11. Kapitel
Stijn hatte Lasse schnell im Wald gefunden. Der Kleine hat sich gut versteckt, war aber heraus gekrochen, als Stijn ihn rief. Natürlich hatte er sofort zu Tilda gewollt, aber Stijn hatte ihn auf sein Pferd gesetzt und war los getrabt, ohne auf Lasse zu achten, der nach Tilda schrie.
Sie waren beide zu Thorvald geritten und Stijn hatte seinem Jarl erzählt was vorgefallen war. Auch, dass Tilda ihr Kind verloren hatte. Seltsamerweise war Thorvald nicht erstaunt darüber. Ganz im Gegenteil. Er schien es geahnt zu haben, dass Tjark Tilda schon genommen hatte. Seine Frau hatte entsetzt aufgeschrien. Doch dann handelten sie beide ruhig und schnell.
Stijn war erstaunt, wie schnell Thorvald Hilfe organisierte.
Der Heiler war mit einer der Frauen aufgesessen und war zu Tjark geritten, um Tilda zu helfen. Nur im Nebenbei hatte Stijn bemerkt, dass es Franka war, die mit Leif ritt. Sie hatte ihn sehnsuchtsvoll angeschaut, aber Stijn hatte nicht reagiert.
Die anderen Bewohner des Gutes packten Sachen auf einen Wagen. Holz, Kleidung und Essen. Tjark und Tilda waren beide beliebt und das merkte man nun.
Sanne würde sich persönlich um Lasse kümmern, während sich Männer auf den Weg machten, um Tjark zu helfen. Obwohl sie viel zu tun hatte, war sie mit Lasse zum Fjord gegangen und hatte beruhigend auf ihn eingeredet. Immerhin hatte sie ihn soweit gebracht, dass er nicht mehr wütend auf seine Brüder war, aber er verstand eben nicht, warum er nicht mit den anderen Männern zurück durfte.
Stijn wollte nicht mit zurück, obwohl es alle von ihm erwarteten. Er hatte etwas anderes vor!
Er hatte die Leichen erkannt!
Viel zu oft hatten die vier Ottmarsons die Gegend unsicher gemacht. Aber nun waren sie an den Falschen geraten. Stijn würde ihnen zeigen, was es hieß einen Gunnarson anzugreifen!
Er saß im Langhaus und trank verdrossen sein Met.
Es hätte ihm beinahe das Herz zerrissen, als er Tilda so zugerichtet gesehen hatte. Und es wurde schlimmer, als er erfuhr, dass sie in anderen Umständen gewesen war. Natürlich war Tjark erst einmal bei der Frau geblieben, die er liebte. Aber Stijn würde dafür sorgen, dass niemand mehr den Namen seines Bruders vergaß. Und Tjark würde es auch nicht zulassen, da war sich Stijn sicher.
„Du hast etwas vor!"
Roald setzte sich zu ihm. Stijn hatte an seiner Seite gekämpft. Er war Thorvalds jüngerer Vetter und hatte sich mit Stijn schon lange angefreundet.
Stijn nickte.
„Ich werde diese Schweinehunde finden und sie zu Tjark bringen!"
Roald nickte und schnappte sich ein Trinkhorn. Er trank es in einem Zug leer.
„Wann wollen wir aufbrechen?"
Stijn starrte Roald ungläubig an.
„Wir?"
Roald nickte ernst.
„Draußen warten noch zwei andere. Wir haben uns schon gedacht, dass du so etwas vorhast. Du kannst uns unterwegs erklären, was du vorhast. Aber wir wollen dir helfen!"
Stijn zuckte mit den Schultern.
„Ist es abgesegnet?"
Roald lachte laut.
„Wenn Thorvald könnte, würde er ebenfalls mitkommen. Tjark ist sein Freund und er ist erschüttert."
Stijn nickte ihm dankbar zu.
„Dann los!"
Tjark erhob sich vorsichtig, damit er Tilda nicht weckte.
Sie war immer wieder in der Nacht aufgeschreckt und hatte geschrien. Er hatte sie kaum beruhigen können. Dazu kam, dass er ihr nichts gegen die Schmerzen geben konnte. Er hatte einfach nichts. Am liebsten wäre er zu Thorvald geritten, aber er wollte Tilda einen so langen Ritt nicht zumuten. Das war in ihrem jetzigen Zustand unmöglich.
Der Tag zuvor war auch nicht besser gewesen. Trauer und Schmerzen hatten Tilda vom heilenden Schlaf abgehalten. Und Tjark hatte hilflos zuschauen müssen! Er war sich noch nie so nutzlos vorgekommen!
Er zog sich leise an und verließ die Hütte. Die Leichen lagen immer noch auf dem Feld. Er sollte sie begraben, aber er hatte einfach keine Kraft dazu.
In ihm wüteten vielerlei Gefühle.
Wut, Hass, aber auch Trauer und Mitleid.
Wut und Hass auf die Männer, die seiner Tilda das angetan hatten! An sich dachte er erst einmal nicht. Das Haus war verloren, aber das konnte man wiederaufbauen. Wenigstens hatten sie die Scheune nicht angezündet. Die Vorräte und das Vieh waren sicher. Sie konnten auch noch eine Weile in der alten Hütte leben.
Die Münzen, die er von der Beute bekam, würde er für ein neues Haus verwenden.
Aber Tilda...ihr konnte er nicht so einfach helfen.
Er fuhr sich verzweifelt durch die Haare.
Es war seine Schuld.
Das wusste er.
Er hatte damals vor Una etwas gesagt, dass er schon längst vergessen hatte.
„Soll ein anderer Mann sie nehmen und mich in Ruhe lassen! Das würde mich glücklich machen!"
Er hatte nicht gewusst, dass er vor einer Göttin gestanden hatte. Und sie hatte ihn auch noch gewarnt. Aber damals hatte er Tilda nicht gemocht. Er war wütend auf sie gewesen. Und nun musste sie für seinen Fehler büßen!
Er atmete tief durch.
Ein Tag und zwei Nächte waren vergangen. Eine Zeit, in der er abwechselnd auf die Götter geflucht und gebetet hatte.
Nun ging die Sonne auf.
Ein neuer Tag. Aber brachte er auch Hoffnung? Tjark wusste es nicht.
Langsam lief er zur Scheune. Er musste für Tilda etwas kochen. Sie brauchte nun alles, was ihr Kraft gab. Am liebsten hätte er gejagt, aber er traute sich nicht weit von ihr weg. Und durch das Feuer war das Wild tiefer in den Wald geflohen.
Er wischte sich über das Gesicht.
Die Kuh musste gemolken werden und die Eier sollte er auch sammeln. Das waren alles Aufgaben gewesen, die Tilda ihm abgenommen hatte. Und nun lag sie auf dem Lager und es sah nicht gut aus.
Tjark wusste sich nicht zu helfen.
Er verzweifelte.
In dem Moment hörte er Pferde, die auf seinen Hof zu ritten.
Er schnappte sich ein Beil, das er eigentlich zum Holzhacken benutzte und ging aus der Scheune.
„Langsam, Tjark. Ich bin es!"
Vor Erleichterung wäre Tjark beinahe in die Knie gegangen.
Leif kam angeritten und mit ihm eine Frau.
Leif stieg ab und kam auf ihn zu.
„Es tut mir leid, dass ich nicht früher hier sein konnte. Ich bin gleich nach Stijns Ankunft losgeritten. Wo ist Tilda?"
Tjark zeigte zur Hütte.
Leif nahm eine Tasche.
„Wie geht es ihr?"
Tjark konnte nicht sprechen. Es war ihm peinlich, aber er fing an zu Heulen wie ein kleines Kind.
Leif sah es und drehte sich schnell zu der Frau um.
„Geh schon mal vor. Ich komme gleich nach!"
Die Frau sprang vom Pferd und ging in die Hütte. Erst jetzt erkannte Tjark, dass es Franka war. einen Moment wunderte er sich darüber, aber das war zweitrangig.
Er wischte sich über die Augen. Leif kam näher.
„Dir geht es auch nicht gut! Der Verlust und die Trauer...das schlägt aufs Gemüt!"
Tjark schüttelte den Kopf.
„Ich muss stark für Tilda sein. Ich muss unser Heim wiederaufbauen." Er seufzte. „Ich habe ihr versprochen, dass sich alles ändert, wenn ich wieder da bin. Ich wollte sie zu meinem Weib nehmen und ihr alles bieten, was sie sich nur wünscht. Und nun fange ich wieder von vorne an. Ich kann ihr nichts bieten und ich weiß nicht, ob ich sie halten kann!"
Leif nickte.
„Hört sich ganz schön hoffnungslos an. Aber du hast eines vergessen!"
Tjark schaute auf.
„Was soll ich denn vergessen haben, verflucht noch mal?"
Leif zeigte zum Wald.
„Morgen kommen Männer. Mit Holz und allem möglichen Kram. Und deiner Beute. Sie werden dir helfen. Und was das Wichtigste ist, deine Frau lebt! Sie wird erst einmal nicht die Alte sein. Das kann sie nicht. Aber sie hat es so lange bei dir ausgehalten, obwohl bestimmt andere da waren, bei der es ihr besser gegangen wäre. Doch es war dein Kind, das sie trug, Tjark Gunnarson! Also hör auf zu jammern und mach dich an die Arbeit."
Um dem ganzen noch mehr Nachdruck zu verleihen, schlug Leif ihm mit der Faust auf die Schulter.
„Du bist ein Mann! Also verhalte dich auch wie einer! Wenn du hier herum jammerst und heulst, hilfst du niemanden!"
Tjark rieb sich die schmerzende Schulter.
„Du warst auch einer von denen, die um sie geworben haben!"
Leif lachte, als er Tjarks wütendes Gesicht sah.
„Ja! Und es freut mich, dass der Gedanke daran deine Lebensgeister wieder weckt!"
Er drehte sich um und ging zur Hütte.
„Sollte ich erfahren, dass du sie unschicklich berührt hast, dann zertrümmere ich dir den Kiefer!", brüllte Tjark dem Heiler hinterher.
Leif lachte und ging weiter.
„Was glaubst du, warum ich Franka mitgenommen habe?"
„Hast du irgendeinen Plan?"
Roald, Tammo und Balte sahen Stijn fragend an.
Stijn schnaubte.
„Ich werde sie finden und sie zu Tjark schleifen."
Roald nickte.
„Das meinte ich nicht. Wo willst du sie finden?"
Stijn zeige nach vorne. Man konnte eine Rauchsäule sehen!
„Ich denke, wir folgen einfach der Spur!"
Er trieb seinen Hengst an und preschte im Galopp zu der Feuersäule. Es dauerte ihm zu lange, bis sie bei dem Hof ankamen. Stijn hatte es im Gefühl, dass sie zu spät kommen würden. Und es bewahrheitete sich dann auch.
Die Scheune und das Haus waren abgebrannt. Überall lagen Leichen.
Stijn schnaubte, als er die alten Leute sah, die mit schmerzverzerrtem Gesicht und glanzlosen Augen ihn beinahe anklagend ansahen.
Roald zischte.
„Verdammt! Das waren alles Freie. Offenbar suchen sie sich gezielt solche Höfe aus, bei denen sie keine Schwierigkeiten haben."
Stijn nickte und suchte den Boden nach weiteren Spuren ab.
„Wir müssen weiter!", brummte er.
Tammo schüttelte den Kopf.
„Nein! Wir müssen erst einmal die Leute begraben. Wir können sie nicht einfach so liegen lassen!"
Stijn drehte seinen Kopf zu Tammo. Sein Blick war mörderisch.
„Wir verlieren nur Zeit, wenn wir das jetzt tun! Ich will die Dreckskerle schnappen, bevor sich ihnen noch mehr anschließen!"
Roald nickte.
„Das verstehen wir! Doch es muss getan werden. Und wir sollten dem Jarl Auskunft darüber geben, was hier passiert ist!"
Stijn brüllte los.
„Er ist nicht mein Jarl!"
Roald hob eine Augenbraue.
„Was ist los mit dir, Mann! Ich erkenne dich kaum wieder!"
Stijn wendete sein Pferd.
„Ihr könnt machen, was zu tun ist. Ich werde mir die Kerle schnappen!"
Ohne auf die anderen zu warten, ritt er weiter.
Langsam öffnete Tilda ihre Augen.
Sie war in der alten Hütte. Ihr Körper schmerzte nicht mehr so wie er es noch am Anfang getan hatte, dennoch kam sie sich so schwach vor.
Stück für Stück kamen die Erinnerungen hoch und sie schluchzte auf. Sie rollte sich zusammen und hielt ihren Bauch. Wieder kamen die Bilder in ihr hoch. Die Krämpfe und ihr Wissen darüber, dass sie das Kind verlor. Dann das ganze Blut. Sie war zum Bach gerobbt und hatte versucht sich zu waschen. Doch es hatte einfach nicht aufgehört zu bluten.
Dann war Tjark gekommen.
In seinem Gesicht war dasselbe Entsetzen zu erkennen, das sie befallen hatte. Doch er hatte sie aufgehoben, in die Hütte gebracht und sie gewaschen. Tilda wusste nicht mehr genau, was er alles zu ihr gesagt hatte, aber sie wusste, dass sie sich sicher und geborgen gefühlt hatte. Seine Ruhe hatte ihr Kraft gegeben das alles durch zu stehen. Besonders, als er sich zu ihr gelegt hatte. Sie war irgendwann eingeschlafen, doch immer wieder von Albträumen geplagt worden. Doch Tjark war immer bei ihr gewesen, hatte sie getröstet und sie in seinen Armen gehalten.
Wieder schluchzte sie auf.
Er war ein guter Mann und sie hatte nicht einmal sein Kind beschützen können.
Tränen rannen ihr über die Wange.
„Ruhig, Tilda! Es wird alles gut!"
Alles gut? Ja?
Das glaubte sie nicht.
Sie wusste, dass der Hof zerstört war und Tjark wieder von vorne anfangen musste.
Alles, was er geschaffen hatte, war innerhalb von ein paar Stunden zerstört worden. Sie war zu nichts zu gebrauchen.
„Hol, Tjark, Franka! Er sollte bei ihr sein!"
Erst jetzt bemerkte sie, dass sie nicht alleine in der Hütte war. Verdammt, was war nur mit ihr los? Sie hatte doch die Stimmen gehört! Warum hatte sie alles ausgeblendet?
Langsam drehte sie sich um.
Leif saß auf einem Hocker und beobachtete sie.
„Leif? Wie kommst du so schnell hierher?"
Der Heiler lachte leise.
„Ich bin schon seit vier Tagen hier."
Sie versuchte sich aufzusetzen, doch sie fühlte sich schwach und müde.
Leif half ihr und setzte sich dann wieder auf den Hocker.
„Ich bin so schwach!", murmelte sie verlegen.
Leif nickte.
„Das ist normal. Ich habe dir schmerzstillende Kräuter gegeben und du hast die ganze Zeit geschlafen."
Er drehte sich im Sitzen um und holte einen Becher, den er ihr reichte.
„Trink das! Es ist Wasser. Später kannst du Brühe haben."
Sie nickte und trank einen Schluck. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie durstig sie war. Sie trank den Becher leer.
Es war nur Wasser, aber es schien so, als ob ihre Lebensgeister auf einmal geweckt wurden. Sie hörte draußen Hämmern und auch wie sich mehrere Leute unterhielten.
„Was ist da los?"
Gerade als Leif antworten wollte, öffnete sich die Tür und Tjark kam rein.
„Sie ist wach?"
Leif nickte lächelnd und stand auf. Er legte Tjark eine Hand auf die Schulter.
„Gib ihr später von der Brühe. Ich werde deine Arbeit übernehmen und heute Abend noch einmal nach ihr schauen."
Tjark nickte und sah sie dann besorgt an, bevor er zu ihr kam.
„Geht es dir gut?", fragte er leise.
Sie nickte leicht, aber sobald sie sein besorgtes Gesicht sah, liefen ihr wieder die Tränen über die Wangen.
Er fluchte leise und nahm sie in seine Arme.
„Es tut mir alles so leid, Tjark. Ich bin schuld daran!"
Er schnaubte und drückte sie leicht von sich, ohne sie los zu lassen.
„Hör mir mal gut zu, Tilda. Du bist an gar nichts Schuld. Wenn jemand Schuld hat, dann bin ich das."
Sie hob verwirrt die Augenbrauen.
„Wieso du? Das habe ich schon beim ersten Mal nicht verstanden."
Er setzte sich neben sie und legte seinen Arm um sie.
„Man muss immer damit rechnen, dass man überfallen wird. Vielleicht hätte ich doch zu Hause bleiben sollen!"
Sie schüttelte den Kopf und legte ihren Kopf an seine Brust. Er atmete irgendwie erleichtert auf.
„Einigen wir uns darauf, dass wir es nicht vorhersehen konnten?"
Nun lachte er leise.
„Das hört sich gut an!"
Sie sah zu ihm hoch.
„Aber du musst wieder von vorne anfangen. Das Haus..."
Sein Lachen wurde lauter. Er stand auf und nahm sie auf seine Arme. Dann ging er zur Tür.
„Mach auf!", forderte er sie auf.
Sie tat, was er verlangte und riss dann erstaunt die Augen auf, sobald sie sah, was da draußen alles vor sich ging.
Die Trümmer waren entfernt worden. Es waren etwa zwanzig Männer und Frauen zu sehen, die Holz sägten und alles wieder aufbauten.
„Was...?", fragte sie.
Er küsste sie leicht auf die Stirn.
„Zwei Tage nach dem Überfall kamen sie her. Jeder brachte etwas mit. Holz, Werkzeug, Essen und Kleidung. Sie helfen uns, alles wieder auf zu bauen. Es ist ein Geschenk für uns."
Sie sah ihn an.
„Geschenk?"
Er nickte ernst.
„Ich habe zwar beinahe keine Hoffnung, aber ich will dich immer noch zum Weib haben!"
Sie schmiegte sich an ihn.
„Wieso hast du keine Hoffnung?"
Er atmete wieder tief ein.
„Nachdem das alles hier passiert ist...nun...ich weiß nicht, ob du mich immer noch haben willst!"
Sie griff an die Kette, die immer noch an ihrem Hals hing.
„Ich habe dein Geschenk doch angenommen, Tjark Gunnarson. Glaubst du wirklich, ich würde dich verlassen?"
Er zuckte mit den Schultern.
„Ich bin wieder arm! Zwar nicht so arm wie vorher, aber ich kann dir immer noch nichts bieten!"
Sie ballte ihre Hand zu einer Faust und schlug sie auf seine Schulter.
„Blöder Kerl! Das hat mich vorher doch auch nicht interessiert."
Er ging wieder zurück in die Hütte und schlug die Tür mit seinem Fuß zu. Dann legte er sie auf das Lager und küsste sie sanft.
Erst jetzt fiel Tilda auf, dass er das schon lange nicht mehr getan hatte. Sie schlang die Arme um seinen Hals und zog ihn zu sich, doch er stoppte.
„Hör zu, Tilda. Leif hat mir gesagt, dass ich dich einige Wochen nicht einmal ansehen darf. Also nicht so...ach...du weißt schon!"
Sie lachte.
„Ja, ich weiß. Im Moment sehe ich auch bestimmt nicht aus wie ein Männertraum. Aber gegen Küssen wird er ja wohl nichts haben!"
Tjark grinste.
„Das will ich auch mal hoffen." Dann wurde er ernst. „Sechs Wochen. So lange will ich gerne warten. Aber dann wirst du die Meine!"
Sie lachte laut auf.
„Ach Tjark. Das bin ich doch schon jetzt. Aber wenn du ein großes Fest haben willst, dann soll es mir Recht sein!"
Er schüttelte den Kopf.
„Kein großes Fest. Nur du und ich und meine Brüder. Das reicht mir schon! Aber erst will ich unser Heim aufbauen. Da ich nun weiß, was wir alles so gemeinsam anstellen, will ich nicht, dass meine Brüder alles mitbekommen!"
Sofort lief sie rot an.
„Das wäre wirklich peinlich!"
Stijn hatte sie gefunden.
Die Kerle hatten es tatsächlich gewagt, bis zu einer großen Siedlung zu reiten. Sie hatten das Geld für Met und Dirnen ausgeben und damit geprahlt, was sie doch für Beute gemacht hatten.
Nun waren sie wieder im Wirtshaus und betranken sich.
Stijn hatte die Kapuze seines Mantels tief ins Gesicht gezogen und beobachtete sie.
Ulvy und Knud waren nicht gerade die hellsten Köpfe. Das konnte man ja jetzt auch sehen.
Stijn nahm an, dass sie nicht einmal wussten, wen sie alles überfallen hatten. Ihr Bruder Orm hatte es wahrscheinlich gewusst, aber ihnen nichts gesagt.
Ein Weib kam zu ihm und wollte ihm Met nachschenken, doch er hielt seine Hand über den Becher und schüttelte den Kopf.
Sie lächelte ihn an, doch Stijn beachtete sie gar nicht. Sie seufzte leise, aber als immer noch keine Reaktion kam, lief sie beleidigt davon.
Stijn wollte sich nicht betrinken. Er musste einen klaren Kopf bewahren.
Das Wirtshaus leerte sich langsam, doch die Ottmarsons blieben sitzen und zechten weiter. Dabei machten sie viel Lärm und es ging auch ein Stuhl zu Bruch.
Irgendwann wurde es dem Wirt zu viel.
Er forderte die beiden auf, das Wirtshaus zu verlassen.
„Weißt du eigentlich, wer wir sind?", fragte Ulvy und Knud lachte höhnisch. Der Wirt stellte sich vor sie.
„Warum sollte mich das jucken? Das Furunkel an meinem Arsch interessiert mich mehr als ihr zwei Halunken. Jetzt zahlt eure Zeche und verschwindet."
Stijn sah, dass die beiden etwas unsicher wurden. Der Wirt, der wohl solche Gäste gewöhnt war, überragte sie um eine Kopfgröße und auch seine Statur war gewaltig.
Kleinlaut legten sie Münzen auf den Tisch und verschwanden.
Stijn stand ebenfalls auf und ging zum Wirt.
Der Wirt hob hochnäsig seinen Kopf, doch als Stijn die Kapuze herunternahm, lachte er erfreut auf.
„Stijn Gunnarson. Ich habe dich gar nicht erkannt, mein Freund. Was sitzt du da so vermummt in der Ecke?Eigentlich hast du doch in jedem arm ein Weib. Doch nun bist du alleine?"
Stijn reichte ihm ein paar Münzen.
„Ich habe die zwei Kerle beobachtet. Kannst du mir sagen, wo sie abgestiegen sind?"
Stijn war oft hier Gast gewesen und er hoffte, dass er sich gut benommen hatte. Vorsichtshalber nahm er noch ein paar Münzen aus der Tasche, doch der Wirt hob abwehrend eine Hand.
„Ich sage es dir gerne, Stijn. Und ich verlange auch nichts dafür. Was haben sie getan, dass sie deinen Zorn erregten?"
Stijn schnaubte.
„Sie haben unseren Hof überfallen und den Knecht getötet. Dann wollten sie sich an Tjarks Braut vergehen, aber als sie Orm getötet hat, beließen sie es dabei, sie zu verprügeln. Sie hat ein Kind dadurch verloren!"
Der Wirt schnaubte entsetzt.
„Sie haben Tjarks Kind getötet?"
Stijn nickte.
Der Wirt beugte sich zu ihm vor.
„Ich weiß nicht, was du vorhast. Doch eigentlich solltest du das Verbrechen beim Thing melden!"
Stijn schnaubte.
„Das Thing ist zu spät. Bis dahin müsste sie Thorvald durchfüttern!"
Wieder ein Nicken vom Wirt.
„Gut! Ich habe dich nicht gesehen. Und ich habe dir auch nicht gesagt, dass die beiden in einer billigen Absteige am Hafen untergekommen sind."
Er drehte Stijn demonstrativ den Rücken zu.
Stijn nickte dem Mädchen zu, das ihn mit großen Augen anstarrte.
„Sorge dafür, dass sie sich nicht vorher umbringen!", hörte er den Wirt noch sagen.
„Das werden sie nicht. Aber ich werde sie quälen, bis wir wieder bei Tjark sind. Er wird seine Rache bekommen. Die Götter mögen meinen Schwur hören. Auch wenn es nicht nach dem Gesetz ist, werden sie ihre Strafe bekommen!"
„Was haben die Gunnarsons immer mit uns Göttern?"
Gna schnaubte leise.
Freya lachte.
„Es ist schon seltsam. Sie beten kaum zu uns, doch sie sind leidenschaftlich, wenn es um ihre Schwüre geht. Dann sind wir wieder gut für sie."
Gna sah die Göttin an.
„Ich habe irgendwie das Gefühl, dass es für Stijn nicht gut ausgehen wird!"
Freya seufzte leise.
„Er weiß es noch nicht, aber auch für ihn ist das Schicksal schon vorherbestimmt. Er wird uns noch verfluchen!"
Gna schüttelte ungläubig den Kopf.
„Sie lernen nichts dazu!"
Frigg lachte.
„Nein! Aber ich mag sie. Und seine Zukunft wird mich bestimmt amüsieren!"
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