8. Way down we go (Luné P.O.V)

"It isn't possible to love and part. You will wish that it was. You can transmute love, ignore it, muddle it, but you can never pull it out of you. I know by experience that the poets are right: love is eternal."

-E.M. Forster

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Way down we go

Luné-Marie Rosendorn P.O.V

Es war Oktober, als Janus Greengrass dem Orden des Phönix beitrat. Sie sahen ein weiteres Mitglied der alten Familien auf ihrer Seite, ich sah ihn auf meiner.

"Er will also tatsächlich heute kommen?", fragte mich Rubina, während wir nebeneinander durch London liefen. Die Straßen waren gefüllt mit Frauen und Männern, die alle geschäftig ihrer Wege gingen. Über ihren Köpfen erwärmte die Herbstsonne die Luft.

"Wir treffen ihm beim Ministerium." Ich reckte mein Gesicht nach oben. Den ganzen Tag über war ich von einem Termin zum nächsten geeilt, nur um dann wieder in dunklen Räumen eingesperrt zu sein. Fudge hatte mir einen Auror zu meinem Schutz angeboten und ich hatte Rubina mitgenommen.

"Das wird komisch." Sie trug einen dunklen Hosenanzug, mit dem sie ohne Probleme eine weitere Muggelfrau auf dem Weg Nachhause sein konnte.

"Das ist mir bewusst." Schwach lächelte ich. "Bisher versuche ich genau den Gedanken noch zu verdrängen."

"Wissen sie voneinander, Luné?" Wir gingen um eine Ecke und hielten dann an einer Ampel. Ohne Rubina wäre ich im Muggel London hoffnungslos verloren gewesen.

Wobei ich mir sicher war, auch so keinen guten Job in Muggelkleidung zu machen.

"Um ehrlich zu sein weiß ich es nicht." Mit einem Seufzen hob ich die Schultern, bevor ich mich wieder in Bewegung setzte. "Womöglich hat Sirius irgendetwas gehört, vielleicht ahnt Janus es."

"Janus scheint alles zu ahnen." Rubina warf einem Mann, der sich nach ihr umdrehte, ein Lächeln zu. "Am Anfang fand ich das gruselig."

"Du findest es immer noch gruselig." Bevor Janus und ich Berater des Ministers geworden waren, hatte er zwei Jahre in Rubinas Abteilung gearbeitet.

"Nur manchmal. Er sagt so wenig und sieht einen immer nur an-"

"Und dann kann er plötzlich genau sagen, was dir durch den Kopf geht.", erwiderte ich lachend. "Ich glaube, er weiß gar nicht, dass das nicht jeder so macht."

"Nun-" Sie zwinkerte mir zu. "-ich kenne ihn länger als du und ich kann dir sagen, dass er das für normal hält."

"Aber ich wüsste nicht, woher er dieses Mal etwas ahnen sollte." Nur ungern kam ich wieder auf das Thema zurück. Es war einfach mit Rubina wie früher zu lachen.

"Hat er dich nie gefragt?"

Ich schüttelte den Kopf. "Er scheint Emma einfach so akzeptiert zu haben."

"So wie du manche Sachen auch einfach akzeptiertest?"

"Vermutlich."

"Trotzdem..., dass er nie hinterfragt hat, wer ihr Vater ist..."

"Womöglich erfährt er es auch gar nicht." Unser Treffpunkt mit Janus war bereits in Sichtweite und ich verschränkte die Arme. "Zwar kann ich Sirius nicht mehr wirklich einschätzen, aber wenn er nichts sagt..."

"Mein Gott, Luné." Ruby drehte sich komplett zu mir und hielt an. Die Situation war unangenehm vertraut. "Ich weiß nicht, ob du deine Tochter nie ansiehst, oder ob du die Ähnlichkeit einfach nicht sehen willst. Wenn er Sirius ansieht, wenn er sieht wie Sirius sich gibt, wie er versucht um jeden Preis mit dem Kopf durch die Wand zu rennen...ganz zu schweigen von dem Aussehen."

"Das muss nichts heißen."

"Wir werden sehen." Ruby seufzte und für einen Moment hatte ich das Gefühl, sie wolle mich umarmen. So wie früher.

Erneut setzten wir uns in Bewegung und beide schwiegen wir. Meine Gedanken kreisten um die beiden Männer und ich versuchte nur an Janus zu denken. Doch ich konnte mir jedes einzelne Treffen mit Sirius in den letzten Monaten ins Gedächtnis rufen. Die Art wie er mich angesehen hatte, wie er mich aus dem Takt gebracht hatte, wie ich plötzlich nichts mehr zu wissen schien.

"Wir haben ein Problem."

"Bitte?" Ich sah zu Ruby, die ihrerseits konzentriert in ein Schaufenster an unserer Seite starrte. Erst nahm ich an, dass sie die Muggelkleider betrachtete, aber dann fiel mir ebenfalls eine Gestalt hinter uns auf. Es war ein Mann und sein Blick war starr auf unsere Rücke gerichtet.

"Seit wann?"

"Mindestens zehn Minuten, vielleicht länger."

"Und was-"

Ruby ließ mir keine Zeit, sondern packte meinen Arm und zog mich in eine Seitenstraße. Hier waren weniger Menschen als auf der Hauptstraße unterwegs und nach mehreren Hintertüren zog Ruby mich erneut um eine Ecke.

Nun waren wir in einer Gasse, die mit Mülltonnen vollgestellt war und nebeneinander drückten wir uns in die Schatten.

"Wie gut, dass ich eine Aurorin dabeihabe.", murmelte ich und ließ meinen Zauberstab aus dem Ärmel in meine Hand gleiten.

"Nun, für irgendetwas muss ich ja die Ausbildung gemacht haben." Ruby hatte den Kopf zur Seitenstraße geneigt. "Auch wenn dir Moody etwas anderes erzählen würde."

Als Antwort grinste ich. Die ganze Situation fühlte sich surreal an.

Der hochschnellende Puls. Die Art, wie wir unsere Zauberstäbe gegen die Brust drückten. Obwohl mein Verstand mir sagte, dass unser Verfolger keine Chance gegen uns hatte, fragte ich mich trotzdem für einen Herzschlag lag, was man Emma sagen würde.

Dann erklangen schwere Schritte, die sich von den hastigen Schritten der Muggel unterschieden und bevor ich mir noch Zeit für einen Gedanken blieb, stellten wir uns dem Mann in den Weg.

Er hielt ebenfalls einen Zauberstab in der Hand und wie wir zögerte er nicht.

Ich schwang das dünne Holz, erschuf einen Schildzauber, schleuderte Flüche, blockte. Erleichtert stellte ich fest, dass mir das Gesicht des Mannes nicht vertraut war.

"Pass auf."

Ich hatte mich gerade unter einem Todesfluch hinweggeduckt, als Ruby mich zur Seite drückte. Der Zauberer nutze meine Unaufmerksamkeit und plötzlich war er so nahe, dass meine Schildzauber ihn nicht mehr aufhalten konnten. Aus seinem Stab kam ein Fluch und Schmerz explodierte in meinem Gesicht.

Schwankend stolperte ich nach hinten. Ich hörte wie Ruby fluchte und dann gab es einen Knall.

"Lulu." Rubys Hand hielt mich fest. "Wir müssen hier verschwinden."

Meine Sicht wurde langsam wieder klarer und ich drückte meinen Ärmel auf meinen rechten Kiefer. Schnell fühlte er sich durchnässt an.

"Wo ist er hin?"

"Irgendwo dahinten." Ruby nickte zu einem Haufen umgeworfener Mülltonnen. Dazwischen konnte ich gerade noch Stiefel erkennen.

"Kam er dir bekannt vor?"

"Nicht im Geringsten. Dir?"

Ich schüttelte den Kopf. "Lass uns Janus holen und abhauen."

"Das war mein Plan.", sagte Ruby mit einem Seufzen. "Mach deine Haare auf, dann fällt die Wunde nicht so auf."

Kurz wollte ich protestieren, aber dann öffnete ich meine Locken und Ruby schob sie mir über die Schultern. Ich spürte wie warmes Blut meinen Hals hinab und in meinen Mantelkragen lief.

"Deine Rückhand ist schlechter geworden." Nebeneinander eilten wir die Hauptstraße hinab und angesichts Rubys Kritik musste ich beinah lachen.

"Zum Glück hatte ich in den letzten Jahren nicht allzu viele Gelegenheiten sie zu trainieren."

"Solltest du aber." Sie hatte die Stirn gerunzelte und ich konnte sehen, wie sie den Zauberstab in ihrer Tasche umklammerte. "Du bist genauso eine Kämpferin wie wir alle."

"Ich weiß." Erneut drückte ich den Ärmel gegen meinen Hals. Der schwarze Stoff war bereits durchnässt.

Wir kamen an einem kleinen Platz heraus, der von ein paar schäbigen Häusern beschattet wurde. Nur wenige hielten sich hier auf und ich wusste, dass der Besuchereingang des Ministeriums ein paar Straße entfernt war.

"Dort ist er." Ich nickte zu einer Bank, auf der ein großer Mann im Anzug saß. Er war in eine Zeitung vertieft, die er über den Rand seiner Hornbrille studierte. Ohne Probleme ging er als ein gewöhnlicher Muggel durch. Schon immer hatte es Janus so viel besser verstanden einfach unterzugehen.

Erst als wir vor ihm standen, hob er den Blick. "Hallo." Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus und schon fühlte ich mich leichter.

Für einen Moment sahen wir uns stumm in die Augen. Beinah drei Wochen hatten wir uns nicht gesehen. Dann wanderte sein Blick über mein Gesicht und sein warmes Lächeln verschwand.

"Was ist passiert?"

Die Zeitung raschelte, als er sich erhob.

"Wir hatten einen Zwischenfall." Noch einmal drückte ich meinen Ärmel auf die Wunde. Der Schmerz war zu einem konstanten Pochen geworden. "Deshalb müssen wir weiter."

"Was ist passiert?" Sein Blick wurde unnachgiebig. Das passierte selten.

"Jemand hat uns verfolgt und wir haben ihn gestellt." Ich seufzte und hob die Schultern. Eine unangenehme Müdigkeit erfasste mich. Janus hatte nie kämpfen müssen.

"Und deshalb müssen wir auch wirklich weiter." Ruby warf mir einen Blick zu.

Ich drehte mich zu ihr, "Hast du ihn geschockt?"

Für einen Moment war ich mir sicher, dass sie mich anlügen würde, dann schüttelte sie den Kopf.

"Gut, dann weiter." Gleichzeitig mit Ruby setzte ich mich in Bewegung und Janus blieb nichts anders übrig, als uns zu folgen.

"Wenn sie ihn nicht geschockt hat..." Der Entsetzten war ihm anzusehen.

"Du kannst dich noch anders entscheiden." Seine Hand berührte beim Laufen meine und ich hatte das Bedürfnis sie festzuhalten. Das passierte ebenfalls selten. "Für Ruby und mich ist es zu spät, aber dieser Kampf muss nicht deiner werden."

Ich sah zu meiner Schulfreundin und ihr Blick sagte mir, dass sie sich ebenfalls an den letzten Brief meines Bruders erinnerte. Darin hatte Leopold versprochen, dass er alles tun würde, damit dieser Kampf nicht meiner würde.

"Luné-" Janus sah mich offen an und hinter den Gläsern waren seine Augen ernst. "-eines möchte ich klarstellen. Ich mache das hier nicht, weil du mich darum gebeten hast. So sehr ich das auch gerne behaupten würde. Ich mache es, weil ich nicht einfach aus dem Weg treten will. Meine Töchter sollen nicht in der Zukunft leben, die uns bevorsteht."

Für einen Moment versuchte ich eine Antwort zu formen, aber dann sagte ich schlicht, "Danke."

Er nickte, "Wo ist jetzt dieses Hauptquartier?"

Wir hatten den belebten Kern der Stadt verlassen und die Straßen waren bereits so gut wie leer. In der Ferne erkannte ich die verlebten Häuser des Grimmauldplatzes.

"Ließ das." Aus ihrer Handtasche zog Rubina einen schmalen Papierstreifen.

Janus senkte den Blick auf Dumbledores geschwungene Handschrift.

Ruby tauschte einen Blick mit mir, "Sicher, dass er in Slytherin war? Er klingt eher wie ein Löwe."

Als Antwort lächelte ich nur.

Wie immer öffnete Rubina die zerkratze, schwarze Tür und innen griff ich nach Janus Hand. Sie war warm und vertraut.

"Wir müssen leise sein.", erklärte ich im Flüsterton, während Ruby ihren Zauberstab schwang, um die Gaslampen zu entzünden. "Außer du willst die alte Hausherrin kennenlernen."

"Was ist das für ein Haus?" Janus sah von den Spinnenweben und der zerschlissenen Tapete zu den verhangenen Porträts. "Es kommt mir bekannt vor."

Ich spürte Rubys wachsamen Blick auf mir. "Es ist das Haus der Blacks." Mit einem Seufzen ließ ich seine Hand los und verschränkte die Arme. "Da ist noch etwas, was du wissen musst."

"Was da wäre?" Sein Blick lag nun nur auf mir und ich konnte ihm ansehen, dass er etwas ahnte. Es machte mir eine Heidenangst.

"Du erinnerst dich doch sicher noch an das Ende des ersten Krieges und wie Sirius Black damals verurteilt wurde?"

"Für den Mord an 13 Muggeln? Ja." Sein Kiefer spannte sich an. "Als Crouchs Assistent war ich dabei, als sie ihn weggebracht haben."

"Nun-" Das Gefühl in meiner Kehle war vertraut. "-er ist hier. Und er ist unschuldig."

"Wie das?"

"Er war es nicht, der Lily und James verraten hat."

"Die Potters?" Er hob eine Augenbraue und seine Augen huschten über mein Gesicht, als könnte er dort die Antworten lesen. "Du kanntest sie?"

"Es ist eine lange Geschichte." Ich hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. "Und wir sollten nicht zu spät kommen."

Für einen Moment war ich mir sicher, dass ich zu viel von ihm verlangte.

Dann nickte er. Sein Blick verriet mir, dass das Thema noch nicht beendet war. Aber für den Moment reichte es mir.

Rubina führte uns den Gang entlang und dann die Stufen zur Küche hinab. Die Absätze meiner Schuhe hallten auf den Fliesen wider und ich fragte ich mich, was für einen Eindruck Janus und ich nebeneinander machten, als sie die Tür aufschob. Sofort erstarb das Stimmengewirr dahinter.

Offensichtlich waren wir zu spät. Über den Tisch waren bereits Pergamente und Karten verstreut und am Feuer standen Remus und Dumbledore über eine Karte gebeugt, während Artuhr, Kingsley und Tonks Pläne studierten.

Kurz war es vollkommen still, dann rief Molly, "Bei Merlin..."

Ich brauchte nicht lange, um Sirius zu finden. Er lehnte an der Anrichte und neben ihm stand eine leere Flasche. "Was ist passiert?" Seine Augen ließen mich nicht los, als er mit großen Schritten auf mich zu kam. Der Horror auf seinem Gesicht war mir vertraut. Und ich wusste, dass es nicht an dem Blut auf meiner Bluse lag. Es lag daran, wie bekannt uns die Situation war.

"Jemand hat uns verfolgt und wir haben ihn gestellt." In der Stille klang meine Stimme unangenehm laut.

Sirius kam eine Armlänge vor mir zum Stehen. Für einen Moment sah er mir abschätzend in die Augen, dann schob er meine Locken nach hinten, wobei seine Hand meinen Hals berührte. Ich zuckte nicht zurück.

"Es ist nichts großes.", erklärte ich und beobachtete, wie er seinen Zauberstab zog.

"Du bist eine Distanzkämpferin." Seine Stimme klang hart, während er einen Heilungszauber murmelte. "Wenn er dir so nahekommen konnte, muss er gut gewesen sein."

"An solche Dinge erinnerst du dich also." Sirius Nähe löste eine Traurigkeit in mir aus, die mir jedes Mal das Herz von neuem brach.

In diesem kurzen Augenblick fühlte ich mich, als hätte würde ich einer Klippe entgegen taumeln. Unfähig den freien Fall dahinter zu verhindern. Dann sagte Ruby, "Du solltest sie nicht zu sehr bemitleiden, Sirius, ihre Rückhand ist nur schlecht geworden." Ihr Grinsen passte nicht zu dem Ausdruck in ihren Augen.

"Liebsten Dank, Rubina." Ich spielte das Spiel mit. "Aber ich habe schon ganz andere Dinge über deine Auror Fähigkeiten gehört."

Am Tisch nickte Moody, "Wohl wahr. Selten so eine unkoordinierte Kämpferin gehabt, kann keine zwei Gedanken zusammenhalten."

Tonks gluckste.

"Jedenfalls seid ihr heile angekommen." Kingsley fuhr sich über den blanken Schädel und drehte sich zu Ruby. "Vermutlich habt ihr euren Verfolger nicht erkannt?"

Sie schüttelte den Kopf.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich Janus bewegte und gleich darauf bekam ich einen auffordernden Blick von Dumbledore.

"Janus-" Ich trat aus dem Weg. "-das ist der Orden des Phönix." Kurz tauschte ich einen Blick mit Rubina. "Oder zumindest sein Kern."

Er räusperte sich, "Der Großteil kommt mir durchaus bekannt vor."

"Misteriumsmitarbeiter sind immer ein Gewinn-" Kingsley streckte ihm seine Hand hin. "-auch wenn es uns gleichzeitig einschränkt."

"Shackelbolt." Über den Rand seiner Brille betrachtete Janus den Auror. Ich konnte seine Anspannung spüren. "Es ist schon wieder einige Jahre her."

"Immerhin haben wir das Gesetz damals durchbekommen."

Ich trat einen Schritt nach hinten, als sich nun auch andere Mitglieder dazugesellten. Die Situation konnte Janus allein meistern.

"Wer ist er?" Mir war nicht aufgefallen, wie nah Sirius immer noch bei mir stand.

"Wir arbeiten zusammen." Ich antwortete, ohne Janus aus den Augen zu lassen. Seine Antworten auf die Fragen waren durchdacht, er hörte mehr zu, als das er sprach. Der Unterschied zwischen Sirius und ihm hätte nicht größer sein können.

"Wie lange schon?"

"Beinah fünf Jahre."

"Luné." Ich drehte mich zu Sirius. Er hatte die Stirn gerunzelt und sein Gesichtsausdruck war seltsam vertraut. Sein Verstand ahnte etwas und ich wusste, dass er diese Ahnung nicht akzeptieren würde. Das würde der Junge, in den ich mich verliebt hatte, nicht tun. "Was macht er hier?"

"Dem Orden beitreten."

"Weil du ihn darum gebeten hast?"

"Merlin, nein." Mit einem Lächeln sah ich zu Janus. Es überraschte mich nicht, dass er meinen Blick erwiderte. "Er gehört zwar zu den alten Familien, aber seine Ideale entsprechen unseren."

"Was hält seine Familie davon?"

"Seine Töchter wissen es vermutlich nicht. Und seine Mutter ist von Emilias Schlag."

Ein Grinsen tauchte für einen Moment auf Sirius Gesicht auf und es fiel mir beinah zu leicht es zu erwidern. Dann runzelte er erneut die Stirn. "Und seine Frau?"

Selbst nach all den Jahren konnte es Sirius immer noch. Genau dort einen Schlag platzieren, wo es weh tat. "Vermutlich weiß sie es nicht." Dieses Mal traute ich mich nicht zu Janus zu sehen. Hatte er Theodora etwas gesagt? Am Liebsten wollte ich die Frage mit nein beantworten, aber konnte ich es tatsächlich wissen?

Nun wo Sirius die Bestätigung hatte, dass Janus verheiratet war, schien er sich zu entspannen. Wobei ich mich fragte, was ihn das überhaupt anging. Und warum es mich kümmerte.

Dumbledore eröffnete die Versammlung, die anscheinend auf uns gewartet hatte. Und noch bevor Kingsley angefangen hatte, ging mir auf, worum es ging. Die Informationen über die Vorgänge im Ministerium sollten zusammengetragen werden und nun hatten sie einen weiteren Leiter an ihrer Seite.

Mein Part bestand aus dem üblichen Berg aus Pergament und einer kurzen Zusammenfassung von Fudges Besprechung mit mir. Er vertraute mir wieder mehr an, was meine Arbeit leichter machte.

"Jeden Tag stürzt sich der Minister in mehr Pläne und Änderungen, wobei es immer schwerer wird nachzuvollziehen aus welcher Richtung diese kommen." Ich sah zu Janus. "Besonders das magische Transportnetz scheint es ihm angetan zu haben. Er breitet es weiter aus, während er aber meiner Abteilung die internationale Arbeit schwerer macht. Das Paradoxe ist, dass er die Möglichkeiten haben will, ohne sie zu nutzen."

Meine Einleitung hatte Janus Gelegenheit gegeben, um sich mit dem Gedanken vor den anderen zu sprechen anzufreunden. Er räusperte sich und mit einem Lächeln für mich stand er auf.

In all den Jahren hatte ich nicht eine Rede erlebt, die er gerne gehalten hatte.

Er erklärte den anderen Mitgliedern, die ihm geduldig lauschten, seine Arbeit und welche Entwicklung das Ministerium in seiner Abteilung einschlug. Jedes Mal, wenn er stockte, blickte er zu mir und ich ließ ihn nie aus den Augen.

Als er sich wieder setzte, sah er mit einem erleichterten Lächeln zu mir und ich erwiderte es. Ein warmes Gefühl schien sich in mir bis in meine verschränkten Finger auszubreiten.

Stellvertreten für das Aurorenbüro griff Kingsley nahtlos an Janus Worte an und je mehr er, und danach auch die anderen, zusammentrugen, desto mehr ging mir eines auf. Es war als wolle Fudge um jeden Preis betonen, dass uns keine Gefahr drohte. Und uns damit ausliefern.

Wir schoben Pläne auf der Tischplatte herum, Sirius besorgte neuen Wein und das Kerzenwachs tropfte auf Karten und Federn, als wir endlich langsam zu einem Ende kamen. Erneut trug ich mich für mehrere Wachdienste ein und dann standen wir alle auf.

Janus und ich tauschten über den Tisch hinweg einen Blick und ich sah ihm an, dass ihm ähnlich wie mir nicht nur Fudges neue Politik Sorgen bereitete.

Ohne auf Ruby und Kingsley zu achten, die neben mir in eine Diskussion vertieft waren, schob ich mich um den Tisch herum und legte ihm eine Hand auf den Arm.

"Luné." Lächelnd drehte er sich zu mir um. Trotzdem konnte ich ihm die Anspannung ansehen.

"Gute Rede, Mr Greengrass."

"Danke." Er lachte trocken. "Ich weiß nicht was mehr geholfen hat; du oder die drei Gläser Rotwein."

"Nun, das muss man den Blacks lassen, ihr Wein ist wirklich gut..."

Janus Hand schloss sich gerade um meine, als Dumbledore auf ihn zutrat, "Mr Greengrass, auf ein Wort..."

Mit einem entschuldigenden Lächeln ließ Janus meine Hand wieder los und drehte sich zu dem Schulleiter. Ich seufzte und verschränkte die Arme.

Dann traf mein Blick auf Sirius', der wieder an der Anrichte lehnte, mich dabei aber so wütend anstarrte, dass ich fürchtete er würde mir vor allen eine Szene machen. Einen Moment zögerte ich, dann trat ich auf ihn zu.

"Was ist?" Meine Stimme sollte kühl klangen, aber selbst ich hörte meine Aufgebrachtheit.

"Ist das dein verfluchter Ernst, Lulu?" Er kniff die Augen zusammen und trotz meiner Absätze überragte er mich immer noch ein Stück. Es trug nicht zu meiner inneren Gelassenheit bei.

"Ich weiß nicht, was du meinst."

"Das weißt du sehr wohl!", stieß er gemeinsam mit einem gehässigen Lachen hervor. Wie ich verschränkte er die Arme.

"Nun, ich bezweifle, dass gerade du mir irgendwelche Vorwürfe zu machen hast."

"Wenn nicht ich, wer denn dann?" Er lachte auf. "Wie lange hat es gedauert?" Seine Stimme wurde lauter. "Hast du wenigstens ein Jahr gewartet?"

"Wag es ja nicht!" Ich richtete mich auf. "Du bist der letzte, der auch nur ein Recht hat, mir irgendetwas vorzuwerfen. Der absolut Letzte, Sirius Black."

"Ach ist das so?" Er konnte seine lässige Haltung nicht mehr bewahren und beugte sich vor. "Vor nicht allzu langer Zeit sah das aber noch anders aus."

"Vor nicht allzu langer Zeit?" Mein Lachen war hoch und schrill. "Um dich steht es schlimmer als ich dachte."

In demselben Moment, in dem mir auch auffiel, dass Sirius Knöchel weiß hervortraten, bemerkte ich auch, dass uns alle im Raum anstarrten.

"Womöglich sollten wir diese Unterhaltung woanders fortführen." Nur mit Mühe schaffte ich es ihn nicht anzuschreien. Bevor er zu einer Antwort kam, wirbelte ich herum und stürmte aus dem Raum.

Davor sah ich noch Janus Gesicht, was nicht gerade dazu betrug mich zu beruhigen.

Ich rauschte in den ersten Salon, den ich fand, und direkt hinter Sirius schlug ich die Tür zu.

"Wie kannst du es wagen?" Meine Stimme wurde von den schweren Samtvorhängen gedämpft, aber ich bebte am ganzen Körper. "Wie kannst gerade du es wagen mir Vorwürfe zu machen?"

"Ich sehe nicht, warum ich keine Recht dazu haben sollte." Seine Augen waren dunkel vor Wut. "Immerhin hast du mir gerade deinen Ersatz für mich präsentiert."

"Deinen Ersatz?!" Erneut lachte ich auf. "Du hast weder ein Recht, noch eine Ahnung noch irgendetwas. Janus ist..."

"Was?" Er schnaubte. "Dein Liebhaber? Das habe ich gesehen, keine Sorge. Wie lange hat es gedauert, bis du nicht mehr an mich denken musstest, wenn er dich geküsst hat? Wann hat dir alles nichts mehr bedeutet?"

"Was soll mir denn etwas bedeutet haben?" Wir standen uns so nahe, dass ich seine Anspannung selbst spürte. "Die heimlichen Treffen, die leeren Versprechungen?"

Sein Lächeln war ohne jeden Humor. "Wann hast du meine Hände vergessen?"

Ich konnte spüren, wie Sirius jede meiner Schichten einfach vor mir abzog. Bis ich in Stücken vor ihm stand, die er mit kalten, grauen Augen betrachtete. Ihm hatte ich nie etwas vormachen können.

"Wir waren nie etwas." Meiner Stimme fehlte mit einem Mal die Kraft. Mit zwei großen Schritten nach hinten brachte ich Abstand zwischen uns. "Wir waren nie mehr als...ein Wunsch." Ohne, dass ich es aufhalten konnte, schlichen sich Tränen in meine Stimme. "Eine Hoffnung. Hoffnung auf mehr Zeit."

Die Kälte fiel von ihm wie eine Maske ab und seine Schultern sackten nach vorne. Seine Wut verschwand wie meine eigene. "Wenn wir nie etwas waren, warum tut es dann so weh?"

Ich lächelte, während es mir gleichzeitig die Kehle zuschnürte, "Weil wir uns lieben, Sirius." Ohne etwas dagegen tun zu können, trat ich wieder zu ihm. "Weil ich dich liebe."

"Wie?" Tränen schimmerten in seinen Augen und in seinem Gesicht konnte ich dieselbe Trauer sehen, die auch ich fühlte. Um alles was wir nie gewesen waren, um alles was wir hätten sein können.

"Es hat nie aufgehört."

Meine Worte waren zu viel. Vor meinen Augen bröckelte der Mann, der vorgab noch in einem Stück zu sein, und bevor ich nachdenken konnte, bevor mich die Folgen auch nur kümmerten, trat ich vor und fing ihn auf. Sirius' Arme legten sich um mich und ich drückte mein Gesicht gegen seine Schulter.

Was hätten wir sein können?

Unsere Körper gegeneinander fühlten sich fremd und gleichzeitig vertraut an, der Geruch seiner Haut, seine Hand, die über meine Locken strich, erinnerte mich an so vieles, dass meine Augen überliefen. Ich weinte leise.

Mein Kopf passte immer noch genau auf seine Schulter und ich zog Sirius noch ein wenig enger an mich, nicht bereit ihn loszulassen.

"Eigentlich mache ich das nicht mehr." Leise schniefte ich. "Es hilft niemanden."

"Weinen?" Sein Mund war so nah an meinem Ohr, dass ich seine Lippen auf meiner Haut spürte.

Beinah erwartete ich, dass Sirius sagte, dass es aber mir half. Dann fiel mir ein, dass er nicht Janus war.

Wir konnten uns noch nicht einmal selbst helfen, wie sollten wir einander helfen?

Er seufzte und ich spürte, wie sich seine Brust hob und senkte, "Wir haben alle irgendwann damit aufgehört."

"Es war bei Marlene." Ich drückte mein Gesicht an Sirius' Schulter. Das Bild von dem kleinen Sarg ihres Sohnes tauchte trotzdem auf. "Bei ihr habe ich zuletzt geweint, bevor..."

"Ich weiß." Seine Lippen berührten meine Schläfe. "Ich weiß."

"Ich habe immer gedacht, wenn jemand von uns durchkommt, dann sie."

"Und jetzt?" Seine Hand auf meinem Rücken verkrampfte sich. "Sie ist nicht mehr als ein Opfer."

In meinen nächsten Worten steckte so viel Schmerz, dass es mir selbst den Atem nahm, "Wir haben gewonnen, Sirius. Wir haben den Krieg überlebt, wir haben gewonnen."

Seine Schulten zuckten und ich löste mich von ihm.

"Wie konntest du weitermachen, Lu?" Mit flehenden Augen sah er mich an. "Nach all dem, nach allem was wir verloren haben-" Er streckte die bebende Hand aus und legte sie mir auf meine Brust. "-mit all dem dort drin, wie konntest du weiterleben?"

Ich nahm seine Hand und wortlos küsste ich die Handinnenfläche.

Sein Gesicht war voller Verzweiflung. "Du wirst mir niemals verzeihen, oder?"

Sachte schüttelte ich den Kopf und ließ seine Hand los. "Nein, das werde ich nicht."

"Und du liebst mich?"

"Das tue ich." Mit einem schwachen Lächeln legte ich ihm eine Hand auf die Wange. "Aber das ist nicht immer genug."

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"I've tasted love and I've tasted sin and in the end they both are just as bitter."

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