★★★★†
Die Hölle war überraschend schlicht gehalten.
Wesentlich angenehmer und kühler als erwartet sogar. Es mochte an der religiösen Einstellung meines Elternhauses liegen, aber ich rechnete ehrlich gesagt mit unablässigen Schreien und Qualen, mit leckenden Flammenzungen und alles verpestenden Rauchschwaden.
Nichts davon.
Ich hätte Yongguk vorerst nach einer Karte fragen sollen.
Der Wald in dem ich also entgegen aller Erwartungen gelandet war, war voller Farben, dunkel, aber in leuchtenden Herbstfarben mit geheimnisvollen Pfaden und dunklen Nischen. Es war atemberaubend schön hier, der Behausung von Göttern nur würdig. Ich fühlte mich beinahe fehl am Platz.
Als ich an mir herab sah, bemerkte ich das Fehlen von jeglichen Waffen um meine Hüften, meine Klamotten schienen ebenfalls verschwunden und mein Körper wirkte verzerrt und geisterhaft, nicht mehr echt.
Schien wohl keine Körper hier zu geben.
Ich ging vorwärts und spürte keinen Waldboden unter meinen bloßen Füßen. Statt feuchter Erde und spitzen Nadeln trat ich ins Nichts.
Fasziniert ging ich etwas umher, testete meine neue Körperlosigkeit aus und sprach etwas mit mir selbst, horchte meiner singenden Stimme.
Ich sah hier niemanden, wusste allerdings nicht, ob das mit Magie zu tun hatte oder mit diversen Höllenkreisen oder ähnlichem.
Da waren allerdings Geräusche. Keine Schreie, sondern ein stetes Flüstern und Wispern, das von den Bäumen zu kommen schien. Es war ein steter unheimlicher Chor in meine Hinterkopf, Hunderte von Sprachen, die ich nicht verstand.
Es war auf eine schaurige Art schön und es passte so gut zu Yongguk.
Ich horchte nicht auf das Locken der Bäume, steuerte den erstbesten Pfad an und hoffte auf gut Glück dort anzukommen, wo ich ankommen sollte, hatte natürlich keine Ahnung wonach ich letzten Endes suchte und Wegweiser gab es hier natürlich auch nicht.
Es war einsam.
Je nach den Schandtaten im Leben wurden die Seelen ja scheinbar dem gemäß auch gestraft. Wer wusste es schon, vielleicht wurden einige auch mit der ewigen Einsamkeit begrüßt.
Oder aber das hier war nur der Eingangsbereich. Alles war möglich.
Ich ging auf Wanderschaft.
\(°-°)/
Es gab hier keine Zeit, immernoch nicht. Ich irrte lange planlos durch den Wald, suchte nach etwas, von dem ich keinen blassen Schimmer hatte, wie es aussehen sollte.
Der Wald änderte sich nicht. Die Lichter blieben immerzu gleich, egal wie viele Stunden ich in meinem Kopf zählte. Auch die Gegend änderte sich nicht, es war der stetig gleiche Wald mit demselben Geflüster und identischen Pfaden.
Es machte keinen Sinn so zu suchen.
Ich änderte also relativ schnell meine Taktik. Vom Pfad hinab und hin zu den Schatten und Bäumen trugen meine Füße mich.
Dort war ich etwas erfolgreicher in meiner Suche aber bei weitem nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte.
Ich fand einen komischen Bär, der versuchte mich zu fressen und ich bezweifelte, dass man dabei von neutralen Göttern reden konnte.
Der Bär schlug nur einmal mit vier glänzenden Krallen nach mir, dann hatte ich bereits die Flucht ergriffen und eilte nun noch chaotischer durch den Wald, hatte jede Hoffnung auf ein ordentliches Suchen verloren und versuchte nun nurnoch mein Überleben zu sichern, wenn man denn noch von so etwas reden konnte.
Das Biest war natürlich schneller als ich, aber zu aller Fairness spürte ich keinen Schmerz, als er wütend durch mich hindurch schlug, ich wiegte mich dennoch in keiner falschen Sicherheit. Selbst wenn er es jetzt hier nicht konnte, etwas anderes konnte mich sicherlich verletzen.
Gerade raste mein Kopf noch mit Möglichkeiten die geifernde Bestie loszuwerden, Angriff, Flucht, dann löste sich eine der tödlichen Pranken plötzlich vom zugehörigen Schultergelenk. Ich zuckte zurück, als schwarzes Blut auf mich spritzte und der Arm vor meinen Augen zu Boden fiel, das Ungetüm sich in Schmerz und Wut brüllend zu seinem Angreifer umwandte.
Es war eine Frau mit langen, wilden Haaren und noch wilderen Augen. Sie trug einen Kimono, der ihr etwas über die Schultern sank und behilfsmäßig um ihre Hüfte verknotet war, ihr mehr Beinfreiheit erlaubte.
Die beiden grässlichen Sicheln in ihren Händen glänzten ebenso von Blut wie ihr einst rosaner Kimono, der von all dem eingetrockneten und frischen Blut regelrecht starrte, zusammen mit ihren eigenartig vertrauten und irren Augen kein besonders vertrauenserweckendes Gefühl abgab.
Ich rannte also wieder, überließ es ihr den Bär zu zerhacken und dabei hämisch zu lachen.
Sie hackte mir immerhin keine Sichel in den Oberschenkel, aber weit kam ich dennoch nicht.
Von einem Moment zum nächsten tauchte sie plötzlich vor mir auf und starrte mich nieder.
Sofort kamen meine Hände defensiv herauf und ich wich wieder zurück, versuchte so höflich wie möglich nicht unter ihre blutbesudelten Klingen zu geraten.
Großartig, dass ich unbewaffnet war.
"Ich bin nicht hier, um dich zu töten. Ich soll dich führen."
Oh?
Misstrauisch beobachtete ich sie, hatte immerhin keinen Bescheid von Yongguk über etwas derartiges erhalten.
"Vor mir brauchst du keine Angst zu haben, Cheonsa. Und ich bin hier, um dir gegen die zu helfen, bei denen es berechigt ist.", fuhr sie fort, starrte noch immer durch den dichten Vorhang ihrer Haare und ich bekam wirklich kein gutes Gefühl von dieser alterslosen Frau.
Immerhin schien sie von der Cheonsa-Sache zu wissen und das war eigentlich schon mal etwas gutes.
"Ich bin Natasha." Damit hakte sie ihre Sicheln an ihren Gürtel, um ihre dreckigen Hände nach mir auszustrecken, mich vorsichtig näher zu winken.
Misstrauisch trat ich auf sie zu, hatte das steigende Gefühl, dass jegliche Fluchtversuche vergebens wären und versuchte deswegen alle Angst hinab zu zwingen, verließ mich auf mein Bauchgefühl, dass ich sie irgendwie zu kennen schien.
"Ich kann dich zu den alten Knackern bringen. Mach dir keine Sorgen um eine Gegenleistung.", wusste sie direkt, worum es ging und mehr Anspannung fiel von mir ab, wiegelte mich in Sicherheit bei der eigenartigen, blutverschmierten Wilden.
"...okay.", stimmte ich also vorsichtig zu und sie lächelte etwas aufrichtiger, bevor sie sich mit wehenden Haaren umwandte und zielgerichtet voraus ging, sich nicht noch einmal nach mir umsah.
Ich beeilte mich ihr nachzukommen, versuchte noch immer darauf zu kommen, woher ich sie kennen sollte. War sie unter den Kaji gewesen? Eine Hone onna? Eine Erinnerung aus meinem Leben?
Grübelnd folgte ich der eigenartigen Figur durch den Wald, den sie wie ihre Westentasche zu kennen schien und fand mich nicht viel später vor einer gähnenden Höhle wieder, die tief ins Erdreich hinab führte und wie Natasha auch nicht besonders einladend aussah.
Ohne zu zögern folgte ich ihr hinein.
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