* Bonus Kapitel 1 *

Henry

1 Jahr später - Madrid

Ich war klitschnass geschwitzt als ich mich nach Luft ringend auf die Bank neben den Schiedsrichterstuhl setzte und meinen Captain-Britan-Schläger in die Tennistasche legte.

Aurelia stellte sich schnaufend neben mich, stemmte die Arme in die Hüfte und sah zu dem roten sandigen Tennisplatz, auf dem wir uns gerade gejagt hatten.

„Gutes Match." sagte sie nach Luft ringend und wischte sich mit dem rechten schwarzen HandgelenksSchweißband über das Gesicht.

„War es. Wir waren gut. Hat Spaß gemacht." erwidert ich zufrieden und nahm einen großen Schritt aus meiner Wasserflasche, ehe ich sie zurück in die Tasche packte.

Auri zog begeistert die Brauen hoch. „Das waren wir. Vielleicht sollten wir unsere Oktober doch für Rogers kleines privates Tennismatch anmelden."

Ich grinste erledigt, holte mir ein Handtuch aus der Tasche und wischte mir den ganzen Schweiß aus dem Gesicht. Im September in Spanien Tennis zu spielen war schon ein halbes Selbstmordkommando für jemanden, der nur hin und wieder spielte. Und wenn dieser jemand, dann auch noch eine ehemalige Profispielerin als Partnerin hatte, raste das Herz wie bei einem Marathon.

„Ich glaube, wir haben die nächsten Monate doch etwas mehr um die Ohren. Meinst du nicht?" fragte ich neckisch nach und deutete mit dem Kopf in Richtung des Vereinshauses ihrer Eltern.

Aurelia presste nachdenkliche die Lippen aufeinander. „Ja. Da kannst du Recht haben. Nächsten Monat fangen auch die Dreharbeiten für die fünfte Staffel an. Und ich habe immer noch nicht das Gefühl, wieder in der alten Form zu sein."

Ich warf das Handtuch zurück in die Tasche, schloss die Seiten und legte mir den Tragegurt um die Schulter, bevor ich aufstand. „Da hast du recht."

Ihr entsetzter Blick, ließ mich kichern. „Du siehst noch besser aus als vorher. Carmen wird dich gar nicht ans Set kommen lassen, wenn sie deinen trainierten Körper sehen wird. Aelin ist gewiss nicht so drahtig schön wie du es bist."

Auri blieb mit überkreuzten Armen vor der Brust stehen. „Henry!"

Lächelnd drehte ich mich zu ihr herum und lief dann langsam los. Den Platz würden wir nachher säubern. Sobald wir erst mal mit Kuchen von Auris Mom versorgt waren.

„Auri, ich mein das im Ernst!"

Den Blick, den sie mir nun schenkte, war alles andere als überzeugt von meinen Worten. Ich blieb nun auch stehen und drehte mich komplett zu ihr herum. Ich wusste wie wichtig der Körper für eine Schauspielerin war.

Und Auri hatte seit dem Match im letzten September wahnsinniges geleistet. Mental und physisch. Es gab keinen Grund sich zu schämen. Ganz im Gegenteil.

Ich hielt ihr meine Hand entgegen. „Du bist die schönste Frau auf den Planeten für mich. Es gibt absolut nichts an dir, was dich verunsichern sollte. Du bist wunderschön. Jetzt gerade. Heute Morgen. Gestern Abend. Vor einem Jahr und auch in vielen, vielen Jahren, wenn wir alt und grau sind. Du wirst für mich immer noch die schönste Frau auf dieser Welt sein, Darling."

Ihr Lächeln wurde träumerisch. Na endlich. Ich streckte ihr die Hand aus und wartete bis sie sie in ihre nahm. Zusammen liefen wir zurück zum Vereinshaus.

Zumindest bis kurz davor. Dort blieb ich stehen und sah meine Frau kurz prüfend an. „Geht es dir gut?"

Meine Frage schien sie für einen kurzen Moment zu verwirren. Doch dann rollte sie mit den Augen und seufzte. „Ja! Mir gehts gut!"

So wirklich überzeugt mich das nicht. Das tat es in den letzten drei Monaten nie. Aber wer wäre ich, wenn ich meiner eigenen Frau nicht vertrauen würde?

Gemeinsam liefen wir zu der kleinen Menge an Menschen, die sich alle auf der Terrasse niedergelassen hatten.

Unsere Familie und Freunde. Zu Kal und Leckermäulchen.

Alleine bei den Gedanken, dass all diese Menschen hier nur unseretwegen da waren, ließ mich vor Stolz grinsen.

Kal sprang freudig von seinem Platz neben Roger freudig auf und lief zu uns heran.

Auri ging sogleich in die Hocke und streichelte den Rüden liebevoll, während ihr eigener Kater und nur müde von Mikels Schoß aus betrachtete.

Schade, dass meine Eltern und Brüder heute nicht hier sein konnten. Aber wir würden sie noch früh genug wiedersehen. Da war ich mir recht sicher.

Sascha Zverev war der erste, der uns sah und frech grinste. „Sorry, Henry! Deinen Anteil am Erdbeerkuchen habe ich versehentlich gleich mit verputzt."

Ich hörte Serena und Roger lachen, die selber vor leeren Tellern saßen und noch den Rest an Kaffee tranken.

Ich klopfte den jungen Mann gutgemeint auf die Schulter, ehe ich meine Tennistasche auf den leeren Stuhl neben ihn packte. „Das würdest du doch nie wagen, oder?"

Wieder hörte ich ihn lachen. „Sicher? Du weißt schon, dass Gerlinde die beste Bäckerin der Welt ist!"

„Ach, hört auf zu Schleimen!" hörte ich meine Schwiegermutter neckisch sagen, als sie aus den Vereinshaus kam.

Sicherlich freute ich mich auch sie wiederzusehen. Doch der wahre Grund, warum ich sofort zu ihr lief, war das kleine schlafende Baby in ihren Armen.

Meine Tochter.

Unsere Tochter.

Meine kleine Joanne.

Das kleine Bündel Leben in ihren Armen öffnete nur für einen kurzen Moment ihre blau-grünen Augen, ehe sie sie wieder schloss. Sie würdigte mich nur diesen einen kleinen Moment und trotzdem blutete mir schon wieder das Herz bei ihren Anblick.

Was hatte dieses kleine Lebewesen nur mit uns allen angestellt? Es hatte unsere Welt komplett auf den Kopf gestellt.

Schon jetzt hatte ich das Gefühl, in der knappen Dreiviertelstunde, die Auri und ich gespielt hatten, so vieles in ihren Leben verpasst zu haben. Auch wenn es wahrscheinlich nicht mehr als das Mittagsschläfchen war.

Gerlinde legte die Arme etwas höher und entlockte ihr einen weiteren kurzen Blick zu mir.

„Schaua ma, wer hier isch, Joey. Gucka ma! Dei Papa! Isch dies dei Papa?" fragte Gerlinde mit sanfter weicher Stimme. 

Aurelia und ich hatten unsere Freunde und Familie knappen zwei Wochen nach ihrer Geburt gebeten, sie doch bitte nur Joey zu nennen. Das war für die deutsche, spanische und englische Verwandtschaft aussprechbar. Denn jeder fing an ihren vollen Namen anders zu betonen. Und das wollten wir unserer kleinen Maus zum Anfang wirklich nicht antun.

Auch wenn sie wirklich ein entspanntes Baby war. Sicherlich gab es Nächte, in denen Aurelia und ich auf dem Zahnfleisch krochen und auch eine Nanny musste für bestimmte Termine, die wir beide wahrnehmen mussten, angeheuert werden - aber im Großen und Ganzen war unsere Tochter entspannt.

Joey schien es nicht wirklich zu kümmern, wer ihr hier gerade beworben wurde. Schlafen, Wärme und eine ruhige Stimme schienen gerade alles zu sein, was sie wollte.

„Ei joar! Henry, nimmst du sie ma kurz? Dann kann ich euch noch Kuchen bringen." erklärte Gerlinde nun wieder in ihrem perfekten Englisch.

Ich nickte sofort und übernahm meine Tochter wieder in meine Arme. Dort, wo ich sie am liebsten hatte.

Meine kleine süße Tochter.

Alleine der Gedanke reichte und ich wäre am liebsten in Tränen ausgebrochen.

Mit einem gestandenen Mann konnte dieses kleine Lebewesen alles machen.

Ich hatte schon damals im Krankenhaus wohl deutlichen Eindruck hinterlassen, als ich sie zum ersten Mal in den Armen halten durfte und sofort in Tränen ausgebrochen war. Selbst Auri, die bis dahin wirklich die Ruhe selbst war, fing in dem Moment an zu schluchzen, in dem ich mir schon das erste Taschentuch greifen musste.

Ich hatte so unendlich lange auf diesem Moment hingefiebert. Meine eigene Familie endlich zu haben. Und doch traf mich dieser Augenblick so emotional und hart, wie ich es mir nie hätte vorstellen können.

Ehrfürchtig zog ich sie nahe an mich heran und streichelte sie über die weiche Wange. Sie gab nur einen kleinen brummenden Laut von sich, ehe ihr Kopf in Richtung meiner Brust einsackte und sie wieder im Traumland angekommen war.

Grinsend sah ich zu Aurelia, die mit dem Streicheln von Kal fertig war und nun neben mir stand.

Und da war es wieder; die Tränen in ihren schönen grünen Augen, die ich mir selbst nur mit Müh und Not verkneifen konnte.

Sie schniefte laut auf und am liebsten hätte ich sie dafür in die Arme genommen. Stattdessen trat ich an sie heran und strich ihr zart über ihre Wange. „Du hast gesagt, dir gehts gut, Darling!" scherzte ich sacht.

Statt einer Antwort wischte sie sich nur die Tränen aus den Augenwinkeln und bekam sogleich von Serena eine Umarmung, die in der Zwischenzeit von ihrem Platz aufgestanden war und sich rührend um ihre Freundin kümmerte.

„Ach, Girl! Irgendwann wird's wieder besser, sobald die Hormone sich wieder geordnet haben! War bei mir auch so." versuchte Serena ihre beste Freundin zu trösten.

Doch diese löste sich nur kurz von ihr und zeigte auf mich. „Hast du schon mal einen Mann gesehen, der so verdammt gut aussieht mit einem Baby im Arm?"

Ich lachte auf und genau wie unsere Familie am Tisch.

Auch wenn der Rest ihres Körpers längst wieder in ihrer alten Form war, litt Aurelia immer noch unter ihren Hormonen und deren Schwankungen.

Aber das war auch vollkommen in Ordnung so. Mir ging es ja nicht besser. Und wir hatten uns und unsere Großfamilie. Es war alles in Ordnung.

„Und dann ist das auch noch mein Baby. Unser gemeinsames Baby. Das ist nicht mal das Baby von einer anderen Frau! Und der heiße Typ ist auch noch mein Mann! Meiner!" erklärte sie mit tränenreicher Stimme.

Serena strich ihr liebevoll über die Schultern. „Ach, Girl. Und stell dir vor: der Mann gehört ganz alleine dir. Und wenn du willst, kannst du mit ihm noch viel viel mehr Babys machen."

„Um Gottes Willen!" Plötzlich schien Aurelias Hormone schlagartig wieder in ihrer alten Verfassung zu sein.

Aber sie hatte recht. Unsere Joey würde uns reichen. Wir würden die Zeit mit ihr in vollen Zügen genießen und dafür sorgen, dass sie behütete, glücklich und beschützt groß werden würde.

Sie würde das Löwenherz ihrer Mutter in sich tragen und immerzu wissen, dass sie nie alleine war und wir immer hinter ihr stehen würden. Auch wenn es nicht immer einfach werden würde.

Aber bei einer Sache war ich mir jetzt schon ziemlich sicher, dass sie in ihrem Leben wohl genauso wichtig werden würde, wie im Leben von Auri und auch inzwischen mir. Tennis.

„Habt ihr beiden eigentlich schon überlegt, wann wir mit ihr zum ersten Mal Tennis spielen wollen?" fragte Roger belustigt nach.

Auri und ich drehten uns sofort zu ihm herum.

Meine Frau stemmte die Arme in die Hüfte und lächelte siegessicher. „Sie war schon mit drei Wochen zum ersten Mal in ihrem Leben auf einen Tennisplatz. Sie wird schon früh genug den Schläger in die Hand bekommen."

Aber das würden wir Joanne ganz selbst überlassen, was sie eines Tages glücklich machen würde. Auch wenn ich davon ausging, dass meine Tennisfamilie ihr dahingehend schon einen gewissen Weg ebenen würde.

„Ja ja!" seufzte Sascha und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „So sind wir Kinder von Tennisspielern eben. Wie meine Mutter immer sagt; Wir atmen, trinken und essen Tennis. Das liegt uns im Blut und bei Joey habe ich da so ein ähnliches Gefühl."

Aurelia und ich auch. Tennisbälle fand sie jetzt schon ganz faszinierend. Und wenn wir beide spielten und Joey mal nicht nur bei ihren Großeltern war, sondern im Kinderwagen, direkt am Platzrand stand und mal nicht schlief, hatte ich schon das Gefühl, dass es ihr hier gefiel. Außerdem konnte sie bei keiner Geräuschkulisse besser einschlafen als von fliegenden Tennisbällen.

Ich legte meinen freien Arm um Aurelia, die nun an meine Seite getreten war und unserer Tochter zulächelte.

Ich schenkte ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. „Danke, Auri. Für alles." flüsterte ich in ihr Ohr hinein.

Smaragdgrüne Augen sahen zu mir auf und sie lächeltet so innig und verliebt an, dass es mir wieder einmal die Sprache verschlug. Sie hatte mir alles geschenkt, was mir zu meinem Glück gefehlt hatte.

Sie hatte bei so vielen Dingen geholfen und mich unterstützt. Sie war einfach nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken.

Sie trieb mich an. Sie war mein Zuhause geworden. Meine Kraftquelle. Meine beste Freundin. Meine Familie. Meine Seelenverwandte und die Mutter meines Kindes.

Sie hatte mir geholfen zu der besten Version meiner Selbst zu werden. Oder zumindest sehr nahe daran dran zu sein. Perfekt würde ich nie werden. Aber das musste ich auch nicht. Sie nahm mich so wie ich war. Sie akzeptierte mich, egal wer ich einmal war und was ich alles schon angestellt hatte.

Sie war für mich die reinste Form der Liebe geworden. Meine Aurelia.

„Und ich dachte, ich wäre die mit dem umgekippten Hormonhaushalt!" antwortete sie grinsend.

Ich schenkte ihr einen weiteren Kuss auf die Stirn, bevor ich mir das Schmunzeln nicht mehr verdrücken konnte. „Du weißt immer was ich hören will, Darling!"

Sie zuckte belustigt mit den Schultern. „Deshalb bin ich ja auch so schnell deine Frau geworden, Cíelo."

Ich zog sie noch ein Stück enger an mich heran. „Nicht nur deshalb, Mrs. Halle-Cavill. Nicht nur deshalb."

„Stimmt!" antwortete sie, stellte sich auf die Zehenspitzen und schenkte mir einen Kuss auf meine Wange zurück. „Da scheint es ja auch noch eine Menge andere Sachen zu geben, die uns aneinander gefallen."

„Mehr als du glaubst, Darling!" gab ich lächelnd zurück. „Lust auf ein Stück Kuchen?"

Sie grinste entzückt auf. „Sofern wir noch eines abbekommen."

Ich zog vielsagend eine Braue an. „Für uns drei würde ich doch sofort in jede Kuchenschlacht ziehen."

„Blödmann!" lachte sie und nahm meine Hand.

Zusammen setzten wir uns zu unserer Familie. Zu unseren Freunden und zu unserer gemeinsamen Zukunft.

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