6.2 - Mit dem Herzen sehen

präsentiert von: Smily2206

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When one door closes, another opens; 

but we often look so long and so regretfully upon the closed doorthat we do not see the one that has opened for us. 

Alexander Graham Bell 

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Ich war unfassbar aufgeregt. Innerlich hatte ich es immer noch nicht verarbeitet. Bis vor ein paar Wochen wusste ich nicht mal, dass so eine Schule überhaupt existiert und nun stehe ich hier, vor ihrem Eingang. Es war ein komisches Gefühl. Ein gemischt aus Freude, Trauer und Angst. Ich war Traurig, weil ich meine Heimat verlassen musste und hatte Angst, weil alles neu für mich war. Meine Freude überwog jedoch, denn ich war endlich mit Wesen zusammen, die wie ich waren.

Meine Mutter war Zuhause geblieben, weil sie mir Peinlich war. Eigentlich ist es ihr gegenüber gemein, aber es war nun mal so. Sie war nicht mal gekränkt gewesen, hatte nicht mal versucht mich zu überreden. Sie wusste wie ich über sie dachte. Ich wusste nicht, dass es sie verletzte, aber ich konnte mein empfinden nicht ändern. Als ich kleiner war, war meine Mutter eine Heldin für mich. Ich hatte sie immer bewundert, weil sie so selbstbewusst und überzeugend war. Irgendwann hatte es sich geändert. Nicht sie hatte sich verändert, sie war immer noch die selbe wie vor vierzehn Jahren, ich war diejenige die sich verändert hatte. Mein empfinden ihr gegenüber, aber auch mein empfinden den Menschen gegenüber hatte sich geändert.

Als kleines Mädchen hatte ich die Menschenkinder immer bewundert, wollte so sein wie sie. In meinen Augen waren sie damals "Normal". Ich wollte so sein wie sie, von ihnen akzeptiert werden. Wie oft habe ich sie von meinem Fenster beobachtet wenn sie über die Wiesen unten am Fluss tollten, fangen oder verstecken spielten, sich gegenseitig die Haare flochten oder einfach nur im Gras lagen und die Wolken am Himmel betrachteten. Ich durfte nie mitmachen. Nein, gedurft hätte ich, ich konnte nicht. Es fühlte sich falsch an mit ihnen zu spielen. Ich war anders als sie, ich bin anders als sie, ich werde immer anders sein. Sie merkten es damals vielleicht nur noch nicht. Viele Merkten es heute vielleicht immer noch nicht, ich hingegen wusste es. Meine Mutter war immer traurig, wenn sie sah, dass ich nicht mit den anderen spielte.

Im Gegensatz zu mir, fand und findet sie die Menschen toll. Sie arbeitet bei ihnen, mit ihnen. Menschen waren schon immer etwas besonders für sie. In dem Dorf in dem sie wohnt, wir gemeinsam wohnten, hatte sie den Ruf eine Heilerin zu sein. Es gab nichts was sie nicht Heilen konnte. Die anderen schätzten sie sehr. Meine Mutter kennt jedes Kraut und wofür es verwendet werden kann. Sie sagt immer:"Es gibt keine Pflanze ohne heilende oder tötende Kräfte und genauso wenig gibt es Lebewesen ohne gute oder schlechte Eigenschaften." Meine Mutter ist sowieso ein besonderes Wesen. Immer optimistisch und ohne Hass. Sie hasst niemanden, naja fasst niemanden. Ihre Schwester hasst sie. Sie hasst sie mehr als alles andere in der Welt, als würde sie allen Hass sparen und in ihre Schwester setzen. Ich kenne meine Tante nicht, zumindest nicht Persönlich, nur aus Erzählungen meiner Mutter. Sie stellt sie immer als böse Hexe da.

Letizia ist drei Jahre älter als meine Mutter und eine absolute Perfektionistin. Sie verabscheut Not, Gewalt und die Menschen. In ihren Augen sind diese nämlich die Auslöser für Unheil. Wo Menschen sind zog auch bald Unheil, Zerstörung, Gewalt und der Tod ein. Der Tod ist für Letizia sowieso ein schlimmes Tema. Für manch andere Fee ist er ein Befreiungsschlag, für andere eine Strafe. Er kommt schnell und plötzlich oder zieht sich qualvoll dahin. Meist bringt er Trauer, selten Hoffnung. Der Tod hat meine Urgroßmutter mit sich genommen und dafür meiner Mutter das Leben geschenkt. Letizia hasst sie dafür. Andererseits liebt sie meine Mutter auch. Hat ihr geholfen und umso schwerer traf es sie, als meine Mutter sich in einen Menschenjungen verliebte. Die beiden, Mutter und Letizia, stritten von da an sehr häufig. Es endete damit das meine Mutter von dem Menschen schwanger wurde und von den anderen Feen aus der Gemeinschaft geworfen wurde. Der Mensch verließ meine Mutter dann auch noch, als er erfuhr, dass sie eine Fee war. Es war ein schwerer Schlag für meine Mutter. Ich hatte weder meinen Vater, noch meine Tante geschweige den eine andere Fee kennengelernt. Mom hasst Letizia, weil diese ihren rauswurf beantragt hat. Sie hat sich gegen meine Mutter, gehen ihre Familie gestellt. Daran schuld sind die Menschen.

Vielleicht hasse ich ja deshalb die Menschen, weil sie meine Familie zerstört haben? Vielleicht aber auch aus dem selben Grund aus dem meine Tante sie hasst. Ich habe lange mit ihnen zusammen gelebt und weiß deshalb, wie zerstörerisch und selbstsüchtig viele von ihnen sind. Sie widern mich an. Aber jetzt bin ich sie ja los. Ein herrliches Gefühl. "Ah! Sie müssen die neue Fee sein. Miss Rose Fiore. Ich bin ihre Mentorin, Miss Malania. Wie ich sehe sind Sie alleine angereist?", riss man mich aus meinen Gedanken. Ich konnte es kaum glauben. Ich stand gerade einer anderen Fee gegenüber. Ihre ergrautes Haar leuchtete, wie das Licht der Sterne, die in klaren Sommernächten den ganzen Himmel ausfüllen. Sie war recht groß und schlank und wären ihre Haare nicht ergraut, würde ich sie nicht für eine Mentorin der Spiegel Akademie halten. Ihr plötzliches auftauchen hatte mir die Sprache verschlagen. Ich räusperte mich unbeholfen und antwortete mit zaghafter Stimme: "Ja, Miss. Ich bin alleine angereist." Neben Miss Malania fühlte ich mich recht verloren und wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Sie nickte und fur dann fort: "Die anderen Schüler haben gerade Unterricht, ich würde Ihnen jetzt erstmal die Schule und ihr Zimmer zeigen. Wenn Sie mir dann bitte folgen würden." Sie wandte sich der Schule zu und ich folgte ihr natürlich. Wir betraten die Akademie durch das große Eingangsportal. Miss Malania führte mich durchs Gebäude und erklärte mir alles. "Es gibt noch eine zweite Anlage, dort werden spezielle Trainingseinheiten durchgeführt. Zudem gibt es die Möglichkeit für besondere Schüler, in ein Team zu kommen. Diese Teams werden zum Beispiel zu Rettungsaktionen geschickt. Vielleicht gehören Sie ja eines Tages auch mit zu einem solchen Team. Oder werden sogar Schutzmagierein..." Wir hatten schon viele Gänge durchquert und ich bezweifle, dass ich mich hier zurechtfinden kann. Miss Malania blieb vor einer Tür stehen und bedeutete mir, sie zu öffnen. Zögerlich drückte ich die Klinke herunter und betrat den Raum. "Ihr Zimmer. Sie werden sich ihr Zimmer mit Miss Sienna Aarin, der Tochter eines anderen Mentors unserer Akademie teilen. Sie wird ihnen dann auch bei Fragen zur Seite stehen und Sie werden die selben Kurse besuchen. Ihre Bücher und Ihr Stundenplan befindet sich auf ihrem Tisch. Ihre Uniformen befinden sich in Ihrem Schrank. Ich denke Sie sollten zurecht kommen. Sie möchten sich ja wahrscheinlich erstmal einrichten und sich ausruhen. Ich werde Sie dann jetzt alleine lassen", es klang alles ehr wie ein Befehl deshalb nickte ich auch nur. Miss Malania verließ denn Raum und ich war allein.

Allein! Herrliche Stille umgab mich. Ich liebte diese Stille. Einsamkeit kannte ich nicht. Ich war oft allein. Ich empfand das allerdings eher wie ein Geschenk, nicht als eine Strafe. Meine Mutter war bei den Menschen im Dorf und Freunde hatte ich nicht. Ob sich das hier ändern würde? Würde ich vielleicht sogar eine beste Freundin finden? Ein bester Freund wäre auch ok, aber wenigstens jemanden zum reden. Ich seufzte kurz, dann widmete ich mich meinen Sachen. ich hatte eine kleine Tasche aus Leinen in der ich meine wenigen persönlichen Gegenstände hatte, wie eine Bürste einen Spiegel und zwei kleine Bücher, welche mir meine Mutter zum Abschied geschenkt hatte. Das eine war komplett Leer, im anderen Standen Kräuterrezepte und kleine Weisheiten. Meine Mutter musste Wochen an dieser Sammlung gesessen haben. Ich bewunderte sie, ich hätte sowas nie gekonnt, für solche Sachen habe ich keine Geduld. Ich legte alles auf meinen Nachttisch. Dann betrachtete ich erstmal den Ausblick von "meinem" Zimmer. Ich konnte einen See und einen großen Garten sehen. Der Raum war nach Osten ausgerichtet lag aber im Moment im Schatten, da die Sonne noch im Südwesten stand. Danach befasste ich mich mit den Bücher und mit meinem Stundenplan. Auf dem Stundenplan standen neben den normalen Standard Fächern, welche msn auch an den Schulen der Menschen unterrichtet hatte, noch Sachen wie Verteidigung, Schutzmagie und Zaubertränke. Ich hatte zudem eine Liste mit Regel. Ich überflog sie kurz. Es gab eine Bettruhe und zudem war das anwenden von besonderen Kräften außerhalb des Unterrichtes verboten. Besondere Kräfte? Ob jeder so etwas hatte? Ich kann mich nicht erinnern, dass ich besondere Kräfte habe. Ich legte die Bücher und den Stundenplan in die obere Ecke des Tisches. Danach wandte ich mich meinem Kleiderschrank zu, um die Uniform an zu ziehen. Ich wechselte von meinem einfachen T-shirt zu einer weißen Bluse und meinen Leinenrock tauschte ich gegen einen hochwendig wirkenden schwarze Rock ein. In der Uniform legte ich mich dann auf mein Bett. Es war weich, die Bettdecke war zwar nicht ganz so weich wie die bei mir zu Hause, aber trotzdem sehr bequem. Meine Augen wurden schwer und schon bald war ich eingeschlafen.

"Oh! Entschuldige! Ich wollte dich nicht wecken. Ich bin Sienna, Sienna Aarin. Ich bin so froh, dass ich nicht mehr alleine hier wohne. Wo kommst du her und wie heißt du? Ich war ja so aufgeregt als man mir erzählt hat, ich würde eine Mitbewohnerin bekomme." Ein zierliches Mädchen mit goldenen Haaren und blauen Augen stand neben meinem Bett. Sie trug ebenfalls eine weiße Bluse und einen schwarzen Rock. Ihre Stimme war glockenhell. Bevor ich ihr Antworten konnte musste ich mich erstmal aufrichten und mich strecken. Wie lange hatte ich wohl geschlafen? "Also?" Der bohrende Blick von Sienna lag auf mir. "Ich bin Rose, Rose Fiore. Ich komme aus einem kleinen Dorf an der Küste" "Dorf? Ein Feen-Dorf? Wie kommt es das du jetzt hier bist?" Ich schüttelte den Kopf. "Nein. Kein Feen-Dorf. Ich habe unter Menschen gewohnt. Und ich bin jetzt hier, weil ich vor ein paar Wochen einen Brief erhalten habe. Man hat mich eingeladen." "Menschen? Ist das nicht eigentlich untypisch für Feen. Aber wenn du mit Menschen gelebt hast wirst du meine Freunde hier lieben. Sie sind zum größten Teil auch Menschen", in ihrer Stimme lagen so viele Gefühle, meine Welt hingegen war gerade zusammen gebrochen. Konnte ich ihnen den überhaupt nicht entfliehen? Jegliche Freude war verschwunden. Ich wollte doch endlich unter Meinesgleichen sein, nicht mehr unter Menschen, konnte mich das Schicksal denn so sehr Hassen?!

"Liebes Tagebuch, heute bin ich seit genau zwei Jahr an der Spiegelakademie. Ich habe das Gefühl endlich hier angekommen zu sein. Sienna und ich haben uns auch wieder vertragen. Sie meinte beste Freundinnen sollten nicht wegen sowas Streiten, sie hat damit vollkommen recht. Auch mit den anderen komme ich auch gut zurecht. Ich habe in den zwei Jahren hier soo viel gelernt und ich bin glücklich. Es ist ein tolles Gefühl. Nur mit meiner Mutter habe ich mich immer noch nicht ausgesprochen. Dabei verstehe ich sie doch jetzt endlich. Menschen sind wirklich tolle Wesen. Sie Sprechen die Sprache des Herzens nicht von Geburt, aber mit etwas Übung und Fleiß schaffen sie das ohne große Schwierigkeiten. Sie müssen jedoch dran bleiben, sonst verlernen sie diese Sprache sehr schnell wieder. Ich denke ich schreibe meiner Mutter bald einen Brief. Nein, ich werde sie besuchen. Dann werde ich sie endlich in den Arm nehmen und ihr sagen wie wichtig sie ist. Vielleicht wird sie meine Umarmung erwidern. Ich freue mich schon auf diesen Moment. Zudem sind Sienna und ich beide im Team Yvriel von Mentor Tscharvolk. Er ist ein Mensch, einer der die Sprache des Herzen nicht beherrscht. Er ist hasserfüllt und meist grimmig, trotzdem bin ich stolz in seinem Team zu sein. Neben Sienna und mir ist auch noch die Schutzmagierin Lucy McGarden in unserem Team. Sie ist etwas älter als wir aber total nett. Bei unseren letzten Missionen hat sie mir oft geholfen, schließlich bin ich noch nicht so lange dabei und habe meine Ausbildung deutlich später begonnen. Vielleicht dürfen wir bald ja wieder auf eine Mission. Ich habe gehört bei Eldamar soll es in letzter Zeit immer wieder Unruhen gegeben haben... Oh es kam tatsächlich gerade eine durchsage. Team Yvriel soll so schnell wie möglich in den Spiegelsaal kommen. Es scheint wichtig. Vielleicht geht es ja nach Eldamar. Ich bin aufgeregt wie bei meiner ersten Mission. Nach der Mission werde ich meiner Mutter erstmal einen Brief schreiben. Sie ist bestimmt stolz auf mich..."

"Ja, meine kleine Fee. Ich bin stolz auf dich. Ich bin stolzer als eine Mutter sein kann..." Tränen liefen über ihr Gesicht und sie versuchte nicht sie zurück zu halten. Der Schmerz in ihrem Herzen war unerträglich, nichts hätte ihn lindern können doch dann "Alice bist du zu Hause? Ich bin's Letizia. Alice, ich glaube wir... Aber Herzchen? Wieso weinst du denn? Was ist passiert?"

Die Wunden in ihren Herzen werden vielleicht nie ganz heilen, aber sie werden wieder Lachen und egal wo sie sind oder was sie tun, ich werde bei ihnen sein und sie beschützen. Der mit dem eisernen Herzen hat meinen Körper zerstört, meine Seele jedoch nicht. Ich werde weiter Leben und solange ein Wesen dieser Welt die Sprache des Herzen spricht wird die kälte mich nie ganz zerstören können!

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