Kapitel 12
Wieder gehe ich durch die Gänge meiner Schule zu meinem Klassenraum. Auch diesmal ist nicht viel los, da der Unterricht schon vor ein paar Minuten angefangen hat. Zumindest sagt mir meine Uhr das, das Klingeln habe ich aber seltsamerweise nicht gehört. Ob Herr Markus in einem schalldichten Büro sitzt? Wäre ne witzige Vorstellung.
Ich schlendere durch die Gänge an den Klassenräumen vorbei. Weiße Wände, große Fenster und diesmal nicht rote, sondern dunkelblaue Türen, welche mich irgendwie an Schwimmbäder erinnern. Diesmal lasse ich mir Zeit, um zum Unterricht zu kommen, schließlich ist Herr Vulpes informiert und ein paar Minuten vom Unterricht zu verpassen ist nie schlecht.
Eine kleine Gruppe von vermutlich 5. Klässlern läuft an mir vorbei und klopft an einer der Türen. Ein Geruch von Schweiß wird durch die Luft getragen und ich kann die Nervosität der drei Mädchen in der Luft fast greifen.
Solche Probleme hätte ich auch gerne, zu spät zum Unterricht zu kommen ist im Vergleich zu meinen "Sorgen" noch ein leichtes Spiel. Obwohl man dazu sagen muss, dass zu spät kommen an unserer Schule schon nicht ohne ist, man muss zwar nicht nachsitzen, aber naja es gibt halt Regeln und wer sich nicht daran hält ... wir erinnern uns mal kurz an die Szene von Tom und Herr Vulpes vor ein paar Tagen.
Natürlich sind Lehrer auch nett vor allem zu Jüngeren, aber je älter sie werden, schließlich kommt ja dann auch die Pubertät, desto mehr verdeutlichen die Lehrer, wer hier der Boss ist. Die Lehrer selbst würde das niemals so bezeichnen, vermutlich würde man den Begriff Autoritätsverdeutlichung benutzen, der erstmal nicht nachdem klingt, was sie tun.
Schließlich komme ich auch an meinen Klassenraum an, klopfe und trete dann ein. Kein Wunder, dass ich nun von verdutzenden Gesichtern von meinen Mitschülern angeschaut werde, denn welcher Schüler, der zu spät kommt, kommt gechillt durch die Tür und entschuldigt sich nicht mal? Irgendwie schadenfreudig schließe ich die Tür, Herr Vulpes nickt mir zu und ich schlendere zu meinem Platz an der Seite des Raumes. Dann lasse ich mich auf meinen Stuhl nieder und flüstere Jodie und Samira zu, dass ich ihnen nachher mehr erzählen werde.
Am Ende der Stunde verlassen wir alle den Raum und gehen in die Pause. Es wundert mich, dass Herr Vulpes nicht mit mir spreche will, aber vielleicht muss ich das ja am Montag noch...
In der Pause erzähle ich meinen beiden Freundinnen von meinem Gespräch mit Herr Markus und oute mich so ganz nebenbei vor Jodie. Ihre Reaktion war etwas anders als die von den Zwillingen. Sie war so überrascht, dass sie sich an ihrem Brot verschluckt und einen Hustenanfall bekam. Erst als ich ihr auf den Rücken klopfte und ich Wasser reichte, wurde es besser. Aber dann verschwand sie erstmal auf Toilette und für einen kurzen Moment bereute ich es ihr erzählt zu haben. Ich hatte keine Angst, sondern war irgendwie enttäuscht.
Samira beruhigte mich und meinte, dass ich ihr etwas Zeit geben sollte und tatsächlich sehe ich gerade, wie sie wieder zu uns kommt. Diesmal aber lächelnd, sodass mir ein Stein vom Herzen fällt. Sie entschuldigt sich für ihr Verschwinden und meint auch, dass unsere Freundschaft bestehen bleiben wird. Glücklich nehme ich sie in die Arme und atme ihr Blumen Parfüm ein, welches ich vorher noch nie wahrgenommen habe.
Schließlich bin ich neugierig und frage die beiden, ob sie nach ihrer ersten Wandlung auch vor irgendeinem Lehrer beweisen mussten, dass sie sich unter Kontrolle haben. Jodie meint, dass das sich wegen ihrem Onkel von allein ergeben habe, doch Samira kann sich bei ihr an so einen Beweis nicht erinnern. Als sie überlegt und meint, dass Herr Markus vielleicht testen wollte, ob ich nicht lüge und in Wirklichkeit doch ein Rabe bin, schüttele ich den Kopf. Wer würde sich denn freiwillig als falschen Wandler ausgeben?
Ich glaube niemand wäre so verrückt und so bleibt diese Frage ein weiteres Rätsel. Als wenn ich noch nicht genug Rätsel und Geheimnisse hätte...
Endlich ist der Schultag vorbei und alle Schüler stürmen aus dem Gebäude, um ins Wochenende zu starten. Auch ich bin froh darüber, weil ich nach der Party heute Abend erstmal Ruhe haben werde. Aber bevor es dazu kommt, scheint wohl noch einiges zu erledigen zu sein, da Sammy ganz hibbelig ist und mich drängt gleich loszufahren.
Irgendwie macht mich diese ganze Aufregung nervös, schließlich ist das eine Party für mich und so viel Aufmerksamkeit brauche ich gar nicht. Geschenke bekommen ist ja noch das eine, aber auf einer Party der Mittelpunkt zu sein, ist ein anderes Kaliber.
Sammy hatte auch vorhin angedeutet, dass ich dann heute Abend ihr Geschenk bekommen würde und ich habe ehrlichgesagt keine Ahnung was ich bekommen könnte. Meine Freundin meinte auch, dass ich dann nicht mehr so herumjammern würde, aber...
1. Was kann das denn bitte sein?
Und 2. Ich jammere gar nicht herum?!
Genug Verwirrung, ich lasse mich einfach überraschen, was anderes kann ich auch gar nicht tun. Aber eine weitere Frage bahnt sich an:
Was zieh ich an?
Eine Frage, die ich mir selten stellen muss, da wir ja in der Schulzeit immer unsere Schuluniform tragen müssen und da ich schließlich bis zum Nachmittag Unterricht habe, ziehe ich dann immer danach nur lockere Sachen für Zuhause an.
„Sammy, was soll ich später anziehen? Also muss ich auf irgendwas achten?"
Ich muss schneller in die Pedale treten, weil meine beste Freundin im zügigen Tempo voranfährt.
„Oh Gott mein Outfit... das muss ich ja auch noch planen. Danke, dass du mich dran erinnerst. Ähm also du musst auf nichts Bestimmtes achten, es kein Ball nur ne Party, aber ein bisschen schick solltest du dich schon machen, denn wer weiß in welchen Outfits die andren kommen"
„Und wegen der Farbe? Egal welche?"
„Also Neonfarben würde ich an deiner Stelle lassen, die sehen nämlich sowieso nicht so, naja du weißt, was ich meine, aus. Aber sonst zieh einfach an was du willst. Obwohl ne, am besten keine High Heels, ich will nicht, dass du hinfällst. Wir haben nämlich eventuell einen Location Wechsel"
„Location Wechsel!?" Ach du liebe Güte, was hatte sich Sammy da nur überlegt.
Schließlich trennen sich unsere Wege und ich fahre alleine nach Hause, um mich der Kleidungs-Frage zu stellen.
Da ich nicht mal weiß, welche Farbe ich gerne tragen möchte, hole ich alle Sachen heraus, die man auf einer Party tragen könnte. Ein schönes grünes Kleid von der letzten Feier muss allerdings im Schrank bleiben, weil das eindeutig zu lang und zu ballmäßig ist. Nun liegen auf meinem Bett kurze Kleider, Röcke, Blusen und unterschiedliche Hosen. Warum habe ich eigentlich so viele unterschiedliche Sachen, wenn ich die eh nicht so oft anziehe?
Alle diese Sachen werde ich nicht anprobieren können, dafür habe ich nicht die Zeit und Nerven. Aber ich kann mich auf drei Outfits beschränken und mich dann von Zoe beraten lassen. Das ist eine gute Idee!
Ich wühle meine Sachen durch, schaue dies oder das an und kann mich letztendlich auf die engste Auswahl entscheiden: Eine weiße off Shoulder Bluse mit dunkelblauem bodenlangen Rock, ein lila Hosenanzug und ein mittellanges Kleid in Mintgrün, welches hinten etwas länger ist als vorne.
Die passendes Accessoires werde ich erst aussuchen können, wenn ich weiß was ich anziehen werde, also mache ich mich mit den Sachen auf den Weg zu Zoes Zimmer und hinterlasse in meinem Zimmer einen Berg von Klamotten.
Ich klopfe kurz an Zoes Tür und trete dann ein. Mein Zimmer ist etwas heller gestaltet mit viel weiß, wohingegen in Zoes Zimmer die Farbe schwarz sehr präsent ist. Goldene und weiße Verschnörkelungen hübschen ihre Wände auf, sodass es nicht ganz so dunkel wirkt.
Zoe steht von ihrem Schreibtisch auf, an dem sie gerade wohl Hausaufgaben gemacht hat und
schließt die Tür hinter mir.
„Soll ich dich bei der Kleiderauswahl für nachher beraten?" fragt sie mit Blick auf die ganzen Sachen in meinen Arm und ich nicke lächelnd.
Durch unsere schwarzen Haare können wir eigentlich jede Farbe tragen, weshalb meine Klamotten auch oft sehr bunt und auffällig sind.
Ich lege die Sachen auf Zoes Bett ab und fange an mir mein erstes Outfit anzuziehen: der lila Hosenanzug.
Als ich fertig bin posiere ich vor Zoe und sie überlegt.
„Hm sieht nicht schlecht aus, aber vielleicht wird dir da später drin zu warm sein, weil ich nicht denke, dass ihr draußen feiert. Aber probier mal das nächste an"
Gesagt getan und ich ziehe mir als nächstes das grüne Kleid.
„Ja das sieht wirklich gut aus und ist auch mal was anderes. Aber bevor wir zu früh entscheiden, sollten wir uns einmal das letzte Outfit ansehen"
Mit Zoes Hilfe ziehe ich das Kleid aus und schlüpfe in den Rock und die Bluse. Ich drehe mich vorm Spiegel und schaue dann zu meiner kleinen Schwester.
„Ich muss sagen, die Entscheidung ist echt nicht so leicht, weil dir das auch total gut steht, aber ich würde mich wohl für das Kleid entscheiden" grinsend zeigt sie auf das Kleid, welches über ihrem Stuhl hängt.
„Dann nehme ich wohl das. Danke für deine Beratung" ich zwinkere Zoe zu, packe meine Sache zusammen und gehe wieder hinüber in mein Zimmer.
Da nicht mehr so viel Zeit bis 18 Uhr ist, beschließe ich das Kleid direkt anzuziehen, wofür ich ja die Bluse und den Rock erstmal wieder ausziehen muss.
Ob ich für später eine Tasche brauchen werde? Ich denke nicht, mein Handy werde ich nicht mitnehmen, weil genug andere Leute vermutlich Fotos machen werden. Und falls ich große Geschenke bekommen sollte, bringt derjenige mir schon eine Tasche mit oder ich hole diese morgen von dem Ort ab, wo wir auch immer feiern werden.
Die Taschen Frage ist also geklärt, also nächstes komme ich zur Schmuck- und Accessoires Frage. Ich habe nicht so viel Schmuck und wenn auch nur Sets, also Ohrringe und eine passsende Kette. Mit meinen Fingern fahre ich über die unterschiedlichen Materialen und stoppe bei einem lila Amethyst mit hellem Metall.
Ich nehme die Kette von ihrem Ständer und halte sie an mein Kleid. Also meiner Meinung nach passt das gut zusammen, sodass ich mir die Kette ummachen und sich das kalte Metall an meine Haut schmiegt. Auch die hängenden Ohrringe mit dem Stein befestige ich und betrachte mich dann im Spiegel.
Dann nehme ich mir eine durchsichtige Strumpfhose aus meinem Schrank und gehe ins Badezimmer sie dort anzuziehen und mich zu schminken.
Nachdem ich das auch erledigt Haare, kämme ich mir noch einmal durch die schwarzen Haare und mir kommt eine Idee. Ich verlasse das Badezimmer und gehe nach unten ins Wohnzimmer.
„Wow, das Kleid sieht sehr schön aus, das hattest du lange nicht mehr an" sagt meine Mutter, die gerade auf dem Sofa ein dickes Buch liest.
„Dankeschön. Mama, wo ist Papa denn?"
Sie deutet mit ihrem Finger in Richtung Flur, wo sich das Arbeitszimmer von meinem Vater befindet.
„Ich glaube, er ist auch gerade nicht so beschäftigt, also telefonieren habe ich ihn nicht gehört. Was möchtest du denn von ihm?"
„Das wirst du dann gleich sehen" ich zwinkere ihr zu und gehe zum Büro. Dort klopfe ich kurz an und trete dann ein.
Etwas unordentlich liegen dort Papiere und Ordner herum und mein Vater sitzt an seinem Computer und scheint gerade eine E-Mail zu schreiben.
Ohne sich umzudrehen, sagt er meinen Namen und winkt mich zu sich. Als ich neben seinen Stuhl trete, sehe ich wie er gerade auf Enter drückt und die Nachricht somit versendet wird.
Nun dreht sich mein Vater zu mir um und ich erstaunt darüber, dass ich geschminkt und in einem Kleid vor ihm stehe.
„Nachher ist die Feier wegen meinem Geburtstag. Schon vergessen?" frage ich lachend.
Ihm scheint es wohl wieder eingefallen zu sein und lacht ebenfalls.
„Das habe ich wirklich vergessen. Ich habe gerade die Arbeiten meiner 3. Klasse korrigiert und habe total die Zeit vergessen. Aber jetzt bin ich ja fertig, was möchtest du denn von mir?"
„Ich wollte dich fragen, ob du mir noch die Haare flechten kannst. Ich habe keine genaue Vorstellung, mach einfach das, was du schön finden würdest"
Mein Vater scheint begeistert von dieser Idee zu sein, springt auf und holt aus dem Badezimmer nebenan Haargummis und eine Bürste.
Ich hole einen Hocker unter dem Schreibtisch hervor und setze mich, während mein Vater mit seinem Bürostuhl hinter mir positioniert.
Dann streicht er über meine Haare und fängt dann an sie zu bürsten. Mein Kopf kribbelt manchmal deswegen, aber es ist auch ein entspannendes Gefühl, wodurch ich aufpassen muss, nicht einzuschlafen.
„Wie viel Zeit bleibt uns noch bis Samira vor der Tür steht?" reißt mein Vater mich aus meinen Gedanken und ich schaue auf sein Handy, welches vor mir auf dem Tisch liegt.
„5 Minuten. Schaffst du das?"
„Klar, ich bin nämlich schon so gut wie fertig. Alle Zöpfe sind befestigt, aber ich hole noch schnell das Haarspray, wer weiß wie wild ihr heute Abend feiern werdet" grinsend verlässt er das Zimmer.
Als er wieder kommt sprüht er meine Haare ein und ich gehe nun auch endlich ins Badezimmer, um meine Frisur zu betrachten.
Ich drehe mich vor dem Spiegel erinnern mich ein bisschen an die Flechtfrisur aus „Rapunzel – Neu verföhnt", mehrere geflochtene Zöpfe und in der Mitte eine große Blume, nur dass diese Blume aus meinen Haaren bestehen. Wie mein Vater das immer schafft? Ich habe keine Ahnung.
Dieser freut sich über meinen bewunderten Blick und ich flüstere ihm ein Danke zu. Schnell gehe ich ins Wohnzimmer, um Mama meine Frisur zu zeigen und diese ist ebenfalls positiv überrascht und lobt meinen Vater für sein Handwerk.
Wie ich schon vorhin sagte, fünf Minuten können so schnell vergehen und schwupp die wupp stehen Matteo und Samira vor der Tür.
Samira trägt ein schwarzes und glitzerndes kurzes Kleid, wohingegen Matteo ein lockeres gelbes Hemd und eine helle Hose trägt.
Ich verabschiede mich noch von meinen Eltern, nehme mir dann eine Jacke, ziehe dunkle Ballerina an und verlasse mit meinen beiden Freunden das Haus.
„Und bist du schon aufgeregt?" fragt Samira schelmisch.
„Na und wie!" rufe ich und Matteo nickt ebenfalls. Anscheinend scheint er alle Details zur Party auch noch nicht zu wissen.
„Gehen wir dort zu Fuß hin oder müssen wir fahren?"
Samira lacht und antwortet: „Wir gehen zu Fuß, da es nicht so weit ist, aber ihr beiden müsst diese kurze Strecke noch die Spannung aushalten"
So gehen wir die Straßen entlang und langsam wird es immer dunkler, da es schließlich Herbst ist. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir am Rande unserer Siedlung an und ich erkenne die Sporthalle und die umliegenden Sportplätze.
„Findet die Party etwa in der Sporthalle statt?" frage ich neugierig und bin gespannt, was Samira alles so geplant hat.
„Richtig geraten und jetzt kommt ihr zwei, die anderen warten schon auf uns!" lachend läuft sie vor und wir folgen ihr zum Eingang der Sporthalle.
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