7. Kapitel
Tjark ging zu der alten Hütte und klopfte leise an.
Seit Wochen ignorierte Tilda ihn. Er konnte verstehen, dass sie damals Angst vor ihm hatte, doch das ging ihm nun wirklich zu weit. Er hatte doch alles getan, um sie davon zu überzeugen, dass damals die Angst aus ihm gesprochen hatte und er ihr gegenüber nicht gewalttätig werden würde. Er hatte sogar angefangen ihr kleine Geschenke zu machen, natürlich ohne spezielle Hintergedanken, sondern einfach, weil er sie wieder lächeln sehen wollte.
Doch die Frau blieb einfach nur stur!
Heute Morgen war sie wieder in das Haus gekommen, hatte ihre Arbeit erledigt, sich eine ganze Weile am Mittag mit Lasse beschäftigt und nach dem sie das Abendmahl zubereitet hatte, war sie wieder gegangen. Wie jeden verdammten Tag!
Er hatte gehört, wie sie mit Lasse und Stijn gelacht hatte, aber mit ihm hatte sie kein einziges Wort gesprochen. Selbst seinen Morgengruß hatte sie ignoriert, als ob er überhaupt nicht auf dieser Welt weilen würde. Bei allen Göttern, er gab sich doch Mühe! So zuvorkommend war er noch nie zu einer Frau gewesen.
„Das muss aufhören!", hatte Stijn ihm gesagt. "Du hast einen Fehler gemacht und musst dafür gerade stehen!"
Tjark seufzte.
Das wusste er selbst. Nicht nur, dass er bald zu Thorvald ziehen musste, sie hatte ja auch angedroht, dass sie nach seiner Rückkehr wegwollte. Und das wollte er nicht.
Tjark wusste selbst nicht, warum das so war, aber er vermisste es, mit ihr zu reden. Selbst die Streitereien fehlten ihm. Er wollte, dass sie wieder mit ihm arbeitete und ihm nicht aus dem Weg ging. Der erste Tag, als sie angekommen war, schien schon lange her zu sein. Doch das hatte ihm gefallen, wie sie mit ihm auf dem Feld gestanden hatte und sie einfach nur dastanden und geredet hatten. Er wollte das sie mit Entscheidungen traf.
Stijn hatte Recht. Das war kein Zustand.
Es war still in der Hütte und er wollte schon wieder gehen, als die Tür knarrend aufging und Tilda ihn anstarrte.
„Wir müssen reden!", meinte er knapp.
Sie verzog fragend das Gesicht.
„Wozu?"
Endlich! Das erste Wort seit Wochen!
„Darf ich hereinkommen?", fragte er leise. Es kam ihm falsch vor, dass er mit ihr vertraulich reden wollte und sie ihn vor der Tür stehen ließ.
Wieder dieser fragende Gesichtsausdruck.
„Wozu?"
Er schnaubte und fluchte innerlich. Sie wollte es ihm wirklich nicht einfach machen.
„Ich habe mich entschuldigt, Tilda. Mehrmals! Bei den Göttern, ich habe dir sogar Geschenke gemacht, die du nicht angenommen hast. Was soll ich noch machen? Auf die Knie gehen und betteln? Willst du, dass ich mich zum Gespött mache, nur damit du wieder mit mir redest?"
Er fiel auf die Knie.
„Siehst du? Du hast mich soweit! Ich rutschte auf meinen verdammten Knien vor dir herum!"
Sie senkte den Kopf und er hörte ein leises Geräusch.
Was war das?
Kicherte sie etwa?
Sie hob eine Hand vor den Mund, aber er konnte es deutlich hören.
Hinter sich hörte er Gelächter und erst jetzt fiel ihm auf, dass er wohl doch etwas lauter gesprochen hatte, als es seine Absicht war. Er drehte seinen Kopf und sah seine Brüder vor dem Haus stehen. Lasse hatte nur große Augen, während Stijn auf dem Boden lag und sich den Bauch vor Lachen hielt.
Schnell stand er wieder auf.
„Bitte! Darf ich reinkommen, bevor ich mich weiter wie ein Schwachsinniger aufführe?"
Sie nickte und öffnete die Tür etwas weiter.
Nachdem er Stijn einen bösen Blick zugeworfen hatte, schlüpfte er in die Hütte.
Ein ungewöhnlicher Duft empfing ihn. Es roch nicht unangenehm und der Duft erinnerte ihn an etwas, aber er konnte nicht sagen, was es war. Doch dann sah er auf den Tisch. Ein Kessel war darauf und von der Decke baumelten Kerzen, manche noch dünn, aber andere hatten schon die typische dicke Form.
„Du machst Kerzen?", fragte er und im gleichen Augenblick war ihm bewusst, wie dämlich sich das anhören musste. Er sah es doch. Warum fragte er nach?
„Ja! Ich habe heute die Bienen beraubt."
Sie kratzte sich am Arm und Tjark sah, dass sich die Bienen wohl gewehrt hatten.
„Ich muss daran denken, dass ich auch welche für uns auf den Markt kaufe!"
Sie runzelte die Stirn.
„Wozu? Sind meine Kerzen nicht gut genug?"
Er seufzte. Schon wieder ein falscher Satz.
„Nein! Sie sind sehr schön. Aber ich denke, du wirst sie mitnehmen wollen."
Sie schüttelte den Kopf und machte eine einladende Handbewegung. Tjark setzte sich an den Tisch und sie reichte ihm einen Becher, den sie vorher mit Apfelwein gefüllt hatte.
„Ich nehme nichts mit, Tjark. Mir gehört nichts. Ich habe auch schon Met für den Winter angesetzt. Ich habe keine Ahnung, ob er gut wird, aber das wirst du schon früh genug herausbekommen! Ich gehe, so wie du mich gefunden hast. Mit Nichts."
Er nickte, dann holte er tief Atem.
„Deswegen will ich noch einmal mit dir reden! Ich weiß, dass ich mich falsch verhalten habe!"
Sie nickte und setzte sich ihm gegenüber. Aber sie antwortete nicht.
„Ich habe es dir erklärt, Tilda. Du hast gesagt, du verstehst es. Und trotzdem bestrafst du mich! Ich verstehe es einfach nicht!"
Nun war sie es, die tief Luft holte.
„Ich habe es ja gehört. Und in gewisser Weise verstehe ich es auch. Aber du musst auch mich verstehen! Da, wo ich herkomme, droht man niemanden, der nur helfen will, mit dem Tod! Ich hatte Angst vor dir! Das habe ich dir aber schon gesagt. Ich habe zwar keine Angst mehr vor dir, aber was passiert, wenn ich wieder etwas in deinen Augen falsch mache?"
Er schloss kurz die Augen, aber sie sprach weiter.
„Ich kenne immer noch nicht alle Sitten und Gebräuche. Ich habe gelesen, dass ihr sehr brutal sein könnt."
Sein Kopf ruckte hoch.
„Wir sind zu unseren Feinden brutal. Aber doch nicht zu Leuten, die eine Bereicherung sind!"
Sie hob die Hand.
„Lass mich ausreden. Du bist stark! Sehr stark. Und deine Drohung war echt! Ich erinnerte mich auf einmal an alles, was ich zu dir gesagt hatte. Und da kamen meine Erinnerungen daran, was ich über Wikinger gelesen hatte. Brutal! Bereit einen Menschen zu töten! Bestrafungen!" Sie schluckte hart! „Und eure Bestrafungen sind grausam. Ich bin nur eine Magd und habe dich angeschrien, dich beleidigt."
Sie nahm einen Schluck und er sah, wie ihre Hände zitterten
„Als du weg warst, habe ich eine Peitsche gesehen. Sie war mit vorher nie aufgefallen, doch dann war sie auf einmal da. Und deine Waffen, die du wahrscheinlich schon seit Kindesalter benutzen kannst!"
Er lehnte sich zurück und wischte sich über den Mund.
„Bei den Göttern! Die Peitsche ist von meinem Vater. Er hat sie für die Ochsen benutzt, aber nie gegen einen Menschen. Ich hatte wohl irgendwie die Hoffnung, dass ich auch mal wieder Ochsen besitzen könnte und dann die Peitsche gebrauchen könnte. Und ja, ich habe Waffen. Ich brauche sie. Nicht nur für die Überfälle, sondern auch zur Verteidigung. Ich muss für alle Situationen bereit sein! Aber ich würde sie nie gegen dich anwenden."
Sie nickte und ein kurzes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Aber sie schwieg wieder.
Nun nahm er einen Schluck.
Sie hatte wirklich Angst vor ihm gehabt. Und in gewisser Weise musste er ihr auch Recht geben. Er galt früher als grausam und brutal. Aber er war damals ein Heißsporn, der sich unbedingt beweisen wollte. Jetzt war es anders. Sein Leben bestand aus Regeln und Verpflichtungen. Er hatte sich nach dem Tod seines Vaters geschworen, dass er nie wieder so ausarten würde. Und er hatte sich darangehalten. Aber als er Lasse mit Fieber hatte daliegen sehen, war es wieder in ihm hoch gekommen.
Er hatte damals miterlebt, wie seine Mutter dahin gesiecht war. Niemand hatte ihr mehr helfen können. Es war beinahe so, als ob sie innerlich verbrannt wäre. Er erinnerte sich noch an ihren ausgezehrten Körper und die wirren Reden, die sie während ihres Fieberwahns von sich gab. Der alte Heiler hatte sich bestimmt bemüht, aber auch er war irgendwann machtlos und hatte sie verlassen. Sie war eines Morgens einfach nicht mehr aufgewacht. Aber ihre Qualen bis dahin würde er nie vergessen.
Den Tod von Lasses Mutter hatte er zwar nicht miterlebt, aber er war wohl so ähnlich verlaufen.
Dann hatte er gesehen, wie Tilda alles anders machte und es hatte ihn erschreckt. Sie hatte Lasse gezwungen zu trinken. Sie hatte ihn abgekühlt. Alles Dinge, die damals nicht gemacht worden waren. Er war verunsichert, ob diese neue Methode wirklich helfen würde. Im Nachhinein wusste er, dass es genau das Richtige gewesen war. Er hätte alles falsch gemacht. Er hätte Lasse warm eingepackt und wäre wahrscheinlich zum Heiler geritten. Aber Tilda hatte genau richtig gelegen.
„Ich entschuldige mich noch einmal bei dir!"
Sie nickte ihm zu, aber er konnte etwas in ihren Augen erkennen.
Entschlossenheit!
„Du bleibst dennoch nicht bei uns!"
Sie nickte.
„Es würde nicht funktionieren, Tjark. Ich kann nicht als deine Magd hierbleiben und immer in Angst leben, auch wenn du mir wirklich glaubhaft versichert hast, dass es nie wieder passieren wird! Ich habe lange nachgedacht und auch mit Leif gesprochen."
Tjark knirschte mit den Zähnen.
Leif!
Der Heiler!
Selbstverständlich würde er alles tun, um Tilda hier weg zu bringen. Tjark hatte die Blicke bemerkt, die er Tilda zugeworfen hatte. Und auch er war einer derjenigen gewesen, die Tilda ein Geschenk gemacht hatten.
„Offenbar bin ich gebildet, auch wenn es mir nicht so vorkommt. Aber selbst du warst erstaunt, als ich sagte, ich könne lesen. Nun, da ich nie mehr zurück kann, muss ich das Beste aus der Situation machen."
Was sollte das wieder heißen?
Manchmal verstand er sie einfach nicht. Das lag auch an den ganzen seltsamen Wörtern, die sie benutzte.
„Ich muss schauen, dass mich Thorvald gut verheiratet!"
Tjarks Kiefer knackte, als er ihn zusammenpresste.
Du wirst eine Frau bekommen, die du nicht erwartet hast. Sie wird über deine Schwächen hinwegsehen, wenn auch schwer. Sie wird anders sein, als alle, die du gehabt hast. Sie wird deine guten Seiten kennen, aber auch deine schlechten! Sie ist ungewöhnlich! Und du wirst es erst spät erkennen, dass du dich in ihren grünen Augen verloren hast.
Er hob den Blick und schaute in Tildas strahlende grüne Augen.
Sie war diejenige, die Una ihm vorausgesagt hatte! Verflucht! Er hatte es wirklich spät erkannt.
Nein, er war jetzt nicht schlagartig in Liebe verfallen!
Aber er hatte das Gefühl, dass sie sehr wohl hierhergehörte! Er würde sie vermissen.
Aber er wusste auch, dass sie Recht hatte.
Tilda war eine gebildete Frau. Sie lernte jeden Tag dazu, was man von anderen nicht gerade behaupten konnte. Sie hatte sich angepasst, obwohl es ihr bestimmt nicht immer leicht gefallen war. Und sie war wirklich ein Mutterersatz für Lasse geworden.
Doch er wusste, dass er ihre Entscheidung akzeptieren musste. Er war einfach nicht gut genug für sie. Er war arm, auch wenn es sich seit ihrem Auftauchen schon gebessert hatte. Er konnte ihr nichts bieten.
Auf einmal kam ihm ein Gedanke.
NOCH konnte er ihr nichts bieten. Aber bald!
Er stand auf.
„Gut. Wir werden in drei Tagen zu Thorvald aufbrechen. Eigentlich ist es nicht üblich, dass man die Frauen mitnimmt. Aber Lasse will sich von uns verabschieden und Thorvald hat gebeten, dass du eine kurze Zeit bei Sanne bleibst, weil sie dich vermisst."
Sie hob eine Augenbraue.
„Aber dein Hof? Wer macht die Arbeit? Die Kühe, die Hühner?"
Tjark nickte leicht.
„Stijn hat einen Freien bezahlt, damit er dir etwas zur Hand geht. Er ist schon älter und will nicht in seine Heimat zurück. Aber er ist ein guter Knecht und wird dir und Lasse helfen! Olrik wird kurz vor unserer Abreise kommen. Er weiß, was zu tun ist. Ich bitte doch nur, dass du ihm die Hütte überlässt und wieder in deine Kammer ziehst!"
Sie nickte.
„Natürlich!"
Er stand auf und verließ nach einem Nicken die Hütte.
Ein Plan reifte in seinem Kopf.
Sie war nicht verliebt in ihn. Das glaubte er zumindest. Aber er wollte sie hier behalten, denn er mochte sie. Und er hatte ihre Blicke bemerkt, als sie ihn nackt gesehen hatte.
Er grinste.
Vielleicht konnte er sie noch nicht mit Reichtum und Geschenken beeindrucken. Aber sein Körper schien es zu können!
Es war ruhig, als er wieder ins Haus kam. Lasse war schon verschwunden, aber das war nicht verwunderlich. Es war später geworden, als er gedacht hatte.
Stijn saß am Tisch und sah ihn an.
„Und? Habt ihr euch versöhnt?"
Tjark nickte.
Stijn sah kurz nach oben.
„Den Göttern sei Dank. Dann will sie also nicht mehr verschwinden, wenn wir wieder zurückkommen?"
Tjark schnaubte.
„Oh doch! Sie hat sich in den Kopf gesetzt zu heiraten! Aber nicht mich!"
Stijn stieß einen erstaunten Laut aus.
„Was? Wen denn dann?"
Tjark zuckte mit den Schultern und zog seine Stiefel aus.
„Das weiß sie noch nicht. Sie will es Thorvald überlassen."
Stijn beugte sich nach vorne.
„Du bist erstaunlich ruhig. Du hast etwas vor?"
Tjark nickte.
„Oh ja! Sie wird auf dem Gunnarsonhof bleiben!"
Stijn grinste.
„Ich ahne Böses. Wie sagt Tilda immer so schön? Wahrscheinlich ist das eine Scheißidee!"
Tilda kam wieder ins Haus. Sie hatte ihre Sachen zusammengepackt und war bereit wieder in ihre Kammer zu ziehen. Den Tag davor hatte sie schon einige Sachen wieder ins Haus gebracht, doch durch die ganze Arbeit, die sonst noch angefallen waren, war sie nicht fertig geworden. Heute sollte aber Olrik kommen und sie musste ja auch nur eine Nacht bei den Brüdern verbringen, da sie am anderen Tag schon loszogen.
Sie blieb stehen, als sie Stijn sah, der ein riesiges Messer an den Kopf hielt und sein Haar absäbelte.
„Was machst du denn da?", fragte sie neugierig.
Er sah zu ihr.
„Ich schere mich. Ich kann es nicht leiden, wenn mir beim Kämpfen die Haare ins Gesicht hängen! Deswegen entferne ich alles, was mich stört."
Sie nickte wissend.
„Ach so! Soll ich dir helfen?"
Er lachte leise.
„Mir nicht. Ich bin fast fertig. Aber du kannst Tjark helfen. Er braucht bestimmt länger, bis sein ganzes Haar ab ist!"
Sie runzelte die Stirn.
Tjark schnitt sich sein Haar auch ab? Sie bedauerte es ein wenig. Eigentlich waren so lange Haare nicht ihr Ding, aber da Tjark es immer an den Seiten kurzhielt, fand sie es ganz interessant. Besser als die Frisuren, welche die Männer in ihrer Zeit immer trugen.
In dem Moment kam Tjark herein und Tilda musste sich erst einmal setzen.
Nicht nur, dass er ohne Tunika herumlief, nein, er hatte seinen Bart abgenommen. Er sah auf einmal um Jahre jünger aus.
„Tilda schneidet dir die Haare!", verkündete Stijn in dem Moment.
Tjark sah sie erstaunt an.
„Das würdest du machen? Das ist wirklich zuvorkommend von dir. Sie sind schon so lang und ich habe keine Ahnung, wie oft ich mir in die Haut schneide werde, wenn ich es alleine mache!"
Entschlossen stand sie auf. Sie wollte es sich nicht anmerken lassen, dass ihr Herz einen kleinen Hüpfer machte, wenn er sie so ansah.
„Klar! Setzt dich hin, dass ich rankomme!"
Sie holte eine Schere und bemerkte nicht das Grinsen, dass sich die Brüder zu warfen.
Doch als sie sich umdrehte und Tjark die Schere sah, wurde er etwas blass.
„Das wird doch für Schafe benutzt?"
Sie betrachtete das altertümliche Ding und zuckte mit den Schultern.
Tjark hob beide Hände.
„Wir haben schon lange keine Schafe mehr. Es ist bestimmt stumpf!"
Tilda verdrehte genervt die Augen.
„Jetzt hab dich nicht so! Ich habe das Ding im Stall gefunden, saubergemacht und geschärft. Ich werde dich bestimmt nicht verletzen."
Stijn lachte laut auf.
„Das ist aber jetzt deine Möglichkeit dich an meinem Bruder zu rächen. Er würde nicht einmal böse sein können, weil er nicht weiß, ob es Absicht war oder nicht!"
Sie lachte, dann zeigte sie aber zur Tür.
„Schau nach, ob Lasse sich auch wirklich badet oder ob er nur im Wasser herum plantscht!"
Stijn verbeugte sich übertrieben vor ihr.
„Ganz wie die hohe Herrin meint!"
Sie schmiss ihm ein Tuch hinterher und wandte sich dann an Tjark.
„Dann legen wir mal los!"
Sie schnappte sich den schweren Zopf und schnitt ihn beherzt über dem Nacken ab. Dann ließ sie ihn einfach fallen.
„Verflixt. Der war ganz schön schwer!"
Tjark lachte.
„Oh ja. Ich fühle mich schon sehr erleichtert."
Sie holte etwas Wasser und benetzte sein Haar, das sofort anfing sich zu kringeln.
„Du hast ja Locken! Das ist ja niedlich!", rief sie aus.
Tjark machte ein böses Gesicht.
„Du kennst dich nicht mit unseren Gebräuchen aus, hast du gesagt. Dann lass dir von mir erklären, dass es bestimmt nicht ratsam ist, einen Wikingermann als niedlich zu bezeichnen!"
Sie lachte.
„Ich meinte deine Haare und nicht dich!"
Er schnaubte.
„Da sie an mir sind, betrifft es mich doch irgendwie."
Sie lachte und nahm wieder die Schere in die Hand.
„Wie kurz willst du es denn haben?"
Er seufzte.
„So kurz es geht!"
Sie schnitt beherzt die Locken am Hinterkopf ab. Dann arbeitete sie sich nach vorne und blieb vor ihm stehen. Wieder fuhr sie mit nassen Händen durch das Haar und machte weiter. Sie war froh, dass sie ihre Hände schon mit Wasser nass gemacht hatte, denn sie spürte, wie sie feucht wurden. Himmel, was war das? Warum schlug ihr Herz auf einmal schneller?
Sie hörte ihn leise seufzen.
Erschrocken hielt sie inne und sah ihn in die Augen.
„Habe ich dir wehgetan?"
Er schüttelte den Kopf.
„Nicht unbedingt!"
Erst jetzt bemerkte sie, dass sich ihre Brüste direkt vor seinem Gesicht befanden.
„Tjark Gunnarson. Starrst du meinen Busen an?"
Er hob nur den Blick und grinste frech.
„Wenn du mir deine Brüste so frech vor die Nase hältst?"
Sie schlug ihm leicht auf die Schulter.
„Lass das sein!", gab sie sich entrüstet.
Doch sie fühlte sich auch irgendwie geschmeichelt. Vor allem, weil sie die Ausbuchtung sah, die sich in seiner Hose gebildet hatte.
Sie konnte es aber nicht lassen, ihn zu necken. Leicht beugte sie sich wieder vor, um ihn zu provozieren und sie hörte, wie er leicht aufstöhnte.
Sie sollte das nicht zulassen. Die Erinnerungen kamen hoch. Sie hatte vor nicht allzu langer Zeit noch Angst vor ihm gehabt. Doch dann sah sie in seine Augen. Nein. Da war nichts mehr, wovor sie Angst haben müsste. Ganz im Gegenteil. Wenn sie nicht aufpasste, dann könnte er alles mit ihr machen, was er wollte.
Seine Hand legte sich auf ihre Hüfte und zog sie sanft näher zu sich.
„Tjark...", flüsterte sie, als er seinen Kopf leicht an sie schmiegte und seufzte.
In dem Moment wurde die Tür aufgerissen und Lasse kam herein.
„Ich bin ganz sauber, Tilda! Sogar hinter den Ohren!"
Schnell entfernte sie sich von Tjark.
„Das ist toll, Lasse. Dann solltest du nun dein Bündel packen." Ihre Stimme war seltsam belegt. Sie hoffte, dass Lasse es nicht bemerken würde.
Doch Lasse starrte seinen Bruder an. Dann lachte er.
„Du siehst aus wie unser Vater!"
Er nahm den schweren Zopf und legte ihn sich auf seinen Kopf. Er schien gar nicht zu bemerken, dass sein Bruder sehr schweigsam war und ihm nicht einmal geantwortet hatte. Stattdessen hatte er sich zum Tisch gedreht und stöhnte leise. Seine Hände hatte er zu Fäuste geballt und seine Kieferknochen traten hart hervor, als ob ihn etwas quälen würde. Tilda wusste genau, was es war und sie grinste ihn frech an, was ihr einen bösen Blick einbrachte. Lasse spielte aber weiter unbeirrt mit dem Zopf.
„Schau mal, Tilda. Sehe ich nun wie Tjark aus?"
Sie lachte und küsste den kleinen Kerl auf die Wange.
„Absolut!"
„Das ist nicht sein Ernst! Er mag sie? Da ist doch mehr. Ich sehe doch, was sich in seiner Hose abspielt! Und sein Einfall ist auch dämlich!"
Gna raufte sich die Haare.
„Das kann wirklich nicht sein Ernst sein! Er will sie verführen, um sie zu halten? Wenn sie das herausbekommt, dann wird Tilda vor ihm fliehen und Lasse ist wieder alleine!"
Freya nickte und holte dann tief Atem.
„Das weiß ich. Aber was soll ich machen? Ich kann etwas lenken, aber ich kann sein eigenes Denken nicht beeinflussen! Wir können nur hoffen, dass er es sich anders überlegt."
Gna setzte sich bockig auf einen Hocker und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Er hat doch gar keine Ahnung, was noch auf ihn zukommt. Und ich weiß genau, dass du ihn beeinflussen könntest!"
Freya hob einen Finger.
„Ich werde es aber nicht tun. Er muss selbst herausfinden, was ihm Tilda bedeutet. Aber so wie ich den Jungen kenne, wird er es bald selbst sehen! Heute hat sie ihm ja schon gezeigt, dass es auch anders gehen kann!"
Gna schnaubte.
„Ich hoffe es!"
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