wäre dann?" frage ich neugierig und auch meine Mutter dreht sich zu ihm herum.
„Gerade hat mich ein Arzt von der allgemeinen Praxis für Wandler angerufen, Herr Doktor Ursus und er wollte einen Termin mit dir machen. Kennst du diesen Arzt?"
Die allgemeine Praxis für Wandler ist, ähnlich wie die Schule, als private Klink getarnt, aber trotzdem anerkannt.
Ich war noch nicht so oft da, weil man vor der Wandlung nicht unbedingt zu Wandler Ärzten gehen muss und ich deshalb bei Menschen Ärzten war, wenn dann mal was war. Und deshalb sagt mir der Name Herr Doktor Ursus auch erstmal nichts.
„Ursus?" überlegt meine Mutter „ist das nicht die Bären Familie, die auch so gut mit der Bürgermeister Familie befreundet, den Kuguars?"
Oh nein, das stimmt und das Problem darin ist, dass Kuguar ein anderes Wort für Puma oder Berglöwe ist und das bedeutet, dass Terrys Familie was mit diesem Arzt zu tun haben könnte. Das kann ja heiter werden.
„Ich glaube ich muss euch was erzählen..." fange ich zerknirscht an und erzähle meinen Eltern und Zoe die Geschichte von gestern Abend.

Alle sind sehr überrascht, dass ich mich auf so etwas eingelassen habe, aber sie sind auch froh, dass mir nichts passiert ist. Als ich von den Kratzern auf meinem Rücken erzähle, holt meine Mutter sofort eine weitere Creme und schmiert diese auf die nicht allzu großen Wunden.
Trotzdem sind wir uns alle aber unsicher, warum Herr Doktor Ursus einen Termin mit mir machen möchte. Mein Vater meinte auch, dass meine Eltern nicht mal mitkommen müssten, weil der Termin nicht lange dauern würde.
„Hast du denn schon einen Termin vereinbart?" frage ich nach.
„Ja, ich dachte ich mach einfach mal einen und du könntest ihn ja im Notfall verschieben. Der jetzige Termin ist für Montag 17:30 Uhr angesetzt, da hast du auch schon Schulschluss" antwortet mein Vater, der sich nicht mehr so sicher ist, ob der Termin eine gute Idee ist.
„Na gut, dann werde ich da Montag hingehen. Schließlich wissen wir nicht, worum es geht und es muss ja etwas Wichtiges sein, wenn der Arzt am Samstag anruft. Außerdem wenn der Termin nicht lange dauert, ist das ja auch nicht wirklich aufwendig. Ich fahre nach der Schule hier kurz vorbei, bringe meine Sachen weg und fahre dann mit dem Fahrrad weiter"
Meine Eltern nicken, auch wenn ich ihnen ansehe, dass sie sich nach meinem Kampf unsicher sind. Ich bin auch unsicher, aber wie gesagt, ich kann die Situation nicht ändern.

Auch als ich am nächsten Tag mit Samira jogge und ich ihr davon erzähle, scheint sie unsicher zu sein. Sie hat ebenfalls noch nie von diesem Arzt gehört, nur der Nachname kommt ihr, wie meiner Mutter, bekannt vor.
Trotzdem respektiert sie meine Entscheidung dort morgen hinzugehen. Aus Interesse googelt sie im Internet, ob man etwas über diesen Arzt findet.
Herr Doktor Ursus ist anscheinend allgemein Mediziner, der sich aber auch mit DNA und DNA-Mutationen auskennt. Aber das hilft mir nicht weiter, weil ich dadurch immer noch nicht weiß, was er von mir will. Ich werde wohl erst morgen sehen, was Sache ist und bis dahin heißt es abwarten und Tee trinken. 

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