„Auch wenn du denkst, ich könnte einen Schönheitseingriff gut gebrauchen...
{ Kapitel Neun }
Sicht von Granit
Nach dem unendlich langen Meeting möchte ich ins Büro gehen aber werde von meinem Onkel aufgehalten. Alter ich bin verdammt nochmal erschöpft! Mein Schädel dröhnt schon und um ehrlich zu sein will ich nur noch eine Schmerztablette einnehmen und mich kurz ausruhen. Etwas demotiviert knöpfe ich die ersten zwei Knöpfe meines Hemdes auf und falte auch die Ärmel hoch ehe ich einen Blick auf meine Uhr werfe. Wir haben bald 19 Uhr und wir sind immer noch im Büro. So eine Scheiße! Seit der Dienstreise habe ich das Gefühl, dass wir noch mehr als sonst arbeiten. Gefühlt tausende Verträge, Meetings und als würde das nicht reichen spiele ich noch die Vertretung für Spresa. Rilind als auch ich übernehmen einige ihrer Tätigkeiten. Keine Ahnung wo sie seit dreieinhalb Wochen ist. Kein einziges Mal habe ich sie zu Gesicht bekommen. Ob Rilind weiß wo sie steckt? Womöglich hat er da mehr Ahnung als ich. Ich habe meinen Onkel gefragt und es hieß nur, dass sie kommen wird. Bestimmt hat er es aus Privatsphäregründen nicht gesagt. Meinetwegen.. kann mir halt ziemlich egal sein.
Onkel möchte mit mir in seinem Büro sprechen, weshalb ich ihm folge und platz nehme. „Deine Präsentation war fehlerfrei mein Sohn. Ich bin stolz auf dich! Der Kunde hat die Zusammenarbeit bestätigt.", meint er und sieht mir tief in die Augen. Das macht er immer wenn er stolz ist. Außer mich zu bedanken, fällt mir nichts ein. Es ist nun mal meine Arbeit und ich wurde von ihm ausgebildet. Kurz gesagt hatte ich den besten Ausbilder. Wir unterhalten uns noch etwas über den Partner, der uns bald des öfteren besuchen wird und erheben uns anschließend von unseren Plätzen. Eigentlich möchte ich jetzt nur noch nach Hause aber mein Onkel sieht es wohl anders. Er möchte, dass ich ihm hinterher fahre aber wohin es geht, weiß ich nicht.
Nach einer zwanzig - minütigen Fahrt halten wir vor einer Klinik an. Eine Klinik? Was zum..? Ist irgend etwas schlimmes passiert? Nach dem Parken steige ich sofort aus und frage meinen Onkel, ob alles mit der Familie stimmt und bekomme ein sanftes Nicken von ihm. „Mit der Familie stimmt alles mein Sohn." „Wieso sind wir dann hier Onkel?", will ich weiterhin irritiert wissen. Er läuft rein, was ich ihm gezwungenermaßen nachtue. Wieso antwortet er einfach nie direkt auf die Fragen?
An der Rezeption hält er nicht einmal an und steigt in den Aufzug ehe er auf die vierte Etage drückt. Zu wem gehen wir bitte um fast... 20 Uhr? Sind die Besucherzeiten nicht schon rum um die Uhrzeit? „Eigentlich wollte ich schon vor drei Tagen kommen als ich erfahren habe, dass sie notoperiert wurde. Ich durfte aber nicht. Keiner durfte sie besuchen, weil sie viel Ruhe gebraucht hat." Wen meint er!? Wer ist sie? Wer zur Hölle musste notoperiert werden? Ich verstehe gar nichts! Es bringt aber nichts meinen Onkel mehrmals zu fragen. Er weiß, dass meine Fragen beantwortet werden, sobald wir im Zimmer dieser Person ankommen, weshalb ich ihm nur noch folge und meinen Augen nicht trauen kann als wir aus dem Aufzug aussteigen und in das Zimmer der Person treten.
Ach du scheiße! Spresa? Spresa wurde notoperiert? Ich sehe doch falsch, oder? Okay, nein. Spresa sitzt wirklich auf dem Bett und schaut auf ihr Handy bis sie uns bemerkt und etwas überfordert lächelt. Wieso wurde sie notoperiert? „Ich hoffe wir stören nicht?", fragt er sie, worauf sie schnell den Kopf schüttelt. „Nein, kommt bitte rein. Mir ist sowieso langweilig alleine.", spricht sie ruhig. Kommt.. sie hat kommt statt komm gesagt. Also ruft sie uns beide rein.
Was hat sie? Wieso befindet sie sich im Krankenhaus? Spresa wurde notoperiert? Ich brauche Antworten, weshalb ich meinem Onkel folge und den Raum nun vollständig betrete. Es ist ein etwas anderes Zimmer. Sie hat hier alles mögliche, statt nur ein Bett und ein Schrank wie üblich. Neben dem Bett befindet sich ein Sessel auf dem man sogar schlafen könnte. Auch gibt es andere Sitzmöglichkeiten, falls mehr Personen kommen sollten. Ein Schrank steht seitlich von einer weißen Tür, welches anscheinend das Bad sein soll. Einige Pflanzen an den Fensterbänken sind ebenfalls vorzufinden. Es ist geräumig und engt einen nicht unbedingt ein.
Meine Augen landen wieder auf ihr. Onkel und ich haben Platz genommen und bekommen ein Lächeln von ihr. Ja genau. Auch mich lächelt sie kurz an, was mich um ehrlich zu sein etwas schockiert. Trotzdem wendet sie ihren Blick relativ schnell ab. „Wie geht's dir meine Tochter?", will er wissen und nimmt ihre zierliche Hand in seine auf der ein großes Pflaster zu sehen ist. Nach dieser Frage senkt sie ihren Blick für einen Moment ehe sie ihm wieder in die Augen blickt. Mein Onkel und Spresa haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Nicht umsonst nennt er sie meine Tochter.
Ich weiß nicht wieso aber ich kann meinen Blick nicht von ihr abwenden. Ungewollt studiere ich ihr Aussehen. Sie ist auf jeden Fall ungeschminkt. Was denn auch sonst im Krankenhaus nach einer Not OP? Ihre Haare sind offen und fallen ihr über die freien Schultern. Ihr Körper ist mit einer einfachen Jogginghose in schwarz und einem Spaghettitop in weiß bedeckt. Da sie auf dem Bett sitzt, sieht man, dass sie Air Force trägt. Wollte sie vielleicht aus dem Zimmer und wir haben sie gestört?
Das kann ja gut sein.
„Ich weiß nicht so ganz Herr Musa. Ich schätze es geht.", höre ich sie leise und voller Ruhe sprechen. Irgendwie wirkt sie so als wäre sie in Gedanken versunken. „Und schon wieder dieses Herr Musa.", schüttelt mein Onkel amüsiert den Kopf, weshalb sie schmunzelnd auf ihre schmalen Finger blickt. Allein schon, dass sie in meiner Gegenwart schmunzelt, ist ein Weltwunder. So eine Mimik sehe ich zum ersten Mal bei ihr. Sonst ist es immer ein monotoner oder genervter Blick, den sie mir schenkt. Ihr Lächeln ist mir nicht ganz fremd, da sie Geschäftspartner oder eben meinen Onkel oft anlächelt. „Nenn mich Besim. Wie oft denn noch?" „Ich versuche es.", murmelt sie und sieht ihm lächelnd in die Augen. Seit wann hat die kleine bitte Grübchen? Eigentlich sollte ich mich vollkommen Fehl am Platz fühlen aber ich tue es nicht. Das man mir nicht sonderlich viel Beachtung schenkt ist nicht schlimm. Außerdem sind sie nun mal am Sprechen. Da störe ich ungern. Ich hasse es auch wenn man unterbrochen wird also tue ich es auch nicht.
Das Handy meines Onkels ertönt nach kurzer Zeit und vorsichtig löst er seine Hand aus ihrer, welche sie auf ihre Rippen legt und kurz ausatmet. Ihre Hand wandert weiter auf ihren Magenbereich und bleibt auch dort. Für einen kurzen Moment streicht sie sich sanft über das Top und hört wieder auf. Hat sie etwa Schmerzen? Wurde sie da operiert oder wo anders? Ich sehe ja nicht mal etwas woran ich festhalten könnte um einen Entschluss zu ziehen..
Onkel gibt uns Bescheid und geht raus um zu telefonieren. Innerhalb weniger Sekunden sind wir alleine in dem Raum. Ich kann deutlich spüren, dass es unangenehm für sie ist aber dagegen kann ich nichts tun, weil es auch mir unangenehm wird. Wann war ich denn schon bitte mit Spresa in so einer Situation? Richtig! Gar nicht.. „Gute Besserung.", wünsche ich ihr, weil es sich so gehört und versuche ihre Blicke zu fangen. Ihr gesenkter Kopf erhebt sich und ein leises Dankeschön haucht sie mir entgegen. Kurz danach presst sie ihre vollen Lippen aufeinander und versucht wohl dieser seltsamen Lage aus dem Weg zu gehen.
Meine momentane Neugier ist wie Folter.
Ich möchte wissen, wieso sie hier ist aber bevor ich überhaupt fragen kann, geht die Tür auf und ein Arzthelfer ungefähr in unserem Alter kommt in den Raum. Der Typ hat kurz geschnittene Haare und trägt typische Klamotten, die man in so einer Klinik nun mal trägt. Er nickt mir freundlich zu was ich ebenfalls tue und wendet sich an meine Arbeitskollegin, die ihn anlächelt. „Es wird Zeit für deinen Spaziergang liebe Spresa. Wie ich sehe bist du schon angezogen. Wenn du magst, kann ich dich begleiten oder dein Freund tut es.", schlägt er nickend vor und mit nur einem Mal vergeht ihr ehrliches Lächeln und mit riesigen Augen sieht sie kurz zu mir. Freund? Spaziergang?
Auch Onkel betretet wieder den Raum und begrüßt den Arzthelfer. Er denkt, ich sei ihr Freund? Um Gottes Willen, niemals! Spresas Räuspern ist deutlich zu hören. „Oder möchtest du nicht spazieren? Du weißt, es ist wichtig kurz vor dem Schlafen gehen die Beine zu vertreten.", schmunzelt er und blickt zu ihr. Meine Kollegin ist wohl immernoch baff, weil er denkt wir wären ein Paar. Ich kann deutlich sehen wie sie schluckt und versucht aufzustehen.
Wann habe ich Spresa so kraftlos gesehen? Ich glaub' noch nie. Der Arzthelfer reagiert sofort und eilt ans Bett. Etwas beschämt legt sie ihre Hände in seine und bedankt sich leise fürs Helfen. Wieso geniert sie sich in seiner Gegenwart? Es ist sein Job und er hilft ihr nun mal. Mein Onkel nickt mir zu was ich aber nicht verstehe. Fragend sehe ich ihn an.
Onkel:„Granit du kannst sie ja begleiten und dann wieder ins Zimmer bringen. Ich muss mich jetzt leider von euch verabschieden. Deine Tante ruft.", grinst er breit und will mich wohl verarschen. Sein scheiß Ernst!? Wieso soll ich bitte mit Spresa spazieren? Als hätte ich nichts besseres zu tun. Ohne mir weitere Beachtung zu schenken, tretet er näher an Spresa und zieht sie plötzlich in seine Arme. Man kann ihr ansehen, dass sie überrumpelt ist. Hat sie gerade für eine Sekunde ihr Gesicht qualvoll verzogen? Ihre Schmerzen machen es ihr wohl ziemlich zu schaffen. Aber was für Schmerzen hat sie denn genau? Woher kommen sie? Die Umarmung hat sie wohl aus der Bahn geworfen aber trotzdem lächelt sie und legt ihre Hände kurz auf seinen Rücken. Zwar zögerlich aber immerhin. Mein Onkel ist nun mal ein Mann voller Überraschungen. Ich hätte um ehrlich zu sein nicht gedacht, dass er sie umarmt, weil er das bei den Angestellten in der Regel nicht macht aber siehe da.. kann also doch mal vorkommen. Er klopft mir noch einmal auf die Schulter und wünscht dem Arzthelfer, der immer noch im Raum ist, gutes Schaffen.
Nun sind wir zu dritt in ihrem Zimmer und sehen uns an als wären wir Aliens oderso. Alter wieso ist mein Onkel so? Ich kriege noch die Krise. Ist gut! Ich tue es einfach. Kann ja wohl nicht schief gehen, oder? Arzthelfer:„Also? Wie siehts aus?", grinst er sie an, weshalb sie lächelnd den Kopf schüttelt. Huh, was ist jetzt? „Ich geh' später alleine." Denkt die im Ernst, dass ich das nicht checke? Sie macht das wegen mir. Mein Onkel hat uns in eine verdammt seltsame Lage hineingeritten. Danke dafür. Jetzt fühle ich mich wirklich Fehl am Platz.
Sicht von Spresa
Etwas überfordert möchte ich dem jungen Arzthelfer klar machen, dass ich später alleine rausgehen werde aber er schüttelt entschuldigend den Kopf. Hä wieso das denn jetzt? „Deine Betäubung lässt in ungefähr einer Stunde nach. Dann müsstest du schon im Bett sein.", erklärt er mir. Innerlich verdrehe ich schon die Augen aber lasse mir nichts anmerken. Na super! Das hat mir auch noch gefehlt. Besim Musa hat mich mit seinem Besuch echt überrumpelt. Das war wirklich unerwartet. Noch überraschender ist, dass er ebenfalls gekommen ist, wobei ich mir schon denken kann, dass es die Idee von seinem Onkel war. Als er mich beim Anklopfen gesehen hat, konnte ich in seinen Augen die Verwirrung sehen. Natürlich ist nichts verwerfliches daran. Ich wäre ebenso irritiert, wenn er nach der abgebrochenen Dienstreise fast vier Wochen nicht aufzufinden ist und ich ihn plötzlich im Krankenhaus vorfinde.
Von Rilind habe ich erfahren, dass beide einige meiner Tätigkeiten, während meiner Abwesenheit übernehmen. Ich weiß gar nicht wie oft ich mich bei Rilind bedankt habe. Auch als er gestern hier war. Tatsächlich! Er war hier und hat mich besucht. Ich habe es nicht verheimlicht, nachdem er mich gefragt hat, was ich denn nun habe und ob es mir gut geht.. Wieso sollte ich auch? Außerdem habe ich gemerkt, dass mir die Kommunikation mit ihm gut tut. Seit der Dienstreise ist vielleicht ein Monat vergangen und womöglich kennen wir uns nicht all zu lange aber irgendwie fühlt sich das gar nicht so an. Es ist so als würden wir uns schon seit einer Ewigkeit kennen.
Ein Seufzen kann ich mir nicht verkneifen und nicke ergeben. Vorsichtig kontrolliere ich meinen Hinterkopf, ob noch nasse Strähnen vorhanden sind aber ein Glück ist das nicht der Fall. Erijon war heute Morgen da und hat sich tausend Mal beschwert, dass er mich die ersten drei Tage nicht besuchen durfte. Lediglich eine Tasche, die mir Nejla gepackt hat, durfte er abgeben und musste auch wieder gehen. Die unzähligen Küsse die er mir auf meine Schläfe gedrückt hatte, waren so beruhigend und wohltuend. Erijon ist wirklich der einzige Mann dessen Nähe ich liebe. Er tut mir gut und in seinen Armen fühle ich mich geborgen. Mir gefällt die Wärme die ich von ihm bekomme.
Nejla war heute Nachmittag da und durfte mir beim Duschen helfen. Noch einen Tag ungeduscht hätte ich nicht aushalten können. Aber jetzt bin ich schön sauber und nur das zählt. Ich bestehe nun mal auf meine tägliche Dusche aber aufgrund der Not OP war das nicht möglich. Und jetzt stehe ich hier. Mitten im Raum, mit dem überfreundlichen Arzthelfer und meinem unerwarteten Besuch. Irgendwie kann ich das immer noch nicht realisieren. Granit ist hier. Bei mir im Krankenhaus. Ich weiß gar nicht, ob er weiß wieso ich hier liege aber bestimmt interessiert ihn das gar nicht. Das kenne ich bereits von ihm. Seit Jahren herrscht eine Desinteresse bei ihm mir gegenüber, was ich ihm aber nicht übel nehme. Wieso sollte ich auch? Er hat höchstwahrscheinlich besseres zu tun.
Dennoch bin ich dankbar, dass er gekommen ist. Egal ob es seine Idee war oder nicht, was sowieso nicht der Fall war aber so langsam wünsche ich mir sogar, dass er geht. Denn wenn ich wirklich zu spät spazieren gehe, lässt die Betäubung umso schneller nach und meine Nacht läuft so schlimm wie die zweite Nacht. Meine Worte, dass ich später alleine raus gehen werde, nehmen beide Männer im Raum mit einem Kopfschütteln an. Oder besser gesagt lehnen es ab. Was denn? Ich hab doch nichts falsches gesagt. Man darf ja wohl noch entscheiden, wann man raus geht. Und wieso reagiert bitte Granit so?
Seinen Senf kann er für sich behalten.
„Willst du dir nichts drüber ziehen? Es ist etwas frisch draußen.", meint der Arzthelfer, Namens Sven, lächelnd aber ich schüttle den Kopf. Mein Top reicht schon. Ich habe schon wieder meine Hitzewellen. Eine Weste kann ich nicht gebrauchen. Etwas kritisch nickt er und fragt mich, ob ich mich bei ihm einhaken möchte aber ich verneine es dankend. Was ist jetzt eigentlich mit Granit? Ich fühle mich schlecht, wenn er hier alleine bleibt. Wir wissen doch beide, dass die seltsame Situation wegen seinem Onkel, unserem Geschäftsführer, zustande gekommen ist. Oh man. Ein und ausatmen Spres'. Es kostet mich zwar eine Riesen Überwindung gerade aber ich werde es tun! Ich bin doch nicht unhöflich und lasse ihn hier alleine. Seine Augen liegen überraschender Weise schon auf mir, weshalb ich etwas verlegen werde.
Müssen sich meine Schultern jedes mal etwas anheben wenn ich mich schäme? Das nervt total! Ich kann nichts dafür. In seiner Gegenwart bin ich eben nicht nur genervt oder traurig. Auch ziere ich mich und sehne mich nach seinen honigbraunen Augen. Bis ich mir das selbst gestehen konnte, hat es zwar gedauert aber immerhin habe ich es eingesehen. Das keine andere Menschenseele davon weiß tut nichts zur Sache.
„Möchtest du vielleicht mit mir raus?" Oh man! Das war schwer. Wirklich. Meine Finger habe ich ineinander geknotet und irgendwie bin ich innerhalb weniger Sekunden noch schüchterner geworden, falls das überhaupt möglich ist. Angestrengt versuche ich den Blickkontakt aufrechtzuerhalten und atme innerlich erleichtert aus als er nickt. „Hatte ich sowieso vor.", schließt er langsam die Augen um sie wieder aufzumachen. Hatte er sowieso vor? Darauf kann ich nichts antworten, weshalb ich schlicht nicke und zu Sven blicke, der uns ein Lächeln schenkt. Er denkt im Ernst Granit ist mein Freund. Das ist einfach nur peinlich. Und ich bin so blöd und habe es nicht verneinen können, weil ich wie erstarrt war. Herzlichen Glückwunsch Spresa. Du hast es wieder einmal geschafft. Wann kriege ich eigentlich meinen Pokal fürs peinlich sein? Ich warte schon drauf.
„Wie lange sollen wir raus?", fragt er Sven statt mich und irgendwie stört es mich nicht einmal, weil ich den Moment nutze um mich zu sammeln. Sein Ton klingt neutral. Weder erfreut noch genervt. Das ist doch schon mal gut, oder? Mein Handy nehme ich nicht mit. Solange kann es ja laden. Sven:„Ungefähr nh halbe Stunde.
Frische Luft tut bestimmt gut aber sobald ihr kalt wird, soll sie bitte wieder rein."
Nach diesem Satz blickt er mich eindringlich an, weshalb ich nur nicke und Richtung Tür laufe. Im Flur angekommen, verabschiedet sich Sven und Granit blickt mich wieder an. Irgendwie ist mir das unangenehm aber irgendwie mag ich seine Blicke auf mir. Das ist so merkwürdig. Ich kann das nicht verstehen.
Schweigend laufen wir den Gang entlang bis ich kurz stehen bleiben muss, da es doch etwas anstrengend ist. Für einen Moment ist mir schwindelig, weshalb ich meine freie Hand an die Wand lege, da meine andere Hand auf meinem Magen ruht. Als ich seine Präsenz aus dem nichts dicht vor mir spüre, schießt mein Kopf in die Höhe. Kritisch mustert er mich und fragt was ich habe. „Wenn dir schwindelig ist musst du das nur sagen.", spricht er in einem rauen Ton. Das sein Arm sich plötzlich um meine Taille schlingt lässt mich stark schlucken. Sowas passiert zum ersten Mal! „Mir war nur kurz schwindelig. Es geht wieder.", versuche ich mit fester Stimme zu sagen aber irgendwie ist es nur ein Murmeln. Er stützt mich tatsächlich den Gang entlang und lässt mir Zeit meine Schritte zu machen. Ich muss zugeben, dass ich innerlich etwas hibbelig werde, weil mir sein Duft den letzten Nerv raubt.
Schweigend laufen wir den restlichen Gang entlang bis die Kälte wortwörtlich gegen meine Haut schlägt. Seinen Arm hat er von meiner Taille genommen und läuft neben mir her. Ach du scheiße, ist es kalt! Schluckend versuche ich mich drauf zu konzentrieren und gewöhne mich nur teilweise dran. Nur eine halbe Stunde und dann bin ich wieder unter der Decke.
Die Stille bedrückt mich etwas als wir nebeneinander laufen aber nichts sagen, weshalb ich kurz stehen bleibe. Er merkt es sofort und blickt zu mir runter. Blöder Riese! Rede doch mit mir. Das einzige was mir einfällt um eine Konversation anzufangen ist es, mich zu bedanken. Aber von ihm kommt nichts. Von seiner Brust wandern meine Augen hoch zu seinen Augen. Jetzt sag doch endlich etwas! „Wofür?" Seine raue Stimme so plötzlich zu hören, sorgt für eine Gänsehaut, weshalb ich etwas die Arme verschränke.
Sicht von Granit
Wieso bedankt sie sich jetzt? Spresa bedankt sich doch nie bei mir. Außer es geht um eine dringende Unterschrift wegen einem Vertrag oder so etwas in der Art.
„Dafür, dass du mit mir spazieren gehst. Die ersten Tage durfte mich keiner besuchen. Es war echt langweilig alleine.", erzählt sie plötzlich und ist anscheinend in ihren Gedanken versunken. Ihr Blick wirkt eher trüb. Sie hat während des Sprechens einen Punkt fokussiert und merkt es anscheinend nicht einmal. So langsam begeben wir uns auf eine Bank und nehmen Platz. „Aber gestern ist zum Glück Rilind gekommen. Eigentlich durfte ich keine Besucher annehmen aber die Ärzte haben ein Auge zugedrückt. Somit war er mein erster Besuch und ich war echt dankbar, dass er gekommen ist." Rilind? Unser Arbeitskollege Rilind? Natürlich meint sie ihn. Wieso sollte sie mir etwas über einen anderen Rilind erzählen, den ich nicht kenne? Sowas macht die kleine nicht. Trotzdem muss ich meine Neugier irgendwie stillen und frage sie ob sie Rilind Kasumi - unseren Arbeitskollegen - meint. Mit meiner Frage habe ich ihre ganze Aufmerksamkeit gewonnen. Ihr Oberkörper dreht sich zu mir und mit einem ehrlichen Lächeln nickt sie. „Ja genau, ich meine Rilind Kasumi.", haucht sie und sieht wieder auf ihre schmalen Finger.
„Spresa wieso bist du hier? Wieso wurdest du notoperiert?"
Die Fragen konnte ich nicht mehr für mich behalten. Es liegt in meiner Natur. Ich bin ein neugieriger Mann. Zwar sind mir viele Dinge verdammt egal aber trotzdem muss meine Neugier gestillt werden. Spresas Augen liegen wieder auf mir. Sie glänzen nicht mehr wie davor als sie von Rilind gesprochen hat. Nein. Stattdessen blickt sie mich so leer an. Ihre Augen sehen schon sogar trüber aus als davor. Was wohl jetzt kommt? Lebensmittelvergiftung? Magen - Darm oder so'n Scheiß? Wieso braucht sie überhaupt so lange um eine Antwort zu geben. Ist doch nicht so schwer, oder?
„Weißt du noch als wir im Zimmer von deinem Onkel waren und er uns mitgeteilt hat, dass wir eine Dienstreise machen müssen?" Ich möchte nicken aber sie wartet gar nicht drauf. Stattdessen spricht sie weiter und macht mich für einen Moment baff.
Ausschnitt aus Kapitel 1
G:„Eingriff? Schönheits - Eingriffe schaden nie." Seine Mimik ist provokant. Wow... Schönheits Eingriffe schaden nie..
Mit Mühe gelingt es mir keine Träne zu verlieren.
Ausschnitt zu Ende
„Auch wenn du der Meinung bist, ich könnte einen Schönheitseingriff gut gebrauchen...
Granit es war eine Not OP, weil mein Blinddarm fast geplatzt ist. Ich wäre fast tot." Tot. Sie.. was? Fast tot. Ihre Worte wiederholen sich in meinem Kopf. Ach du scheiße. Blinddarm. Not OP. Fast tot? Spresa wäre beinahe gestorben? Sie hat es wirklich geschafft mich mundtot zu machen. Aber Moment mal? Wieso spricht sie das mit dem Schönheitseingriff an? War sie deswegen wirklich eingeschnappt? Als ob.. Das war doch nicht einmal ernst gemeint. Klar sieht.. oder besser gesagt sah sie an diesem Tag für mich langweilig aus aber trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass sie sich das so sehr zu Herzen nimmt. Ich hatte mir lediglich einen Witz erlaubt. Mehr nicht.
„Mal abgesehen davon habe ich Zysten oberhalb meiner Rippe. Die Schmerzen waren und sind bis heute unerträglich. Meiner Op stand eigentlich nichts mehr im Wege. Ich hatte sogar einen Op Termin bekommen aber als wir auf der Dienstreise waren habe ich mitbekommen, dass mein Arzt - eine Person die ich über Jahre kenne Granit, - eine Person die mich kannte seitdem ich 7 bin.. Diese Person ist gestorben und da hatte ich eben keinen Nerv mehr fürs Arbeiten.
Du dachtest zwar ich hätte kein bock und hätte deinen Onkel irgendwie überredet damit er nicht länger drauf rumhackt aber so war das nicht Granit. Ich war einfach am Ende mit den Nerven aber du hast wieder einmal einen Entschluss gezogen ohne den Hintergrund zu wissen."
{ Kapitel Neun ist online }
Würde mich sehr über eure Gedankengänge freuen.
Danke an jeden der mich supportet❤️
Die Geschichte wird überarbeitet.
Sprich: Es kann sein, dass ich einige Abschnitte ändere und vieles hinzufüge.
Das Lesen lohnt sich
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