{ Kapitel Fünfzehn }
Meinen Blick löse ich sofort von ihm und lasse mir nichts anmerken. Das ist mir einfach zu blöd. Er ist es nicht wert. Wieso soll ich mir denn jedes Mal den Kopf zerbrechen, obwohl ich es eigentlich lassen könnte? Wäre Nejla oder Erijon hier, würde ich es zu 100% genießen aber diesmal muss ich das wohl selbst in die Hand nehmen.
Der Fahrer hält vor einem wunderschönen Restaurant an und macht uns netterweise die Tür auf. Die Geste ist sehr lieb von ihm, weshalb ich ihm ein warmes Lächeln schenke. Nachdem ich mich bedankt habe, steige ich aus und richte mein Outfit. Auch wenn die Hose viel von meinen Hüften preisgibt, gefällt sie mir. Die Bluse endet genau am Hosenbund und schmeichelt meinen Proportionen. Sie wirkt so feminin und sehr schick, was mir gefällt. Nejla hat echt Geschmack. Das muss man ihr schon lassen. Eigentlich haben wir so ziemlich den selben Geschmack aber sie ist die mutigere von uns beiden. Ich muss mich einfach mehr trauen. Mein Problem ist, dass ich selten aus mir raus komme.
Da ich nicht zwischen den beiden stehen möchte, laufe ich zwei Schritte vor und stehe somit neben Rilind. In gleichmäßigen Schritten bewegen wir uns in Richtung Restaurant und ich bin echt glücklich über mein Talent in hohen Schuhen laufen zu können. Die Übungsstunden in jungen Jahren mit Nejla in ihrem Kinderzimmer haben sich gelohnt.
Den ekligen Blicken von Sibel bin ich einfach ausgewichen und habe ihr keine Beachtung geschenkt. Diese Anerkennung verdient sie nicht. Jedes Mal wenn keiner außer mir ihre Mimik sieht, verfinstert sich ihr Blick und womöglich versucht sie mich damit umzubringen aber das kann sie sich abschminken und die 3 Tonnen an Foundation ebenfalls.
Rilind lächelt mich freundlich an und gemeinsam laufen wir rein. Sein Lächeln zaubert auch mir eins auf die Lippen. Sein gut duftendes Parfüm kitzelt meine Nasenflügel angenehm, weshalb ich kurz schmunzeln muss. Es riecht sehr männlich aber ist nicht zu aufdringlich.
Die Inneneinrichtung des Restaurants ist atemberaubend schön. Natürlich lege ich kein Wert auf sowas und gehe auch gerne in kleineren Restaurants wenn nicht sogar im Imbiss essen aber jetzt komme ich gar nicht vom Staunen weg. Die haben das sehr gut hinbekommen. Auch meinem albanischen Kollegen, Rilind, scheint es zu gefallen.
Kaum stehen wir alle am Eingang, werden wir von einem jungen Kellner zum Tisch geführt. Soweit ich raushören konnte, wurde also doch reserviert und dies bestätigt mir nur ein weiteres Mal, dass mich Sibel nicht dabei haben wollte aber zum aller Ersten mal in meinem Leben bin ich Granit dankbar. Auch wenn er mich in den knappen Sachen gesehen hat, stehe ich nun hier und lasse somit genau das Gegenteil von ihrem kindischen Vorhaben geschehen. Was fällt ihr überhaupt ein? Was hat sie sich dabei gedacht? Ganz im Ernst. Zu viert auf Dienstreise sein aber nur zu dritt Essen gehen? Manchmal frage ich mich wirklich, was denn so in ihrem kleinen Hirn vorgeht. Innerlich schüttle ich den Kopf aber lasse mir wie immer nichts anmerken. Diese Genugtuung gönne ich ihr nicht.
Der Kellner ist so lieb und schiebt Sibel als auch mir den Stuhl beim Hinsetzen etwas vor, wobei ich die einzige bin die sich aufrichtig bedankt. Findet sie das nicht respektlos? Ist es vielleicht eine Selbstverständlichkeit für Sie? Ich weiß, dass das etwas Normales in solchen Restaurants ist aber trotzdem ist es nicht zu viel verlangt sich zu bedanken. Diese Frau werde ich wohl nie verstehen. Ein Glück sitzt Rilind neben mir und keiner von meinen anderen Kollegen. Wobei ich somit beide im Blickfeld habe und man dies als guten Grund für den Kauf einer Augenbinde zählen könnte.. naja was soll's. Wir wollen ja mal nicht so sein, oder?
Rilind weiß gar nicht, wie glücklich ich bin, dass er dabei ist. Einmal musste ich mit den zwei alleine auf ein Geschäftsessen und wurde wortwörtlich wie Luft behandelt. Natürlich ist mir das recht, da auch ich keine Konversation mit beiden führen möchte aber als auch die Partner gemerkt hatten, dass zwischen uns etwas nicht stimmte, hatte sich Sibel keine Mühe gegeben, sich mir gegenüber erwachsen zu verhalten. Stattdessen hatte sie ihr Wasser ausversehen in meine Richtung umgekippt sodass meine Bluse nass wurde und sie mich somit komplett zu Boden gestampft hatte. Von wegen ausversehen! Das war pure Absicht und Granit hatte kein Wort darüber verloren. Ihn hatte es nicht ein mal interessiert. Ich war ihm schon immer egal. Außer einen genervten Blick hatte ich von ihm nicht bekommen. Nicht einmal eine Serviette zum Abtrocknen hatte er mir gereicht. Ob sein genervter Blick in dem Moment mir oder der ganzen Situation galt, wusste ich nicht. Ich weiß bis heute nur das er sich nicht gerührt hat.
Bis heute kann ich ihr triumphierendes Lächeln nicht vergessen. Ich weiß nicht, was sie gegen mich hat aber das wir seit der Studium Zeit kein gutes Verhältnis haben steht fest. Da soll sich keiner wundern, wieso ich nichts mit beiden zu tun haben möchte. Weder mit ihr noch mit ihm. Den ganzen Abend über habe ich kein Wort mit beiden geredet. Nur mit Rilind habe ich mich ab und an mal unterhalten aber das war's aus. Größtenteils habe ich mich auf mein Essen konzentriert. Meine ruhige Seite stand eindeutig im Vordergrund, was ich gar nicht schlimm fand. Meiner Meinung nach ist es okay nicht ständig zu reden und den Fokus auf sich zu ziehen. Zuhören ist auch eine gute Sache, was ich am liebsten Sibel mal empfehlen würde. Ständig hat sie versucht mit belanglosen Themen die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, was mich einfach nur gelangweilt hat. Es war wirklich öde ihr zuzuhören, weshalb ich es auch sofort gelassen habe und mich nur noch auf Rilind und mein Essen fokussiert habe.
Sogar als ich Blicke von Granit auf mir gespürt habe, habe ich dieser Person keine Aufmerksamkeit geschenkt. Ich weiß ja nicht einmal ob ich mir das nur eingebildet habe aber irgendwie sagt mir mein Bauchgefühl, dass er das war. Vielleicht kam es auch nur mir so vor und mich hat womöglich keiner angeguckt. „Alles gut, Spresa?" Die Stimme von Rilind ziemlich nah an meinem Gesicht, lässt mich in sein Gesicht blicken. Seine plötzliche Frage habe ich nicht erwartet und blicke ihm direkt in die Augen. Das wir uns so nah sein werden habe ich um ehrlich zu sein nicht kommen sehen. Er war wohl etwas vorgerückt und als ich mich auch noch zu ihm gedreht habe, hat sich die Distanz zwischen uns eben verringert.
Von seiner Frage hat Sibel wohl nichts mitbekommen, worüber ich ziemlich glücklich bin. Sie ist vertieft in ihr Handy, was ich einfach nur respektlos finde aber das muss sie selbst wissen. Ich würde das nicht machen, wenn ich mit meinen Kollegen essen bin. Wieso ich froh bin, dass sie nichts mitbekommen hat? Weil sie sonst zum 10. Mal heute die Augen verdreht hätte und mir so langsam aber sicher den letzten Nerv damit rauben würde.
Auch wenn das hier kein Geschäftsessen ist, finde ich es unpassend in einem Restaurant neben meinen Kollegen das Handy auszupacken und meine ganze Aufmerksamkeit darin zu investieren. Zu meinem Pech hat Granit die Frage mitbekommen und vom Seitenwinkel spüre ich seinen Blick aber zwinge mich ihn nicht anzuschauen. Selbst wenn es ein kurzer Blickkontakt wäre, wäre es seltsam, das Gespräch mit Rilind auf die Art und Weise zu stoppen oder in dem Fall zu pausieren. Auch wenn mir Rilind zu nah ist, weiche ich nicht zurück und lächle ihn an. Das er nach meinem Wohlbefinden fragt, tut mir um ehrlich zu sein gut. Er gibt mir das Gefühl, dass ich wichtig bin und behandelt mich keineswegs wie Luft. Die Erfahrungen durfte ich ja bereits machen.. leider.
„Alles gut.", versichere ich ihm und schließe kurz die Augen um meine Antwort somit zu unterstreichen. Sein darauf folgendes Lächeln, zeigt mir das ihn meine Antwort zufrieden gestellt hat. Erst als wir uns wieder unseren Tellern widmen, erlaube ich mir für einen ganz kurzen Moment in die Augen von Granit zu gucken und sehe wie sie gleichgültig in meine blicken. Seine Blicke machen mich so nervös, weshalb ich weggucke und dem Kellner sehr dankbar bin, der gerade unsere Getränke auffüllt. Die Nudeln waren zwar sehr lecker aber mein Durst konnte durch ein Glas Wasser nicht gestillt werden.
„Das ist Wein, Spresa.", höre ich Rilinds Stimme und reagiere sofort. „Für mich bitte nur Wasser.", bitte ich den jungen Kellner, der mir lächelnd zunickt. Noch mal gut gegangen! Rilind hat sich allen Ernstes daran erinnert.. wow. Ich hatte nur einmal erwähnt, dass ich Alkohol nicht gut vertrage und drauf verzichte, weil ich sonst viel zu offen bin und Blödsinn anstelle. Den genauen Grund weiß er natürlich nicht. Ihm ist nur bewusst, dass ich es nicht vertrage und das war es auch. Mehr muss er oder ein anderer nicht wissen.
Dankend blicke ich ihn an, was er mit einem Nicken annimmt und von seinem Wein trinkt. Das Event ist erst morgen Abend also wäre es nicht einmal schlimm etwas zu trinken aber bei mir endet sowas nie gut. Außerdem bin ich mit meinen Kollegen da und nicht mit Erijon oder Nejla. Das wäre wahrscheinlich etwas anderes.
„Und wieso wolltest du jetzt kein Wein? Verträgst du denn gar nichts?", höre ich plötzlich die viel zu hohe Stimme von Sibel und verdrehe innerlich die Augen. Die Laune ist eindeutig gesunken und wenn meine männlichen Kollegen nicht dumm sind, dann müsste ihnen ja wohl klar sein, dass sie gerade versucht mich anzugreifen. Wäre Nejla hier würde sie ihr sofort einen Spruch rein drücken aber ob sie es Wert ist weiß ich nicht. Dennoch sammle ich mich ruhig und sehe ihr direkt in die Augen womit sie anscheinend nicht gerechnet hat.
Entweder sagst du jetzt etwas oder lässt es komplett sein Spresa.
Ich weiß zwar nicht was meine Augen gerade sagen aber das ich amüsiert bin und sie nicht Ernst nehmen kann steht fest. Im Ernst? So will sie mich angreifen? Indem sie verdeutlicht, wie absurd sie es findet, dass ich jetzt kein Alkohol trinke. Und was genau soll ihr das bringen? Denkt sie etwa, dass wir auf Studentenpartys sind und sie sich somit beweisen kann oder muss? Bei ihr kann ich mir sogar vorstellen, dass sie sich gezwungen fühlt. Dieser Drang im Mittelpunkt zu stehen ist bei Sibel nämlich verdammt groß. Oh Gott, das ist so lächerlich. „Lass das mal meine Sorge sein.", gebe ich kurz und knapp von mir und höre nur noch ein abruptes Husten von meiner rechten.
Schockiert schaue ich zu Rilind, der kurz hustet und sich versucht ein Lachen zu verkneifen. Ich habs gesehen. Er hat versucht sein Grinsen zu unterdrücken. „Alles okey?", klopfe ich ihm schnell auf den Rücken und fasse ihn somit zum ersten Mal an. Das war echt nicht beabsichtigt aber ich wollte ihn ungerne sterben lassen. Ich hoffe er denkt nicht falsch von mir. Einige Männer meinen nämlich bei der kleinsten Berührung etwas intimes ausmachen zu müssen und das war ganz bestimmt nicht mein Ziel.
Schnell kriegt er sich ein und hebt seinen Daumen in die Höhe. „Alles bestens.", bestätigt er letzen Endes. Mein Blick schweift kurz zu meinem Gegenüber und ich sehe wie er seine Arme verschränkt hat und lässig auf seinem Stuhl sitzt. Sibel hingegen scheint etwas verkrampft zu sein und hat anscheinend nicht mit meiner Antwort gerechnet. 1:0 für mich würde ich doch sagen du Plastikpuppe.
{ Kapitel Fünfzehn ist online }
Diesmal ein etwas kürzeres Kapitel.
Was haltet ihr von dem Kapitel?
Vergisst bitte nicht bei den Abschnitten zu kommentieren.
Teilt eure Vermutung mit mir. Was denkt ihr, wie es weiter geht.
Hattet ihr eine Lieblingsstelle??
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