Kapitel 51 - Unter Palmen lässt sich besser heiraten

Aurelia

Ein paar Wochen später ...

„Komm schon, Darling! Na los!" spornte mich Henry an, der sich gerade zu mir herumgedreht hatte und mir beim Joggen zulächelte.

Ich liebte meinen Verlobten ja wirklich. Ich wäre für ihn durchs Feuer gegangen. Hätte Berge bestiegen und wilde Tiere bezwungen, um jedermann zu zeigen, was dieser Mann mir bedeutete.

Aber jetzt? In diesem Moment? Am liebsten hätte ich ihm ein Bein gestellt und gehofft, dass diese grausame Tortur ein jähes Ende nahm. Ich hasste joggen.

Zum Stressabbauen war schnelles Joggen wirklich gut. Aber nicht, um bewusst Kondition aufzubauen.

Henry war nicht der schnellste Läufer, aber dafür hatte er wahnsinnige Kondition. Er konnte locker und bequem über eine Stunde joggen und sah noch aus wie am Anfang.

Ich dagegen war zwar schnell, aber ich hasste kaum etwas mehr als länger als zwanzig Minuten zu rennen. Die Zeit könnte ich sinnvoller nutzen! Zum Beispiel auf dem Tennisplatz.

Aber nein.

Seit Serena Henry zu meinem persönlichen Trainer auserkoren hat, musste ich nun mindest drei Mal die Woche für vierzig Minuten mit ihm joggen.

Und dabei war mein zukünftiger Mann wirklich kreativ geworden. Wenn er während des letzten Trainings merkte, dass ich bewusst langsamer lief, hatte er schon am nächsten Tag zwei Gürtel dabei, die durch ein Seil miteinander verbunden war.

Und das behielt er um. Seit vier Joggingtouren schon.

Als ich mich also das nächste mal rausreden wollte, weil ich immer unheimlich Durst bekommen würde und das für meinen Elektrolytenhaushalt gar nicht gut wäre, hatte Henry nun an seinem Gürtel zwei kleine Trinkflaschen befestigt. Mit einer ekeligen Brühe gefüllt, die seiner Meinung nach, vor Elektrolyten nur so strotzen würde.

Mich regte das Zeug eher zum Brechen an. Aber die Suppe hatte ich mir selbst eingebrockt, also musste ich auch durch das Zitronen-Ingwer-Granatapfel-Zeug.

Und wenn ich glaubte, ich hätte die schlimmsten Stunden am Tag überstanden, ging es ins Gym.

Die ersten zwei Mal als mich Henry mit in sein Stammlokal-Gym nahm, hatten wir noch einen Personal Trainer gehabt. Aber mein sportfixierter Freund hatte sich bald alles wichtige abgeschaut und trainierte mich seit der dritten Stunde selbst.

Ich dachte immer, ich wäre ein harter Trainer gewesen. Aber Henry war keinen Deut besser als ich. Mochte sein, dass er freundlicher war und mich mit liebgemeinten Worten und Gesten zum Durchhalten motivieren wollte, aber seinen Trainingsplan ließ er dabei keinen Moment aus den Augen.

Erst wenn die letzte Übung ausgeführt war, wenn meine Flasche leer war und ich erschöpft auf den Matten zusammensank und flehte, dass jemand meinen Muskeln ein Ende ihrer Qualen beschaffen sollte, war Feierabend.

Dann hörte ich Henry, der selbst noch Gewichte stemmte, kichern, ehe er mich kurz darauf über seine Schultern warf und mit mir zusammen zurück zum Auto ging.
Die ersten Male hatte ich mich noch darüber beschwert. Was sollten die Leute denken, wenn mich dieses Tier an Mann so aus dem Gym schleppte?

Beim dritten Mal war es mir dann aber auch schon egal geworden. Hier hatte ich einen perfekten Ausblick auf seinen perfekt geformten Hintern. Außerdem ließ es sich so zehn Minuten auch wirklich gut schlafen.

Schlafen ...

Gott, wie ich das vermisste. Oder einfach mal faul sein.

Inzwischen hatte ich nur noch zwei Tage die Woche, an denen ich laut Trainingsplan nichts machen durfte.

Für mein Empfinden, reichte das allerdings nicht.

Auch wenn ich spürte, wie ich schneller, kräftiger und besser im Tennis wurde, war ich nur noch launisch, müde und kaputt. Nicht zuletzt, weil Kuchen und alle anderen leckeren Sachen von meinem Ernährungsplan gestrichen waren.

Das alles führte irgendwann dazu, dass ich beim Training mit Serena nicht mehr vollkommen bei der Sache war.

Wir hatten gerade erst eine halbe Stunde auf dem Tennisplatz trainiert, schnelle Sprints von der linken zur rechten Seite, als ich während des Laufens über meine eigenen Beine fiel und mich einmal quer über den Hartplatz legte.

Hartplätze sind zwar wahnsinnig praktisch für das Tennisspiel, weil der Ball gleichmäßiger aufspringt und zurückkommt und man wesentlich weniger dreckige Kleidung nach dem Training oder Spiel hat, aber es gibt auch einen wesentlichen Nachteil.

Nicht nur, dass der Betonboden schneller auf die Knochen geht, fällt man hin, so wie ich, kann man fast immer mit einer geöffneten Wunde rechnen.

In meinem Fall gleich mit einem aufgeschlagenen Knie und einem dazu passenden Kinn.

„Aua!" selbst zum Jammern war ich zu müde und blieb einfach wie ein gestrandeter kraftloser Fisch liegen, während ich vom Feld nebenan, Henry schon nach mir rufen hörte.

Er war schneller bei mir als ich überhaupt richtig mitbekam.

Ihm stand die Angst förmlich im Gesicht, als er mich vorsichtig zu sich herumdrehte und meinen Körper einmal von oben bis unten abscannte.

„Tut dir was weh, Darling?"

Die Angst vor einem erneuten Bänderriss stand ihm fest in die schönen tiefblauen Augen geschrieben.

Ich rollte mich gähnend zur Seite ein. „Lass mich einfach liegen. Ich werd schon wieder." murmelte ich, genoss es aber dennoch, als mir Henry mit dem Daumen über die Wange streichelte.

Aber Serena konnte ihn mit einem Seufzen beruhigen. „Ihr gehts gut. Soweit."

„Das siehst du also aus zehn Meter Entfernung, ja?" brummte ich müde und ließ mir von Henry in eine sitzende Postion helfen.

Anscheinend hatte auch mein Ellenbogen etwas abbekommen. Genau wie mein toller Doctor Strange Schläger, der nur wenige Meter von mir auf den Boden gelandet war und eine leichte Beule im Rahmen aufzeigte.

„Girl, du bist so langsam gefallen, dass du im Fall doch schon fast eingeschlafen bist! Dein einziger Gegner war die Schwerkraft gewesen!" sagte Serena belustigt und lief um das Netz herum auf uns zu.

Henry derweil kramte ein Taschentuch aus seiner dunklen Hose heraus und versuchte mir den Dreck aus der Wunde am Kinn zu wischen.

„Aua!" brummte ich erneut. Schien ihn aber nicht zu stören. Stattdessen stand er auf, ging zu seiner Tennistasche auf seiner Spielseite und holte das kleine Medipack raus. Dass hatte er wohl extra für mich immer einstecken.

Während er also loslegte, meine Blessuren zu reinigen und zu desinfizieren, sah ich zu meiner besten Freundin, die seufzte und sich mir gegenüber setzte. „Ich sag das ja nur ungern, aber du brauchst vielleicht doch mal eine Pause, Girl."

„Ach was?" brummte ich wieder wie ein müder, schlechtgelaunter Honigbär.

Serena hob vielsagend eine Braue an. „Ich meine das im Ernst, Girl. Ich geb dir eine Woche frei."

„Wie großzügig!"

„Ich höre deinen Sarkasmus!" gab Serena spitz zurück.

„Nein! Bin ich daran auch so schlecht geworden, dass man ihn sofort raushört?"

„Aurelia!" tadelte mich nun auch noch Henry. Ich hatte das Gefühl, dass er das brennende Desinfektionsmittel, das er mir kurz darauf auf das Kinn sprühte, wie eine Sprühflasche bei schlechten Hundebenehmen einsetzte. „Du hättest uns sagen müssen, dass dir das alles zu viel wird und du eine Pause brauchst!"

Ich zog meine Augenbrauen zusammen. „Ich hätte was sagen sollen? Was braucht ihr denn noch als Hinweis, dass ich fertig bin? Reicht mein ununterbrochenes Gähnen, mein Nörgeln, mein zeitiges Einschlafen nach dem Sport und meine ständigen Kommentare, dass ich keine Lust mehr hab, nicht aus, damit ihr beide merkt, dass ein Gang runterfahren, vielleicht gar nicht so übel wäre?"

Bei Serena wusste ich, dass sie nur müde lachte. Wir hatten im Trainingslager früher viel härtere Trainings hinter uns gehabt. Da hatte ich noch mehr gebrummt und genörgelt. Gerade in meiner Teenagerzeit.

Bei Henry landete ich allerdings einen Volltreffer. Schuldbewusst ließ er von meinem Kinn ab. „Tut mir leid, Auri. Das hätte mir tatsächlich auffallen sollen."

Ich seufzte schwer und verdrehte die Augen. „Vielleicht habe ich es ja auch übertrieben mit meiner schlechten Laune."

Ich hörte Serena lachen. „Womöglich, Girl. Streicht man dir den Kuchen von der Liste, bist du eine kleine tickende Zeitbombe. An die Zeiten hätte ich mich erinnern müssen."

Weiter kam sie nicht, denn da klebte mir Henry auch schon das erste Pflaster auf das Kinn.

„Wirklich?" fragte ich ihn, als er bereits das nächste nahm und mir auf die Knie klebte.

Statt einer Antwort deutete er auf die Stelle am Boden an der sich mein Kinn aufgescharrt hatte.

Ich verzog das Gesicht, als ich das Blut dort sah. Viel war es nicht. Aber es reichte, damit ich verstand, dass ein Pflaster vielleicht doch nützlich sein würde.

Mein Knie sah wohl selbst auch nicht besser aus.

Danach war mein Ellenbogen dran. Der schien in Henrys Augen jedoch kein Pflaster zu brauchen. Stattdessen sprühte er mit einer kleinen Flasche etwas Wundspray drauf. Es folgte meine rechte Wange und meine Nasenspitze.

Dann war er fertig und stand auf.

Als Gentleman, der er war, half er mir auch auf und legte mir anschließend einen Arm um die Taille. Vorsichtig schob er mir die losen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sein Blick war immer noch mitleidig. „Hey! Wie wärs, wenn wir alles stehen und liegen lassen und die Woche verreisen?"

Na das klang doch mal gut!

„Woran hast du gedacht?" fragte ich sofort nach und schmiegte mich enger an ihn.

Henry sah einen kurzen Moment in die Ferne, bevor er zu mir herabsah. „Mhm. Da wir ja nicht wollen, dass sich in dieser Woche etwas anderes als Entspannung einmischt, wie wäre es mit einer Woche Seychellen? Wir finden bestimmt was bei den Last-Minute-Angeboten."

Oh, das klang mehr als toll!

*

Ich war absolut begeistert! Natürlich hatte Henry ein passendes Angebot gefunden, sodass wir problemlos schon zwei Tage später loszulegen konnten. Ins Warme. Ins Paradiesische!

Ich war vollkommen entzückt. Als wir endlich auf der Insel Mahe ankamen und uns ein Taxi zu unserem Resort brachte.

Umgeben von weißen Sandstränden und tropischen Gärten, war unser Resort idyllisch gelegen und verfügte über mehrere private Villen, die an einem Hang erbaut wurden und auf die Bucht blickten. Eine wirklich stille Bucht.

Unsere kleine Villa verfügte außerdem auch noch über einen eigenen Infitiny-Pool, was das Entspannen noch leichter machte.

Doch nutzten wir den Pool kaum. Stattdessen gingen wir hinunter zum Strand.

Während sich Henry ins türkise glasklare Meer begab, beobachtete ich ihn von meiner Hängematte aus oder las. Allerdings gab mir ersteres mehr Erholung.

Die Wärme hatte den glorreichen Vorteil, dass es Henry selbst im T-Shirt zu warm war und er eigentlich permanent oben ohne rumlief. Das war für meine Gesundheit natürlich absolut förderlich.

Was gab es schöneres als den Mann meines Lebens die ganz Zeit so entspannt, halbnackt und gut gelaunt zu sehen?

Da war sogar mein Kinn vergessen, dass inzwischen zwar kein Pflaster mehr brauchte, aber auch nicht wirklich besser aussah.

Das schien auch die Presse mitbekommen zu haben.

Selbst als wir gut verkleidet am Londoner Flughafen angekommen waren, schafften es einige Leute Fotos von uns zu machen.

Vor allem von mir. Mit meinem Pflaster im Gesicht. Sofort gingen Gerüchte um. Das schlimmste von allen war, dass Henry Schuld an meiner Verletzung gewesen wäre. Man schrieb zwar nichts über häusliche Gewalt, doch meinte wohl ein Passant, dass Henry alles andere als freundlich gewesen wäre. Er hätte mich rumgeschubst und befehligt.

Ein anderes Maganzin dagegen hatte das komplette Gegenteil veröffentlicht.

Bilder mit Henry und mir. Händchenhaltend. In stillen Momenten, als wir beide eigentlich dachten, wir wären ungestört, hatte man auch Fotos von uns gemacht. Küssend. Lachend. Scherzend.

Titel: Total verliebt, trotz kleiner Blessuren.

Hier spekulierte man nur über meine Kinnverletzung.

Ich entschied mich dafür, den bösen Gerüchten zu trotzen und postete auf Instagram ein Foto von Henry und mir am Strand. Glücklich feixend.

Auszeit vom Training (Übertreibt es niemals beim Sport - und habt keine zwei linken müden Füße) 😌. Schon mal erwähnt, dass ich den Strand und diesen Mann neben mir liebe?

Es dauerte keine vier Sekunden, ehe ich die ersten Likes bekam.

„Hey, schöne Frau?" ertönte eine Männerstimme in der Ferne. Als ich über das Handy sah, entdeckte ich meinen glitschnassen Verlobten in den Wellen.

Das dunkle Haar hing ihm tief in der Stirn. Unheimlich sexy. Genauso wie den Rest seines muskulösen Körpers.

Er grinste und winkte mir zu. „Willst du nicht auch mal ins Wasser? Nicht weit von hier gibt es ein paar Schildkröten. Die gefallen dir bestimmt."

Mir gefiel etwas ganz anderes. Aber ich gab nach. Ich packte mein Handy in die wasserfeste kleine Tasche, die ich mir umband und ging zu ihm. Das Wasser berührte zart meine Zehen. Es war wirklich schön warm.

Lächelnd sah ich zu Henry auf, der verträumt auf das Meer hinaussah. „Es ist wirklich schön hier. Danke, für die Idee."

Seine Augen kehrten zu mir zurück. Seine Mundwinkel zuckten nach oben. „Ich hätte darauf eher kommen sollen. Spätestens als du die Jogginggürtel versteckt hattest. Tut mir leid, dass ich nicht selbst darauf gekommen bin, dir eine Pause zu verordnen. Es hat einfach zu viel Spaß gemacht, mit dir zusammen Sport zu machen." Obwohl er lächelte erreichte es nicht vollkommen seine Augen. Stattdessen schien ihm das schlechte Gewissen zu plagen.

Ich lächelte ihn mutbringend zu und nahm seine Hand in meine. „Unter all dem Jammern, Nörgeln und Murren finde ich dich als meinen Trainer auch wirklich gut. Nur hast du leider mit Joggen und dem Krafttraining bei mir völlig falsche Karten. Es gibt nur einen Sport, den ich noch mehr hasse und das ist Bowlen."

Henry sah mich eine kleine Weile abschätzend an. Dann zogen sich ganz leicht seine Brauen zusammen bis eine tiefe Falte dazwischen erschien. „Du magst kein Bowlen?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Schwere Kugel, viel zu weit entfernte Kegel und eine furchtbar enge Bahn. Nein, es ist einfach nicht meins."

„Verstehe." sagte er und wandte sich wieder dem Meer zu. Irgendwas in seinem nachdenklichem Blick sagte mir, dass seine Gedanken schon wieder weit entfernt von Strand, Sonne und dem indischen Ozean waren.

Doch ehe ich fragen konnte, sah er mich wieder an. „Auri?"

„Henry?"

Jetzt schmunzelte er wieder. „Ist dir das kleine Schild an der Rezeption des Hotels aufgefallen als wir gestern gekommen sind?"

„Du meinst das kleine Schild, auf dem eine Braut, ins Meer bei Sonnenuntergang, von ihrem Bräutigam getragen wurde und man um noch freie Plätze für eine freie und spontane Trauung versichert hat?"

Henry sah mich an wie ein Auto. Dann nickte er. „Ja. Davon spreche ich."

Galant sah ich zu ihm auf. „Du willst mich alleine heiraten? Ohne Freunde und Familie? Mit einer halben Platzwunde am Kinn und Knie?"

Unschuldig hob Henry die Hände in die Luft. „Es war nur eine Idee. Wir könnten hinterher immer noch in London, Madrid oder wo auch immer wir wollen heiraten. Es ... ist nur eben eine sehr schöne Location hier."

Ich lächelte. „Natürlich ist sie das. Du hast recht. Es ist wirklich ein wunderschöner Ort hier. Ich ... wäre nicht abgeneigt, diesen Ort hier für etwas unvergessliches zu nutzen. Vor allem, wenn es etwas ist, was mich dir noch näher bringt, Cielo."

Sein Lächeln wurde breit. „Dann werde ich nach dem Abendessen mal bei der Rezeption vorbei schauen. Vielleicht hast du wirklich großes Pech und hast mich nach der Woche hier nun ganz offiziell für den Rest deines Lebens an der Backe."

„Oh wehe mir! Dann muss ich ja den ehelichen Pflichten nachgehen und mit dir ganz offiziell ins Bett gehen! Ich weiß nicht, ob unsere Beziehung schon soweit ist!"

Ich hörte Henry lachen. Dann spürte ich seine zweite Hand an meiner Wange. „Du bist schon so eine Marke, Aurelia Halle."

„Deine Marke." gab ich ohne Umschweife preis.

„Meine. Ja." gab er voller Stolz zurück und schloss mich nun gänzlich in die Arme.

Als sein Blick kurz mein Bein streifte, zog er jedoch die Brauen zusammen. „Bist du sicher, dass du mit dem aufgeschlagenen Knie ins Salzwasser willst?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Vermutlich. Wird brennen. Wird doll brennen, aber wenn du mich als deine Braut bei genau so einen schönen Sonnenuntergang ins Wasser tragen willst, dann muss ich da durch." Da fiel es mir wie die Schuppen von den Augen. Ich packte Henry beim Oberarm. „Ich habe gar kein Kleid!"

Nun war es Henry der nüchtern mit den Schultern zuckte. „Es gibt bestimmt einen Verleih. Außerdem muss ich das ganze erstmal mit den Leuten hier klären."

Ja. Ja. Das war wahr.

...

Plötzlich überkam mich die nächste Welle der Erkenntnisse. So schlagartig, dass ich glaubte, darin zu ertrinken

Oh man. Ich würde heiraten. Und das vor meinem dreißigsten Geburtstag!

Ohje! Ohje! Ohje!

Bald. Verdammt bald. Und auch noch Superman. Ich würde Superman heiraten. Heilige Mutter Gottes. Heiraten. Alleine. Meine Eltern wussten nichts davon! Oder seine! Oder Mikel! Oder Charlie, Nicki, Piers oder Simon!

Und dann würden den Rest meines Lebens lang Bilder existieren, auf denen ich ein aufgeschürftes Kinn habe. Weil ich zu müde beim Tennisspielen war! Weil ich über meine eigenen Füße gestolpert bin.

Und wollte ich überhaupt mit schokobraunen Haaren heiraten? Außerdem war meine Haut inzwischen nicht mehr so Braun durch den Winter.

„Auri? Du drehst jetzt aber nicht durch, oder?"

„Was? Nein! Ich..." Ich atmete tief ein und aus. Ich war komplett am Durchdrehen. Fuck!

Aber Henry wollte ja alleine zur Rezeption vor. Wenn ich mich geschickt anstellen würde, würde er gar nicht merken wie ich-

„Denk nicht mal dran, Halle! Ich kann deine Gedanken besser lesen als jeder andere auf der Welt." gab Henry provokant von sich.

Mist!

Er seufzte tief und zog mich ein wenig enger an sich. „Darling, wenn du noch nicht bereit für diesen Schritt bist oder es sich für dich hier nicht richtig anfühlt, lassen wir das. Niemand hetzt uns. Niemand drängt uns dazu. Es war einfach nur eine Idee gewesen. Mehr nicht. Ich bin dir nicht böse, wenn du nicht willst. Ich weiß, wie wichtig dieser Tag für eine zukünftige Braut ist. Da soll alles perfekt sein. Perfektes Kleid, perfektes Haar, perfekte Einspielmusik.
Hier ist alles improvisiert und spontan. Es ist okay, wenn du das nicht willst, Aurelia.
Nur bitte renn nicht weg oder versteck dich. Du könntest dich bequem einen halben Tag lang im untersten Fach der Kommode verstecken und ich würde dich nicht finden.
Bitte. Lass uns das zusammen entscheiden."

Mein Herz flatterte wild in meinem Brustkorb auf. Dieser Mann brachte mich mit so wenigen Worten zum Fliegen. Zusammen.

Plötzlich fühlte sich alles leichter in meiner Brust an. Ich konnte Atmen. Denken. Wieder fühlen. Was dieser Mann in mir bewirken konnte, war beinahe schon Magie. Ich lächelte zu ihm auf. „Nein. Nein, ich würde mich freuen, wenn das hier klappen würde."

Henry schien meine Antwort lange zu prüfen. Doch das Lächeln, das ich ihm schenkte, schien ihn doch zu überzeugen. „Sehr gut."

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