Kapitel 29

Das Lied gehört mit zu einigen anderen, welche mich zu dieser Geschichte inspiriert haben. Ich habe es ebend wieder gehört und ich finde es passt immer noch zu der Stimmung der Geschichte. Vielleicht gefällt es euch ja genauso wie mir. :D

Alastor trat zu der Zelle, in der die Nichte von Lady Ylva und Lord Amon an der Wand lehnte. Sie hatte die Arme verschränkt und starrte ihn an.

"Was habt ihr jetzt vor?", fragte sie misstrauisch.

"Zu allererst lasse ich euch frei", antwortete er und überraschte sie damit.

"Und dann gehe ich den Ausbruch von meinem Sohn und Lya melden."

Damit erstaunte er sie sogar noch mehr.

"Interessanter ist doch, was du jetzt vor hast", sagte Alastor.

Dann schloss er die Zelle auf und ging ohne einen weiteren Kommentar nach vorne. Die Wache war immer noch bewusstlos. Alastor kniete sich neben den Mann und schaute sich seine Kopfwunde an. Getrocknetes Blut klebte an seiner Schläfe, aber er würde es überleben. Alastor klopfte ihm ein paar Mal auf die Wange bis der Mann blinzelnd die Augen aufschlug.

"Du hast die Gefangenen entkommen lassen", informierte ihn Alastor.

Der Mann wurde blass.

"Mach dir keine Sorgen. Dich trifft nicht allein die Schuld, auch ich habe sie unterschätzt."

Er stützte den Mann und half ihm die Kerkertreppe herauf. Im Hof rief er andere Wolfsmenschen zu sich.

"Die Gefangenen sind entkommen. Schwärmt aus und sucht sie", bellte er die Befehle, "weit können sie noch nicht gekommen sein."

Sofort schwärmten die Wolfsmenschen aus. Der Befehl wurde weitergegeben. Das Burgtor schloss sich mit einem Rumpeln. Niemand kam auf die Idee den Geheimgang im Kerker zu durchsuchen. Alastor drehte sich zu Aria um, welche hinter ihm auf den Hof gekommen war. Er sah sie einfach nur an, wartete auf ihre Entscheidung. Sie kniff die Lippen zusammen, wissend das es nicht einfach werden würde Anschuldigungen vorzubringen. Er hatte gerade erst seine Stellung durch den Kampf mit Balan gefestigt. Lady Ylva und Lord Amon würden nach der Enttäuschung von Balans Niederlage Beweise haben wollen, um handeln zu können. Einfache Anschuldigungen würden nicht ausreichen. Aber sie würde nicht aufgeben einen Weg zu finden, Alastor zu überführen. Sie ging an Alastor vorbei ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Die Schlacht hatte er gewonnen, aber den Krieg noch lange nicht.

Alastor sah Aria hinterher. Das Mädchen war jung und entschlossen für ihre Vorstellungen zu kämpfen. Er musste aufpassen, denn anders als Balan ließ sie sich nicht von ihren Gefühlen, sondern von ihrem Verstand leiten. Er wandte sich ab und brachte die noch benommene Wache zu der Krankenstation.

Tyr zog Lya unerbittlich hinter sich her. Und obwohl sie schon keuchte und öfter stolperte, beschwerte sie sich nicht. Selbst wenn die Wachen nicht wussten, wie sie geflohen waren. Hier im Wald würden sie auf jeden Fall suchen. Lya hörte in weiter Ferne die Rufe und das Wiehern von Pferden. Sie konzentrierte sich auf dem Pfad, welchen sie gerade folgten. Sie kannte den Weg nicht. Das erste mal als sie zum Rebellenlager gelangt waren, hatte Tyr sie getragen. Sie war von einer Verletzung bewusstlos gewesen.

Tyr trieb sie unerbittlich an. Sie ahnte, dass er damit auch gleichzeitig seine Gedanken über seinen Vater vertreiben wollte. So viele Jahre war das ein wunder Punkt für ihn gewesen und jetzt wo sie sich ausgesprochen hatten, mussten sie sich schon wieder trennen. Es war nicht unwahrscheinlich, dass Tyr seinen Vater wieder sehen würde. Dann aber auf der gegnerischen Seite. Solch eine Begegnung wie vorhin würde es vermutlich nie wieder geben. Lya wurde aus ihren Gedanken gerissen als Wasserrauschen ertönte. Verwirrt sah sie sich um. Der Wald öffnete sich und sie standen plötzlich vor einem Wasserfall, der in einem reißendem Strom endete. Lya erwartete, dass sie dem Fluss weiter folgen würden. Stattdessen zog Tyr sie auf den Fluss zu.

"Tyr", keuchte Lya als sie die Steine in der Strömung entdeckte. Das Wasser wurde an ihnen gebrochen und schäumte auf.

"Wie sollen wir dort rüber kommen?", fragte sie Tyr entsetzt.

Zum ersten Mal seit ihrer Flucht drehte sich Tyr zur ihr um. Er nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und sah sie an.

"Wir haben es schon einmal geschafft, also werden wir es wieder schaffen."

"Du hast mich schon einmal dort rüber getragen?", fragte Lya ungläubig.

Tyr nickte.

"Das habe ich."

Unruhig schweifte Lyas Blick über den Fluss. Dann schaute sie  zu Tyr.

"Soll ich wieder ohnmächtig werden?", fragte sie mit schwacher Stimme, in dem Versuch einen Scherz zu machen.

Tyr senkte seine Stirn an ihre.

"Wir schaffen das Lya. Hab Vertrauen."

Lya zitterte.

"Ich habe Angst Tyr", gestand sie.

"Ich kann nicht schwimmen und wenn du mich trägst, wird es viel schwieriger für dich."

Tyr schwieg.

"Es wird schwierig", stimmte er schließlich zu, "aber nicht unmöglich."

Dann küsste er sie sanft. Lya versank in diesem Kuss, der so viel von Tyr preisgab. Dann löste sich Tyr von ihr und zog sie an der Hand zum Ufer.

"Kletter auf meinen Rücken und halt dich fest. Aber nicht zu fest. Du musst locker lassen, damit ich mich ausbalancieren kann", erklärte er ihr.

Lya holte tief Luft und tat wie ihr befohlen.

"Tyr?"

Er drehte den Kopf.

"Ich liebe dich", murmelte sie.

"Das wollte ich noch gesagt haben, falls alles den Bach runter geht."

Tyr lächelte.

"Ich liebe dich auch Lya."

Dann machte er den ersten Sprung. Lya schloss die Augen und versuchte möglichst locker zu sein. Tyr schwankte leicht als er auf den ersten Stein trat. Durch das Wasser mussten sie glitschig sein. Als er wieder sicher stand, spürte Lya wie er sich anspannte und den nächsten Sprung wagte. Sie klammerte sich einen Moment zu fest. Tyr geriet bei der Landung ins Taumeln. Sie keuchte erschrocken und zwang sich sofort locker zu lassen. Dadurch fiel es Tyr leichter sich wieder zu fangen.

"Tut mir leid", murmelte Lya mit zittriger Stimme.

"Schon gut", wehrte Tyr ab.

Auch die nächsten zwei Steine waren für Lya eine Zerreißprobe. Doch Tyr schaffte es. Mit einem letzten Satz überwand er das Wasser zum rettenden Ufer. Schwer atmend ließ er sich auf die Knie fallen. Lya ließ ihn los und starrte ins Gras. Ihr Herz schlug wie verrückt von der ganzen Aufregung. Fast hätte sie Tyrs und ihr Leben gefährdet. Hoffentlich musste sie nie wieder einen Fluss überqueren. Tyr bewegte sich vor ihr und stand auf. Dann reichte er ihr die Hand.

"Mach dir keine Gedanken. Du hattest den schweren Part."

Lya lachte freudlos auf.

"Nicht ich bin über die Steine gesprungen."

Tyr hockte sich vor sie.

"Nein, du musstest  mir dein Leben anvertrauen. In diesem Moment nichts zu tun, ist viel schwieriger."

Endlich schaute Lya zu Tyr auf. Dann legte sie ihre Hand in seine und holte tief Luft.

"Ich sollte wohl aufhören mich selbst zu bemitleiden, aber der Schreck saß einfach noch zu tief."

Tyr zog Lya mit sich hoch.

"Das kann ich gut verstehen. Mir ging es ja nicht anders."

Sie gingen weiter.

"Weißt du", murmelte Lya, "das was du vorhin gesagt hast, beschreibt ziemlich gut unsere Lage."

Tyr schaute sie fragend an.

"Was meinst du?"

"Schwierig", erwiderte Lya, "schwierig, aber nicht unmöglich."

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