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Nicht lange nachdem ich mich wieder annähernd beruhigt hatte, hatte ich Jongup bereits die Box mit den Yokai gegen die Brust gedrückt und das Fenster geöffnet.

"Sie sind örtlich gebunden und tun dir nichts. Frag Junhong, wenn du sie einfangen willst.", rief ich dem Mann eilig zu und machte dann einen Satz nach draußen, hinein in die dunkle Seitengasse neben dem Haus.

Mit wild hämmernden Herzen (quasi) joggte ich tiefer in die Dunkelheit hinein, murmelte dabei Yongguks Formel unter meinem Atem. Als der schlanke Oni in einer Wolke Rauch erschien, rannte ich fast gegen ihn, schaffte es aber noch rechtzeitig anzuhalten, sah vermutlich absolut wild aus.

"Bist du-" Ziemlich unhöflich fiel ich ihm in's Wort.

"Bring mich zurück. Jongup kriegt das hin, wir müssen reden."

Yongguk fragte nicht, er schloss bloß seinen Mund wieder und fasste mich am Arm, zerrte mich mit ihm durch die Welten. Es war kein schönes Gefühl und es erinnerte mich an herausgefetzte Gedärme, aber das war momentan meine geringste Sorge.

Zurück in seinem Zimmer gönnte ich ihm keine Pause.

"Jongup hat mir alles erzählt. Über Daehyun. Über mein Schicksal hier." Und ich brauchte vergeblich jemanden, der mir sagte, dass alles nur erfunden und erlogen war.

Yongguk setzte sich bedächtig auf sein Bett, ließ mich nicht aus den Augen.

"Und glaubst du ihm?"

Nun vergrub ich resigniert die Hände in meinem Haar, gab einen undefinierbaren Laut von mir.

"Ich will es nicht, aber ich tue es! Es hat zu viel Sinn ergeben und er lügt nicht..." Meine Stimme schmerzte in meinem Hals und ich sah nur unbestimmt gegen eine Wand, wollte Yongguk nicht ansehen müssen, wollte es nicht hören, dass es stimmte.

"Er hat recht. Die Sünden...sie spielen wohl die schrecklichste Rolle hier. Sie verbringen die meiste Zeit mit den Seelen, lernen sie kennen und zu schätzen, nur um sie dann genommen zu kriegen. Du bist nicht die Erste hier, die denkt sie könnte den Tod austricksen. Viele kamen vor dir, manche mit viel lächerlicheren Zielen." Seine Stimme war hart, sprach die kalte Wahrheit und ich biss die Zähne zusammen, wusste genau, dass es Schlupflöcher gab, aber mir blieb wohl nicht die Zeit diese zu finden.

"Sicher, ich bin eine von vielen. Eine leichtsinnige, menschliche Seele. Was ist mit Daehyun? Warum schickst du ihn nicht heim, wenn ihn das retten könnte?"

Nun war es an Yongguk sich seufzend durch die Haare zu fahren.

"Er ist bereits beschmutzt. Wenn er jetzt noch zurück geht, schneiden sie ihm dort die Flügel ab und schicken ihn als Mensch auf die Erde zurück, wo er im Unglück leben müsste. Es ist seine Wahl hier zu bleiben und zu sterben."

Ungläubig starrte ich ihn an, konnte die schiere Gewalt an Seelen, die dasselbe durchmachen mussten und ihm fälschlicherweise verfielen gar nicht nachvollziehen.

Es erschlug einen.

"Wir können den Prozess herauszögern, aber wir können ihn nicht aufhalten. Du hast noch Zeit. Aber dein neugefundenes Wissen wird diese nicht angenehmer für dich machen."

Ich musste mir etwas einfallen lassen. Eine Lösung für Daehyun finden, einen Ausweg für mich.

"Du weißt, dass es ein Schlupfloch gibt, nicht wahr?", pokerte ich also um mein Leben und Yongguk sah mich unentschlossen an, schien seine Worte vorsichtig abzuwägen.

"Das tue ich. Es gab auch nicht wenige dickköpfige Seelen, die dadurch etwas verändert haben. Aber es rettet dich nicht."

Ich zögerte keine Sekunde.

"Kann es Daehyun retten?"

Die Pause, die dieses Mal im Raum entstand war deutlich länger und Yongguk schien eine Weile lang mit sich selbst zu ringen es überhaupt in Frage zu stellen.

"Es...kann, aber es ist nicht so, wie du es dir vorstellst. Er wird weiterhin kein Engel mehr sein können und stattdessen zum Yokai werden. Er würde hier seinen Platz finden, so wie Youngjae und Jongup, könnte allerdings nicht mehr in den Himmel zurückkehren. Es ist keine Entscheidung, die du leichtfertig treffen solltest."

Unsicher biss ich auf meine Lippe, musste das natürlich erst mit Daehyun absprechen, aber etwas sagte mir, dass er das ohnehin nicht wollen würde. Dass er zu stur mit dem Schicksal war, das er sich selbst aufgebürdet hatte.

"Er würde dich davon abhalten wollen.", sagte Yongguk leise.

"Unter Menschen warnt man einander immer vor einen Pakt mit dem Teufel zu schließen. Man vertraut dem nicht und verliert mehr, als man gewinnt."

Yongguk nickte bloß, faltete die Hände in seinem Schoß.

"Ich habe allerdings nurnoch meine Seele zu verlieren und die gehört ohnehin dir.", führte ich weiter aus, stemmte die Arme in die Hüften, um Halt zu finden.

"Es ändert den Weg, auf dem zu stirbst. Das Ziel. Momentan würdest du einfach irgendwann erschwächen bis du nicht mehr aufstehen könntest. Himchan würde dich dann vermutlich nehmen, dir das Ende etwas versüßen und später in seine eigenen Gefilde bringen. Dort wird ein Urteil gefällt und du einer Kategorie eingeordnet. Je nachdem, was es trifft, verbringst du mehr oder weniger Zeit in der Hölle, wie man es nennen kann. Danach wirst du wiedergeboren. Wenn du das hier machst, einen Pakt mit mir eingehst und für Daehyun stirbst, dann gibt es dich nicht mehr. Dein Geist wird Daehyuns ersetzen und dein Bewusstsein für immer entschwinden. Du unterbrichst damit den Zyklus von Leben und Tod."

So war das also. Um Daehyun zu retten, brauchte es eine neue Seele, einen Geist, der unabhängig von jeglichem überirdischen Geschehen war. Er würde leben können, indem er sich einer menschlichen Seele bediente. Aber ich wäre fort.

Zum ersten Mal kam mir die menschenureigene Angst vor dem Ungewissen auf. Zu sterben war kein Problem gewesen. Aber nun hier für immer zu erlischen, das jagte mir Angst ein.

"Was... Was würde passieren? Wenn ich den Pakt eingehe?"

Die Schatten im Raum waren mit den Minuten finsterer geworden, die Kontraste von Licht und Dunkelheit auf Yongguks Gesicht schärfer. Es war kalt.

"Was Jongup dir angetan hat... Du müsstest es noch einmal durchleben. Danach wirst du in unseren Keller hinab geschickt, der direkt in die Hölle hinab führt. Es wäre dunkel, schmerzhaft und in allem sehr unangenehm. Du müsstest dort unten jemanden suchen, bevor deine Zeit abläuft. Es handelt sich um die Kotoamatsukami, die dir einen Wunsch gewähren werden, wenn du sie nur findest. Dadurch, dass es ein Tauschgeschäft ist, wird ein kein Problem werden, sonst müsstest du ihnen etwas hinterlassen. Sier erlangen dann die Gewalt über Daehyuns Seele und dürfen diese behalten. Deine geht an Daehyun zurück und dein Körper stirbt."

Ich hatte die weise Entscheidung getroffen mich zu setzen, es mir mit tauben Beinen auf dem harten Boden bequem zu machen und ihm bloß zu lauschen.

"Es wird fern ab von dem sein, was dir sonst passieren würde. Fremd und unvertraut. Es könnte auch sein, dass du dort unten stirbst, bevor du so weit kommst."

Zweifelnd starrte ich auf den Obsidian unter mir, versuchte zu fassen, was alles auf dem Spiel stand, aber letzten Endes war es mir gleich. Mein Plan war gescheitert und ich konnte entweder aufgeben, oder wenigstens für Daehyun kämpfen. Es war das mindeste, das ich für ihn tun konnte.

"Und du?"

Ich traf Yongguks fragenden Blick in der Mitte des Raumes.

"Was hast du davon? Bisher ging es nur um mich, Daehyun und die drei alten Knacker."

Das schiefe Grinsen auf seinem Gesicht verriet mir, dass er meine Aufmerksamkeit zu schätzen wusste.

"Ich bekomme dich, eine Lösung für Daehyun und die Möglichkeit statt Himchan über deinen Weg zu richten.", sagte er zufrieden, die Stimmung etwas gelockert und ich konnte nur verwirrt starren.

"Aber ist das genug? Kommt das mit einer Seele gleich? Bist du sicher, dass das System stimmt?"

Yongguk lehnte sich träge auf seinem Bett zurück.

"Zur Hölle mit dem System. Ich mache hier die Regeln."

Und das stimmte wohl. Sonst hätte er es nicht vorgeschlagen.

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