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Rip me x_x
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Ich hatte noch etwas in ein angenehmes Schweigen gehüllt neben dem herzgebrochenen Youngjae auf der Treppe gesessen, bis ich ihn dann endlich dazu bewegen konnte sich keine Gedanken zu machen und einfach zu beobachten, wie sich alles entwickelte. Etwas später als mir lieb war, schaffte ich es dann endlich das von Himchan bereitgestellte und auf wundersame Art noch warme Essen aus dem Speisesaal in mein Zimmer hinauf zu bringen.
Weil es mir dort allerdings etwas zu öde war, beschloss ich gemeinsam mit meinem Essen und einem Buch von Himchan die Gärten abzuchecken. So leise wie möglich schlich ich mich also den Gang hinab und zu der letzten Tür im Halbkreis, die ich dann vorsichtig auf schob, erstmal die Lage prüfte.
Ich war mutterseelenallein unter einem brillianten Vollmond, dem sich die Blumen in allen möglichen dunklen Farben entgegen reckten. Fasziniert trat ich auf die Terasse hinaus und ließ meine Augen über die Teufelskrallen, Rosen und Veilchen schweifen. Die Farben reichten von nachtschwarz bis zu einem dunklen Rot, aber die bevorzugte Farbe schien in der Tat ein düsteres Violett zu sein.
Mein Buch und den Teller Essen auf einem Arm balancierend, zog ich die Tür hinter mir zu und wanderte einen dünnen Steinpfad zwischen den teils brusthohen Pflanzen hindurch zur Mitte des weiten, runden Balkons.
Genau in der Mitte befand sich eine schwarze und mit hübschen Ornamenten verzierte Schaukel, auf der ich vorerst meinen Kram ablegte, bevor ich mich in die andere Richtung der Terasse umsah.
Am anderen Ende befand sich keine Tür, nur die Wand zum Treppenhaus, aber ein gigantischer, blutroter Sakurabaum erblühte dort, nahm die ganze Wand ein, deren rankende Rosen vor Neid verblassten.
Mit offenem Mund starrte ich in das Wunder seiner Blüten hinauf und verharrte mindestens 5 Minuten so, verlor mich in seinen samtig davongleitenden Blütenblättern, bis ich den Beschluss fasste Junhong für sein gärtnerisches Talent zu danken und mich resolut auf die Schaukel sinken ließ, nach Buch und Essen griff, um hier meinen Abend zu verbringen.
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Ich hatte mich so in den Welten der japanischen Mythologie verloren, dass ich irgendwann weggenickt war, denn als ich das nächste Mal die Augen auf schlug, lag ich der Länge nach auf der Bank ausgebreitet und missbrauchte das alte Buch als Kissen.
Blinzelnd setzte ich mich auf, rieb mir dann die Augen, um eine schwarz gekleidete Gestalt, die an der Brüstung lehnte und einsam in den Mond hinaus starrte, ins Visir zu nehmen.
Youngjae. Er hatte immernoch keine Ruhe gefunden.
"Wie viel Uhr ist es?", erkundigte ich mich schläfrig bei ihm und ein trockenes Schauben war zu hören.
"Hier gibt es keine Zeit, schon vergessen?"
Er hörte sich nachts lustig an, aber das konnte auch einfach an dem Druck auf meinen Ohren liegen.
Ich streckte meine steifen Glieder.
"Ich meinte ist es schon Zeit aufzustehen?", stellte ich meine Frage um und die dunkelhaarige Gestalt warf einen knappen Blick über ihre Schulter, musterte mich aus den Schatten heraus.
"Noch nicht."
Er sprach wieder mit Grabesstimme, wie immer, wenn er die Kutte trug und ich begann besorgt auf ihn zu zu wandern, um nachzufragen, ob Daehyun wieder etwas dummes getan hatte und er schon wieder geweint hatte.
Plump schlurfte ich also los und lehnte mich neben ihm an die Brüstung, sah für einen Moment bewundernd zum Mond hinauf, der hier sehr nahe und groß war.
Als ich mich Youngjae dann zuwandte, hatte er seine Kapuze abgesetzt und ich sah nicht Youngjae ins Gesicht, sondern Himchan.
Ich versuchte meine Überraschung nicht zu zeigen, war froh nicht laut nach Daehyun gefragt zu haben und musterte seine melancholischen Züge kurz, dann fiel mein Blick auf die beiden Sai-Schwerter, die er an seine Hüfte gegürtet hatte und von denen noch eine dunkle Flüssigkeit tropfte.
"Ist etwas passiert?", erkundigte ich mich vorsichtig bei ihm, war mir für einen Moment nicht mal sicher, ob er mich überhaupt hörte, aber er seufzte nur tief und rieb sich mit dem Handrücken über die Hälfte des Gesichts, die ich nicht sah. Als er die Hand wieder herunter nahm, war sie ebenfalls dunkel verfärbt.
"Ein paar Ronin haben versucht Yongguk zu töten. Ich habe zumindest einigen von ihnen einen schnellen Tod beschert... Gute Nachrichten für dich, du wirst ihm morgen nichts zu essen holen müssen." Himchan zwinkerte mir verspielt zu.
Ich wusste nicht, wie ich mich fühlen sollte. Natürlich nahmen die Leute (außer Daehyun) hier anderen den lieben langen Tag ihr Leben, aber ich hatte bisher nur sanfte und charmante Seiten an Himchan kennen gelernt, weswegen es mich verwirrte, wie locker ich die Idee von ihm als Mörder wegstecken konnte.
"Kann man Yongguk überhaupt töten? Die Regeln eines normalen Oni zählen nicht für ihn, weil er ein Gott ist, nicht?", lenkte ich ihn erfolgreich ab und seine Mundwinkel zuckten hoch, bevor er seine Unterarme auf der Brüstung ablegte und sich mir zuwandte.
"Das stimmt. Aber es gibt immer wieder Geschichten von Leuten, die einen Gott getötet haben, nicht?"
Dazu hatte ich nichts zu sagen und sah nur wieder nachdenklich in den Mond hinaus, wippte gedankenverloren vor und zurück, während ich Für und Wieder abwägte, ob man Yongguk wohl töten konnte.
"Er hat morgen ein Treffen mit den lokalen Clans und Junhong begleitet ihn. Willst du, dass ich dir die Bibliothek zeige?", fragte Himchan mich dann plötzlich und ich fing bei der Idee aufgeregt zu Grinsen an.
"Natürlich! Wir müssen es ausnutzen, dass er weg ist.", eiferte ich der Idee nach die Bibliothek der Toten selbst sehen zu dürfen und Himchan lächelte ebenfalls.
"Ich hol dich dann irgendwann ab. Ich muss dich vielleicht wecken, sollte Daehyuns morgendliches Herumschreien das nicht für mich tun."
"Ich glaube er definiert es als Singen."
In der Tat hatte mich seit meiner Ankunft jeden Morgen eine sanfte Stimme geweckt, die lieblich an mein Ohr gedrungen war und mich warm wie Honig aus meinem Schlaf gelöst hatte, ich hatte nur bisher nicht gewusst, dass es Daehyun war.
Im Nachhinein überflüssig, Yongguk war es nämlich schon mal nicht.
Himchans Kopf peitschte plötzlich herum und ich folgte verspätet der Linie seines Blickes, nur um eine Hone zu sehen, die in den Schatten des Ausgangs stand und uns aus leeren Augenhöhlen grueselig anstarrte.
"Was ist los, sind noch mehr gekommen?", verlangte Himchan sofort angespannt zu erfahren und die Hone bewegte mit einer knackenden Symphonie von aneinanderreibenden Knochen ihren Kopf nach links, dann nach rechts, ließ sämtliche Haare auf meinen Armen in Verteidigungsstellung gehen.
"Die Kaji sind hier, der Lord lässt nach Euch schicken."
Himchan entspannte sich mit einem Mal merklich und warf mir einen knappen Blick zu, musterte mich von Kopf bis Fuß, nur um dann knapp den Kopf zu schütteln.
"Das lasse ich mir natürlich nicht entgehen. Cheonsa" In einem plötzlichen Impuls schnappte er sich meine Hand und hauchte einen Kuss auf meine Knöchel, während ich ihn mit großen Augen beobachtete. "wie sehen uns morgen früh." Damit zwinkerte er mir verspielt zu und eilte dann von dem Balkon und der Hone nach.
Ich stand wild errötend an der Brüstung und starrte ihm nach, bevor ich mich fing und mir zu warm durch die Haare fuhr, meine Hand prickelnd und ich sah mich in einem eigenartigen Reflex um, sah nach, ob das jemand beobachtet hatte.
Dabei ging mein Blick auch nach oben und ich bemerkte erst jetzt, dass über mir ein identischer Balkon war, nur war dieser nicht so ausschweifend und lag enger am Gebäude an.
Yongguk lehnte mit dem nackten Rücken zum Abgrund an der Brüstung und hatte eine Hand in den Haaren einer bildhübschen Dämonin neben ihm, die Lippen leidenschaftlich auf ihren.
Eine Zweite hing auf seiner anderen Seite und küsste seinen entblößten Hals, traf meinen ungläubigen Blick.
Die Kaji also, hm?
Die Frau zwinkerte mir verspielt zu und legte ihr Kinn auf Yongguks Schulter ab, um einen Finger zu heben und ihn lockend zu krümmen, mich zu ihr zu rufen.
Ich sah vermutlich aus wie eine Eule, so groß waren meine Augen. Vollkommen verunsichert und unwohl mit der Situation blieb ich also wie angewurzelt stehen und starrte sie an, bis sie etwas anfing zu schmollen, ihre roten Lippen im Mondlicht glänzend.
Es war der Moment, in dem Yongguk sich von der anderen Frau löste und sich zu meiner Partnerin umsah, einen kurzen Blick von ihr nach unten warf.
Ein großes, schiefes Grinsen formte sich auf seinem vom Mond angestrahlten Gesicht, als er mich sah und fragend hob er eine Braue, machte mit dem Kopf amüsiert eine aufwärts nickende Bewegung.
Nun schaffte ich es endlich panisch den eigenen Kopf zu schütteln, meine Gedanken bereits zu voll von ungewollten Bildern und ich hörte ihn leise lachen, dann griff er sich das Kinn der schmollenden Frau mit zwei Fingern, küsste ihr den traurigen Ausdruck von den Lippen.
Ich suchte verspätet das Weite.
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