Kapitel 45 - Silvester mit ungeahnten Überraschungen

Henry

Ich hatte Aurelia hin und wieder singen gehört. Flüchtig unter der Dusche, wenn sie glaubte allein zu sein. Hin und wieder beim Kochen, wenn sie sich in ihrer absolut vertrauten Stimmung befand und manchmal auch beim Autofahren.

Wenn ich in ihrer Nähe war, zog sie es doch lieber vor, leise Töne anzusetzen, als so laut und kräftig zu singen, wie alleine unter der Dusche oder auch als sie mir betrunken am Telefon vorgesungen hatte.

Entweder wusste sie nicht, welche wunderschöne einzigartige Stimmenfarbe sie hatte und hatte zuvor dafür noch nicht genug positive Kritiken bekommen - oder aber sie wusste, dass sie nie wieder aufhören durfte mir vorzusingen, wenn ich erst einmal entdeckt hätte, wie schön sie singen konnte. Dabei wusste ich es ja. Und ich liebte ihre Stimme.

Während sie sprach, hatte Aurelia eine recht helle, feminine Stimme. Warm, herzlich, aber in richtigen Situationen und Gelegenheiten, konnte sie sie perfekt für ihren trockenen Sarkasmus umstimmen. Als Schauspielerin und anscheinend auch als Synchronsprecherin hatte sie gelernt, ihre Stimme als Werkzeug zu benutzen und je nach Rolle anzupassen. Dazu kamen ihre vielen Sprachen, die sie beherrschte.

Ihre Singstimme dagegen war Soulig. Tiefer. Melodischer. Vor allem Country-Lieder lagen ihrer Stimme total - wie ich jetzt erst gerade feststellen musste.

Sie klang umwerfend, als sie mit einem leichten Schwips zusammen mit Evans zusammen Jolene sang. Gott, diese Frau konnte genauso gut singen, wie sie Tennisspielen konnte - und dabei vermutete ich stark, dass sie nicht einmal Gesangsstunden hatte. Meine Frau war ein Multitalent.

Wahrscheinlich wäre sie als Sängerin noch berühmter, als jetzt schon als Schauspielerin. Aber es schien Gründe zu haben, weshalb sie sich nur mit einem bestimmten Promillesatz an das Mikro traute.

Ob sie jemand wegen ihrer Stimme ausgelacht hatte? Bah! Wenn ich denjenigen finden würde!

Sie legte ihre halbe Seele in das Lied, während Chris sie auf der Gitarre begleitete und beim Refrain mitsang. Eigentlich sollte es ein halber Karaokeabend werden, der uns ins Jahr 2022 bringen sollte. Aber irgendwann war der einstige Captain America unzufrieden mit der Qualität seiner Musikanlage und schnappte sich seine Gitarre.

Das Publikum, bestehend aus den Partygästen, waren fast volleinst auf das Duo vor dem Fernseher konzentriert, während ein paar einzelne sich leise unterhielten.

Ich muss sicherlich nicht erwähnen, dass Aurelia, verkleidet als Triss Merrigold, mir die Zauberin wirklich näher gebracht hatte und mich ihre Vorteile wirklich überzeugten. Sie sah wirklich umwerfend im Triss-Kostüm aus dem dritten Witcher Spiel. Vor allem gefiel mir aber ihr schönes rotes Haar, was sie ganz Trisstypsich in zwei zusammengebundenen Zöpfen verstaut hatte. Einzelne lose Strähnen hingen ihr Gesicht herunter und umrahmten es.

Sie sah so absolut umwerfend aus und begeisterte alle mit ihrer Stimme, dass ich vor Stolz fast platzte und mich zusammenreißen musste, nicht allen Anwesenden zu sagen und zu zeigen, dass ich der Glückliche war, der ihr Verlobter war.

Kal verfolgte Aurelias Auftritt auch ganz entzückt und schien immer ganz kurz davor zu sein, selbst mit zu jaulen. Allerdings reichte ein strenger kurzer Blick von mir und mein Hund blieb stumm. Nicht gerade zu seiner Freude. Stattdessen nahm er sein Schaf wieder ins Maul und behielt es dort. Seinen treuen Gefährten. Genau wie sein Halstuch, das er, seit Aurelia es ihm geschenkt hatte, jeden Tag umgebunden haben wollte.

„Deine Freundin hat eine hammermäßige Stimme!" lobte ein Mann neben mir im Woody Kostüm aus Toy Story.

Sein Gesicht erinnerte mich stark an das von Chris, weshalb ich unfreiwillig annahm, dass es sich bei diesem Mann um seinen Bruder Scott handeln musste.

Ich lächelte stolz auf. „Danke. Sie singt nicht oft vor uns, daher bin ich wohl genauso beeindruckt, wie der Rest von euch."

„Absolut! Ihre Stimme kann sich hören lassen. Chris hat ständig von ihr geschwärmt, wie gut das Mädel singen konnte. Sie mussten ja mal einen Abend in der Karaokebar verbracht haben."

Ja. Kurz bevor Aurelia von all dem Alkohol brechen musste und noch ein Stück bevor sie sich durch diese Schwäche einen Bänderriss beim Tennisspielen geholt hatte und sieben Wochen mit einer Schiene rumlaufen musste! Ja, es gab einen kleinen kausalen Zusammenhang. Trotzdem konnte Chris nichts dafür. Vielleicht war es eher meine Schuld, dass ich nicht doch mitgegangen war. Auch wenn ich nun wirklich kein guter Sänger war. Das überließ ich gerne anderen Menschen.

Der Mann reichte mir seine Hand. „Ich bin übrigens Scott. Chris Bruder!"

Ich ergriff die Hand des blonden Sunnyboys und schüttelte sie sanft. „Freut mich. Ich bin Henry."

Er winkte verlegen ab. „Das weiß ich doch. Jeder hier weiß das. Du bist wohl mit Abstand der heißeste Sherlock Holmes aller Zeiten."

Okay ...

Sanft tätschelte er meine Schulter. „Ich würde auch sagen, mit Abstand der heißeste Superman. Die heißeste DC-Figur! Aber mein Bruder hat verboten über die DC Figuren in seinem Haus zu sprechen."

... okay ... Sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich verlobt bin? Nur nochmal zur Sicherheit?

Nein. Nein, ich war damit cool.

Also lächelte ich dankend. „Sehr nett von dir. Ich hab mir Mühe gegeben, beide Rollen bestmöglich zuverkörpern."

Unschuldig hob Scott die Hände an und grinste unschuldig. „Bitte bitte. Ich hoffe, dass kam nicht zu überbacken rüber. Aber ich bin echt ein großer Fan von dir. Auch wenn das mein großer Bruder nicht hören will. Wenn du ins MCU kommen würdest, wäre das ... oh man! Ich würde schreiend im Kino sitzen!"

Der gefiel mir! „Alles gut, Scott. Würde mich auch freuen, wenn es irgendwann klappen würde!" sagte ich versöhnlich und widmete mich wieder dem Gesang von Aurelia.

Doch Scott schien mit seiner Unterhaltung noch nicht fertig zu sein. Er wirkte, wie alle anderen hier auch, schon deutlich angetrunken vom Punsch und vom Bier. „Rein optisch - und ich kenne dich und Aurelia nur aus Chris Geschichten, passt ihr beiden echt super zusammen. Das kleine zarte Vorstadtpflänzchen und das große muskulöse Unterwäschemodel."

„... Danke" gab ich mit einem halben Lächeln zurück. „Sie ist auch der reine Wahnsinn."

Scott nickte. „Hat Chris auch gesagt."

Was? Jetzt wurde ich hellhörig. „Hat er das?" hakte ich vorsichtig nach.

Wieder ein Nicken. Dann nahm der Bruder von Chris Evans einen tiefen Schluck aus seiner Bierflasche. „Er ist absolut begeistert von ihr. Die Frau mit dem Löwenherz, nennt er sie. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er war verknallt in sie. Also ... weit bevor ihr beide ein Paar wurdet."

„Was?" entfuhr es mir scharf. Ja, Chris mochte Aurelia. Das war schon immer so. Da gab es eine Chemie zwischen den beiden. Als Freunde. Das hatte er ihr doch selbst vorgeschlagen. Freunde sein. Aurelia wäre nicht sein Typ Frau. Er bräuchte jemanden anderes, hatte mir Aurelia erzählt.

Nun sah Scott doch etwas belämmert aus der Wäsche. „Na ja. Heiß ist deine Freundin ja. Und sie scheint über einen prächtigen Charakter zu verfügen. Wem kann man es da verzeihen, wenn man sich ein bisschen verliebt? Heißt ja nicht, sich auch gleich darauf einzulassen. Es ... Ich mach es immer schlimmer oder?"

„Ja. Um ehrlich zu sein, ja."

Normalerweise war es in meinem Leben immer andersrum.

Normalerweise waren es die Frauen, meine Partnerinnen, die es schwer damit hatten, zu wissen, dass es da noch andere Frauen gab, die mich mochten.

Bislang hatte ich noch keine Freundin gehabt, bei der es umgedreht war. Bei der ich ernsthaft Sorgen hatte. Was wäre wenn ...

Was wäre, wenn ich nicht in der Serie angefangen hätte? Wäre sie dann mit Chris zusammen? Sie hatte doch zuvor immer von ihm geschwärmt ...

Mein seltsames Gefühl machte sich in meinem Bauch bereit. War ich eifersüchtig? Wütend? Traurig? Was war mit mir los?

Es sollte mir doch egal sein. Auri und Chris waren Freunde. Auri hatte meinen Antrag angenommen. Chris hatte inzwischen eine eigne Freundin.

Wieso hatte ich dann trotzdem das Bedürfnis, sofort abzureisen?

Mir fiel es doch auch nicht schwer, Aurelias Schwärmerei für Captain America zu akzeptieren. Aber zwischen Schwärmerei und in sich jemanden zu verlieben war ein Unterschied. Abgesehen davon, dass der Superheld rein fiktiv war.

Ach fuck.

„Hey!" versuchte es Scott erneut. „Tut ... tut mir leid. Ich hätte dir das gar nicht sagen sollen. Jetzt bin ich der Depp, wenn ich die ganze Stimmung zerstört habe."

„Hast du nicht." gab ich kurzum von mir. „Mach dir keinen Kopf." Den machte ich mir nämlich.

„Sicher?" fragte Evans kleiner Bruder verunsichert.

„Ganz sicher."

Beruhigt atmete der Sunnyboy erleichtert aus. „Da bin ich froh drum. Ich will mir bloß nicht den Zorn von Superman einfangen!"

Auri hatte die letzte Zeile gesungen und Chris hatte die letzte Melodie gezupft, da entbrannte auch schon jubelnder Applaus. Auri lief breit grinsend rot an.

Ich erhob mich sofort von meinem Platz auf dem Sofa und applaudierte mit.

Sie grinste mich verlegen an.

Sollte ich es ihr sagen? Hatte sie eine Ahnung davon?

Wir hatten uns doch geschworen einander alles zu sagen. Andererseits ...

„Hey, mein hübscher Hexer."

Plötzlich lagen ihre Arme um meinen Hals und Aurelia grinste zu mir auf.

Ich brauchte einen Augenblick lang, um mich zu sammeln. Dann lächelte ich sie auch an. „Erstklassige Vorstellung, Zauberin. Ich wusste nicht, dass Triss so gut singen kann."

Auri lachte auf und ließ meinen Hals los. „Danke für das Kompliment, mein hübscher Hexer."

Kal bellt kurz freudig mit seinem Schaf im Mund auf und ließ den Schwanz freudig aufwedeln. Toll gemacht! schien er sagen zu wollen. Aurelia beugte sich kurz zu ihm herab und streichelte seinen Kopf. „Danke, Bär."

Sie richtete sich wieder auf und deutete hinter sich auf die Terrasse. „Wollen wir kurz raus? Mir ist ganz schön warm."

Nur zu gerne! Ich lächelte mild und nahm ihre Hand. „Sehr gern, liebste Triss."

Ich verabschiedete mich rasch von Scott und folgte zusammen mit Kal, Aurelia nach draußen.

Doch kaum standen wir draußen, blieb Aurelia auch schon wie angewurzelt vor mir stehen. Im allerletzten Moment konnte ich mich gerade noch bremsen, ohne sie nach vorne zu schubsen.

Ich folgte ihrem entsetzten Blick.

Neben uns saßen ein paar der Gäste auf den Gartenmöbeln und rauchten. Nicht nur Zigaretten. Das roch eindeutig nach Gras.

Angewidert verzog Aurelia das Gesicht.

Beschützend legte ich meine Hände auf ihre Schultern. „Was ist los?"

Ein Blick von ihr reicht mir. Mein anständiges Mädchen schien solche Art der Drogen nicht zu tolerieren.

Sanft aber bestimmt schob ich sie weiter in den Garten hinein, bis wir unseren Platz an einer Feuerstelle etwas abseits der andern fanden.

„Sag mir bitte, dass du kein Gras rauchst."

Ich schnaufte erheitert auf. „Tu ich nicht. Keine Sorge. Als meine Wege damals nach Hollywood führten, habe ich eines von Anfang an gesagt; Ich verpasse keine Gelegenheit, die sich mir bietet, um alles auszuprobieren, was mir in den Weg kommt. Nur Boybands und Drogen waren tabu." erklärte ich Aurelia, die wieder gut unterhalten kicherte. „Gut. Den Alkohol ließ ich nie weg, gemäßigt aber immer und es wäre eine Lüge, wenn ich sagen würde, dass ich in ganz jungen Teenagerjahren nicht auch mal meine Erfahrungen mit Gras gehabt hätte. Dabei blieb es aber.
Bringt keine Erfüllung für mich.
Entspannen tu ich mich bei anderen Sachen." sagte ich dahin und erkannte sofort das schelmische Grinsen auf ihrem Gesicht. Aber es stimmt nun mal.

„Geraucht habe ich einige Jahre lang. Aber es fiel mir dann, im Zuge meines gesünderen Lebens, ziemlich leicht, auch das Laster abzulegen. Der Alkohol ist geblieben. Ich habe es reduziert. Sind ja inzwischen deutlich weniger Partys.
Du dagegen scheinst dich deutlich unwohler zu fühlen, wenn ich so über deine Reaktion mit den Rauchern denke."

Ihr Lächeln verschwand. Sie gab einen unzufriedenen Laut von sich. „Ich mag es nicht. Es ist nicht so, als würde ich etwas gegen die Leute oder das Gras selber haben. Ich habe genug darüber gelesen, um zu wissen, dass es harmloser ist, als es sich die meisten Menschen vorstellen. Nur..."

Ihre Wangen wurden puderrot. Rote Flecken tauchten an ihrem Hals auf. Fuck. Sie schien sich wirklich unwohl zu fühlen.

„Du kennst ja meine Vita. Ich hab während des Studiums ja gleich die beste Gelegenheit geschnappt und hatte in einer Tennis-Jugendserie für Teenies anfangen. Ja, die war absolut langweilig, vorausschauend, aber sie hat mir die Türe für weitere Projekte geöffnet. Sie hat mir geholfen, diese wahnsinnig wichtige Rolle in dem Brad Pitt Film zu bekommen. Danach bekam ich ein Angebot nach dem nächsten. Mein damaliger Manager hatte mir einen Film rausgesucht, für den ich ihn heute verklagen würde. Der absolut unter meinem Niveau lag. Aber das wusste ich damals ja nicht. Ich dachte, der Mann hätte Ahnung. Würde mithelfen. Derweile hatte er mich nur dorthin geschickt, weil der Regisseur sein Kumpel war und die beiden sich mit mir mehr Umsatz erhofften."

„So schlimm?" fragte ich sanft und streichelte ihre Wange.

Sie schüttelte enttäuscht den Kopf. „Mehr als das, Henry. Es war eine Komödie übers Kiffen, Saufen und Sex haben. Mein damaliger Manager meinte, dass es eine Traumrolle für mich wäre. Also akzeptierte ich. Aber es war die Hölle, Henry." Sie atmete schwer ein und aus. „Ich habe ja kein Problem, mich nackt vor der Kamera zu zeigen. Ich mag meinen Körper. Ich habe hart für ihn trainiert. Aber bei diesem Film war es anders. Man gab mir keine Wohlfühlzone. Ich musste auf Knopfdruck funktionieren und mich locker machen. Ich kannte meinen Kollegen kaum und sollte eine Sexszene spielen. Fast komplett nackt. Ich hab mich unwohl gefühlt und wollte verweigern. Aber man ließ mich nicht. Ich hatte ja längst alle Bedingungen für den Film unterschrieben."

Mein Herz scherzte. Mitfühlend nahm ich ihre Hand in meine. Ich wusste, was für Arschlöcher-Manager da draußen rumliefen. Wie schwer es Schauspielerinnen hatten. Was sie alles durchmachen mussten, um auch nur annähernd an das Gehalt eines männlichen Kollegens ranzukommen. Das es auch Aurelia erwischt hatte, machte mich wütend und traurig. Sie war so mutig und tapfer. Niemand durfte so mit ihr umgehen!

„Als das irgendwann im Kasten war, ging es irgendwann an die Kifferszenen. Ich war jung. Ich hatte durch den Tennis nie irgendwelche Drogen genommen. Egal in welcher Form. Ein bisschen dachte ich wohl, der Film wäre meine persönliche Revolution. Aber mit Nichten."

„Was ist passiert?" fragte ich vorsichtig nach.

Ihre Augen sahen mich trübe an. Hass stand in ihren Augen. „Im Vertrag stand, dass wenn meine Figur im Film Gras rauchte, animiert wäre. Aber das war dem Regisseur zu teuer. Du kannst dir also vorstellen, was los war. Ich, als Anfängerin im Geschäft, die sich nicht getraut hat, ihre persönlichen Grenzen aufzustellen, rauchte also ihren ersten Joint vor laufender Kamera."

„Auri..."

Sie schüttelte frustriert ihren Kopf. „Mir wurde schon nach dem ersten Zug schlecht. Ich musste brechen, ich klappte in der Toilettenzelle zusammen, weil mein Körper es nicht vertrug. Ich weigerte mich, weiter zu machen. Eine Assistentin, die sich dann um mich kümmerte, nachdem man mich ohnmächtig auf der Toilette gefunden hatte, bestätigte, dass es zu viel für mich sei.
Aber statt mein Manager und der Regisseur ihren Fehler eingestanden, gaben sie die Schuld mir. Was nahm ich auch einen Film an, wenn ich selbst nicht rauchte und Erfahrungen damit hatte."

Miese kleine Wichser!

„Aurelia, das was sie dir angetan haben, war eine Straftat! Hast du"

Sie nickte sofort. „Natürlich. Mag sein, dass ich während des Drehs eingeschüchtert war, aber sobald ich Luft zu Atmen hatte, begann ich zu verstehen, dass es nicht ich war, die was falsch gemacht hatte. Ich nahm mir einen Anwalt, nahm eine Drehpause, holte mir rechtlichen Rat ein und drohte danach meinen Manager und den Regisseur, dass ich nicht nur kündigen würde, sondern auch auf Schmerzensgeld aus war, wenn sich nicht sofort etwas ändern würde." Sie zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Meinen Ruf hatte ich danach weg. Aber wir konnten den Film zu Ende drehen. Er war alles andere als ein Kassenschlager, aber ich bekam meinen Lohn.
Trotzdem kann ich seitdem den Geruch von Gras nicht leiden. Und auch wenn es vielleicht nicht in Ordnung ist, finde ich Leute, die Gras rauchen weniger sympathisch als Leute, die ohne leben können. Keine faire Einstellung, ich weiß."

Tröstend zog ich sie jetzt in meine Arme. Auch Kal schmiegte seinen Kopf auf Aurelias Schoß. Das hätte ihr nie passieren dürfen. Niemals! Manche Männer waren einfach nur widerliche Schweine, die nur auf Geld auswaren.

„Das tut mir wahnsinnig leid für dich. Ich weiß, dass gewisse Erfahrungen im Showbusiness wichtig sind, aber nicht solche. Glaub mir, ich würde sofort zu deinem ehemaligen Manager fahren und ihm die Leviten lesen, auf meine ganz besondere Art und Weise. Das selbe gilt für den Regisseur."

Ich spürte sie in meinen Armen Kichern. Es schien ihr wieder besser zu gehen. „Ich weiß, Chielo. Aber mir gehts gut. Ich komm damit klar. Und ich habe vieles daraus gelernt. Es war scheiße. Richtig scheiße. Aber wenn man einmal richtige Scheiße erlebt hat, kommen einem Produktionen wie Throne of Glass wie ein Luxusunternehmen vor."

Sie schälte sich zurück aus meinen Armen und wuschelte unseren Hund über das Kopffell.

Ich versuchte ihr ein kurzes Lächeln zu schenken, bevor ich erneut ihre Wange streichelte. „Danke, dass du mir das anvertraut hast." Und wenn sie das konnte, konnte ich das auch.

Sie vertraute mir so bindungslos. Es gab keinen Grund für Eifersucht. Sie hatte sich, warum auch immer, für mich entschieden. Und ich würde ihr beweisen, dass sie damit nicht auf den falschen Mann gesetzt hatte.

„Auri, ich"

„EY!" ertönte es plötzlich hinter uns.

Wir beide drehten uns herum und entdeckten Chris bei den anderen Leute stehend, die gerade rauchten.

„Wollt ihr nicht hierher kommen? Es ist bald soweit!" tief Chris und zu.

Auris Mundwinkel zuckten nach unten als sie entdeckte, dass auch Captain America beim Gras zugeschlagen hatte und sich seinen Joint anzündete.

Dann legte sie ihr imaginäre Rüstung an. Ihr Rückrat stellte sich auf. Ihr Lächeln wurde breit und charmant. „Danke! Wir kommen gleich wieder rein."

Rein. Nicht zu ihm. Sie wollte rein.

Kaum hatten wir uns zurückgedreht, seufzte sie tief aus. „Ich dachte, Alba hätte ihn von dem Zeug mal losbekommen. Er hat mir mal erzählt, dass er mit vierzig einen Schritt zurücktreten und weniger Rauchen wollte."

Ich zuckte mit den Schultern und zog sie wieder an mich heran. „Kaum zu glauben, was?"

Sie gab einen brummenden Laut von sich.

Ich nutzte meine Gelegenheit. Nur keine Altlasten ins neue Jahr mitnehmen. „Was ist, wenn ich dir sage, dass ich vorhin erfahre habe, dass Chris in dich verliebt war?"

Ich erwartete ein nervöses Gesicht. Oder ein wütendes. Rote Wangen. Irgendeine Art von Reaktion. Doch stattdessen zuckte sie nur bedeutungslos mit den Schultern. Diese Frau überraschte mich jedes Mal aufs Neue. „Wärs Captain America ..." murmelte sie nachdenklich.

Sie schien kurz in Gedanken wegzudriften, ehe sie mich wieder ansah. „Henry, du glaubst doch nicht daran, dass das was zwischen uns ändern würde?"

„Ich hoffe es." gab ich unschuldig zu.

Charmant grinste sie. „Glaub mir. Der Mann muss erst erfunden werden, der dir das Wasser reichen kann.  Lieber würde ich auf ein Date mit Superman gehen und mich von ihm aus den Klauen vom Joker befreien lassen, als ohne dein hübsches Gesicht leben zu müssen." Erschrocken hielt sie inne und zischte dann. „Scheiße! Jetzt habe ich geschleimt! Nicht wahr?"

Lachend schloss ich sie ein weiteres Mal in meine Arme. „Hin und wieder verträgt meine Seele auch mal ein Kompliment, ohne dass ich davon zu höheren Sphären aufsteige, Darling."

Sie verzog spielerisch das Gesicht zu einer unglaubwürdigen Miene. „Na, da bin ich mir nicht so sicher, Chielo."

„Hab ich dir heute schon mal gesagt, dass ich dich liebe?" hauchte ich zu ihr ab und küsste ihren Scheitel.

Ich hörte sie glücklich aufsummen. „Mhm. Heute noch nicht."

Ich bekundete ihr meine tiefste ehrliche Liebe, bevor wir uns in einem zarten kurzen Kuss verloren. Dann jedoch beschlossen wir beide, dass es Zeit war, wieder hineingehen.

Zu der Party. Ins neue Jahr. In ein Jahr, dass uns gehören würde.

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